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King Hannah: Big Swimmer (Review)

Artist:

King Hannah

King Hannah: Big Swimmer
Album:

Big Swimmer

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Indie-Rock, Blues, Psychedelia, Grunge

Label: City Slang
Spieldauer: 49:54
Erschienen: 31.05.2024
Website: [Link]

Als HANNAH MERRICK und CRAIG WHITTLE vor zwei Jahren mit ihrem ersten Longplayer „I'm Sorry, I Was Just Being Me“ als KING HANNAH ins öffentliche Bewusstsein vordrangen, spielte das Element der Überraschung eigentlich eine untergeordnete Rolle: Sowohl Merrick als auch Whittle waren zuvor schon in eigener Sache als Musiker unterwegs gewesen und nachdem sie sich bei einem Club-Gig kennen und schätzen gelernt haben, sahen sie in der gemeinsamen Zusammenarbeit eine Möglichkeit, ihren Wirkungskreis ausdehnen zu können. Somit überlegten sie sich ein solides Konzept für das neue Projekt, welches darauf basierte, dass sie ihr recht unterschiedliches Songwriting von vorneherein darauf ausrichteten, wie sich dieses am Effektivsten auf der Bühne musikalisch implementieren ließe. Gerade deswegen war der Live-Sound von vornherein Dreh- und Angelpunkt des gemeinsamen Tuns und deswegen wurden sie im Folgenden auch als einer der heißesten Live-Acts der Saison gehandelt. Kurzum: KING HANNAH wussten von Anfang an sehr genau, was sie wollten und wie sie ihren Willen verwirklichen konnten.

Diese Art von „Planwirtschaft“ führte sie – nach ausgedehnten Touren durch UK und Europa – auch in die USA, wo sie die Bühne mit angesagten Acts wie KURT VILE, KEVIN MORBY oder THURSTON MOORE teilten, womit wir wieder beim Element der Überraschung angelangt sind, denn KING HANNAH waren überwältigt davon, dass der Erfolg ihres Debüt-Albums sie letztlich ans Ziel ihrer Träume geführt hatte und sie dort offensichtlich mit offenen Armen aufgenommen wurden. Auf ihrem zweiten Album „Big Swimmer“ manifestiert sich das durch eine Fan-Freundschaft mit der Indie-Ikone SHARON VAN ETTEN, die sich entwickelte, als diese die KING HANNAH Debüt-Single „Crème Brulée“ über Social Media empfahl. SHARON VAN ETTEN ist demzufolge dann auch als Gast-Sängerin auf zwei Songs des neuen Albums zu hören, darunter auch auf dem Titeltrack, einer Durchhalte-und Empowerment-Hymne, die in gleich zwei Versionen (als Folk-Ballade und Rocksong) das Album eröffnet.


Widmeten sich KING HANNAH auf dem Debüt-Album inhaltlich noch der gepflegten, codierten Selbstanalyse, so ist die Inspiration des neuen Albums offensichtlich der Trip in die USA und der Eindruck, den dieser Trip bei den Musikern hinterlassen hatte. Interessanterweise erklärte HANNAH MERRICK einmal, dass es ihr beim Texten und Performen nicht um Emotionen, sondern immer zuerst die Geschichte gehe, dass aber vor allen Dingen der Klang und nicht der Inhalt des Gesungenen im Vordergrund stehe. Dieses interessante Widerspruchskonstrukt bestimmt auch die Atmosphäre des zweiten Albums, auf dem dann eine Art noble Distanz zwischen dem Inhalt der Lyrics und der Intensität des musikalischen Vortrages zu beobachten ist.

Das Album „Big Swimmer“ ist letztlich eine Hommage an die USA, die KING HANNAH auf der inhaltlichen Seite durch eine Aneinanderreihung von Anekdoten, Eindrücken und Erlebnissen formulieren, die sie auf ihrer Reise erlebt haben – und auf der musikalischen Seite durch mehr oder minder ungeschminkte Referenzen an ihre musikalischen Idole und Vorbilder. Das geschieht recht unverblümt wenn sie z.B. in dem Track „New York, Let's Do it“ den urbanen Indie-Rock der 80er – etwa von Bands wie TELEVISION – zitieren oder sich in dem Song „Suddenly, Your Hand“ als Fans von BILL CALLAHAN outen, wobei sie diesen nicht nur namentlich erwähnen, sondern auch dessen lakonischen Stil musikalisch emulieren. In dem Track „Somewhere Near El Paso“ versuchen sich KING HANNAH dann am Stoner Rock und in dem abschließenden „John Prine On The Radio“ sogar an einem eher atypischen Akustik-Song, welcher der Liedermacher-Tradition des großen Vorbilds nahe sein möchte.

Es gibt aber auch Inspirationen aus der Film- und Fernsehwelt: Das Instrumental „Scully“ bezieht sich offensichtlich auf Agent Scully aus der X-Files-Serie und der Song „This Wasn't Intentional“ (bei dem SHARON VAN ETTEN zum zweiten Mal zum Einsatz kommt) orientiert sich an der Geschichte des Oscar-nominierten Arthouse-Films „Aftersun“.


All diese Einflüsse und Inspirationen vermengen KING HANNAH auf „Big Swimmer“ mit soviel Charme und Überzeugung, dass man ihnen all dieses Referenzieren gar nicht übel nehmen möchte – zumal das alles in aufrichtiger Bewunderung der Vorbilder und Inspirationsquellen, aber mit einer eigenen künstlerischen Agenda auf der musikalischen Seite geschieht.

Ein wichtiger Teil des KING HANNAH-Appeals besteht darin, die eigentlich gegensätzlichen Features der beiden Protagonisten – HANNAH MERRICKS assoziative Lyrics und ihren dezidiert am Klang ausgerichteten, unterschwellig ambitionierten Gesang und CRAIG WHITTLES schneidend scharfes, irgendwie deskriptives Gitarrenspiel und sein Sinn für strukturelle Überraschungen – zu mehr als der bloßen Summe seiner Bestandteile zusammenführen. Das gelingt am Besten im interaktiven Zusammenspiel, weswegen es auch ein großes Anliegen KING HANNAHs war, das neue Material unter der Regie des angesagten Produzenten Ali Chant im wesentlichen live im Studio einzuspielen, in dem sich alle Beteiligten dementsprechend befeuern und motivieren konnten. Whittle merkt diesbezüglich an, wie wichtig in diesem Zusammenhang das „Überbluten“ des Sounds über die Mikrophone war, denn so konnte der Eindruck erweckt werden, dass alle Musiker in einem Raum agierten, gleichwohl die Verstärker in Chants Studio aus Platzgründen sogar im Schlafzimmer aufgebaut werden mussten. Das Ziel, den Live-Sound der Band im Studio zu reproduzieren, gelang jedenfalls so auf eindrucksvolle Weise.


FAZIT: Mag sein, dass es eine glückliche Fügung des Schicksals war, die dazu führte, dass sich KING HANNAH nun schon mit ihrem zweiten Album „Big Swimmer“ all ihre musikalischen Träume für dieses Projekt verwirklichen konnten – aber auf diese Weise entstand eine Scheibe, die eigentlich nichts zu wünschen übrig lässt und den Hype, der um KING HANNAH von Anfang an gemacht wurde, in jeder Weise auch rechtfertigt. Und als musikalischer Fanbrief der Liverpooler an die USA und deren kulturelle Errungenschaften funktioniert das Album obendrein.

Ullrich Maurer (Info) (Review 1884x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Big Swimmer (feat. Sharon Fan Etten)
  • New York, Let's Do Nothing
  • The Mattress
  • Milk Boy (I Love You)
  • Suddenly, Your Hand
  • Something Near El Paso
  • Lily Pad
  • Davey Says
  • Scully
  • This Wan't Intentional (feat. Sharon Fan Etten)
  • John Prine On The Radio

Besetzung:

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