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Various Artists: Christof Stählin – Nur meine Lieder (Review)

Artist:

Various Artists

Various Artists: Christof Stählin – Nur meine Lieder
Album:

Christof Stählin – Nur meine Lieder

Medium: CD
Stil:

Liedermacher mit Stählin-Tribut

Label: BuschFunk Vertriebs GmbH
Spieldauer: 64:23
Erschienen: 03.06.2022
Website: [Link]

„Wenn ich beim Spazierengehen an einem Gartenzaun vorbeikomme, lasse ich Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand an den Latten entlangrattern. Ansonsten dichte ich, spiele auf der Vihuela, denke nach, singe, halte meine Spottlust im Zaum und mich selber viel in der freien Natur auf.“ (Selbstvorstellung des 2015 verstorbenen CHRISTOF STÄHLIN auf der Homepage der Christof-Stählin-Gesellschaft)

Stählin... Wer?
Das werden sich wahrscheinlich viele fragen, wenn sie zum ersten Mal den Namen CHRISTOF STÄHLIN hören. Echter Weltruhm oder gar eine nationalstolze Goethe-Schiller-Begeisterung seitens des deutschen Volkes, das angeblich nicht von sich behaupten kann, mit Größenwahn ein größenwahnsinniges Problem zu haben, sind ihm, dem Dichter, Essayist, Kabarettist, Sprachforscher, Philosophen, Musiker, Zeichner, Grafiker und Poesielehrer nie ernsthaft zuteil geworden. Stählin hätte solche Aufmerksamkeit um seine Person garantiert auch umgehend abgelehnt, denn er ist als Liedermacher auch einer, dem jegliche Deutschtümelei auf den Zeiger ging. Der vielmehr dagegen aufbegehrte und ansang. Dafür genoss er aber im Kreise seiner Sangeskollegen – wie REINHARD MEY oder MAX PROSA und MANFRED MAURENBRECHER sowie BARBARA THALHEIM und vielen anderen namhaften Liedpoeten – jede Menge Bewunderung und genoss höchste Ehren, wenn BODO WARTKE beispielsweise zu ihm euphorisch ausrufend feststellte: „Ein Meister! Ein Lehrmeister!“
Doch auch Stählin proklamierte für sich einen uneingeschränkten Lehrmeister: KARL VALENTIN!

In diesem Jahr wäre CHRISTOF STÄHLIN 80 Jahre alt geworden.
'Wäre', wenn er 2015 nicht im Alter von 73 Jahren an den Folgen eines fiesen Hirntumors verstorben wäre.
Dabei wären er und seine Worte gerade in der heutigen Zeit wichtiger denn je für uns – einer Zeit, die durch Kriege, Klimakatastrophe, Pandemien und einen deutschen Kanzler geprägt sind, der – wenn es um milliardenhafte Steuerhinterziehungen seitens finanzgieriger Bänker geht – offensichtlich von Demenz und wohl auch Alzheimer befallen ist, wenn sein Lieblingssatz als ehemals verantwortlicher Bürgermeister und Finanzminister dazu lautet: „Ich kann mich nicht erinnern!“
Grund genug auf jeden Fall für all seine 'sangesfreudigen Schüler', diesem Stählin ein großes Tribut zu zollen und seine eigenen Lieder in ihrer Interpretation auf „Christof Stählin – Nur meine Lieder“ vorzutragen und dabei sogar seine Variante einer neuen deutschen Nationalhymne anzubieten, die man endlich gegen die alte und gleich auch alle korrupten Politiker mit austauschen sollte.

Zuvor aber sollte man unbedingt das dicke Booklet, welches dem Digipak beiliegt, zur Hand nehmen und sich die Ehrerweisungen, die jeder einzelne auf dieser Tribute-CD vertretene Künstler Stählin entgegenbringt, genau durchlesen. Welche Dimension hinter dessen regen Geist und seinem großen Können auch als Musiker und Maler steckt, lassen sich so – ohne zuvor auch nur einen Ton von der CD gehört zu haben – hervorragend nachvollziehen.

Mit am Interessantesten ist zudem, dass mit BARBARA THALHEIM sogar eine Musikerin aus der ehemaligen DDR vertreten ist, die noch dazu eine fantastische Sängerin ist, wie man es auf „Die Kastanien“ und „Unser Deutschland“ (Ja, genau der besagten Hymnen-Alternative! Und wer könnte das nicht besser vortragen, als eine Sängerin, die in ihrem Leben bereits mit zwei Hymnen großgeworden ist!?) gleich zweimal hören kann. Wie es zur Begegnung zwischen ihr und Stählin kam, erfahren wir dann auch auf Seite 9 des insgesamt 24 Seiten umfassenden Booklets, welches auch durch Bilder, die an Stählins Art zu Malen angepasst sind, gestaltet wird.

Die gesamte CD ist jedenfalls nicht nur ihrer namhaften Liedermacher wegen ein wahres Wechselbad der begeisterten Gefühle, sondern besonders wegen der wort- und gedanken- und bildreichen Stählin-Texte, die uns mitunter glauben, vermuten und denken lassen, wir hätten es hier mit einem engen Literaturverwandten von HEINRICH HEINE und ERICH KÄSTNER zu tun.

So tritt MAX PROSA gleich mit kleinem Kinder-Chor an und verleiht dem „Clown“ genau die Atmosphäre, welche ein so schöner Text verdient: „Weißt du noch, wie wunderbar bunt er war, wunderbar!“
Genauso wunderbar ist auch dieses ganz einfach mit Klavier und Bläsern instrumentierte Lied geworden. Und in ganz ähnlichem Stil und Sinne geht es illuster mit den insgesamt 17 Stücken weiter, von denen die beiden ältesten Aufnahmen „Der Kapitän“ mit JOHANNA ZEUL und „Der Busen“ mit BODO WARTKE aus dem Jahr 1973 und die beiden jüngsten mit „Komm küss mich“ mit CLAUDIA FINK & MAX PROSA sowie „In 100 Jahren“ mit MANFRED MAURENBRECHER & ANDREAS ALBRECHT aus dem Jahr 2011 stammen.
Auch dass es ein paar bis dato unveröffentlichte Aufnahmen zu entdecken gibt, ist ja heutzutage längst bei vielen solcher Tribut-Veröffentlichungen zum Standard geworden. Herrlich hierbei „Die Dorfgeräusche“ samt der Philosophie über ein 'gutes Ei' sowie das ebenfalls bisher unveröffentlichte „Ein Skelett“, das ein anderes Skelett auf knochenklappernde Weise liebt, gesprochen und von einer 'singenden Säge' begleitet durch PHILIPP S. RHAESA.

Eins der bewegendsten und zugleich am breitesten instrumentierten Stücke ist „Standort“ von REINHARD MEY. Ein großartiger Text, der aus gänzlich unterschiedlichen 'Standorten' die ebenso unterschiedlichen Blickwinkel verschiedener Zeitgenossen darstellt und immer wieder die Frage nach: „Was habe ich bereits erreicht und was steht mir noch bevor?“, stellt.

Sogar eine neue deutsche Nationalhymne – die längst in unserem altmodisch verbiederten Heimatland überfällig ist, aber nach wie vor von keiner Regierung auch nur in Betracht gezogen wird – mit dem Titel „Unser Deutschland“ gibt’s von Stählin zu hören, gesanglich dargeboten von BARBARA THALHEIM und JOANA EMMETZ, die übrigens mit der Zeile: „Deutschland unter ander'n in der Welt“, endet.

FAZIT: Jeder Stählin-Text kommt einem kleinen poetischen Wunder gleich – der Mann und Wortzauberer kann bzw. konnte (bis zu seinem Tod im Jahr 2015) nicht nur dichten, sondern auch philosophieren und mit Worten balancieren bis sie zu klang- und geistvollen Liedern werden/wurden. „Nur meine Lieder“, die Tribut-CD für CHRISTOF STÄHLIN aus Anlass seines 80. Geburtstags wird so zu einem siebzehnfachen, von vielen aktuellen Liedermachern (MAX PROSA, REINHARD MEY, BARBARA THALHEIM...) vorgetragener Genuss, weil Stählins Lieder zwar seine bleiben, aber mit den unterschiedlichsten Stimmen auch zu den der anderen – egal, ob Musiker oder Zuhörer – werden. In Zeiten des immer stärker und lauter werdenden Hasses und der damit grassierenden Radikalität und Dummheit ein Album, das wichtiger als je zuvor ist. Man muss es sich nur genau anhören – und bitte auch verstehen!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2350x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Joana & Barbara Thalheim Die Kastanien
  • Max Prosa Der Clown
  • Thomas Felder & Johanna Zeul Die Liebe der Wale
  • Sebastien Krämer Amors Becher
  • Dietlinde Ellsässer Die Dorfgeräusche
  • Linard Bardill Was hätt' ich denn davon
  • Philipp Schmidt-Rhaesa Ein Skelett
  • Johanna Zeuhl Der Kapitän
  • Reinhard Mey Standort
  • Charlotte & Elisabeth Schneeflockentanz
  • Erwin Grosche Ich habe vor
  • Claudia Fink & Max Prosa Komm, küss mich
  • Bernd Kohlhepp Die Raumverdrängung
  • Bodo Wartke Der Busen
  • Holger Saarmann Der Wind
  • Barbara Thalheim & Joana Unser Deutschland
  • Manfred Maurenbrecher In 100 Jahren

Besetzung:

Interviews:

  • keine Interviews
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