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Interview mit Redkey (03.09.2006)
Hinter dem Namen REDKEY verbirgt sich nicht nur ein neuer Hoffnungsträger in Sachen internationaler Power Metal aus Deutschland, sondern mit Thomas "Fredl" Rettke auch einer der besten und zugleich unterbewertesten Sänger der heimischen Metal-Gilde. Wem dies damals bei HEAVENS GATE noch nicht klar geworden ist oder wer die Vorgängerband bedauernswerterweise verpasst hat, bekommt nun also eine neue Chance.
Hallo Thomas, herzlichen Glückwunsch zur neuen Band und zur neuen Scheibe. Ich und mindestens alle HEAVENS GATE-Fans sind begeistert.
Vielen Dank für Deine Glückwünsche und das überaus positive Review.
Wie bist Du bisher mit den Resonanzen auf „Rage Of Fire“ zufrieden?
Die Resonanzen sind sehr, sehr gut; vor allem von den „kleineren“ Magazinen und Fanzines, welche noch nicht ganz der Kommerzpolitik verfallen sind. Wir freuen uns darauf, die Leute auch bald live überzeugen zu können und vielleicht bei dieser Gelegenheit auch ein paar alte HEAVENS GATE-Fans wiederzusehen.
Wie erklärst Du einem alten Fan, der die neue Scheibe noch nicht gehört hat, den Unterschied zwischen HEAVENS GATE und REDKEY?
HEAVENS GATE lief mehr in der „Happy Metal“ Schiene, d. h. HEAVENS GATE hatten viel melodischere Arrangements, viele mehrstimmige Soli und große Chöre. REDKEY ist wesentlich härter und gradliniger. Ich würde die Musik als klassischen Power Metal mit modernen Einflüssen beschreiben.
REDKEY sind ja wesentlich härter und auch ernster, als damals HEAVENS GATE. Woran liegt´s?
Mir gefiel diese Art von Metal schon immer. In der Vergangenheit hörte ich Bands wie VICIOUS RUMORS, METAL CHURCH, RACER X , METALLICA und natürlich JUDAS PRIEST. Man merkt bestimmt, dass ich von diesen Bands stark beeinflusst wurde. Nach dem Aus von HEAVENS GATE und einer längeren Pause wollte ich endlich einmal solche Art von Metal machen.
Viele vergleichen REDKEY mit JUDAS PRIEST. Was hältst Du davon?
Naja, ist ja nicht gerade die schlechteste Adresse, wenn es um Vergleiche geht! Obwohl wir Priest auf keinen Fall imitieren wollen, die meisten unserer Arrangements sind doch schon etwas anders. Es liegt vielleicht auch an meiner Art zu singen, denn ich bin, wie schon gesagt, natürlich auch von Rob Halford beeinflusst.
Da wir schon mal beim Thema sind: Hattest Du in der vakanten Phase bei Tipton & Co eigentlich mal Ambitionen, Dich als Halford-Nachfolger zu bewerben?
Ich glaube, das wäre wohl eine Schuhnummer zu groß gewesen. Das liegt nicht am mangelnden Selbstvertrauen, sondern an der Tatsache, dass so einer wie ich rein von der Persönlichkeit wohl nicht in eine solche Band passen würde. Ich bin nicht nur Sänger, sondern auch Songschreiber. Ich habe ja auch bei HEAVENS GATE fast 90 % der Songs komponiert. Es wäre schwer für mich, in einer Band wie JUDAS PRIEST nur ein Teil der Musik zu sein. Außerdem glaube ich, dass ein deutscher Sänger bei dieser Kultband im Ausland einen ziemlich schweren Stand hätte.
Gab es nach dem Ende von HEAVENS GATE Angebote an Dich, woanders den Sängerposten zu übernehmen?
Ich hatte über Limb (unseren ehemaligen Manager) mehrere Angebote. Die Zusammenarbeit scheiterte jedoch stets an der Art der Musik. Alle klangen wie HELLOWEEN oder machten Musik mit viel Klassikelementen mit großem Aufwand, und dies war genau das, was ich auf keinen Fall mehr machen wollte!
Was hättest Du gemacht, wenn Sascha "Nein" zur erneuten Zusammenarbeit gesagt bzw. keine Zeit hierfür gehabt hätte?
Ich kenne zu viele Einzelheiten aus Saschas Privatleben, er konnte gar nicht nein sagen! (lacht) Im Ernst, ich habe in der Zeit nach HEAVENS GATE viel mit ihm zusammen gearbeitet, und das Angebot, von meinen neuen Ideen ein Demo aufzunehmen, kam ja von ihm. Und da er nicht nur ein hervorragender Produzent, sondern auch ein verdammt geiler Gitarrist ist, kamen wir einfach nicht drum herum. Und je mehr wir an dem Demo bastelten, desto besser gefiel ihm das Material.
Lässt Euch sein Produzentenjob uneingeschränkte Planungsfreiheit, was z.B. Touraktivitäten betrifft?
Ich glaube nicht, dass REDKEY so groß wird, dass wir über mehrere Wochen auf Tour sein werden. Und sollten wir wider Erwarten doch noch zu Metal Superstars mutieren, werden wir Sascha einfach klonen!
Schlägt sich die neue Ernsthaftigkeit auch in den Texten nieder? Was habt Ihr (oder besser Du als Texter) der Welt mitzuteilen?
"Rage Of Fire" beschäftigt sich fast ausnahmslos mit der zunehmenden Technologisierung, Globalisierung und der Vereinsamung von Menschen. Dies ist zwar kein neues, aber für mich ein sehr bedeutendes und aktuelles Thema. Viele Leute, vor allem Jugendliche, hängen nur noch vor der Konsole, dem PC oder am Handy. Die Kommunikation wird immer unpersönlicher und steriler. Das gibt mir zu denken!
Habt Ihr auch über eine HEAVENS GATE-Reunion nachgedacht?
Eine Reunion stand von Anfang an nicht zur Debatte. Ich wollte etwas Neues machen und das mit neuen, unverbrauchten Leuten. Warum Sascha mit dabei ist, habe ich ja schon erklärt.
Ist REDKEY eine feste Band oder „Dein Projekt“?
Es begann als Projekt, ist aber mittlerweile eine feste Band geworden.
Wie kam es zum Deal mit Dockyard 1?
Wir hatten ursprünglich einen Vertrag mit dem a-Label aus Berlin. Die Chefin, Antje Lange, hatte sich aber kurz nach Vertragsunterzeichnung bei einem großen Label vorgestellt und wurde sofort unter Vertrag genommen. Dockyard übernahm danach sämtliche Aktivitäten, und bis jetzt machen sie ihren Job verdammt gut!
Hätte ich vorher raten sollen, wäre ich sicher gewesen, dass Euer Album bei Limb Music erscheint.. .
Wir hatten auch ein Angebot von L.M.P., welches jedoch für uns nicht akzeptabel war.
Dass Ihr damals mit HEAVENS GATE Eure größten Erfolge in Japan feiern konntet, ist ja weitreichend bekannt. Wie sehen diesbezüglich Deine Erwartungen für REDKEY aus?
Zu HEAVENS GATE-Zeiten war der Markt in Japan noch groß und offen. Mittlerweile backen auch die Japaner kleine Brötchen, und es ist für jede Band schwierig, in Japan Fuß zu fassen. Ich hoffe natürlich, dass auch REDKEY in Japan ein Erfolg wird; aber noch mehr hoffe ich dies für Deutschland und Europa!
Das Cover von „Rage Of Fire“ mit den Totenköpfen im Hintergrund ist deutlich düsterer und „mehr Heavy Metal“ als früher bei HEAVENS GATE. Wer ist für das Coverartwork verantwortlich?Ist der dort enthaltene „brennende Schlüssel“ Euer Bandsymbol und gibt es eine tiefgründigere Bedeutung?
Der „Brennende Schlüssel“ befindet sich seit über 14 Jahren als Tattoo auf meinem Oberarm. Ich wollte, dass sich REDKEY über ein Symbol identifiziert, und auf der Suche danach fiel mein Blick eines Tages in den Spiegel und... VOILA!! Die Totenköpfe symbolisieren die Zwiespältigkeit zwischen Mensch und Maschine.
Entsprang der Bandname Deiner Idee? Die Anlehnung an Deinen Namen dürfte kaum Zufall sein.
Ich arbeite oft mit Amanda Somerville, einer amerikanischen Sängerin und Songschreiberin zusammen. Sie hat u. a. die AINA-Story geschrieben. Irgendwann habe ich Ahnenforschung im Netz betrieben, und bei meiner Recherche kam der Name RETTKE oft in Verbindung mit dem Namen REDKEY. Als ich Amanda fragte, wie wohl jemand aus Amiland meinen Nachnamen aussprechen würde, sagte sie: REDKEY! So war´s, so war´s…
Stell´ bitte kurz die neuen Leute vor und wie Du auf sie gestoßen bist.
Gitarrist André Borawski kenne ich ja schon seit Jahren, und er bevorzugt die gleiche Art von Metal wie ich. Bassist Klemens Klarhorst und Drummer Daniel Eichholz spielen schon länger zusammen. Als ich sie einmal bei einem Konzert ihrer Band SQUINTALOO sah, war ich von dem Groove und der Dynamik der beiden begeistert. Und was natürlich geholfen hat: beide sind eingefleischte HEAVENS GATE-Fans.
Laut Infoblatt ist REDKEY-Gitarrist Andrè Borawski ein alter Kollege von Dir aus STEELTOWER-Zeiten. Auf dem einzigen STEELTOWER-Album „Night Of The Dog“ ist er aber nicht zu hören, oder?
Nein, André kam erst nach dem Release von "Night Of The Dog" dazu.
Weißt Du, was die anderen ehemaligen HEAVENS GATE-Mitglieder und vielleicht auch die STEELTOWER-Jungs Bernd Kaufholz und Ingo Millek heute machen? Sind diese noch musikalisch aktiv?
Bernd Kaufholz lebt irgendwo in den neuen Bundesländern, er hatte viel Ärger mit der Justiz, ich möchte jedoch nicht weiter darauf eingehen. Ingo Millek hat eine Metalband hier in Wolfsburg, verfolgt allerdings keine Profi-Ambitionen. Ansonsten habe ich leider keinen Kontakt mehr.
Waren die anderen REDKEY-Jungs am Songwriting beteiligt?
Nein, alle Songs sind aus meiner Feder; natürlich hat Sascha einige Arrangements dazu beigetragen (um nicht zu sagen: viele!). André hat natürlich einige Soli gespielt. Bei dem Nachfolger von "Rage Of Fire" werden die anderen aber mit Sicherheit einiges beitragen.
Handelt es sich ausschließlich um neue Songs, oder hattest Du noch HEAVENS GATE-Songs in der Schublade?
Es sind alles Kompositionen neuerer Zeit, geschrieben speziell für REDKEY.
Wie kam es zum Duett mit Tobias Sammet in „The Fortune“, und wieso habt Ihr Euch dafür den mittlerweile doch recht unbekannten ANGEL-Song ausgesucht? I
n den 70ern fand ich Angel total geil! Ich hatte schon immer Spaß daran, alte Songs aus dieser Zeit neu aufzunehmen (siehe HEAVENS GATE: "This Town Ain´t Big Enough", "Rock On", "This Flight Tonight"). Als ich mir diesen Song anhörte, kam mir die Idee, den Gesang als Duett aufzunehmen. Da ich gerade die Chöre für EDGUYs "Rocket Ride" machte, fragte ich Toby, ob er daran Interesse hätte, und er sagte sofort ja (blieb ihm ja auch nichts anderes übrig; wegen der Chöre!!)
Du warst in den letzten Jahren ja ziemlich in der Versenkung verschwunden. Die Gastauftritte bei RHAPSODY, EDGUY, KAMELOT etc. dürften Dich kaum komplett ausgefüllt haben. Wie sahen die letzten sechs Jahre im Leben des Thomas Rettke aus?
Die Chöre für diese Bands waren bei Weitem nicht die einzigen musikalischen Aktivitäten! Ich habe Songs für den VFL Wolfsburg gemacht, gab Gesangsunterricht, habe im Gate Studio als Vocalcoach gearbeitet, usw. Nebenbei habe ich auch noch mit einer Coverband Rock der 70er und 80er gespielt.
Ich habe Dich erstmals 1987 mit STEELTOWER als Vorband von STEELER live gesehen. Damals seid Ihr noch recht unbeschwert zur Sache gegangen. Ein paar Jahre später habe ich Dich mit HEAVENS GATE wiedergetroffen; damals war im Gespräch mit Dir Dein Frust über die gewisse Ignoranz Euch gegenüber (zumindest in Deutschland) schon recht deutlich zu spüren. Wie hat sich aus Deiner Sicht die Szene allgemein und speziell für Eure Musik seit Deinem Beginn mit STEELTOWER bis heute verändert? Woher holst Du Dir die Motivation, nach den Tiefschlägen der Vergangenheit immer wieder weiter zu machen und weiter an Deine bzw. Eure Chance zu glauben?
Bei den Fans hatten wir ja sogar sehr große Akzeptanz, nur die „großen“ Magazine hatten immer ihre Schwierigkeiten mit uns. Na ja, wir konnten halt keine mehrseitigen Anzeigen schalten, wenn Du verstehst, was ich meine. Musik ist immer Geschmackssache! Ich könnte z.B. keine Kritik über eine Hip-Hop-Platte schreiben, weil mir die Musik absolut nicht gefällt. Dies muss jedoch nicht heißen, dass die Musiker ihr Handwerk nicht verstehen, und wenn es Leute gibt, die sich damit identifizieren können: Okay! Ich bin mit Metal aufgewachsen und kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie sich Metal-Mucker um Akzeptanz und Toleranz in der Musikwelt bemühten. Heute schießt jeder Metal-Mucker gegen den anderen. Als wir mit HEAVENS GATE unterwegs waren, stießen wir immer wieder auf verhinderte, verklemmte Pseudo-Musiker, welche nach missglückter Musikerkarriere als Redakteure endeten, und dann alles verrissen, was ihnen aus Deutschland auf den Tisch kam! Mann muss doch, auch wenn man eine Musikrichtung nicht mag, erkennen, dass da zumindest musikalisches Potenzial vorhanden ist! Heute lese ich schlechte Kritiken mit einem Lächeln, selbst wenn ein Redakteur des Metal Hammer REDKEY 1 Punkt gibt!! (Ist absoluter Priest Fan!!!)
Sorry, aber das schreit für mich (unabhängig von meiner Meinung zu REDKEY) nach Berufsverbot... Was war Dein für Dich bisher größtes Erlebnis in Deiner Karriere?
Ich kann es nicht an ein bestimmtes Ereignis fest machen; für mich gab es immer Gänsehaut, wenn ich außerhalb meines Heimatortes live gespielt habe und die Fans haben MEINE Songs mitgesungen. Immer dann wusste und weiß ich: Musik zu machen WAR DIE RICHTIGE ENTSCHEIDUNG!!!
Absolut, was hätten wir alles verpasst - und jeder, der das noch immer nicht begriffen hat, sollte sich auf dem nächsten REDKEY-Gig in seiner Nähe endlich mit eigenen Ohren von den Metal-Qualitäten made in Wolfsburg überzeugen.