Als vergangenen Samstag die Schlagzeile die Runde machte, HELGE SCHNEIDER, seines Zeichens gefeierter Jazz-Virtuose mit dem Hang zu theatralisch vorgetragener Plattitüde, hätte sein Konzert im Rahmen der STRANDKORB OPEN AIR Reihe in Augsburg mit dem Hinweis auf die fehlende Möglichkeit „einen Kontakt zum Publikum“ aufbauen zu können nach etwas mehr als 30 Minuten abgebrochen, rieben sich die einen verwundert die Augen, die anderen versuchten postwendend, hinter dieser Aktion einen Protest gegen das bestehende Establishment sowie die auch unter Veranstaltern teilweise kritisch hinterfragten „Corona-Maßnahmen“ der Regierung auszumachen.
Was war geschehen?
SCHNEIDER, dessen Hang zu Selbstkritik noch nie besonders ausgeprägt war, hatte sich im Laufe des Konzerts darüber mokiert, dass die Veranstalter es doch tatsächlich gewagt hatten, neben den 900 Eintrittskarten ihr ohnehin nur noch kärgliches Auskommen über den Verkauf von Getränken an den Strandkörben ein wenig aufzubessern.
Dazu sollte man wissen, dass die Konzeption der STRANDKORB-Reihe seit dem vergangenen Jahr bekannt ist (Musikreviews.de berichtete ausführlich) und somit auch SCHNEIDER und seinem Management bekannt gewesen sein muss – vielleicht sind diverse Herrschaften ja auch durch die Flut an Informationen in ihrem Metier überfordert?! Die Besucher des Open Airs haben (seit der ersten Ausgabe im vergangenen Jahr) die Möglichkeit, im Vorfeld des Konzerts online Getränke und kleinere Snacks zu ordern, die dann im Laufe der Veranstaltung von emsigen Helfern zu den Strandkörben bugsiert werden.
Selbstverständlich gab es in der Vergangenheit immer mal wieder - vorsichtig formuliert - den Versuch verschiedener Künstler, ihren Part als Vertragspartner mitunter recht liberal zu interpretieren und ihre Pflichten hinsichtlich der Ausgestaltung der Shows reichlich lax zu erfüllen.
In diese Kategorie hat SCHNEIDER allerdings bisher nicht gepasst. Zwar fiel der begnadete Blödel-Jazzer zu Beginn der Pandemie mit dem Zitat auf, dass er „nicht vor Autos auftreten wolle“, womit er sich gegen die Autokino-Konzerte positionierte, sich dabei aber in guter Gesellschaft anderer Musiker befand, die die Sache ähnlich gesehen haben. Weitere Ergüsse behielt der in Mülheim a.d. Ruhr beheimatete Entertainer dann aber für sich.
HELGE SCHNEIDER überraschte seine Fans in Augsburg nach etwa 30 Minuten mit der unvermittelten Aussage, „keinen Bock“ mehr zu haben, was selbst seine Band in Staunen versetzte. Der Ansage „sagen wir mal: noch 5 Minuten und ich höre auf“ folgte kurze Zeit später der Abgang von der Bühne mit dem Hinweis: „vielleicht könnt ihr ja euer Geld zurückbekommen“.
Danke, HELGE!
Der Versuch gewisser Kreise, den Konzertabbruch zu instrumentalisieren und SCHNEIDER als Revoluzzer gegen das Establishment aufzubauen, wurde wohl auf anraten seines Managements postwendend per Twitter vereitelt, dort nämlich ist zu lesen:
Somit bleibt allein der fade Nachgeschmack, dass SCHNEIDER sein teilweise mehr als 200 km weit angereistes Publikum aufgrund einer nur persönlich empfundenen Störung seines an diesem Abend sichtlich aufgeblähten Egos schmählich im Stich gelassen hat, Menschen, die seit über einem Jahr versuchen, das, was von ihrem alten Leben noch übrig ist, in vernünftige Bahnen zu lenken um wieder ein kleines bisschen Normalität (er)leben zu können.
Die Reaktionen der Besucher sind somit auch durchwachsen zu nennen. Neben Stimmen, die Verständnis für den Jazzclown zum Ausdruck bringen, überwiegen die Aussagen derer, die sich um den Kartenpreis - oder schlimmer noch - um eines der wenigen Highlights dieser eh schon konzerttechnisch ereignisarmen Zeit geprellt fühlen.
Ähnlich sehen es auch die Veranstalter. Nachdem Versuche, ein Gespräch im Backstagebereich mit SCHNEIDER nach dessen Exit zu führen gescheitert waren, haben die Organisatoren mittlerweile ihre Rechtsabteilung mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt, um etwaige Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
SCHNEIDER, dessen Ankündigung 20.000 EURO für die Opfer der Flutkatastrophe spenden zu wollen, wohl eher als Nebelkerze zu interpretieren ist, hat unterdessen seine weitere Teilnahme an der Konzertreihe abgesagt und unterstreicht somit die Vermutung, seinen Egotrip auf Kosten seiner treuesten Fans weiter fortführen zu wollen.
FAZIT:
Erstaunlich, wie weit Anspruch und Wirklichkeit mitunter auseinander klaffen, denn unter dem Strich bleibt nur die Erkenntnis, dass der Griff ins Katzeklo, respektive das so zu Tage Geförderte, immer unappetitlich bleibt und letztendlich wohl nur die Katze froh macht.