ROCKHARZ 2023 | Freitag - Ballenstedt, Harz - 07.07.2023

Tag 3, Freitag, 07.07.2023

CHILDREN OF GROTESQUE und THE LEGION GHOST eröffnen Tag 3

Diejenigen, die nach den beiden bisherigen Festivaltagen noch genügend Kraftreserven haben, sich zu nachtschlafender Zeit vor die ROCK-Stage zu begeben, bekommen pünktlich um 11:20 Uhr von den CHILDREN OF GROTESQUE auf die Mütze. Die Band um den Sprössling des KNORKATOR Frontmanns Stumpen, Tim Tom Thomas, kloppt und brüllt ihren „Violent Industrial Metal“ (Eigenwerbung) in die stattliche Anzahl Schaulustiger, die sich selbst davon überzeugen können, ob die Berliner Combo nun tatsächlich aus „Geisteskranken“ besteht oder diese Selbsteinschätzung schnödes Marketing ist. Betrachtet man sich den Text der aktuellen Single etwas näher, könnte man indessen zur Quintessenz gelangen, dass es sich zumindest um Borderline-Cases handeln könnte.

Etwas weniger ruppig geht es im Anschluss mit THE LEGION GHOST weiter, deren Metalcore mit tollen Hooks durchzogen ist, die sofort in den Gehörgängen kleben bleiben. Beispielhaft sei hier „The Price“ genannt, ein Titel, von dem es auch eine emotionale Akustik-Version gibt. Ein ganz starker Gig.

NULL POSITIV und RAUHBEIN: Zu neuen Höhen

Wer hinter NULL POSITIV nur eine Blutgruppe vermutet, hat in den letzten Jahren den Aufstieg der Band um Frontlady Elli Berlin nicht wirklich mitverfolgt. Aus dem Geheimtipp ist im Laufe der Jahre ein fester Bestandteil deutscher Festivals geworden, die bisherigen drei Alben sind auf dem eigenen Plattenlabel erschienen und eine stetig wachsende Fangemeinde steht auf der Haben-Seite zu Buche. Somit ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch hier auf dem ROCKHARZ die Resonanz prächtig ist. Die Songs leben von den starken Growls und dem abwechselnden Cleangesang, wobei letzterer die Hooks transportiert, dazu gibt es eine grimmig dreinschauende Mannschaft, die musikalisch über jeden Zweifel erhaben ist und das Ganze perfekt in Szene setzt. Mit solch starken Auftritten sollten NULL POSITIV in absehbarer Zeit locker spätere Slots ergattern können.

Weiter geht es auf der DARK-Stage mit RAUHBEIN, dessen Vita geprägt ist von persönlichen Tiefschlägen und dem unbeugsamen Willen, einfach nicht aufzugeben. Das vermittelt Frontmann Henry mit jeder Faser seines Körpers. Henry, der sich nach einem Arbeitsunfall zunächst in Irland als Straßenmusiker durchschlug, gründete nach seiner Rückkehr nach Deutschland die Band, die sich – wie könnte es anders sein - irisch angehauchtem Folk-Rock verschrieben hat, dazu gibt es deutsche Texte, die vom steten Kampf und dem niemals-Aufgeben erzählen. Das trifft ins Herz der Fans, was man an der phänomenalen Resonanz leicht erkennen kann.

ALL FOR METAL: ASENBLUT trifft DEVICIOUS

Überzeugen können im Anschluss auch ALL FOR METAL, die hier im Harz ihr Debütalbum präsentieren, das neben Elementen des Epic-Metal auch Folk-Anleihen macht. Neben Tetzel Schmidt (ASENBLUT) und Antonio Calanna (DEVICIOUS) bevölkert eine bunte Truppe die Bühne, die neben zwei Gitarristinnen und zwei maskierten Typen an Bass und Schlagzeug auch noch zwei Tänzerinnen mit an Bord haben, in Sachen Show das bisherige Highlight des Tages. Die Musik kann allerdings auch gefallen, die bassige Stimmlage Tetzels wird immer wieder vom eindrucksvollen Tenor Antonio Calannas konterkariert, der in souveräner Manier auch die schwierigsten Highnotes meistert.

Auf der DARK-Stage wir es danach noch etwas heißer, denn hier haben sich die BURNING WITCHES angesagt, die mit klassischem Heavy Metal den Fans einheizen. Das aktuelle Album „The Dark Tower“ kommt dabei ebenso gut an, wie die arrivierten Titel der Hexen. Nur gut, dass die Grabenschlampen auch an diesem Tag per Feuerwehrschlauch für Erfrischung des Publikums sorgen. Danach gibt es „Tales From The North“ mit BLOODBOUND, deren neues Album am heutigen Tag Premiere hat. Die Schweden zelebrieren einen denkwürdigen Gig, der für mächtig Stimmung sorgt. SEPTICFLESH direkt danach hatten auf ihrem Flug Probleme mit ihrem Gepäck, weswegen die Band mit geborgten Instrumenten und ohne ihre Maskerade auf die ROCKHARZ-Bühne muss. Dass dies in Anbetracht der immer noch mörderischen Temperaturen für die Symphonic-Death-Metaller auch Vorteile bringt, lässt sich nicht von der Hand weisen, der Stimmung ist das ungewohnte Outfit der Band nicht abträglich und so gibt es nach dem Rausschmeißer „Dark Art“ einen Orkan an Ovationen.

DESTRUCTION: 40 Jahre und kein bisschen leise

Wenn man wie DESTRUCTION seit vierzig Jahren auf der Bühne steht, stellt man sich wahrscheinlich ab und an die Frage, wie lange man „diesen Kram“ noch machen will. Dass Frontmann Marcel „Schmier“ Schirmer diese Frage tatsächlich in den Raum stellt und mit „bis zum Ende“ beantwortet, beruhigt die Fans, die einen Querschnitt der Hits aus vierzig Jahren Bandgeschichte nach diesem Statement umso mehr genießen können. EQUILIBRIUM, die ihr erstes Konzert mit dem neuen Frontmann Fabian Getto bestreiten, der den langjährigen Shouter Robert „Robse“ Dahn ersetzt, haben das Publikum nach kurzer Zeit auf ihrer Seite, zudem gibt bereits einen Appetizer aus dem in kürze erscheinenden Album, der Lust auf mehr macht.

VERSENGOLD feiern ihr 20-Jähriges

SONATA ARCTICA haben anfangs mit ein paar kleineren technischen Problemen zu kämpfen, als diese beseitigt sind, gibt es für die Finnen, die an diesem Tag ein Best-Of Set mit in den Harz gebracht haben, kein Halten mehr. Mega-Stimmung dann auch bei VERSENGOLD, die in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiern. Crowd-Surfer ohne Ende landen im Bühnengraben an, Schwerstarbeit für die Grabenschlampen, die alle Hände voll zu tun haben, dem Ansturm Herr zu werden. Malte Hoyer, einmal mehr in seinem unvermeidlichen blau-weißen Ringelpulli, bedankt sich beim Publikum für 20 Jahre Unterstützung, während „Purple“ Eike Otten mit Geiger Florian Janoske um die Wette strahlt. Dass die Band nach einer Stunde Spielzeit gerade erst warm geworden ist, versteht sich von selbst, der Gig hätte auch gemessen an der Resonanz locker doppelt so lange gehen dürfen.

KORPIKLAANI und AIRBOURNE: Party bis zum Abwinken

Aber auch KORPIKLAANI lassen sich in Sachen Partystimmung nicht lumpen und heizen den Rockharzern mächtig ein. Neben „Beer Beer“ gibt es reichlich „Vodka“, Getränke, die nach eigener Aussage der Band solange genossen werden, bis nichts mehr geht. Auch eine Lebensphilosophie. Vor der Bühne wird im Schein der untergehen Sonne getanzt und gefeiert, dass es eine wahre Pracht ist und nach einer Stunde Spielzeit sind sich alle einig, dass die Finnen hier prächtig abgeliefert haben. Warum Joel O´Keeffe es sich nicht nehmen lässt, bei jeder Show eine Bierdose auf seinem Schädel zu zertrümmern, bleibt wohl ein Geheimnis der PR-Abteilung der Australier AIRBOURNE. Die Fans freut es, zumal der Gitarrist auf den Schultern eines Security-Mitarbeiters das Procedere inmitten der Fans durchzieht.

Das Ganze könnte auch als Werbespot des Gitarrenbauers GIBSON verwendet werden, Slogan: „Ob Regen, Bier ob Sonnenschein, eine GIBSON, die kriegt keiner klein“. Musikalisch können die Mannen aus Down Under ebenfalls überzeugen, der klassische Rock´n´Roll zündet immer. Bier für die Fans gibt es dann auch noch, da Joel gefüllte Bierbecher in Publikum wirft, von denen einige sogar gefangen werden.

ARCH ENEMY und FIRKIN zum Abschluss des 3. Festivaltages

Danach ist es Zeit für den Headliner des Tages: ARCH ENEMY mit Alissa White-Gluz stehen auf dem Programm, die erst kürzlich bei Rock am Ring überzeugen konnten. Frontlady Alissa glänzt wie gewohnt mit mächtigen Growls und Sprüngen vom Schlagzeugpodest, während die beiden Gitarreros Jeff Loomis und Michael Amott den Songs mit ihren grandiosen Soli immer wieder ihren Stempel aufdrücken.

Zum Abschluss des Tages gibt es dann nochmals ein gediegenes Kontrastprogramm zum Melodic Death Metal ARCH ENEMYs, denn bei FIRKIN tönt irischer Folk-Punk aus Budapest aus der PA. Beim abschließenden „Whisky In The Jar“ mit Polonaise des verbliebenen Infields ist klar, dass die Party im Zeltlager wohl noch einige Zeit weitergehen wird.

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