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Isfar Sarabski: Planet (Review)
Artist: | Isfar Sarabski |
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Album: | Planet |
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Medium: | CD/Download/Do-LP | |
Stil: | Kammermusikalischer Jazz |
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Label: | Warner Music | |
Spieldauer: | 60:34 | |
Erschienen: | 30.04.2021 | |
Website: | [Link] |
„Für mich ist Musik Dialog, ein Dialog zwischen Seelen. Das Wachrufen tiefer, menschlicher Gefühle ist der wichtigste Grund dafür, warum ich Musik erschaffe.“ (Isfar Sarabski)
Er ist 31 Jahre alt, kommt aus Baku in Aserbaidschan und lebt als Pianist – der klingt, als wäre er nicht 31 Jahre alt, sondern hätte schon seit mindestens 31 Jahren Musikerfahrungen gesammelt, um sich selber zu perfektionieren – voll und ganz seine Gefühle aus, indem er sie von seinem Hirn auf seine Finger und mit diesen auf die schwarzen und weißen Tasten übertragen würde. Dabei heraus kam mit „Planet“ ein 'Planetarisch' gutes Jazz-Debüt-Album, das mit seiner virtuosen Faszination und klangtechnischen Schönheit begeistert. Und auch dass „Planet“ auf Doppel-Vinyl seinen ganz speziellen Klang entfalten darf, ist ein weiterer Aspekt, der die wirklich klassischen Musikhörer, die völlig zurecht nach wie vor nichts über das schwarze Gold namens Vinyl stellen, begeistern wird. Ein ISFAR SARABSKI gehört mit seinem Werk genauso auf eine LP wie ein MILES DAVIS oder KEITH JARRETT, dessen Einfluss, ähnlich auch wie die eines BRAD MEHLDAU, auf Sarabski durchaus erkennbar ist.
Der junge aserbaidschanische Pianist, der auf „Planet“ fest von einem Bassisten und einem Schlagzeuger, aber auch von verschiedenen Streichern begleitet wird, und außerdem bereits im zarten Alter von 20 Jahren Gewinner des Solo-Piano-Wettbewerbs des Montreux Jazz Festivals wurde, stellt zugleich sehr hohe Ansprüche an sich und seine Musik, wenn er feststellt: „Meine bevorzugte Form des Dialogkonzepts mit der Seele ist die metrische und melodische Freiheit des Jazz. Die Jazz-Form ist äußerst hilfreich im Finden tiefsitzender, kleiner, aber wichtiger Details der Seele. Sie ist wie eine Art Code, der sich nicht immer zwangsläufig decodieren lässt, aber er ist in seiner Erscheinungsweise einzigartig. Deswegen wollte ich unbedingt mit ‚Planet', einem ausgewiesenen Jazz-Album, meinen Platteneinstand begehen"
Nun also ist es an uns, nach dem Hören von „Planets“ all die unterschiedlichen Jazz-, aber auch klassischen Stimmungen (von Rachmaninow bis Mussorgski und Chopin bis Bach), welche Sarabski darin verarbeitet, eben nicht zu decodieren, sondern musikalisch zu dechiffrieren. Auch das fällt nicht leicht. Schließlich funktioniert Musik nicht nach einem wissenschaftlichen Code, sondern richtet sich an das Gefühl – oder eben aus Sarabskis Sicht an die Seele – das sich ganz schnell erschließt. Denn die Leidenschaft und Seele, welche der Pianist gemeinsam mit seinen Begleitern in „Planet“ steckte, springt umgehend schon nach dem fast hypnotisch wirkenden Album-Opener „Deja Vu“ über.
Unser Puls schnellt in die Höhe, genauso wie auf dem folgenden „Limping Stranger“, wenn des Schlagzeug einen pulsierenden Rhythmus vorgibt, der Bass für ordentlich Tiefe und die Streicher für träumerische Schwelgerei sorgen, um uns einen Planeten zu offenbaren, den man nur zu gerne mit seinen Ohren besucht, weil er so farbenfroh wie ein Blumenbukett aus Noten gestaltet ist.
Im epischen „The Edge“ taucht dann sogar ein traditionelles aserbaidschanisches Saiteninstrument, die Tar, auf. Und dass sich „Swan Lake“ natürlich als einzige Fremdkomposition auf Tschaikowskis Ballettmusik „Schwanensee“ bezieht, zeigt die intensive Hinwendung Sarabskis zur Klassik: „Ich bin großer Klassik-Fan! […] Klassische Musik ist in meinen Augen das Fundament für alle anderen Musikformen.“
Welch musikalischer Freigeist der klassisch geschulte ISFAR SARABSKI ist, zeigt uns schon ein kleiner Blick auf seine zwar kurze, aber musikalisch sehr umfangreiche Biografie. Aufgewachsen in einem musikaffinen Elternhaus, in dem er bereits als Vierjähriger auf einem Casio-Keyboard rumklimperte, studierte er erst an der Baku Musik Academy und dann am Berkley College Of Music, spielte auf Festivals rund um den Erdball und gründete 2011 das Sarabski Trio, dessen Bassist und Schlagzeuger ihn auch auf „Planet“ begleiten. Natürlich war/ist er auch in klassischen Orchestern aktiv und seine Kompositionen hinterlassen bei viele einen tiefen Eindruck.
Seit 2017 widmet er sich neben dem Jazz zugleich der elektronischen Musik. Und neben „Planet“, seinem Jazz-Album, ist als nächstes ein elektronisches Album von ihm geplant. Das macht mehr als neugierig, denn bei der Stimmungsvielfalt dieser Jazz-Kompositionen, ist wohl ein ähnlich farbenfrohes Potpourri auch an Electronics von ihm zu erwarten.
Doch bis dahin genießen wir einfach wieder und wieder den kammermusikalischen Jazz „Planet“. Abgehoben und bodenständig zugleich, genauso wie verspielt und strukturiert. Dieser junge Pianist aus Aserbaidschan hat's wirklich drauf. Klingt wie ein alter Jazz-Hase, der sicher auch einem ERIK SATIE riesige Freude bereiten würde.
FAZIT: Mit seinem recht verträumten Debüt „Planet“ überrascht der junge aserbaidschanische Pianist sowie Gewinner des Solo-Piano-Wettbewerbs des Montreux Jazz Festivals ISFAR SARABSKI die Jazz-Welt, auch weil sich neben der komplexen Metrik viele klassische, oft von Streichern getragene, Momente in das Album einschleichen und so Sarabskis Wunsch nach 'dem Wachrufen tiefer menschlicher Gefühle' vollumfänglich verwirklichen. Nur Vorsicht: Wer sich für die hervorragend klingende Doppel-Vinyl-Variante entscheidet, muss das Album in Single-Geschwindigkeit, also 45 RPM, hören, sonst klängen die interPlanetaren Aufnahmen doch ein wenig 'zu verträumt' und würden, statt die Seele zu bewegen, diese eher balsamieren.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (17:36):
- Deja Vu (6:12)
- Limping Stranger (5:57)
- Swan Lake (5:27)
- Seite B (16:06):
- Prelude (4:47)
- Transit (4:39)
- Planet (Piano Solo) (6:40)
- Seite C (13:04):
- The Edge (7:32)
- Novruz (5:32)
- Seite D (13:48):
- G-Man (8:36)
- Planet (5:12)
- Bass - Alan Hampton, Makar Novikov
- Keys - Isfar Sarabski
- Schlagzeug - Mark Guiliana, Sasha Mashin
- Sonstige - Main String Ensemble & Lev Trofimov, Baku Strings Quartet, Shariyar Imanov (Tar)
- Planet (2021) - 12/15 Punkten
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