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Autopsy: Dark Crusades (2DVD) (Review)
Artist: | Autopsy |
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Album: | Dark Crusades (2DVD) |
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Medium: | DVD | |
Stil: | Death Metal |
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Label: | Peaceville/Soulfood | |
Spieldauer: | ||
Erschienen: | 2006 | |
Website: | [Link] |
“A High point in low fidelity”, prangt es auf der Verpackungsrückseite; es gab aber bestimmt schon weniger brauchbares Videomaterial von Bands, das im Digitalformat teuer an die Hörerschaft herangetragen wurde. Aus den längst einbalsamierten glücklosen wie verehrten Urzeit-Deathmetallern wurde bisher erstaunlich wenig Kapital zu schlagen versucht, so dass diese Kollektion von Livematerial in annehmbarer Bootleg-Qualität in Ordnung geht.
Ärgerlich ist vielleicht, dass die einzelnen Stücke innerhalb der Sektionen nicht angewählt werden können. Das Menü ist optisch unaufregend, aber dafür funktional. Die über zwei stunden hätten aber doch auch auf eine Scheibe gepasst...
Chronologisch beginnt die Ansammlung an einem möglichst frühen Zeitpunkt der Bandhistorie. Die Probe im Haus von Urbassist Sorvari im kalifornischen Antioch ist die Art von Kult, wie man sie aus allen Übungsräumen dieser Welt kennt: Equipment in unpassender häuslicher Umgebung zusammengepfercht und junge Musiker in putzig-unfotogenem Outfit. Hinzu kommen hier laut Booklet die Kinder des Wohnungsbesitzers, die ab und zu in dem Lärm um die Möbel herumturnen – völlig kaputt...Der Sound und das Bild könnten wirklich schlimmer sein, und die Band spielt ihren Kram anständig – inklusive zaghaften Headbangens, was natürlich kein aufregender Anblick ist. Reifert beim Simultankreischen und –Schlagzeugspielen zuzusehen ist aber ebenso lustig wie das Herumreichen von Rausch- und Genussmitteln zwischen den Songs. So roh AUTOPSY auch waren – von Stümperei kann keine Rede sein, wenn man ihnen zuschaut. Die instrumentale Verneigung vor den Chicago-Doomern Trouble („The Last Judgement“) beweist Geschmack und zeigt die Einflüsse des Dreiers auf. Verzerrter Bass und nicht ständiges Hacken im Überschalltempo kommen bereits in diesem frühen Bandstadium als Wesenszüge zum Vorschein.
Der 93er Gig, vom Bühnenrand eines kleinen Clubs in Los Angeles gefilmt, zieht bildlich und klanglich den Kürzeren gegenüber dem vorher Gesehenen. Reifert grunzt in der Endphase der Band tiefer, streut seine typisch heiseren Schreie ein, und die Hauptaufmerksamkeit der Kamera gebührt ihm. Man setzt zunächst auf schnelles Material und schafft später Abwechslung mit konsistenteren Stuhlproben vom Fäkal-Final-Album „Shitfun“. Trotz sparsamen Stageactings waren AUTOPSY eine funktionierende Liveband, nicht zuletzt durch Danny Coralles als zusätzlichem Gitarristen. Solche Sinn machenden Soli wie hier hört man selten von heutigen Extrem-Bands, die vornehmlich auf Rhythmik und Geschwindigkeit setzen.
Die zweite Scheibe startet mit dem Gig am darauffolgenden Tag im Stone-Club, einem Knotenpunkt der Frisco-Szene. Hier gibt es erste Songüberschneidungen, dafür ist der Klang wieder besser, der Auftritt aus der Distanz mit unruhiger Hand gefilmt. Das Doppel „Pus/Rot“ zeigt den damaligen Status Quo der Gruppenausrichtung: kriechender als zuvor, um die Tempopassagen noch eruptiver erscheinen zu lassen, was allerdings zu Lasten der Greifbarkeit der Stücke ging; die Kritiken zu „Shitfun“ machten dies damals deutlich und dürften AUTOPSYs Schwanengesang noch beschleunigt haben.
Ein Jahr später zeigt sich die Band erneut in heimatlichen Gefilden, wobei es sich entgegen des Tracktitels wohl um Ruthie’s Inn als Auftrittsort handelt. Sound und Bild liegen wieder im grünen Bereich. Die Haare der Frontreihe mussten in der Zwischenzeit zum Teil weichen, nicht aber der Stil, und Migliore überimmt vereinzelt das viehische Gebrüll. Mit dem Liveset der ersten DVD ist dies der beste Beitrag, und beide sind glücklicherweise auch mit jeweils über 30 Minuten die Kernstücke der Veröffentlichung.
Die Tour-Impressionen im Extra-Teil beinhalten neben wenig spannenden Studioeindrücken (Mischpulte und analoges Equipment) alkoholselige Blödeleien im Freien wie in Backstageräumen und Tourbussen, allesamt lose zusammengeschnitten und unkommentiert; man sieht einen Blumen essenden und steppenden Karl Willets von Bolt Thrower, mit Nahrungsmitteln spielende Musiker und die alpenländliche Pampa Deutschlands; man reist durch die Heimat des Quartetts von New Jersey bis an die Niagarafälle und ekelt sich vor toten Tieren an vermüllten Flussufern und dem Bong-Durchziehen im winterlichen Schnee...
Interessant: Chris als Gitarrist in Holland 1990 mit Pestilence, die Terrorizer covern – der Sound ist allerdings unterirdisch; ist das Martin van Drunen am Mikro? - An letzter Stelle gibt es Bühnensauereien von 1993 mit den Kollegen von Doomed zu beobachten; Reifert spielt auch hier beim Song „Witches“ Gitarre.
In erster Linie brauchen Fans dieses Teil Ding natürlich, wie meistens im Falle von Musik-DVDs. Der Historiker vermag hier auch die ein oder andere Ergänzung zu seinem Studium metallischer Werkstofflehre finden. Man vermisst bloß aktuelles material, etwa Interviews, doch Reifert lebt bekanntlich ein Eremitenleben abseits der Szeneöffentlichkeit...ist wohl auch besser so nach allem, was man an post-Autopsy-Projekten von ihm ertragen musste. Bei aller Nostalgie: 20 Euro würde ich für solche Homekamera-Videos dennoch nicht ausgeben.
Fazit: Archetypischer Death Metal, nach dem Ableben nie qualitativ gleichwertig ersetzt, sollte Neulingen zum Griff nach dem Backkatalog reizen. Bereits Kundige erfreuen sich bei stark eingeschränkten Bild- und Ton-ästhetischen Erwartungen der sicher nicht mehr live-haftig zu erlebenden Performance dieser Originale.
Tracklist:
Rehearsal 1988 (Ridden with Disease / Human Genocide / Critical Madness / Embalmed Trouble Jam / Gasping for Air / Stillborn)
Hong Kong Café 1993 (Your Rotting Face / Dark Crusade / Fiend for Blood / Spinal Extractions / Twisted Mass of Burnt Decay / Slaughterday / Fleshcrawl/Torn from the Womb / Deathwitch / Shit Eater / Gasping for Air / An End to the Misery / Charred Remains / Severed Survival / Voices / Dead)
The Stone 1993 (Shit Eater / Pus/Rot / An End to the Misery / Dead / Voices)
Ruthless Inn 1994 (Dark Crusade / Slaughterday / Fiend for Blood / Spinal Extractions / Deathwitch / Twisted Mass of Burnt Decay / Pus/Rot / Charred Remains / Dead)
Extras (Tour Footage / Corporation Pull-In / Witches)
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- siehe Review
- Bass - Ken Sorvari, Freeway Migliore
- Gesang - Chris Reifert
- Gitarre - Eric Cutler, Danny Coralles
- Schlagzeug - Chris Reifert
- Dark Crusades (2DVD) (2006)
- The Tomb Within (2010)
- Macabre Eternal (2011) - 12/15 Punkten
- All Tomorrow's Funerals (2012)
- The Headless Ritual (2013) - 9/15 Punkten
- Live in Chicago (2020)
- Morbidity Triumphant (2022) - 13/15 Punkten
- Ashes, Organs, Blood And Crypts (2023) - 12/15 Punkten