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Rock Hard Festival 2016 - Sonntag - Amphitheater Gelsenkirchen - 15.05.2016

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Grau in Grau am Himmel und ein deftiger Temperatursturz über Nacht, doch DISCREATION hauen scheinbar ungerührt neben neuen Schoten (das Titelstück ihre neuen und bislang wirklich rundesten Veröffentlichung "Procreation Of The Wretched", dazu "To Cosmic Shores" und "Megacorpse" als Finale) auch auf den Backkatalog-Putz und generell fett ins Mett. Für eine kleine Combo - solche haben es als Auftakt zum Endspurt bei Festivals meistens schwer - schlagen sich die Hessen nicht bloß gut. Zum Glück klart es auch ein klein wenig auf, kaum dass Rock-Hard-Schreiber Sebastian und Co. gegen Mittag beginnen, und einmal mehr beweist das Publikum dieses Open Airs, dass es zu den begeisterungsfähigsten und durch kaum etwas zu erschütternden im Land zählt. Das Quintett, dem der neue Sänger nicht nur dank Arschlanger Dreadlocks einen verhältnismäßig modernen Anstrich verleiht, denkt beim Songwriting dankenswerterweise hier und da mal um die Ecke, statt sklavisch entweder die Schweden- oder Ami-Tod-Schiene abzuklappern. Am Ende braucht man dann auch keine Showeinlagen wie Pyros oder Flammensäulen (siehe die viel zu hoch eingeschätzten Deserted Fear), um als Sympathieträger des Tages mit Empfehlung für wesentlich höhere Weihen (angesichts des relativen Underground-Status der Band) von den Brettern zu steigen. (AS)

Mit BLACK TRIP gibt es anschließend beinahe so etwas wie eine Allstar-Truppe zu bestaunen, besteht die Band ja bekanntermaßen aus Mitgliedern von Enforcer sowie diversen Death-Metal-Bands. Stilistisch beschreitet man hier eher den Grat zwischen Hardrock und Heavy Metal und bei den gekonnt eingesetzten Double Leads lassen dementsprechend besonders Iron Maiden und Thin Lizzy grüßen. Die Schweden fühlen sich in diesem Terrain merklich wohl und bieten dementsprechend eine motivierte Show. Allerdings reicht es trotz des konstant gutklassigen Songmaterials nicht ganz zum Highlight, da es bei den Stücken letztlich doch etwas an Ausreißern nach oben mangelt, die wirklich aufhorchen lassen. Darüber kann man jedoch besonders live und auf einem Festival mal hinwegsehen, wodurch man am Gig des Quintetts zweifelsohne Spaß haben kann.

Für den geneigten Autor folgt nun wohl die Überraschung des Festivals. NIGHTINGALE betreten die Bühne ohne viel Tamtam und begeistern schlicht und ergreifend durch großartige Songs und musikalisches Können. Dass Dan Swanö ein Meister vieler Klassen ist, ist kein Geheimnis und wurde von ihm in unzähligen Bands unter Beweis gestellt, dennoch ist es beeindruckend wie eigenständig die in einer Nische zwischen Progrock und AOR gelegenen Songs klingen. Man begeistert gleichzeitig mit technischer Präzision und wunderschönen Melodien; das gesamte Liedgut ist von bestechend hoher Qualität. Was die handwerkliche Perfektion angeht, muss man besonders Drummer Tom Björn hervorheben, der sich mit einer schier unglaublichen Lockerheit durch das Set groovt. Meister Swanö selbst kommt derweil enorm sympathisch rüber wie er seine Ansagen in einer merkwürdigen Mischung aus leichter Unsicherheit und subtilem Charisma darbietet. Kritisieren kann man dabei nur, dass jegliche Synthesizer-Sounds vom Band zu kommen scheinen. Die Highlights eines dennoch wirklich starken Auftritts sind das recht aktuelle "Chasing the Storm Away" und der abschließende Edge-of-Sanity-Klassiker "Black Tears". (LH)

Was viele derer, die sich ansonsten gegen Bombast-Metal mit Kinderlied-Melodien sperren, dennoch an ORDEN OGAN geil finden, weiß nur der Fabelgeier jener Story, die Frontmann Sebastian Levermann und seine wie bei ihrem letzten Gig an derselben Stelle kostümierten Gesellen auf Platte verzapfen, aber wie dem auch sei: Der Mehrheit der Zahlenden im Pulk gefällt's wohl, auch wenn man sagen muss, dass die Truppe eine günstige Nachmittagsspielzeit erhalten hat. Dan Swanö und der Rest von Nightingale, die eigentlich nichts gegen ein gerütteltes Maß an Mitsingbarkeit einzuwenden haben, lassen sich wiederum Ohrstöpsel bringen, was nicht unbedingt für die Deutschen auf der Bühne spricht. Dass sie ihre Setlist mit In- und Outro vom Band klammern, steht bezeichnend für die bei aller Freundlichkeit steife bis biedere Darbietung, die man insbesondere in Übersee sicherlich blind mit Metal aus unserem Land assoziieren würde. Die Combo geht ihren Erfolgsweg sicherlich weiter, auch wenn sie in puncto Überraschungen hintansteht, aber vergleicht man sie mit dem krönenden Abschluss Blind Guardian, als deren Erben sie von einigen Übermütigen angesehen werden, erkennt man den drastischen Klassenunterschied recht schnell.

Dass MOONSPELL zu Hause in Portugal Stars sind und in Deutschland längst eine wesentlich kleinere Nummer, genießen sie tatsächlich sogar, wie Sänger Fernando gesteht, der hinter den Kulissen genauso wie seine Mitstreiter einnehmend sympathisch daherkommt. Die Band, die zu den am heißesten gehandelten der wegweisenden 90er Gothic-Metal-Bewegung zählte, nimmt nach dem Zenit ihrer Laufbahn jedes Konzert (das sah man bereits bei jüngeren Clubshows) dankbar mit und braucht sich musikalisch im Grunde genommen auch in keiner Weise zu verstecken. Die Jahre sind nicht spurlos an der eigentlich nie konstanten Besetzung vorübergezogen - das Alter macht Ribeiros Düstermann-Image allerdings umso glaubwürdiger -, doch ein Großteil des Kataloges der Gruppe hat sich als zeitlos erwiesen. Demgemäß hauen die Jungs vor der von ihrer letzten Tour bekannten Kulisse ein amtliches Best-Of-Programm heraus und weiß dabei nur zu gut, dass sie am ehesten mit Stoff ihrer ersten beiden Alben punktet. Da sich die neuen Stücke der Napalm-Labelphase allerdings trefflich einreihen, steht einem Achtungserfolg (ein wenig exotisch sind sie beim RHF schon) nichts im Weg. (AS)


RIOT V hängt natürlich etwas der Vorwurf nach mehr oder weniger nur eine Cover- bzw. Tribute-Band zu sein. Und auch wenn das nicht komplett ohne Wahrheitsgehalt ist, so ist es dennoch völlig egal, wenn dabei Auftritte wie dieser hier rauskommen. Die Setlist ist mit diversen Highlights gespickt, wobei das Hauptaugenmerk klar auf "Thundersteel" liegt (einige Anhänger kritisieren das Fehlen jeglicher "The Privilege of Power"-Songs) und jedes einzelne Bandmitglied ist mit einem Spaß bei der Sache, wie er den meisten professionellen schon lange verloren gegangen ist. Der größte Blickfang ist sicherlich Sänger Todd Michael Hall, an dessen Leistung nicht das Geringste auszusetzen ist und der es selbst während anspruchsvoller Gesangslinien noch schafft mit dem Publikum zu interagieren. Das macht ihn definitiv zu einem fähigen Frontmann, wenn er auch den Vergleich mit beispielsweise Mike Howe (ja, schon wieder) doch knapp verliert, da viele seiner Posen und Ansagen einen eigenen Charakter vermissen lassen und etwas generisch wirken. Das schmälert seine Gesangsperformance aber nicht im Geringsten und so ist man sich einig: starker Auftritt einer starken Band, die es weiß wie man ein Publikum begeistert und zudem noch unglaublich Freude an den (mehr oder weniger) eigenen Songs hat.

Es folgt ein Stilbruch vom Feinsten. CANNIBAL CORPSE sind recht eindeutig die extremste Band des diesjährigen Festivals und man sieht schon den ganzen Tag an der Shirtwahl diverser Besucher, dass viele sehnsüchtig auf etwas Lärm warten. Dementsprechend gut gefüllt ist es dann auch als die Herren um Alex Webster mit "Evisceration Plague" einsteigen. Der Song ist durch das eher gemächliche Tempo eventuell nicht der perfekte Opener, allerdings fängt die Band sich schnell und lockert die Handbremse während der folgenden Stücke merklich. Technisch gehören die Amerikaner natürlich zu den Meistern ihres Fachs und die Fans sind entsprechend angetan. Was den Verfasser dieser Zeilen angeht wirkt der Auftritt über weite Teile etwas gleichförmig. Das liegt zum einen am Stil von CANNIBAL CORPSE, der trotz aller handwerklichen Finessen eine merkwürdige Stumpfheit ausstrahlt, vor allem aber an Corpsegrinders Vocals, die auf Dauer einfach zermürbend monoton sind. Für Freunde des Stils vermutlich ein gelungener Auftritt, letztlich hätte man aber auch passendere Death-Metal-Bands für den Co-Headliner-Slot auswählen können.

So schnell kann es gehen und es steht bereits der letzte Headliner auf der Bühne. BLIND GUARDIAN wählen mit "The Ninth Wave" ebenfalls einen eher ungewöhnlichen Einstieg, den Fans ist es aber egal und so wird der überlange Headliner-Gig von ebenjenen aufs Extremste abgefeiert. Man muss der Band zugutehalten, dass sie eine ausgewogene Setlist präsentiert, in der die meisten Hits der langen Bandgeschichte unterkommen und dass man sichtlich Spaß an der eigenen Show hat. Dennoch greift hier erneut die Subjektivität des Autors, den der komplett fehlende Rock’n-Roll-Faktor stört. Klar, den hatten die Krefelder natürlich noch nie wirklich, aber besonders weiter oben wirkt der Auftritt etwas blutleer und energiearm. Das liegt gleichermaßen am Songmaterial (gut, das ist wirklich subjektiv) wie auch an der durchchoreographierten Show, der Band geht jegliche Spontaneität ab. Den Status eines Headliners haben BLIND GUARDIAN fraglos, wieso das so ist, muss aber letztlich wohl jemand beantworten, der der Band auch etwas abgewinnen kann. Mehr Songs vom Debüt in der Setlist wären aber generell mal schön. Die Reaktionen untermauern den erwähnten Status jedenfalls – der Auftritt selbst wohl eher weniger. Eine zweischneidige Angelegenheit. (LH)

 

Es berichteten dieses Jahr Andreas Schiffmann (AS) und Lukas Heylmann (LH).

Lukas Heylmann (Info)

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