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Grendel's Syster: Orphic Golden Leaves / Orphische Goldblättchen (Review)
Artist: | Grendel's Syster |
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Album: | Orphic Golden Leaves / Orphische Goldblättchen |
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Medium: | CD | |
Stil: | Jungian Epic Metal |
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Label: | Eigenveröffentlichung | |
Spieldauer: | 23:14 | |
Erschienen: | 19.08.2018 | |
Website: | [Link] |
Das klingt ja verboten... und zwar verboten gut! Wusste ich vor einer Weile noch nicht so genau, was ich von GRENDEL'S SŸSTER halten soll, so lässt mir die neue EP kaum eine andere Wahl, als für die schwungvolle Musik, sowie für die ureigene Schönheit der Songtexte einige Sympathiepunkte zu vergeben.
Doch der Reihe nach: Kennt Ihr auch so weltfremde Gestalten, denen Ihr nur in jenen merkwürdigen Spelunken begegnet, in denen seit der Erfindung der Disco-Kugel vor allem zeitlose Klassiker gespielt werden, und in deren Räumlichkeiten sich ebenso wenig zu ändern scheint wie im äußeren Erscheinungsbild ihrer Besucher (allenfalls in deren Haarpracht)? Menschen und Orte, die aus der Zeit gefallen zu scheinen? Falls ja, dann ahnt Ihr vielleicht, in welchem vormodernen Märchenreich GRENDEL'S SŸSTER offenbar beheimatet sind: Genau, hier begegnen wir noch Kerlen, für die "Somewhere Far Beyond" ein vergleichsweise neues Album ist, und die so etwas wie einen Kamm eher aus theoretischer Reflexion denn aus praktischer Anwendung kennen.
Ein frohes Lied klingt in der Frühe
und versüßt der Schnitter Mühe,
Längs des Flusses kann es schallen,
und durch goldene Flure hallen
zum zinnenreichen Kamelot.
Alles kommt und vergeht, und dem ewigen Kreislauf von Stirb und Werde entrinnt selbstredend auch die Metal-Szene nicht. Seitdem nahezu alle (einst) "extremen" Stile in den letzten Jahren verschiedene "orthodoxe" Strömungen hervorbrachten, feiert der urige, kauzige, hinterwäldlerische, Aus-der-grauen-Vorzeit-, oder schlicht und einfach der "Proto Metal" seine Wiederauferstehung, und im Deaf Forever werden Gruppen als "Kult" gefeiert, die vor zehn Jahren (auch bei einigen der Schreiber) noch längst nicht so hoch im Kurs lagen. Stilistisch gar nicht mal so weit entfernt vom "Wiccan Metal" der unverzagt im Bergischen Biotop vor sich dümpeln- und rumpelnden Goat of Mendes, geben sich GRENDEL'S SŸSTER deutlich angriffslustiger und erfreulich siegessicher. Hinweise auf die frühen Blind Guardian und Manowar weisen in die richtige Richtung, auch Gary Moore und Skyclad könnten als Einflüsse genannt werden, ohne jedoch dem irgendwie spröden und gleichzeitig energischen Klang wirklich gerecht zu werden. Underground-Empire-Leser und ähnliche Metal-Urzeitkrebse wissen sicher mehr.
Wer da hasst, trägt ein Herz in der Brust, das gemacht ist aus schrundigem Horn.
Wer da liebt, trägt ein Herz in der Brust, welches gleicht einem sprudelnden Born.
Wie bereits erwähnt, am Ende dieser Rezension werden – auch – Sympathiepunkte vergeben, und zwar für den Mut und das Selbstbewusstsein, die aus den drei Liedern und den je zwei Versionen in deutscher und englischer Sprache strahlen. Das muss sich erst mal einer trauen (um eine nicht weniger mutlose Band aus Bayern zu zitieren), vor allem in DIESEM Sprachgewand! Das ist nämlich ein kaum weniger als grandioses, nicht obwohl, sondern eben WEIL es so herrlich altbacken ist. Wir leben ja mal wieder in einer Zeit, in der ängstliche und hasserfüllte Kleingeister anderen ängstlichen Menschen weismachen wollen, dass vermeintliche Fremde die Wurzel allen Übels sind und es selbige zu verscheuchen (wahlweise auszurotten) gilt, was ein fürchterlicher Unsinn war, ist und bleiben wird. Das für mich Schönste an GRENDEL'S SŸSTER ist insofern, dass ihre folk-inspirierte Lied- und vor allem die starke Sangeskunst von Caro mit einem einzigen Lied z.B. jene "Alternative" sich schimpfende "Partei" der Lüge überführt. Während es jenen Ränkeschmieden vor allem um die Verstärkung von Ängsten sowie um die Übertönung der eigenen inneren Leere mit Wut- und Hass-Parolen geht, erklingt bei GRENDEL'S SŸSTER die feurig lodernde Liebe zu Sprache und Kultur, zu Idee und Spiel, die tief in europäischer, wenn nicht gar in der Geschichte der Menschheit wurzeln. Und mit dieser Liebe zu Mythen, Legenden und Historie schmieden die Schwaben einen Stahl, der griffig ist und mit Mut und Zuversicht erhoben werden möchte - so naiv und romantisch weltfremd das auch zu lesen sein mag. Und unter uns: War Metal nicht immer schon Musik für weltfremde Idioten mit dem Herz am rechten Fleck?
Wo sind die Rosse, wo sind die Reiter?
Wo ist der Klang der Luren, und wo ist der goldene Hort?
Wo sind sie heute, die kühnsten der Streiter?
Der Gesang des Schwertes wehte sie mit Macht hinfort.
FAZIT: Ab sofort zählen GRENDEL'S SŸSTER zu den hoffnungsvollsten Metal-Newcomern, die alten Stahl vom Rost befreien, Scharten im antiken Arsenal auswetzen und Metal als eigenwillige Liedkunst vom alten Schlage aufs Neue zelebrieren. Wer heute noch jammert, dass Metal fortwährend an Substanz verliere, und dass es kaum noch spannende neue Bands zu entdecken gebe, der sollte dem "Jungian Epic Metal" von GRENDEL'S SŸSTER ein Ohr leihen - oder verstummen auf immerdar. Übrigens: Das liebevoll gestaltete Digi-Gatefold wird mit allen Texten für einen nahezu lächerlichen Obolus angeboten.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Apocatastasis
- Falcon‘s Flight
- Night Sea Journey
- Apokatastasis
- Falkenflug
- Nachtmeerfahrt
- Orphic Golden Leaves / Orphische Goldblättchen (2018) - 12/15 Punkten
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