„Die Arbeit an dieser zweiten Ausgabe von 'Release Me' war ein schöner Spaziergang in die Vergangenheit ... eine Chance, Songs, die für mich immer noch eine besondere Bedeutung haben, wieder zu besuchen und ihnen in einigen Fällen einen letzten instrumentalen Schliff zu geben. Besonders beeindruckt bin ich von der anhaltenden Relevanz von 'Be Aware' und 'One Day', die immer noch zu unserem kollektiven Sinn für Menschlichkeit sprechen.“ (Barbara Streisand auf ihren Anmerkungen zu „Release Me 2“ im LP-Einleger)

Oh ja, schon immer wollte ich mal eine Platte hören, auf der KERMIT DER FROSCH mitsingt – heiß geliebt von mir in der Kindheit zu der zum ostdeutschen Sandmännchen und der westdeutschen Sendung mit der Maus genauso die abgefahrene Muppet Show aus Amerika gehörte, auch wenn die beiden letztgenannten Sendungen in der DDR unerwünscht, ja – sogar verboten, waren. Kermit und die Muppet-Figuren jedenfalls traten in ihren Sendungen immer mal auch mit bekannten Musikern oder Schauspielern auf und machten sich auf ihre spezielle Art über sie lustig, besonders wenn sie gemeinsam mit ihnen einen derer Songs oder das längst weltberühmt gewordene „Rainbow Connection“ sangen. Manchmal war das peinlich, manchmal herrlich und lustig.
Jedenfalls gehörte eine gehörige Portion Mut dazu, sich als anerkannter Musiker oder Schauspieler dieser abgefahrenen Marionetten-Freak-Show zu stellen. Und wem man das ehrlich gesagt nicht zugetraut hätte, war eigentlich DIE Streisand, deren Name nach all den Erfolgen in Film, Fernsehen und auf der Musik-Bühne bereits ein großes DIE vorangesetzt bekam, wie beispielsweise auch bei einer Dietrich oder Piaf. Und gerade DIEse sich auf ewig jung trimmende sowie leidenschaftlich für die Rechte von Mensch und Tier eintretende und mit mehr als 145 Millionen verkaufter Tonträger erfolgreichste sowie mit Grammys geehrte amerikanische Sängerin und mit einem Oscar ausgezeichnete („Funny Girl“) Schauspielerin BARBARA STREISAND wagte sich neben Duetten mit beispielsweise BARRY GIBB oder WILLI NELSON, welche beide auch auf „Release Me 2“ enthalten sind, 1979 an den Song „Rainbow Connection“ heran, bei dem ihr KERMIT DER FROSCH (der im Original bei weitem nicht so 'quäkig' wie in der deutsch-synchronisierten Fassung klingt) als kongenialer Duett-Partner zur Seite steht. Und beide reißen das richtig gut, machen eine hymnische Liebesballade daraus und singen so emotional samt erotischem Touch-Appeal, dass man beinahe glauben möchte, danach käme es zwischen den beiden zu einem Erotik-Spektakel hinter der Muppets-Bühne.

Es gibt wirklich viel zu entdecken auf „Release Me 2“, die Fortsetzung ihres vor neun Jahr veröffentlichten ersten „Release Me“-Albums, von dem besonders die limitierte, sound-technisch ausgezeichnet klingende, farbige Vinyl-Variante (in derselben Farbe wie das lilafarbene LP-Album-Cover, das für die CD ist rot) für alle Sammler zu empfehlen ist.

„Release Me 2“ ist (wieder mal) ein weiteres Album aus den vielen Kellergewölben bekannter Musiker und/oder Labels, in denen richtig gute Songs, die bisher kaum jemand zu Ohren bekommen hat, langsam zu verstauben und dann ganz in Vergessenheit zu geraten drohen. Wir jedenfalls dürfen uns mit und auf diesem Album direkt und tief in den privaten Keller von BARBARA STREISAND, wo sich laut eigener Aussage ihr Tresor befindet, begeben und dort insgesamt zehn bisher so noch nie veröffentlichte Songs heben, die in den Jahren 1962 bis 2014 entstanden, von denen der jüngste die wunderschöne Country-Ballade „I'd Want To Be With You“ mit WILLI NELSON als Duett-Partner ist. Eigentlich sollte dieses Duett schon auf ihrer 2014er-LP „Partners“, die ausschließlich Songs mit männlichen Duett-Partnern enthielt, erscheinen, wurde aber nicht rechtzeitig fertig, sodass es nun endlich in seiner ganzen Schönheit auf „Release Me 2“ erklingen darf.

Das mit Abstand älteste Stück ist „Right As The Rain“ aus dem Jahr 1962, ebenfalls eine gefühlvolle Ballade, geschrieben von Harold Arlen, der von der Streisand hoch verehrt wird und bereits für solchen Jahrhundert-Song wie „Over The Rainbow“ verantwortlich ist. „Right As The Rain“ ist somit zugleich ein Song, der noch vor dem ersten Streisand-Album, welches 1963 erschien, von ihr eingesungen worden war.
Allerdings liegt der Start von Streisands Sangeskarriere bereits im Jahr 1955 als sie ihre ersten beiden Lieder auf einem Demo-Band aufzeichnete und kurze Zeit später sogar gemeinsam mit NEIL DIAMOND im Schulchor sang, mit dem sie dann 1977 das unsterbliche Duett „You Don't Bring Me Flowers“ als immer währenden Evergreen verewigte.

Alle Songs des Albums entstanden als Studio-Aufnahmen und begeistern durch kristallklaren Stereo- und zugleich voluminösen Vinyl-Klang. Selbstverständlich kommt beim Hören die Frage auf, warum diese großartigen, absolut typischen Streisand-Songs bisher noch nicht veröffentlich worden sind. BARBARA STREISAND gibt auch hierauf eine im Album nachzulesende Antwort: „Manchmal, wenn das Arrangement nicht so recht funktioniert oder der Song nicht mehr zum Klang des Albums passt, für das er gedacht war, wandern die Bänder zur sicheren Aufbewahrung in den Tresor. Die Arbeit an dieser zweiten Ausgabe von 'Release Me' war ein schöner Spaziergang in die Vergangenheit ... eine Chance, Songs, die für mich immer noch bedeutungsvoll sind, wieder aufleben zu lassen.“

Somit erweist sich, um Genaueres zu den einzelnen Songs zu erfahren, hierbei auch der vierseitige LP-Einleger, auf dem neben einem Geleitwort von BARBARA STREISAND und einem Info-Text von JAY LANDERS, dem Produzenten, zu jedem einzelnen Titel umfangreich die Hintergründe geschildert und sogar mit entsprechenden Fotos aus der Zeit dazu bebildert werden, als sehr hilfreich. Ein weiterer LP-großer Einleger präsentiert zudem ein ganzseitiges hochwertiges Schwarz-Weiß-Foto der Musikerin. In der CD-Ausgabe findet man all die Infos und Fotos dann in einem dazugehörigen 32-seitigem Booklet.

Mit „One Day (A Prayer)“ enthält das Album gleich noch einen Song, der ähnlich wie auch „Be Aware“ aus dem Jahr 1971, wie ein trauriger Kommentar zu dem verstanden werden kann, was uns durch das offensichtliche europäisch-amerikanische Staatsversagen anhand von Afghanistan derzeit auf schreckliche Weise vor Augen geführt wird. Denn dieses leidenschaftlich-beschwörende musikalischen 'Gebet' mit einem Text von Alan und Marilyn Bergman sowie einer Komposition von Michael Legrand schwört DIE Streisand bereits 1968 tatsächlich die hoffnungsvolle Friedensbotschaft herauf, welche beispielsweise heute in Afghanistan mit Füßen getreten und in Schutt und Asche gelegt wird. So gesehen ein echt trauriger Gänsehaut-Song, der leider Jahrzehnte - Ach, sogar ein halbes Jahrhundert! - überdauert und die Menschen wohl keinen Deut klüger und friedliebender zu machen scheint.

Doch nicht nur die Sängerin ist eine ganz Große auf diesem „Fast-vergessen-Album“, auch die Songschreiber und Komponisten, welche hier auftauchen: BURT BACHARACH oder RANDY NEWMAN und CAROLE KING zum Beispiel.

Es gibt viel zu entdecken und Großartiges zu hören auf diesem „Release Me 2“, das wie ein hymnisches Geschenk des Himmels klingt, der mit der über 50 Jahre hinweg warmen Stimme der engelsgleichen Streisand verewigt wird.

FAZIT: Nach fast 10 Jahren wühlt BARBARA STREISAND für „Release Me 2“ noch einmal tief in dem Tresor ihres Keller-Archivs und hebt dabei 10 beachtliche Songs, die bisher unveröffentlicht blieben und eine Zeitspanne von über 50 Jahren (ältester Song 1962: „Right As The Rain“ / jüngster Song 2014: „I'd Want It To Be You [Duet with Willi Nelson]“) umreißen. Allesamt Studio-Aufnahmen, die aus verschiedenen Gründen es im Laufe der Zeit nicht auf ein offizielles Album geschafft hatten, aber nicht etwa Ausschussware sind. Echte Archiv-Perlen, die jahrelang in Streisands Musik-Tresor lagerten, mal solistisch, mal als Duett (besonders beachtlich das mit Kermit dem Frosch). Großartig restauriert, fantastisch klingend und noch dazu mit sehr informativem Begleitmaterial versehen. Ganz besonders empfehlenswert hierbei die limitierte LP-Ausgabe „Release Me 2 – Limitierte farbige Vinyl-Ausgabe“ mit vierseitigem LP-Einleger und kunstvollem, LP-großem Schwarz-Weiß-Foto der Musikerin.