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Die Toten Hosen: Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour (Review)
Artist: | Die Toten Hosen |
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Album: | Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour |
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Medium: | DVD/Blu-ray | |
Stil: | Dokumentation |
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Label: | Jochens Kleine Plattenfirma / Warner | |
Spieldauer: | 107:11 + 16:56 | |
Erschienen: | 30.08.2019 | |
Website: | [Link] |
Die allerorts diskutierte und weithin gefeierte Tourneedokumentation von Grimme-Preisträgerin Cordula Kablitz-Post, die den Musikern seit mehreren Jahren nahesteht, und Regisseur Paul Dugdale (zuvor bereits „Der Krach der Republik“, außerdem u.a. Rolling Stones, Adele, Coldplay), die den Düsseldorfern während der 2017 begonnenen „Laune der Natour“ auf die Finger schauten, während sie durch die Städte der Republik tingelten (und darüber hinaus), wurde bereits bei der Berlinale 2019 in der Sparte "Special" gezeigt und bildeten den für Konzertreisen typisch verrückten Alltag ab, gegen den selbst Stars wie die ikonischen Deutschrocker nicht gänzlich gewappnet sind.
Ein einschneidendes Ereignis währenddessen war Sänger Campinos Hörsturz auf der Waldbühne in Berlin Mitte 2018, in dessen Zug sich die Gruppe zunächst einmal neu sammeln musste. Nach mehrwöchigem Aussetzen setzte der Tross seinen Streifzug in Stuttgart fort, und schon die Tatsache, dass der Vorhang vor der Haustür der Musiker fiel, gewährleistet einen stimmigen Spannungsbogen. Die nachfolgenden Gigs im Winter des Jahres in Argentinien retardieren den Höhepunkt quasi lediglich.
Logischerweise erlebt man die HOSEN bei alledem mehr oder weniger hautnah mitsamt aller Hochs und Tiefs, die auch jeder nicht professionelle Kreative erlebt. O-Töne der Mitglieder und ihrer Entourage - ob aus Interviews gezogen oder bestimmten Situationen entnommen - machen unabhängig vom musikalischen Teil an sich das Gros der Laufzeit des Films aus, wobei einige Lieder für die jeweiligen Augenblicke bezeichnend stehen.
Das Ganze wurde überhaupt nicht hektisch geschnitten, aber dramaturgisch so gewieft konzipiert, dass sich weder Fans aufgrund etwaiger Falschdarstellungen verprellt sehen noch Unbedarfte keinen Zugang finden würden. So gesehen kann man sich den Streifen auch ohne Vorkenntnisse der Combo anschauen. Die musikalische Performance ist ohnehin über alle Zweifel erhaben, ein Event im wahrsten Sinn des Wortes, egal wo die HOSEN aufkreuzen.
Fast alle Beteiligten geben sich betont geerdet, reden scheinbar frei nach Schnauze und sind immer noch für allerlei Albernheiten zu haben. Spielerische Patzer der Instrumentalisten wirken sympathisch, der launenhafte Frontmann zwischen Diva, Clown und Querulant nicht immer, aber so kennt praktisch ganz Deutschland Campino hinlänglich, weil er sein Gesicht und seine Gebahren ja überall in den Medien zeigt. Da man viele kürzere wie längere Gesprächs-Schnipsel geboten bekommt, entsteht jedoch ein ausgewogener und den wahren Charakteren relativ nahe kommendes Gesamtporträt. Kritiker finden ihre Ansichten genauso bestätigt wie langjährige Anhänger. DIE TOTEN HOSEN haben sich auch nach 35 Jahren jene liebenswürdige Hemdsärmeligkeit der "Haste ma' 'ne Mark?"-Ära bewahrt, auch wenn sie ihr in puncto Kommerz schon früh entwuchsen.
Zu den kosmetisch unbelassenen Eindrücken von hinter den Kulissen gehören auch Schilderungen der Tagesabläufe, bei denen die Crew der Nordrhein-Westfalen nicht ausgenommen wird. Durststrecken sind im Rahmen der normalen Tour-Tristesse unausweichlich, und ungepflegte Langeweile macht sich breit, obgleich die Herren auf ihre alten Tage hin zwar noch einen rund zwölf Monate langen Höhenflug mitmachen, aber dennoch soweit möglich auf ihre Gesundheit achten. Skandälchen? Fehlanzeige, aber das ist insofern gut, als man sich nicht über gerittene Klischees mokieren muss.
Die Veranschaulichung des Kräfteverhältnisses zwischen den Protagonisten ist seit Eric Friedlers 2012er TV-Dokumentation „Nichts als die Wahrheit“ (2012) im Grunde nichts Neues mehr, also ließen die Produzenten diesen Aspekt abgesehen von einigen kurzen Anspielungen der "Verhörten" weitgehend außen vor. Redundant hingegen: Von der aufgebauschten "Rivalität" mit Die Ärzte möchte man allerdings wirklich nichts mehr sehen oder hören, geschweige denn - zumindest als nüchterner Betrachter - allzu viel Bauchpinselei seitens der eingefleischten Hörer, deretwegen die Chose bisweilen auf rosarotes Bierzelt-Niveau zu sinken droht.
Das Erfolgsrezept der HOSEN bleibt letzten Endes unergründlich, das wesentliche Merkmal dieser Doku Eindringlichkeit … im Besonderen auf emotionaler Ebene und dennoch größtenteils ohne Pathos. Durchaus sehenswertes Ausschussmaterial (17 Minuten) darf man sich im Extrateil der DVD bzw. Blu-ray zu Gemüte führen. Wie lange Mr. Frege und Co. ihren Klassiker 'Wort zum Sonntag', in dem sie auf ewige Jugend pochen, wohl noch "ungestraft" darbieten können?
FAZIT: „Weil du nur einmal lebst – DIE TOTEN HOSEN auf Tour“ bietet genau das, was der Titel verspricht - eine kurzweilige Reihung von Bildern eines "big player" und Stadion-Act mit viel Musik, im Guten wie Schlechten nicht sonderlich viel Tiefe und wenigstens ein paar Aspekten dazu, der man sich bis dato vielleicht nicht bewusst gewesen ist.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- ab 6 Jahren
- Ballast der Republik (2012) - 13/15 Punkten
- Laune der Natur (2017) - 12/15 Punkten
- ZK – Die Toten Hosen … die frühen Jahre 1980 - 1983 von ar/gee gleim (2018)
- Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour (2019)
- Rock Classics – Nr. 37 Die Toten Hosen – Das Sonderheft (2022)
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