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Interview mit Morgoth (10.07.2012)
Die Shows anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Klassikeralbums "Cursed" sind ein voller Erfolg für MORGOTH gewesen und sind es immer noch. Denn auch in 2012 ist man noch unterwegs, um die Fanschar mit Songs zu beglücken, die so mancher noch nie live gesehenn und gehört hat. Als audiovisuelles Andenken an diese Shows hat die Band nun das Live-Dokument "Cursed To Live" als DVD und CD veröffentlicht. Es gibt also genug Gesprächsstoff für einen ausgiebigen Plausch mit dem jetzt Gitarre spielenden Ex-Basser Sebastian Swart, den wir hier unzensiert und in voller Länge präsentieren.
Ihr seid jetzt gut ein Jahr mit den Jubiläumsshows unterwegs – kann man das so sagen?
Ja, kann man so sagen.
Wäre Reunionshows falsch oder wäre das auch noch passend?
Es ist ja keine Reunion sondern eher ein Comeback mit Anniversaryshows. Für eine Reunion fehlen ja zwei.
Ok, das stimmt. Wie lautet dein bisheriges Fazit?
Großartig. Die Entscheidung dafür fiel ja schon im November 2010 und dann ging die ganze Vorbereitung los. Da waren wir uns noch nicht so sicher, ob das alles nach vorne losgehen wird, was wir da so geplant haben. Aber nach der zweiten, dritten Show oder spätestens nach dem Rock Hard Festival haben wir gewusst, dass das wohl die richtige Entscheidung war. Wir sind bis jetzt sehr zufrieden.
Auf dem Rock Hard Festival habe ich euch auch gesehen und war sehr angetan. Ihr hattet ja nur ein bisschen Pech mit dem Wetter.
Nach hinten wurde es etwas regnerisch, ja, aber die meisten sind ja trotzdem geblieben und insgesamt war es sehr gut, da kann man nicht meckern.
Gab es denn Shows, die besonders gut gelaufen sind oder die euch besonders in Erinnerung geblieben sind?
Auf jeden Fall die auf dem Rock Hard, weil es die erste große Show vor so vielen Leuten nach so vielen Jahren war. Aber auch das Party.San hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ok, Spaß gemacht haben sie letztlich alle, aber das Party.San war von der Gesamtstimmung her schon ein ziemlich schönes Ding.
Da ist ja das Publikum noch stärker auf Death Metal und ähnlich harte Sachen gepolt.
Zum einen das, aber es gibt ja auch noch das ganze Drumherum, wie sind die Verhältnisse vor Ort, wie ist die Stimmung in der Band und so. Von daher war es schon das Rundeste.
Gab es auch Shows, wo es nicht so gut gelaufen ist oder wo es irgendwelche Pannen gab, über die ihr euch hinterher geärgert habt?
Nö, eigentlich nicht, ich kann mich an nichts Grobes erinnern. Es gibt immer mal kleine Pannen, wo mal ein Bass ausfällt oder der Sender mal schlapp macht, also so Kleinigkeiten, wo dann mal der Roadie eingreifen muss. Aber wirklich große Pannen gab es gar nicht.
Wie lange musstet ihr proben, bis ihr die Setlist wieder auf dem Kasten hattet?
Wir haben im November, Dezember die Setlist festgelegt. Wir wohnen ja über mehrere Orte verteilt, Marc Reign, Marc Grewe und ich wohnen in Berlin, der Harry wohnt in Dortmund und Soti, der Basser wohnt in Marburg an der Lahn und so muss man beim Proben ein bisschen improvisieren. Wir haben im Dezember 2010 angefangen, rekonstruieren musste man die Songs nicht, sondern sie einfach nur wieder spielen. Marc Reign und Soti mussten ja alles neu lernen. Das hat schon zwei, drei Monate gedauert. Harry kam dann erst relativ spät dazu. Mit Soti zusammen haben wir dann nur zweimal geprobt vor der ersten Show, mit Harry zusammen vielleicht fünf-, sechsmal. Die Dreier-Kombination Reign, Grewe und ich hat aber regelmäßig geprobt.
Gab es Songs, die schwerer wieder draufzukriegen waren oder hielt sich das die Waage?
Für Marc, Harry und mich war es natürlich wesentlich einfacher, als für die anderen beiden, die alles komplett lernen mussten. Wenn man die ganzen Songs sieben, acht Jahre lang mehr oder weniger täglich gespielt hat, dann haben die sich irgendwo ins Stammhirn reingefressen. Wenn man sich dann hinsetzt, dann fließt das wie von selbst und muss nur ein bisschen an der Technik arbeiten und zwei, drei Sachen rekonstruieren, wo man nicht mehr genau wusste, wie das gespielt wird. Aber dann ging das eigentlich recht flott. Schwieriger als das Technische war eher, sich die Abläufe der Songs zu merken, weil man nicht mehr genau weiß, wie oft kommt welcher Part an welcher Stelle.
Der Marc hat zwischendurch ja noch weiter Musik gemacht, wie die INSIDIOUS-DISEASE-Platte und ein paar andere Sachen. Warst du auch noch anderweitig aktiv oder hattest du sozusagen Pause vor der MORGOTH-Sache?
Ich hatte ja mit Marc hier in Berlin ein Projekt, das nannte sich ACTION JACKSON, aber das ist ja auch schon wieder ewig her. Damit haben wir 2000 glaube ich angefangen und das ging bis 2005. Das war aber mehr so Garagenrock-mäßig, eher punkige Rockmusik. Da haben wir auch nur zwei Shows gespielt, das war also kein großes Ding. Marc hatte dann INSIDIOUS DISEASE, das ist richtig, und noch ein paar andere Sachen, die er nebenher gemacht hat. Aber ansonsten war ich in Rente, das ist schon richtig.
Du hast also gar keine Instrumente mehr gespielt in der Zeit oder in einer anderen Band was gemacht?
Nein, ich hatte echt keine andere Band. Damals von 1990 bis 1997 habe ich bei MORGOTH ja Bass gespielt und bin dann jetzt für das Comeback auf die Gitarre gewechselt, weil ich in der Zwischenzeit einfach mehr Gitarre gespielt habe. Bevor ich zu MORGOTH kam, bin ich ja auch von der Gitarre auf den Bass gewechselt und jetzt eben zurück zur Gitarre. Das war für mich einfacher jetzt auf der Gitarre zu lernen, als es auf dem Bass zu rekonstruieren. Aber ansonsten bin ich musikalisch nicht weiter aktiv.
Wie fühlt es sich für dich heutzutage an, auf einem Festival bzw. ein Konzert zu spielen im Vergleich zu früher? Stellst du da Unterschiede fest oder ist es grundsätzlich ähnlich geblieben?
Ich sage mal so, die ganz großen Festivals haben wir früher ja gar nicht gespielt, das größte war damals das Rock Hard Festival 1991, da waren glaube ich 10.000 Leute und 1995 haben wir in Wacken gespielt, das waren schon große Dinger. Und jetzt… Am Anfang ist man da immer sehr nervös, wenn man wie beim Rock Hard Festival noch nicht so in Routine ist, danach ist es eher so, dass die Größe fast keine Rolle mehr spielt, egal ob das jetzt 5.000 sind oder 50.000. Die Menge ist von der Bühne aus natürlich sehr beeindruckend, aber man muss sich einfach auf sein Ding konzentrieren. Klar, ein gewisses Lampenfieber ist vorher immer da, aber wenn man merkt, dass die Stimmung da ist und die Leute es gut finden, dann macht mein einfach sein Ding.
Hast du das Gefühl, dass die Szene heutzutage wieder aktiver und enthusiastischer ist?
Puuh, meinst du jetzt speziell auf Death Metal bezogen oder im Allgemeinen?
Sowohl als auch…
Ja, vielleicht. Ich muss aber auch sagen, dass ich die Szene viele Jahre nicht beobachtet habe. Klar, Metal ist im Laufe der Jahre immer größer geworden und insgesamt viel salonfähiger, als vor 20 Jahren. Ich habe gerade eben noch auf Facebook eine 20 Jahre alte Doku von "Report München" gesehen, in der Heavy Metal als das Schlimmste was man Kindern antun kann, angeprangert wurde. Das ist natürlich viel etablierter geworden in der Gesellschaft. Es wachsen neue Generationen heran und die älteren, so wie ich jetzt auch – meine Tochter ist 20 –, die früher Metal gehört haben und ihre Kinder jetzt da heranführen, die stehen der ganzen Sache ja viel toleranter gegenüber.
Der derzeitige Death-Metal-Boom hat es euch auch einfacher gemacht, oder?
Das kann schon sein, vielleicht ist es aber auch Zufall. Uns wurde ja auch oft schon die Frage gestellt, ob das unsererseits Berechnung war, weil da gerade so ein Death Metal Hype ist, den wir mitnehmen müssen. Das war mir persönlich aber gar nicht bewusst. Ich hatte nur 20 Jahre "Cursed" vor Augen und es gab viele Anfragen von Promotern, der Wille war da, also haben wir es gemacht. Statistische Erhebungen haben wir vorher jedenfalls keine gemacht.
Auf die Idee, zu fragen, ob das alles Berechnung sei, wäre ich gar nicht gekommen. Den Eindruck macht es ja auch gar nicht. Ich hab die Rock Hard Show gesehen und jetzt die DVD und etwas aus Berechnung machen sieht definitiv anders aus als das.
Ja, genau. Als die "Cursed" damals heraus kam, war das eine Sache, die man genau zum richtigen Zeitpunkt gemacht hat. Da spielt natürlich auch viel Glück eine Rolle und das sind dann so Fügungen, die sich ergeben. Und dieses Mal hatten wir da auch wieder eine gute Hand, als wir gesagt haben, dass jetzt wegen der 20 Jahre ein guter Zeitpunkt wäre. Wir haben uns gesagt "Lass uns das feiern, das werden die Leute gut finden." Ob das alles aufgeht, konnte man vorher nicht wissen, aber es ist ja letztlich alles super gelaufen.
Bei der DVD ist mir eine Sache besonders aufgefallen, die ich vorher auch schon auf einem Bild im Legacy gesehen hatte, nämlich die grünen Augen, die Marc auf der Bühne hat. Wie bekommt er das hin?
(lacht) Das bin ich schon oft gefragt worden und ich weiß gar nicht, ob den Leuten das nicht früher schon aufgefallen ist, das hat er nämlich schon immer gemacht. Auf jeden Fall seit 1991 und das hat er die ganzen Jahre über gemacht. Es ist so banal. Das ist einfach eine Kontaktlinsenflüssigkeit, die Optiker zum Testen benutzen, um irgendwelche Sehschwächen herauszufinden. Die zieht man über die Kontaktlinse und baut vorne eine Schwarzlichtröhre auf und dann war’s das. Wobei – jetzt habe ich ja den Zaubertrick verraten, dann sehen wir demnächst bestimmt noch mehr Bands mit solchen Augen. Auf dem DVD-Mitschnitt vom "Way Of Darkness" kommt das aber auch sehr gut rüber, das haben die Kameras gut eingefangen.
Eine andere Frage in die Richtung, die ich Marc fragen wollte, aber die du mir vielleicht auch beantworten kannst, ist die, warum er inzwischen immer eine Mütze trägt. Hat er nur noch so wenige Haare?
(kichert) Da hast du dir die Frage auch schon selbst beantwortet. Warum trägt man sonst bei 30°C eine Mütze?
Dieses Jahr geht es erst mal nach Amerika, oder?
Nee, da kommen wir gerade her. Wir haben letzte Woche Sonntag das Maryland Deathfest gespielt und sind Dienstag wieder gekommen, kommenden Freitag geht es dann nach Athen.
Ach ja, da ist eine Clubshow angesetzt.
Das ist der Fuzz Club, das ist ein ziemlich großes Ding, da gehen bestimmt 2.000 Leute rein. Da spielen wir mit HEATHEN, OBITUARY und EXODUS.
Ok, auch eine schöne Kombination. Wie war es in Amerika?
Sehr schön, aber auch sehr anstrengend. Es war superheiß, so um die 35°C. Auf der Bühne schien einem die Sonne direkt ins Gesicht. Die 45 Minuten haben dann auch gereicht, aber es hat natürlich auch Spaß gemacht und wir sind auch gut angekommen, es war schon toll. Aber es war auch wesentlich heißer, als wir es erwartet hatten.
Geht das Publikum da anders ab als in Deutschland?
Nö. Ich fand die Reaktionen in USA auch sehr gut, es war gut gefüllt bis hinten hin und in der Mitte tobte ein schöner Circlepit. Die Leute kommen da auch von überall her, es waren Mexikaner da, Brasilianer, Argentinier, Chilenen, viele Amerikaner natürlich. Das war schon sehr gemischt, was die Länderzusammenstellung angeht, so wie beim Wacken auch, wo ja nur noch die Hälfte aus Deutschland kommt.
Und von der Hälfte ist auch nur eine Hälfte Metaller und der Rest ist Partyvolk.
Stimmt, das ist ja inzwischen zu einem Ausflugsziel geworden.
Ende des Jahres kommt dann diese Metal-Kreuzfahrt "Barge To Hell". Das ist doch eigentlich so ein Yuppie-Metaller-Event, oder? Das kann sich doch kaum ein normaler Fan leisten.
(lacht) Da habe ich auch schon ein paar kritische Sachen zu gehört, weil das eine Sache ist, die auch einen Haufen Geld kostet. Ich finde die Idee so beknackt im positiven Sinne, dass ich denke, dass man das machen muss, wenn man es angeboten bekommt. Fünf Tage auf dem Kreuzfahrtschiff durch die Karibik schippern und dabei Death Metal an Deck spielen klingt schon ziemlich abgefahren, das müssen wir uns also mal angucken.
Das dürfte ja auch eine lustige Party werden, wenn dann 30, 40 Bands da sind und ein paar Hundert Fans. Da kann sich die Szene doch schön mal selbst feiern.
Was heißt ein paar Hundert? Da werden wohl zwei- bis zweieinhalbtausend an Bord sein. Das ist ja ein richtig großes Schiff, wo so viele Leute drauf gehen und so wie ich das verstehe ist das Ding dann auch voll. Klar, das ist eine geschlossene Gesellschaft, aber das hast du ja letztlich bei jedem Konzert. Der Hansi-Hinterseer-Fan kommt ja auch nicht in die Batschkapp.
Was kommt 2013?
Keine Ahnung. Wir haben 2010 gesagt, dass wir 2011 die Anniversary-Geschichte machen. Wenn das für alle gut läuft, wir zufrieden sind und das Spaß gemacht hat, dann hängen wir noch ein Jahr dran, also jetzt 2012. Da gibt es auch noch einige Festivals, die wir 2011 nicht spielen konnten und die wir jetzt in 2012 abdecken aber dann sind wir mit der Sache im Grunde genommen durch. Ein drittes Jahr mit dem Programm auf Tour zu gehen wäre weder für uns noch für die Fans besonders spannend. Jetzt kommt wahrscheinlich gleich die nächste Frage nach der neuen Platte…
Ich wollte erst einmal fragen, ob ihr jetzt Blut geleckt habt.
Also, es gibt keine Pläne für 2013 und es gibt auch keine konkreten Pläne, eine neue Platte zu machen. Wir schließen das nicht aus, aber die Wahrscheinlichkeit ist auch nicht wahnsinnig hoch. Man muss einfach mal sehen, wie das zeitlich bei allen hinhaut, da wir das ja auch nicht hauptberuflich machen. Eine Platte, die einer gewissen Qualität entsprechen soll, macht sich ja auch nicht nebenbei. Wenn, dann muss es richtig gut werden und dann muss man mal sehen, ob dafür die Zeit, die Geduld und der Wille da ist. Das wird sich dann zeigen. Das muss aber auch nicht 2013 sein, jetzt haben wir so lange gewartet, mal gucken, ob wir 2018 was machen.
Gibt es denn unter euch drei Kernmitgliedern, die noch da sind, jemanden, der eher sagen würde "Ich habe Bock, was Neues zu machen" und jemanden der eher sagt "Joa, muss nicht, aber kann man" oder seid ihr euch da schon einig, dass ihr es vielleicht langsam angehen lassen wollt?
Da sind wir uns schon einig. Wir sind ja auch nicht mit der Maßgabe an den Start gegangen, dass die Band jetzt wieder für die nächsten 20 Jahre zu 100% da ist, sondern es war die Grundidee dahinter, dass wir dieses Album feiern wollten. Wenn die Resonanzen dann so gut sind und immer wieder die Frage nach einer neuen Platte auftaucht, kommt bei uns natürlich auch die Frage auf, ob wir das machen sollen oder nicht, das ist klar. Und es ist auch nicht so, als hätten wir da grundsätzlich keine Lust zu. Aber da spielen ein Haufen Faktoren eine Rolle, die überdacht werden müssen und so weit sind wir einfach auch noch nicht.
Machen die Labels auch dahingehend Druck oder kommen da allgemein viele Anfragen von Plattenfirmen?
Nö. Wir haben ja eine Plattenfirma und was auch immer wir in der nahen Zukunft machen, das wird auch mit Century Media gemacht. Aber Druck gibt es da gar keinen.
Man hatte früher, also bei der "Odium" und vor allem danach bei der "Feel Sorry For The Fanatic" das Gefühl, das MORGOTH eine Band war, die ihrer Zukunft voraus ist. Würdest du das im Nachhinein auch noch so sehen oder bestätigen?
Das ist für ein Bandmitglied natürlich immer schwer, selber zu beurteilen, ob man seiner Zeit voraus ist. Klar, "Odium" war immer noch Death Metal und ging ein bisschen in die Industrial-Ecke, aber war immer noch hart in den Gitarren, während die "Feel Sorry For The Fanatic" ein paar Jahre später deutlich von der ganzen Sache abgewichen ist. Viele sagen bei der Platte, dass sie zehn Jahre zu früh war. Viele sagen aber auch, da hätte nicht MORGOTH drauf stehen dürfen. Kann ich heute alles nachvollziehen, aber wenn man damals im Proberaum steht und Musik schreibt, dann sagt man natürlich auch "Ok, das klingt jetzt nicht nach Death Metal", aber das war zu dem Zeitpunkt das, was man am besten findet, am besten kann und was man eben machen möchte. Viele fanden das nicht toll, aber zwischen Fans und einer Band ist das wie in einer Beziehung, das beruht auf Kompromissen.
Falls es weiter gehen sollte, wo würde es dann ungefähr musikalisch hingehen? Oder kann man da noch gar nichts zu sagen?
(schmunzelnd) Nein, da kann man nichts zu sagen. Wir haben 1996 die "Feel Sorry…" gemacht, da haben wir gesagt, dass man nach dem Death Metal auch mal was anderes machen muss. Guck dir doch Mille mit KREATOR und "Endorama" an. Es gibt bei Musikern ja immer wieder diesen Wunsch, nach dem Motto "Jetzt habe ich viele Jahre das gemacht, jetzt will ich auch mal was anderes machen". Und dann finden es die Leute scheiße, kann mal passieren. Und als wir jetzt die ganzen alten Songs geprobt haben, haben wir gemerkt, dass das auch total Bock macht, diesen Death Metal zu spielen. Da haben wir schon wieder sehr Gefallen dran gefunden, hart und nach vorne zu spielen und das wäre dann wohl die Richtung. Wenn.
Was für Musik hörst du privat?
Ich höre eigentlich alles möglich außer Reggae und Techno. Alles was gut ist.
Und was ist derzeit besonders gut?
Im Metalbereich finde ich die neue PRONG gerade besonders gut, die höre ich gerade rauf und runter. Außerhalb des Metals höre ich wirklich alles von DAVID BOWIE bis MUSE, die ich sehr geil finde. Ich höre sogar ADELE sehr gern und allgemein viele Sachen, die im Radio laufen, ich höre viel Radio. Aber ich lege mir natürlich auch immer wieder SLAYER oder STRAPPING YOUNG LAD auf. Ich bin da auch gar nicht limitiert.
Im Radio läuft ja auch nicht nur Scheiße, das kann man ja so pauschal nicht sagen.
Es gab aber eine Zeit, da lief nur Scheiße und das kommt natürlich auch auf den Sender an. Ich höre hier einen guten Sender, der auch sehr bemüht ist, neue Bands zu entdecken und da kommt so einiges bei rum, was außerhalb des Metals liegt, aber auch einfach gut ist. So was wie BLOC PARTY, das höre ich auch ganz gern.
Warum hat es dich eigentlich aus dem schönen Sauerland nach Berlin verschlagen?
Bei der letzten Tour, die wir 1997 mit DIE KRUPPS hier im Huxleys gespielt haben, da habe ich hier meine damalige Freundin kennengelernt, die hat hier Medizin studiert. Und dann bin ich direkt 1997 hier hergezogen. Allerdings bin ich auch bald wieder weg. Ich bin jetzt 14 Jahre in Berlin und ziehe am 01. September nach Teneriffa.
Also nicht zurück in den Hochsauerlandkreis?
Zur Rente vielleicht.
Letzte Frage: ich empfinde Berlin besonders im Vergleich zu Hamburg als furchtbar hässlich und als riesigen Moloch. Kannst du das nachvollziehen?
Ja, ich fand Berlin eigentlich auch immer scheiße. Ich wohne aber auch recht weit außerhalb, also im quasi letzten Vorort, der noch zu Berlin gehört, in Friedrichshagen, das ist hier im Wald und am See, aber ich pendle dreimal die Woche nach Berlin rein und ich find Berlin auch nicht besonders attraktiv. Vielleicht ist es für 20-jährige spannender. Aber hier funktioniert halt auch so wenig, hier fahren keine S-Bahnen, hier fliegen keine Flugzeuge, hier kriegt man nur wenig auf die Kette. Oder wie Wowi so schön sagte "Arm, aber sexy." Bei mir war das mit Berlin schon immer eine Hassliebe und ich bin auch froh, wenn ich hier weg bin. Hamburg kenne ich nicht so gut, aber ich war jetzt letzte Woche in New York, seit 20 Jahren mal wieder. Ich war zwar zwischendurch auch mal in den USA, aber dann in San Francisco und an der Westküste, aber in New York ewig nicht mehr. Und ich muss sagen, gegen New York ist Berlin ein Kuhdorf. Allein die Bronx ist ja fast so groß wie Berlin. Also da muss ich schon gar nicht wohnen.
Ich war mal in Chicago, das fand ich auch sehr interessant, auch weil es so anders ist. Leben wollen würde ich da auch nicht, aber als Tourist ist es schon spannend.
Ja, so zwei Stunden lang, dann schnell wieder weg.
Ist Berlin denn überbewertet? Das wird ja immer so als hippe Stadt für Künstler dargestellt, da sei ja alles so kreativ und so musisch…
90% von denen, die sich hier als kreativ schimpfen und mit dem Laptop im Oberholz, das ist so eine In-Kneipe, herumsitzen, das sind Dummschwätzer und Hartz-IV-Empfänger. Hier kommt halt auch einen Haufen Leute hin, die es woanders nicht gebacken kriegen und hier einen auf wichtig machen und aussehen, als kämen sie gerade aus der Clownsschule. Also, ich finde Berlin absolut überbewertet. Es hat natürlich eine gewisse Geschichte, David Bowie hat mal irgendwo in Kreuzberg gewohnt und solche Sachen. Es gibt natürlich auch gute Clubs und man kann auch gut weggehen, das ist nicht die Frage, aber insgesamt ist das nicht der Nabel der Welt, sondern einfach eine weitere Großstadt. Wobei es auch ein bisschen Leiden auf hohem Niveau ist, wenn man auf Berlin schimpft. Wenn ich zum Beispiel wie neulich mal zwei Tage in Krefeld bin, dann bin ich heilfroh, nach Berlin zurück zu kommen, weil Krefeld ja nun auch gar nicht geht.