POTT OUT FESTIVAL 2024
THE SCRIPT | SATELLITES WORD TOUR 2024
FAT FREDDY´S DROP | SLO MO Tour 2024
YELLOWCARD | European Tour 2024
BETH HART LANXESS ARENA KÖLN 2024
Partner
Services
Statistiken
Wir
Interview mit Opeth (07.01.2009)
Vor dem ausverkauften Konzert am 12.12.2008 in der Markthalle in Hamburg nimmt sich OPETH-Chef Mikael Åkerfeldt Zeit für einen Plausch und philosophiert mit uns über Erfolg, Kunst und Ironie im Metal.
Hallo Mikael! "Watershed" ist das erste Opeth-Album, das du mit Fredrik Åkesson und Martin "Axe" Axenrot aufgenommen hast. Inwiefern hat dieser Line-Up-Wechsel die Aufnahmen beeinflusst? Was ist anders als vorher?
Es ist schon anders. Ich denke, Fredrik und Martin sind bessere, zuverlässigere Spieler. Sie sind noch hungrig. Peter (Lopez) liebte es ebenfalls zu spielen, aber seine Rolle in der Band verlor an Bedeutung, weil er nicht besonders viel zu den Songs beitrug und nicht wirklich die Rolle eines Lead-Gitarristen übernahm. Und Martin Lopez war ein „Gefühls-Drummer“, manchmal liebte er es zu spielen, manchmal hasste er es. Mit Fredrik und Martin ist alles viel einfacher geworden.
Erzähl doch mal ein wenig über den Bonustrack „Den Standiga Resan“, der sich auf der Special-Edition von „Watershed“ befindet.
„Den Standiga Resan“ ist ein Song von Marie Fredriksson, der Sängerin von ROXETTE. Sie hat einige Solo-Alben herausgebracht und dieser Song stammt von einem dieser Alben. Ich liebte diesen Song, seit ich ihn das erste Mal vor sechzehn Jahren gehört habe. Ich wollte diesen Song schon immer aufnehmen, aber es fühlte sich lange nicht richtig an für mich, dieses Stück zu singen, auf Schwedisch zu singen.
Wie viel steckt in dir von einem analytischen Komponisten, wie viel von einem Freak, der von seinen Ideen mitgerissen wird?
Oh, keine Ahnung. Vielleicht steckt in mir zur Hälfte das eine und zur Hälfte das andere. Manchmal fallen mir ein paar clevere Arrangements ein (lacht) und manchmal ist es einfach eine blöde Idee, die ich weiterspinne. Aber ich liebe es, zu experimentieren und neue Dinge auszuprobieren. Wir sind ja mittlerweile in einer Position, in der wir tun können, was wir wollen - und wir nutzen diese Freiheit gerne aus. Wir hatten vor 14 Jahren genauso einen eigenen Stil wie heute, aber in dieser Zeit wurden wir von unterschiedlicher Musik beeinflusst, was man auch heraushört.
Wie erklärst du dir euren Erfolg in den USA? Liegt das an der Marktmacht und den Möglichkeiten, die ein Label wie Roadrunner bietet oder liegt es eher an der Mund-zu-Mund-Propaganda von kleinen Webzine-Schreiberlingen?
Wir hatten nie wirklich Erfolg in den USA, bis wir anfingen, dort auf Tour zu gehen. Als wir dort auf Tour gingen, hatten wir bereits ungefähr fünf Alben veröffentlicht und es gab bereits eine Art von „Underground-Kult“ um uns. Und als wir schließlich in den USA zu touren begannen, hatten bereits eine Menge Leute von uns gehört. Außerdem hatten wir auch einen gewissen Exoten-Bonus, weil wir aus Skandinavien kommen. Und seit wir das erste Mal in den USA waren, wurden wir immer wieder eingeladen, dort zu spielen. Es ist ja auch nicht so, dass die USA eine märchenhafte Erfolgsgeschichte für uns waren, denn andere Länder waren am Anfang auch nicht leicht für uns zu knacken. Genauso war es in Deutschland. Es hat einige Alben gebraucht, bis eine Tour so gut lief wie in diesem Jahr. Ich glaube, dass wir den größten Sprung, was Erfolg angeht, in Europa gemacht haben.
Erinnerst du dich noch an den Hamburg-Gig im Jahre 2001 im Logo? Du warst krank und konntest nicht singen. Wenn ich mich richtig erinnere, habt ihr ein Instrumentalset gespielt. Jonas Renkse von Katatonia hat ein, zwei Stücke gesungen und sogar Leute aus dem Publikum. Sind das Momente, an die man sich noch lange danach erinnert? Sind das gute oder schlechte Erinnerungen für dich?
Oh ja, ich erinnere mich! Das war ein cooles Konzert, aber auch eher ein kleiner Gimmick. Die Show am Tag zuvor hatte ich noch durchgezogen – ich war aber schon erkältet, habe getrunken und konnte nicht wirklich singen. Es ging also darum, die Show durchzuziehen oder ganz abzusagen. Also haben wir den Leuten die Möglichkeit gegeben, die Show dennoch anzusehen oder ihnen das Geld für die Tickets zurückzugeben, was letztlich aber niemand wollte. Wir haben also instrumental gespielt, obwohl das Ganze natürlich keine echte OPETH-Show war. Eine ganze Tour dieser Art würde ich natürlich nicht spielen (lacht). Es hat Spaß gemacht und das Feedback war auch gut.
Glaubst du, dass heutzutage noch progressive Musik geschaffen werden kann? Oder wurde in der Vergangenheit bereits so viel experimentiert, dass wir gar nicht mehr anders können, als auf die eine oder andere Weise zu reproduzieren?
Zum Großteil ist es sicherlich nur Reproduzieren, woran ja auch nichts verwerflich ist. Ich mag Fortschritt und Entwicklung, vor allem mit meiner eigenen Band. Aber alles muss zu seiner Zeit passieren, da kann man nichts erzwingen. Es geht mir halt darum, einen guten Song zu schreiben und nicht einen progressiven. Ich höre es aber sehr gern, wenn Songs von uns als neuartig aufgenommen werden und ich hasse es zu hören, wir würden bloß denselben Song wieder und wieder aufnehmen. Bei OPETH ist es eine zweischneidige Angelegenheit: Einerseits bleiben wir einem Stil treu, andererseits entwickeln wir uns weiter und viele Menschen folgen unserer Entwicklung gern.
Es gibt aber einige Leute, die ausschließlich eure alten Alben schätzen, während andere nur auf eure aktuellen Werke abfahren…
Ja, das stimmt natürlich auch. Wir verändern uns, aber die Menschen verändern sich ebenfalls. Einige kommen dann plötzlich zu dem Schluss, dass diese Band nicht mehr gut sei, obwohl man es auch so sehen kann, dass sie einfach kein Interesse mehr an der Band haben. Es gibt auch Bands, die ich sehr schätzte und die mir heutzutage einfach nichts mehr geben.
Glaubst du, dass OPETH Kunst produzieren? Was ist Kunst für dich?
Es hört sich etwas abgehoben an, so etwas von der eigenen Musik zu sagen. Aber ich weiß schon, dass es auf eine gewisse Art Kunst ist.
Warum glaubst du das?
Musik machen ist halt eine Kunstform. So wie Gemälde gezeichnet und Filme produziert werden. Es ist also einfach eine Art und Weise, sich selbst auszudrücken, was gemeinhin dann als Kunst bezeichnet wird.
Wo ist aber dann der Unterschied zwischen Kunst und reiner Unterhaltung? Gibt es da überhaupt Unterschiede?
Das ist eine gute Frage (zögert). Reine Unterhaltung muss halt einfach und leicht konsumierbar sein, eine Form von „visual candy“ oder „ear candy“ eben. Wenn ich mir unsere Musik anhöre, denke ich nicht wirklich, dass es reine Unterhaltung ist. Da ist auch eine persönliche Komponente, man findet etwas von sich selbst in der Musik wieder, das man reflektiert.
Wenn man dich auf der Bühne stehen sieht, denkt man, dieser Kerl liebt Metal über alles. Gleichzeitig scheinst du auch stets einen ironischen Blick auf die Metal-Szene zu werfen. Siehst du das auch so?
Ja, auf jeden Fall.
War das immer so?
Nein, ich bin irgendwann aus einer Art von Koma erwacht. Ich war immer voll auf Metal fixiert und konnte nichts anderes mehr sehen. Etwas konnte nur interessant sein, wenn „Metal“ drauf stand. Ich bin jetzt einfach ein Musiker und nicht zwangsweise ein Metal-Musiker. Aber ich liebe und respektiere Metal immer noch. Ich glaube, ich liebe Metal mehr als alles andere. Ich glaube auch, dass einige Bands manches einfach viel zu ernst nehmen.
Vor allem Bands, die all ihre Energie darauf verwenden, möglichst „evil“ zu sein…
Ja, vor allem auch diese Bands. Jeder weiß, dass das nur ein Witz ist.
Unterhaltsam ist das manchmal schon.
Ja, natürlich ist das unterhaltsam. Es ist halt nur eine Form von Unterhaltung, was einigen einmal klar werden sollte. Das alles ist nichts als ein Image, nichts als eine Spielerei. Viele neigen dazu, das alles zu ernst zu nehmen und ich möchte etwas diese „Pissigkeit“ aus dem Metal nehmen. Nicht, weil ich diese Attitüde nicht respektiere, sondern einfach deshalb, weil ich mittlerweile einen gewissen Abstand zu diesem ganzen „Lifestyle“ gewonnen habe.
Wieso, glaubst du, hast du diese Entwicklung durchgemacht?
Es liegt wohl daran, dass ich aktuellen Metal nicht sonderlich mag. Das liegt nicht an der Metal-Szene, sondern ganz einfach an mir. Ich höre aber immer noch beinahe täglich Metal-Alben meiner Kindheit und Jugend. Ich bin immer noch ein Metalhead, aber ich stecke immer noch in den 70ern und 80ern, vielleicht auch noch etwas in den 90ern fest.
Heute Abend wird CYNIC für euch eröffnen. Diese Band hat einen legendären Ruf, obwohl sie in 15 Jahren grad mal zwei Alben herausgebracht hat. Waren CYNIC auch für dich eine Inspirationsquelle?
Ich habe damals ihr Debüt „Focus“ gehört und ich mochte es. Ich fuhr damals aber zu hundert Prozent auf Death Metal ab und war der totale MORBID ANGEL-Fan. Es war aber interessant, eine Band zu sehen, die von der ganzen Extrem-Metal-Szene umarmt wurde, aber selbst nicht extrem war. Obwohl sie auf eine ganz andere Art und Weise natürlich doch extrem waren. Ich mochte „Focus“, aber es war nicht so, dass ich nach dem Hören von „Focus“ Songs schreiben wollte, die nach CYNIC klangen. Aber diese Band hat mir sicher geholfen, zu sehen, dass Musik nicht immer so sein muss, wie man es erwartet.
Einer unserer Schreiber wollte unbedingt, dass ich dir diese Frage stelle: Ist da irgendeine Chance, dass dein Steel-Debüt "Heavy Metal Machine" auf CD neu erscheint? Gibt es da mittlerweile eine größere Nachfrage?
(Lacht) Gibt’s das nicht schon auf CD? Auf jeden Fall wurde „Heavy Metal Machine“ auf Vinyl veröffentlicht. Ich kann mir ein Re-Release ehrlich gesagt schwer vorstellen. Wer wollte das schon veröffentlichen? Das Ganze war ja nur als Scherz gedacht. Witzigerweise erschien „Heavy Metal Machine“ bevor das große Heavy-Metal-Revival mit HAMMERFALL begann. Wir haben das nur als Scherz gemacht und plötzlich tauchten all diese Bands auf, die genau dasselbe taten wie wir.
Ich habe dich noch nie so singen gehört, wie auf "Burden". Dein Gesang klingt dort regelrecht extrovertiert, exaltiert und ganz anders, als die Clean-Passagen, die du sonst gesungen hast. Kam das zufällig so heraus oder hast du mit anderen Gesangstechniken experimentiert?
Als wir diesen Song aufnahmen, wusste ich, dass er etwas mehr von mir verlangen würde, weil dieses Stück mit schüchternem Gesang einfach nicht funktionieren würde. Dabei habe ich herausgefunden, dass ich über einen gewissen Rock-Vibe verfüge, wenn ich meine Stimme etwas mehr nach vorn pushe.
Empfiehl uns doch mal ein paar Bands, die niemand kennt, aber jeder kennen sollte.
Oh, da gibt es Millionen. Es gibt da eine britische Blues-Jazz-Rock-Band, die sich COLISEUM nennt, die ein Album gemacht hat, das „Daughter Of Time“ heißt und auf dem einer meiner Lieblingssänger, Chris Farlowe, singt. Eine großartige Scheibe. Zu empfehlen ist noch die italienische Band CIRCUS 2000, die in den 70ern aktiv war. Die italienische Progressive-Szene war oft ein wenig „artsy“, aber gleichzeitig auch sehr viel dunkler und düsterer als ein Großteil vergleichbarer Bands anderer Länder. Bei CIRCUS 2000 stand eine Frau am Mikrofon, die nicht so herumgeträllert hat, wie es viele Frauen im Metal heutzutage tun, sondern eine echte Rock-Stimme hatte. Sehr cool.
Dann danke ich dir für deine Zeit und wünsche dir viel Spaß und Erfolg mit dem Gig heute Abend!
[ Zum Live-Review ]
Nils Herzog
(Info)
Hallo Mikael! "Watershed" ist das erste Opeth-Album, das du mit Fredrik Åkesson und Martin "Axe" Axenrot aufgenommen hast. Inwiefern hat dieser Line-Up-Wechsel die Aufnahmen beeinflusst? Was ist anders als vorher?
Es ist schon anders. Ich denke, Fredrik und Martin sind bessere, zuverlässigere Spieler. Sie sind noch hungrig. Peter (Lopez) liebte es ebenfalls zu spielen, aber seine Rolle in der Band verlor an Bedeutung, weil er nicht besonders viel zu den Songs beitrug und nicht wirklich die Rolle eines Lead-Gitarristen übernahm. Und Martin Lopez war ein „Gefühls-Drummer“, manchmal liebte er es zu spielen, manchmal hasste er es. Mit Fredrik und Martin ist alles viel einfacher geworden.
Erzähl doch mal ein wenig über den Bonustrack „Den Standiga Resan“, der sich auf der Special-Edition von „Watershed“ befindet.
„Den Standiga Resan“ ist ein Song von Marie Fredriksson, der Sängerin von ROXETTE. Sie hat einige Solo-Alben herausgebracht und dieser Song stammt von einem dieser Alben. Ich liebte diesen Song, seit ich ihn das erste Mal vor sechzehn Jahren gehört habe. Ich wollte diesen Song schon immer aufnehmen, aber es fühlte sich lange nicht richtig an für mich, dieses Stück zu singen, auf Schwedisch zu singen.
Wie viel steckt in dir von einem analytischen Komponisten, wie viel von einem Freak, der von seinen Ideen mitgerissen wird?
Oh, keine Ahnung. Vielleicht steckt in mir zur Hälfte das eine und zur Hälfte das andere. Manchmal fallen mir ein paar clevere Arrangements ein (lacht) und manchmal ist es einfach eine blöde Idee, die ich weiterspinne. Aber ich liebe es, zu experimentieren und neue Dinge auszuprobieren. Wir sind ja mittlerweile in einer Position, in der wir tun können, was wir wollen - und wir nutzen diese Freiheit gerne aus. Wir hatten vor 14 Jahren genauso einen eigenen Stil wie heute, aber in dieser Zeit wurden wir von unterschiedlicher Musik beeinflusst, was man auch heraushört.
Wie erklärst du dir euren Erfolg in den USA? Liegt das an der Marktmacht und den Möglichkeiten, die ein Label wie Roadrunner bietet oder liegt es eher an der Mund-zu-Mund-Propaganda von kleinen Webzine-Schreiberlingen?
Wir hatten nie wirklich Erfolg in den USA, bis wir anfingen, dort auf Tour zu gehen. Als wir dort auf Tour gingen, hatten wir bereits ungefähr fünf Alben veröffentlicht und es gab bereits eine Art von „Underground-Kult“ um uns. Und als wir schließlich in den USA zu touren begannen, hatten bereits eine Menge Leute von uns gehört. Außerdem hatten wir auch einen gewissen Exoten-Bonus, weil wir aus Skandinavien kommen. Und seit wir das erste Mal in den USA waren, wurden wir immer wieder eingeladen, dort zu spielen. Es ist ja auch nicht so, dass die USA eine märchenhafte Erfolgsgeschichte für uns waren, denn andere Länder waren am Anfang auch nicht leicht für uns zu knacken. Genauso war es in Deutschland. Es hat einige Alben gebraucht, bis eine Tour so gut lief wie in diesem Jahr. Ich glaube, dass wir den größten Sprung, was Erfolg angeht, in Europa gemacht haben.
Erinnerst du dich noch an den Hamburg-Gig im Jahre 2001 im Logo? Du warst krank und konntest nicht singen. Wenn ich mich richtig erinnere, habt ihr ein Instrumentalset gespielt. Jonas Renkse von Katatonia hat ein, zwei Stücke gesungen und sogar Leute aus dem Publikum. Sind das Momente, an die man sich noch lange danach erinnert? Sind das gute oder schlechte Erinnerungen für dich?
Oh ja, ich erinnere mich! Das war ein cooles Konzert, aber auch eher ein kleiner Gimmick. Die Show am Tag zuvor hatte ich noch durchgezogen – ich war aber schon erkältet, habe getrunken und konnte nicht wirklich singen. Es ging also darum, die Show durchzuziehen oder ganz abzusagen. Also haben wir den Leuten die Möglichkeit gegeben, die Show dennoch anzusehen oder ihnen das Geld für die Tickets zurückzugeben, was letztlich aber niemand wollte. Wir haben also instrumental gespielt, obwohl das Ganze natürlich keine echte OPETH-Show war. Eine ganze Tour dieser Art würde ich natürlich nicht spielen (lacht). Es hat Spaß gemacht und das Feedback war auch gut.
Glaubst du, dass heutzutage noch progressive Musik geschaffen werden kann? Oder wurde in der Vergangenheit bereits so viel experimentiert, dass wir gar nicht mehr anders können, als auf die eine oder andere Weise zu reproduzieren?
Zum Großteil ist es sicherlich nur Reproduzieren, woran ja auch nichts verwerflich ist. Ich mag Fortschritt und Entwicklung, vor allem mit meiner eigenen Band. Aber alles muss zu seiner Zeit passieren, da kann man nichts erzwingen. Es geht mir halt darum, einen guten Song zu schreiben und nicht einen progressiven. Ich höre es aber sehr gern, wenn Songs von uns als neuartig aufgenommen werden und ich hasse es zu hören, wir würden bloß denselben Song wieder und wieder aufnehmen. Bei OPETH ist es eine zweischneidige Angelegenheit: Einerseits bleiben wir einem Stil treu, andererseits entwickeln wir uns weiter und viele Menschen folgen unserer Entwicklung gern.
Es gibt aber einige Leute, die ausschließlich eure alten Alben schätzen, während andere nur auf eure aktuellen Werke abfahren…
Ja, das stimmt natürlich auch. Wir verändern uns, aber die Menschen verändern sich ebenfalls. Einige kommen dann plötzlich zu dem Schluss, dass diese Band nicht mehr gut sei, obwohl man es auch so sehen kann, dass sie einfach kein Interesse mehr an der Band haben. Es gibt auch Bands, die ich sehr schätzte und die mir heutzutage einfach nichts mehr geben.
Glaubst du, dass OPETH Kunst produzieren? Was ist Kunst für dich?
Es hört sich etwas abgehoben an, so etwas von der eigenen Musik zu sagen. Aber ich weiß schon, dass es auf eine gewisse Art Kunst ist.
Warum glaubst du das?
Musik machen ist halt eine Kunstform. So wie Gemälde gezeichnet und Filme produziert werden. Es ist also einfach eine Art und Weise, sich selbst auszudrücken, was gemeinhin dann als Kunst bezeichnet wird.
Wo ist aber dann der Unterschied zwischen Kunst und reiner Unterhaltung? Gibt es da überhaupt Unterschiede?
Das ist eine gute Frage (zögert). Reine Unterhaltung muss halt einfach und leicht konsumierbar sein, eine Form von „visual candy“ oder „ear candy“ eben. Wenn ich mir unsere Musik anhöre, denke ich nicht wirklich, dass es reine Unterhaltung ist. Da ist auch eine persönliche Komponente, man findet etwas von sich selbst in der Musik wieder, das man reflektiert.
Wenn man dich auf der Bühne stehen sieht, denkt man, dieser Kerl liebt Metal über alles. Gleichzeitig scheinst du auch stets einen ironischen Blick auf die Metal-Szene zu werfen. Siehst du das auch so?
Ja, auf jeden Fall.
War das immer so?
Nein, ich bin irgendwann aus einer Art von Koma erwacht. Ich war immer voll auf Metal fixiert und konnte nichts anderes mehr sehen. Etwas konnte nur interessant sein, wenn „Metal“ drauf stand. Ich bin jetzt einfach ein Musiker und nicht zwangsweise ein Metal-Musiker. Aber ich liebe und respektiere Metal immer noch. Ich glaube, ich liebe Metal mehr als alles andere. Ich glaube auch, dass einige Bands manches einfach viel zu ernst nehmen.
Vor allem Bands, die all ihre Energie darauf verwenden, möglichst „evil“ zu sein…
Ja, vor allem auch diese Bands. Jeder weiß, dass das nur ein Witz ist.
Unterhaltsam ist das manchmal schon.
Ja, natürlich ist das unterhaltsam. Es ist halt nur eine Form von Unterhaltung, was einigen einmal klar werden sollte. Das alles ist nichts als ein Image, nichts als eine Spielerei. Viele neigen dazu, das alles zu ernst zu nehmen und ich möchte etwas diese „Pissigkeit“ aus dem Metal nehmen. Nicht, weil ich diese Attitüde nicht respektiere, sondern einfach deshalb, weil ich mittlerweile einen gewissen Abstand zu diesem ganzen „Lifestyle“ gewonnen habe.
Wieso, glaubst du, hast du diese Entwicklung durchgemacht?
Es liegt wohl daran, dass ich aktuellen Metal nicht sonderlich mag. Das liegt nicht an der Metal-Szene, sondern ganz einfach an mir. Ich höre aber immer noch beinahe täglich Metal-Alben meiner Kindheit und Jugend. Ich bin immer noch ein Metalhead, aber ich stecke immer noch in den 70ern und 80ern, vielleicht auch noch etwas in den 90ern fest.
Heute Abend wird CYNIC für euch eröffnen. Diese Band hat einen legendären Ruf, obwohl sie in 15 Jahren grad mal zwei Alben herausgebracht hat. Waren CYNIC auch für dich eine Inspirationsquelle?
Ich habe damals ihr Debüt „Focus“ gehört und ich mochte es. Ich fuhr damals aber zu hundert Prozent auf Death Metal ab und war der totale MORBID ANGEL-Fan. Es war aber interessant, eine Band zu sehen, die von der ganzen Extrem-Metal-Szene umarmt wurde, aber selbst nicht extrem war. Obwohl sie auf eine ganz andere Art und Weise natürlich doch extrem waren. Ich mochte „Focus“, aber es war nicht so, dass ich nach dem Hören von „Focus“ Songs schreiben wollte, die nach CYNIC klangen. Aber diese Band hat mir sicher geholfen, zu sehen, dass Musik nicht immer so sein muss, wie man es erwartet.
Einer unserer Schreiber wollte unbedingt, dass ich dir diese Frage stelle: Ist da irgendeine Chance, dass dein Steel-Debüt "Heavy Metal Machine" auf CD neu erscheint? Gibt es da mittlerweile eine größere Nachfrage?
(Lacht) Gibt’s das nicht schon auf CD? Auf jeden Fall wurde „Heavy Metal Machine“ auf Vinyl veröffentlicht. Ich kann mir ein Re-Release ehrlich gesagt schwer vorstellen. Wer wollte das schon veröffentlichen? Das Ganze war ja nur als Scherz gedacht. Witzigerweise erschien „Heavy Metal Machine“ bevor das große Heavy-Metal-Revival mit HAMMERFALL begann. Wir haben das nur als Scherz gemacht und plötzlich tauchten all diese Bands auf, die genau dasselbe taten wie wir.
Ich habe dich noch nie so singen gehört, wie auf "Burden". Dein Gesang klingt dort regelrecht extrovertiert, exaltiert und ganz anders, als die Clean-Passagen, die du sonst gesungen hast. Kam das zufällig so heraus oder hast du mit anderen Gesangstechniken experimentiert?
Als wir diesen Song aufnahmen, wusste ich, dass er etwas mehr von mir verlangen würde, weil dieses Stück mit schüchternem Gesang einfach nicht funktionieren würde. Dabei habe ich herausgefunden, dass ich über einen gewissen Rock-Vibe verfüge, wenn ich meine Stimme etwas mehr nach vorn pushe.
Empfiehl uns doch mal ein paar Bands, die niemand kennt, aber jeder kennen sollte.
Oh, da gibt es Millionen. Es gibt da eine britische Blues-Jazz-Rock-Band, die sich COLISEUM nennt, die ein Album gemacht hat, das „Daughter Of Time“ heißt und auf dem einer meiner Lieblingssänger, Chris Farlowe, singt. Eine großartige Scheibe. Zu empfehlen ist noch die italienische Band CIRCUS 2000, die in den 70ern aktiv war. Die italienische Progressive-Szene war oft ein wenig „artsy“, aber gleichzeitig auch sehr viel dunkler und düsterer als ein Großteil vergleichbarer Bands anderer Länder. Bei CIRCUS 2000 stand eine Frau am Mikrofon, die nicht so herumgeträllert hat, wie es viele Frauen im Metal heutzutage tun, sondern eine echte Rock-Stimme hatte. Sehr cool.
Dann danke ich dir für deine Zeit und wünsche dir viel Spaß und Erfolg mit dem Gig heute Abend!
[ Zum Live-Review ]
Alle Reviews dieser Band:
- Opeth - Blackwater Park (2001)
- Opeth - Deliverance (2002)
- Opeth - Ghost Reveries (2005)
- Opeth - The Roundhouse Tapes (2007)
- Opeth - Watershed (2008)
- Opeth - The Roundhose Tapes (DVD) (2008)
- Opeth - Blackwater Park (Legacy-Edition) (2010)
- Opeth - In Live Concert At The Royal Albert Hall (DVD) (2010)
- Opeth - The Roundhouse Tapes (CD und DVD) (2010)
- Opeth - Heritage (2011)
- Opeth - Pale Communion (2014)
- Opeth - Sorceress (2016)
- Opeth - Orchid (1995) (2016)
- Opeth - Blackwater Park - 20th Anniversary Vinyl-Edition (2021)
- Opeth - The Last Will and Testament (2024)