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Interview mit CATT (18.11.2020)

CATT

Scheinbar wie aus dem Nichts erschien im Sommer des letzten Jahres das Mini-Album „Moon“ der Berliner Songwriterin, Multiinstrumentalistin und Produzentin CATHARINA „CATT“ SCHORLING, mit dem sie sich als ideenreiche One-Woman-Show präsentierte, der es offensichtlich mühelos gelang, mit minimalen Mitteln, stilistischer Ungebundenheit, poetisch/philosophischen Lyrics und vielen interessanten musikalischen Ideen auch gleich einen ganz eigenen Musikstil zu etablieren. Das kam aber gar nicht von so ungefähr, wie es schien – es war nur so, dass CATT bis dahin als Session-Musikerin und Songwriterin für andere gearbeitet hatte (darunter Kat Frankie, Judith Holofernes, Alin Coen oder Niels Frevert – um nur die wichtigsten zu nennen) und mit „Moon“ nun erstmals in eigener Sache unterwegs war.

Nun folgt mit „Why, Why“ auch schon das eigentliche Debüt-Album – mit dem CATT noch mal eins draufsetzt und sich – nach den jazzigen Anfängen – noch stärker anderen stilistischen Möglichkeiten gegenüber öffnet und auch als Produzentin, Arrangeurin und nicht zuletzt Lyrikerin neue Akzente setzt. Grund genug, einmal zu ergründen versuchen, wer sich denn da wohl hinter dem Pseudonym CATT eigentlich verbirgt. Kurz vor dem aktuellsten Corona-Lockdown hatte CATT noch Zeit für ein Gespräch in Berlin.

Für die Produktion des Albums hast Du Dich ja – Dank eines Stipendiums der Roger Willemsen Stiftung – auf das Land in ein Künstlerhaus zurückgezogen. In Deiner aktuellen Bio gibt es ein Zitat von Dir, das besagt, dass dieses Album nicht in einer Großstadt hätte gemacht werden können. Heißt das, dass Du zu jenen Songwriterinnen gehörst, die sozusagen abhängig von der Umgebung sind, in der sie tätig werden?

Das weiß ich noch nicht, weil ich es noch nicht so lange mache - aber ich glaube schon, dass die Umgebung einen sehr großen Einfluss darauf hat, wie ich mich konzentrieren und fokussieren kann und wie ich auch intuitiv das zulassen kann, was gerade dran ist. Da brauchte ich zumindest für dieses Album eine große Ruhe für mich selbst, damit ich auch Themen aufgreifen konnte, die mich im letzten und in diesem Jahr beschäftigt haben. Es kann aber auch sein, dass ich irgendwann mal den richtigen Trubel suche, um den zu verarbeiten. Bisher ist es tatsächlich so, dass ich in der Natur die Momente brauchte, um eine Gelassenheit oder eine Ruhe und eine Draufsicht auf Themen zu haben und dass sich diese in diesem organischen Weg, den ich gerne verfolge, auch widerspiegelt. Da man als Künstler ja sowieso die Umwelt bewusst wahrnimmt und irgendwie transformiert, ist man nie unabhängig davon, was einen umgibt.

Dabei dürfte die Natur ja gewiss selbst auch als Inspirationsquelle gedient haben, oder?

Ich glaube, das war erst unterbewusst so - aber je mehr ich darüber reden soll oder nachdenke, desto bewusster wird mir das. Ich bin ja in der Natur aufgewachsen – mitten im Wald – mit dem ich so grundsätzlich verbunden bin, dass ich dort Ruhe finde. Ich finde auch, dass Natur und Landschaften Prozesse aufzeigen, die sich auf unser Leben und auch kleinere komplexe Situationen übertragen lassen. Ich glaube man findet sehr viel Wahrheit und Klarheit in der Natur. Das mag sich zwar wie ein Klischee anhören, aber ich glaube, es stimmt. Ich denke, das können auch viele bestätigen, was das Rausgehen und Durchatmen mit einem machen kann. Denn letztendlich reflektiert alles in der Natur auf Dich selbst zurück.

Ein wichtiger Punkt scheint für Dich ja die absolute Unabhängigkeit zu sein. Denn während Du ja Deine musikalische Laufbahn eher mit der Zuarbeit für andere begannst, machst Du zur Zeit ja alles alleine, oder?

Ich glaube, bei all den Erfahrungen, die ich schönerweise schon machen durfte, habe ich auch gemerkt, wie oft sich Leute/Künstler von außen abhängig machen und wie wichtig es ist, herauszufinden, was ich denn eigentlich machen will. Ich habe am Anfang auch mit ein paar Produzenten zusammen gearbeitet und habe dann aber gemerkt, dass ich nur damit beschäftigt bin, denen zu erzählen, wie das klingen soll, was ich machen möchte. Wozu habe ich denn Produktion studiert? Also habe ich mir gedacht: 'Vielleicht setze ich mich erst mal selber hin und probiere es aus'.

Das klingt schlüssig. Aber ein Dogma scheint es nicht zu sein?

Stimmt - denn es ist dann ja dazu gekommen, dass ich hier und da mal einen Musiker eingeladen habe. Das ist bei dem Album nun schon ein paar Mal passiert. Eigentlich hatte ich sogar vor, noch mehr live einzuspielen – aber das war durch Corona nicht so ganz möglich gewesen – weil man ja nicht so richtig zusammenkommen durfte.

Dafür hast Du dann aber sozusagen mit Dir selbst experimentiert, nicht wahr? Da gibt es ja den Song „I Don't Know How To Talk To You“, in dem eine männliche Stimme herumzugeistern scheint.

Die männliche Stimme? Das ist meine eigene. Ich habe da nämlich mit ein paar Effekten herumgespielt. Ich habe auch sowas dann alleine gemacht, weil ich das Gefühl hatte, dass mich erst dieses Album so richtig zu meiner Essenz gebracht hat. Ich weiß nicht ob ich in zwei Jahren noch das Gleiche mache, aber das hier bin jetzt eindeutig ich. An diesem Punkt angekommen zu sein, war mir mega-wichtig. Ich plane aber auf jeden Fall das musikalische Team in der Zukunft zu vergrößern. Aber gerade jetzt war es unglaublich wertvoll, die Möglichkeiten ja jetzt auch technisch zu haben, dass man das auch einfach alles alleine machen kann. Man nimmt sich einfach ein Mikrofon mit und kann damit ein Album aufnehmen und vorproduzieren – das ist irgendwie schon ein Geschenk.

 

 

 

Wonach richtest Du als Songwriterin Deine Ideen aus? Es klingt jedenfalls so, als ginge es Dir immer zuallererst um den Song?

Da sagst Du was. Das hat mir mein Freund, mit dem ich auch musikalisch zusammenarbeite, nämlich gesagt, dass alles immer im Dienst des Songs stehen müsse. Da meinte ich dann am Anfang immer, dass ich doch auch gerne mal was Geiles spielen wollte und dass es grooven müsste – aber mittlerweile habe ich gemerkt, dass es um das Gefühl und den Song geht, und dass man damit dann auch eine Verbindung zu den Menschen aufbauen kann. Und dann kann man auch subtil zeigen, dass man ein Instrument spielen kann. Live kann man das ja sowieso irgendwie. Da hat sich echt meine Einstellung verändert. Aber ich singe ja auch noch gar nicht so lange selber. Und da musste ich mir dann auch erst mal klar machen, dass ich gar nicht alles perfekt machen muss. Die Dinge auf den Song und das, was gesagt werden soll, auszurichten, war schon ein wichtiger Schritt über die letzten Jahre. Ich bin aber voll froh, jetzt auf dem Weg zu sein.

Was zeichnet einen guten Song für Dich aus?

Ein Gefühl an das man sich erinnert und das man dann wieder und wieder erleben will. Entweder, indem man sich an das Gefühl eines Songs oder das Gefühl, dass dieser Song in einem auslöst, erinnert - man das wieder haben möchte; oder aber ein Song passt für einen selber zu bestimmten Situationen, sodass man ihn dort gerne als Begleiter hat. Und dann sollte ein Song einen auch noch musikalisch überraschen und begeistern – auch bei mehrmaligem Hören, dass es nicht langweilig oder öde ist. Ich weiß, das klingt sehr abstrakt.

Kann man so etwas als Songwriter denn anstreben?

Nein – das ist ein Fehler, den man vielleicht auch oft macht und sich denkt, dass man einen Song für diese oder jene Zielgruppe schreiben möchte und der so und so klingen soll. Das klappt meistens allerdings nicht. Man sieht erst, was ein Song kann, wenn man ihn geschrieben hat. Ich mache das so, dass ich Ideen weiterverfolge, wenn sie sich richtig gut anfühlen und mir richtig Spaß machen. Ob dabei aber ein Song herauskommt, der etwas auslösen kann, kann man nicht steuern. Wenn es Freude macht und einen Funken in Dir auslöst, dann ist das schon mal ein guter Indikator dafür.





Geht es Dir eigentlich auch darum, mit Deiner Musik eine Art Autotherapie zu betreiben? Denn mit der Kunst lassen sich ja auch persönliche Erlebnisse besser verarbeiten, als ohne.

Ja, egal welcher Art von Kunst, nicht? Selbst wenn Du es Dir als Hobby suchst. Du musst Dich allerdings selbst darin schulen, Sachen zu verarbeiten. Das ist ja auch etwas, was man mit der Zeit lernt – wie man Dinge wahrnimmt, wie man Dinge gewichtet oder bewertet und eben verarbeitet. Und wenn Du sowas dann als Künstler machst, machst Du es halt in einem öffentlichen Raum. Das ist dann schon wie eine Therapie – ein laufender Lernprozess.

Du scheinst Dir Deine Zukunft ja recht konkret geplant zu haben. Gibt es eigentlich noch einen Plan B – falls das alles nicht so klappt, wie gedacht?

Also bisher gibt’s noch keinen Plan B. So, wie das von mir auf den Weg gebracht wurde, merke ich jetzt schon, dass ich mich da sehr lange drauf vorbereitet habe. Das mit der Musik ist jetzt erst mal dran. Ich fange ja auch jetzt erst mal an, mich zu trauen, meine eigene Musik zu machen. Das ist ja alles noch ganz neu für mich – auch wenn das zur Zeit etwas eingeschränkt ist. Ich interessiere mich natürlich auch für andere Sachen und es kann immer mal sein, dass sich das irgendwie transformiert. Aber ich denke schon, dass ich immer im kreativen Schaffensmodus bleiben werde. Mir gefällt auch das Kommunikative daran und mit den Menschen in Verbindung zu bleiben und das wird auch immer ein Teil davon bleiben.

Ullrich Maurer (Info)
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