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Geoff Leigh & Yumi Hara: Upstream (Review)
Artist: | Geoff Leigh & Yumi Hara |
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Album: | Upstream |
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Medium: | CD | |
Stil: | Avantgarde, Experimental |
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Label: | Moonjune Records | |
Spieldauer: | 59:09 | |
Erschienen: | 17.07.2009 | |
Website: | [Link] |
GEOFF LEIGH, seines Zeichens Gründungsmitglied von HENRY COW, jener Band, die als einer der Ursprünge des „Rock In Opposition“ (kurz RIO) gilt und YUMI HARA, japanische Keyboarderin und Sängerin, nahmen „Upstream“ an zwei Tagen im September 2008 auf. Für HARA war es nicht das erste Projekt dieser Art, arbeitete sie doch bereits mit Hugh Hopper und David Cross zusammen. Dass sie unter dem Namen ANAKONDA recht erfolgreich als Drum’n’Bass-DJ auftritt, ist „Upstream“ nicht anzuhören.
Hier herrscht eine assoziative und improvisative Musiksprache vor, die gelegentlich bis an die Schmerzgrenze geht, und manchmal darüber hinaus. YUMI HARAS Stimmakrobatik, vor allem im fast elfminütigen „Dolphin Chase“ fordert viel Langmut vom weltoffenen Extremhörer. Das quietscht und klagt und zieht stimmlich blank. Wenig duldsame Menschen vermuten dann gerne eine Wurzelbehandlung ohne Betäubung hinter den Tönen; während GEOFF LEIGHS stakkatohaftes Saxophonspiel, den außer Kontrolle geratenen Bohrer markiert.
Dabei beginnt und endet es elegisch. LEIGH lässt die Flöte erklingen wie weiland PAUL HORN in der großen Pyramide. Na ja, ganz so viel Hall hat er nicht drauf, und Miss HARA hämmert vehement ins Klavier, wodurch sich Ruhe und Behaglichkeit zu keiner Sekunde einstellen wollen. Aber die Songs zerfasern nicht völlig, sondern sind als expressive Klangmalerei, zwischen experimenteller Musik und freiem Jazz, durchaus gelungen. Höhepunkt des Albums ist das zweite Stück „The Mountain Laughs“, in dem HARA das Klavier mit flächigen Orgelsounds vertauscht, und GEOFF LEIGH im Verbund mit seiner japanischen Kollegin, an seinen Kollegen David Jackson erinnert, den Ex(?)-VAN DER GRAAF GENERATOR Saxofon- und Flötisten.
Hier, wie während der anderen goutierbaren Momente, kommen Erinnerungen hoch an jene Flut von japanischen Geisterfilmen, in denen Mädchen mit langem schwarzen Haar aus Brunnen klettern, Gänge entlang robben, Wände hinab und hinauf kriechen, ihre leichenblassen Gesichter der Welt unheilvoll entgegen strecken, und ihre ebenso blassen Finger nach verängstigten Probanden eines nicht enden wollenden Alptraums ausstrecken. GEOFF LEIGH und YUMI HARA basteln den perfekten Soundtrack dazu. Doch je weiter das Album fortschreitet, desto mehr kommen Szenen ins Spiel, in denen die Geistermädchen, mal bösartig, mal furchtsam, ihre ungeschnittenen Fingernägel ausfahren und über Schiefertafeln kratzen. Wer derartige und ähnliche Klänge mag, wird an „Upstream“ bestimmt seinen Gefallen finden.
Mit Rockmusik (auch In Opposition) hat das Ganze natürlich überhaupt nichts zu tun.
FAZIT: Monjune Records möchten „Upstream“ gerne unter „(Canterbury) Avant-Garde, Jazz, Experimental“ eingeordnet sehen. Das geklammerte „Canterbury“ bezieht sich natürlich auf GEOFF LEIGH, doch dessen frühe Band HENRY COW konnte man bestenfalls durch ihre Einflussnahme auf HATFIELD AND THE NORTH (die Leigh als Gastmusiker beehrte) und NATIONAL HEALTH zum erweiterten Umfeld der Canterbury-Szene rechnen, aber traf schon damals nicht den Kern der Musik. Auf „Upstream“ trifft das noch weniger zu. Hier herrscht ein – zumindest scheinbar – improvisiertes Frage- Und Antwortspiel vor, das sich hauptsächlich zwischen LEIGHS Flöten und Saxophontönen und YUMI HARAS Keyboardklängen und Vokaleskapaden abspielt. Wer den radikaleren Bereichen der Musik nicht weit offene Ohren widmet, wird vermutlich konstatieren, dass manche Frage nicht gestellt werden müsste, und die Antworten darauf auch unergiebig bleiben. Oder um es anders auszudrücken:
Er: „Hey, wollen wir noch ein bisschen Spaß haben?“
Sie: „Alter, du nervst“!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Upstream
- The Mountain Laughs
- The Strait
- Stone Of The Beach
- A Short Night
- At The Temple Gate
- Something About The Sky
- Dolphin Chase
- The Siren Returns
- Upstream (2009)
-
keine Interviews
Kommentare | |
Kossi [musikreviews.de]
gepostet am: 13.10.2009 |
HeyHo Jochen, warum traust du dir eigentlich nicht, dieses von dir so seltsame, aber absolut interessant besprochene Album zu bewerten?
Ist das nun eine gruselige Musikeruption für schlitzäugige Horrorfanatiker oder doch eine spannender Experimentalfilm für Musikliebhaber, denen beim Zahnarzt diese permanente, angeblich so beruhigende und vom Schmerz ablenkende (aber im Grunde nur akustischen Schmerz verursachende) Dudelmusik auf den Geist geht? |
Jochen
gepostet am: 13.10.2009 |
Tja Kossi, das ist eigentlich ganz einfach: auf das Album passen beide Ansichten. Ich könnte ihm gleichzeitig eine 2 geben und eine 10, macht Durchschnittsbewertung 6. Aber eins ist das Album mit Sicherheit nicht: durchschnittlich. Deshalb keine Bewertung.
Wenn du aber wissen willst, was eine Ehe alles aushält, leg' das gute Stück in den Player und spiel' es auf hoher Lautstärke ab. |
Kossi
gepostet am: 13.10.2009 |
Jetzt ist alles klar - und ich weiß, warum meine Ehe in die Brüche gegangen ist - musste wohl an HENRY COW und VAN DER GRAAF GENERATOR gelegen haben, die ich immer beim familiären Kaffeetrinken aufgelegt habe.
Na ja, ein einsam getrunkener Kaffee bei guter Musik war mir schon immer mehr wert, als ein kollektives Saufen bei HEINO. Nur, mit wem soll ich nach all den Erfahrungen denn nun dieses von dir so "leidenschaftlich" empfohlene Album testen. Da bleibt nur noch meine Katze übrig - ich werd' mit ihr mal sprechen. Kossi - der Mann, den die Katzen verstehen! |
Jochen [musikreviews.de]
gepostet am: 13.10.2009 |
Katzen kamen mit beim Anhören auch des Öfteren in den Sinn. Ich hätte einige Analogien auf Lager gehabt... Aber das hätte mich zu sehr an vergangene Zeiten erinnert, als es Menschen gab, die meinten, meine heiß geliebte Musik klänge so, "als ob man einer Katze auf den Schwanz träte". |
Kossi
gepostet am: 17.10.2009 User-Wertung: 1 Punkte |
Endlich - auch ich habe diese CD und mir ist nach dem ersten Hördurchgang noch immer schlecht. Dieses Album ist das große HUUUURZ der CD-Geschichte, bei dem sich jeder fragen muss, meinen die beiden das wirklich ernst?
Hier wird geflötet, geklimpert, gejault, gejammert, gestöhnt und genervt bis sich bei einem die Blähung melden - die dann am Ende sogar noch besser klingen als die freejazzige Kacke, die einem hier als Kunst verkauft werden soll, wie das der gute Hape vor Jahren mit seinem Hurz um Längen besser gemacht hat ... nur bei Hape war das ein Spaß, aber LEIGH & HARA scheinen das tatsächlich als Kunst zu verstehen. Da kann ich nur sagen: jeder F(H)urz klingt besser! |