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Bobby Gillespie and Jehnny Beth: Utopian Ashes (Review)
Artist: | Bobby Gillespie and Jehnny Beth |
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Album: | Utopian Ashes |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Singer/Songwriter, Folk, Americana |
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Label: | Sony Music | |
Spieldauer: | 39:42 | |
Erschienen: | 02.07.2021 | |
Website: | [Link] |
„So wie ein Schriftsteller sich die Personen für seinen Roman ausdenkt, haben auch wir unsere Protagonisten erfunden. Weil wir versuchen, uns in diese Menschen hineinzudenken, steckt auch viel von uns selbst in diesem Album. Du musst authentisch klingen, wenn du singst. Das ist das Einzige, was zählt“ (Jehnny Beth)
Gegensätze ziehen sich an!
Zumindest im Falle von „Utopian Ashes“ und einem Musiker-Paar, das eigentlich nicht zusammen passen sollte. Genauso wie das Ehe-Paar, welches das Konzept hinter diesem Album ausmacht.
Der bereits 60jährige Indie-Rocker Bobbie Gillespie von PRIMAL SCREAM und die Frontfrau der post-punkigen SAVAGES tun sich zusammen und hauen ein Duett-Album raus, das man in dieser Art garantiert nicht von ihnen erwartet hätte, denn es klingt in keiner Weise nach der Musik ihrer Stammbands, sondern nach melodramatischen Folk-Epen mit Country-Touch und einem sehr traurigen, durchgängigen Konzept. Angeblich soll die Platte deutlich inspiriert sein von den großen Country-Duetten zwischen einer EMMILOU HARRIS & einem GRAM PARSONS auf „Grievous Angels“ oder „We Got Together“ mit GEORGE JONES & TAMMY WYNETTE. An solchen Vergleich überheben sich die beiden ein wenig. Eigentlich auch zum Glück, denn eine zu starke Hinwendung zum Country hätte garantiert ihre Fans der beiden Band-Fraktionen noch mehr verstört als es diese durchaus ansprechenden, konzeptionellen Folk-Songs auf „Utopian Ashes“ schon tun.
Da fallen einem dann doch viel eher die WALKABOUTS bzw. CHRIS & CARLA ein. Noch dazu sorgen Streicher und Bläser für die entsprechende Melodramatik sowie einen opulenten Klang und bestätigen die Worte des PRIMAL SCREAM-Frontmannes, der im Rahmen dieser Veröffentlichung feststellt, dass er mit ansteigendem Alter zugleich auch immer melancholischer tickt. Und das sollte man endlich auch auf einem Album hören.
Damit kommt dann auch schon JEHNNY BETH ins Spiel, die bereits mit Gillespie „Some Velvet Morning“, ein Duett zwischen LEE HAZLEWOOD & NANCY SINATRA, coverte. Ein wenig färbt sich das natürlich auch auf dieses folkige 'Trauerspiel' aus. Denn „Utopian Ashes“ ist zugleich ein Konzept-Album geworden, in dem es um eine Beziehung geht, die beide Partner nach und nach zerstören. Eine Story, die sicher viele aus eigenen Erfahrungen kennen, worüber sie aber nur sehr ungern sprechen. Und nun also kommen BOBBY GILLESPIE & JEHNNY BETH daher und machen gleich ein ganzes Album daraus. Pow, das konnten in dieser Intensität bisher doch nur CHRIS & CARLA oder NICK CAVE und PJ HARVEY. Doch bereits der Einstieg in das Album mit „Chase It Down“ scheint uns zu signalisieren: 'Wir beide können das auch!'
Und so suhlt sich das Duett-Paar voller Herzeleid und Texten, die nicht gerade als Stimmungsaufheller für angeschlagene Beziehung herhalten können, in den zwischenmenschlichen Abgründen einer Liebesbeziehung, die genauso kalt ist, wie die Asche in einer Urne.
Da brennt nichts mehr und auch ein Funke kann darin höchstens noch verglimmen wie es in der traurigen Erkenntnis von „Remember We Were Lovers“ auf den Punkt gebracht wird: „Remember we wer lovers? / It seems so long ago / Now love is just a memory / Old photographs will show.“ Und Strophe um Strophe wird diese Bestandsaufnahme einer erloschenen Liebe noch schlimmer.
Ein echtes Highlight des Albums lauert dann auf der B-Seite mit „You Can Trust Me Now“, das sich – eingeleitet durch einen gesprochenen Text – verdächtig nahe an einem der schönsten Duette aller Zeiten bewegt: „Where The Wild Roses Grow“ mit NICK CAVE & KYLIE MINOGUE.
Aber auch „English Town“ oder „Living A Lie“ huldigen deutlich einem SERGE GAINSBOURG, auch wenn JEHNNY BETH nicht einmal darauf stöhnen muss wie JANE BIRKIN auf „Je t'aime“. Schade eigentlich. Nur bei dem gewählten Konzept-Thema hat es sich rein paartherapeutisch längst ausgestöhnt und es darf höchstens noch bitterlich geweint werden. Aber Tränen fließen ebenfalls nicht auf dem Album, auch wenn es fast durchgängig eine traurige Stimmung verbreitet, während Slide-Gitarren und Streicher sowie finstere Orgeleien einen gänzlich in den Abgrund ziehen.
FAZIT: „Utopian Ashes“ von BOBBY GILLESPIE & JEHNNY BETH ist ein Album für die finsteren Momente des Lebens, in denen Beziehungen zerbrechen, genauso wie in dem durchgängigen Konzept dieser LP. Vieles hätte man sicher musikalisch wie textlich von dem Kopf von PRIMAL SCREAM und der Köpfin von SAVAGES erwartet, aber diese melodramatischen Folk-Epen sind dann doch eine faustdicke Überraschung.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (19:25):
- Chase It Down (4:17)
- English Town (4:34)
- Remember We Were Lovers (4:18)
- Your Heart Will Always Be Broken (6:16)
- Seite B (20:17):
- Stones Of Silence (3:30)
- You Don't Know What Love Is (3:41)
- Self-Crowned King Of Nothingness / You Can Trust Me Now (4:09)
- Living A Lie (5:14)
- Sunk In Reverie (3:43)
- Bass - Johnny Hostile, Andrew Innes
- Gesang - Bobbie Gillespie, Jehnny Beth
- Gitarre - Johnny Hostile, Andrew Innes
- Keys - Martin Duffy, Andrew Innes
- Schlagzeug - Darrin Mooney
- Sonstige - Amy Langley (Cello), Gita Langley, Rosie Langley, Jess Murphy (Violinen) Amy Stanford, Kontono Sato (Bratschen), Tristan Keyte (Harfe), Jim Hunt (Saxophon), Dom Glover (Trompete)
- Utopian Ashes (2021) - 11/15 Punkten
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