Es ist schon ein wahres Kuriosum! Wenn RIKARD SJÖBLOM mit seiner Stamm-Band BEARDFISH antritt, dann überschlagen sich zurecht die Kritiker bezüglich der ständig neuen Einfälle und progressiven Ausflüge der Schweden. Begibt er sich aber abseits der progressiven Pfade, bei denen ihn sein Schlagzeug spielender Freund PETTER DIAMANT regelmäßig begleiten darf, dann geht das entweder gehörig in die Hose, wie beispielsweise BOOTCUT (Rezi gibt’s auf unserer Seite zu lesen!), oder es rockt ohne wirkliche Höhen und Tiefen vor sich hin, genauso wie nunmehr bei GUNGFLY.

Mal ganz von dem einfallslosen Cover abgesehen, das motivisch einen vollschlanken Sjöblom mit umgehängter E-Gitarre sowie progressiv-psychedelischen Bandschriftzug und Bildchen zweier sich Liebender zeigt, ist auch die Musik vollschlanker Rock, mit einigen Siebzigerjahre-Bezügen. Die beginnen bereits bei der Vorab-Single „White Light“, die deutlich etwas von THE SWEET hat. Überhaupt strahlt das gesamte Album diese Glitter-Rock & -Pop-Atmosphäre aus, die eigentlich seit zwei Jahrzehnten immer mehr in Vergessenheit geraten ist. Und da SJÖBLOM seine progressiven Wurzeln nicht völlig zu verstecken vermag, wurde „Lamentations“ ein progressives Glitter-Rock-Album, das bei Weitem hinter dem wirklich gelungenen letzten Album der Bartfische „Mammoth“, aber auch hinter dem GUNGFLY-Debüt „Please Be Quiet“ (2009) hinterherhinkt.

Auf „Lamentations“ erhebt Mr. Sjöblom also „Klage“ gegen so etwa alles, was ihm seine Kindheit oder die eine oder andere Beziehung in seinem Leben vermiest hat. Trotzdem atmet die Musik keine frustrierte Melancholie oder düstere Finster-Rock-Attitüden, sondern mehr den fast normalen, britisch geprägten Indi-Rock samt einiger Prog-Einsprengsel der Marke JETHRO TULL oder KING CRIMSON. Häufig wird das dann durch bereits erwähnte Glitter-Rock-Ausflüge ein wenig aufgefrischt – oder sollte man besser „antiquiert“ sagen?

Am Ende ist „Lamentations“ ein Album geworden, das auch nach mehrfachen Hördurchgängen einen nicht packt, aber durchaus gefällt. Wer allerdings mehr der progressiven Musik huldigt, wird sicherlich nicht sonderlich warm mit den solistischen Ausflügen des BEARDFISHs.

Allerdings muss besonders hervorgehoben werden, dass als eine wirklich angenehme Beigabe mit der CD zusätzlich eine DVD daherkommt, auf der das erste Konzert von GUNGFLY verewigt wurde. So gesehen fast ein historisches Musik-Zeitdokument. An einem Freitag, dem 13. aufgenommen, gibt es hier 67 Live-Minuten und viereinhalb Musikvideo-Minuten (On And On) beschaulich dargeboten in Augenschein zu nehmen. Zumindest waren GUNGFLY nicht abergläubisch, als sie in Sjöbloms schwedischen Heimatort Gävle das dortige Theater in Beschlag nahmen und es ordentlich rocken ließen. Da störte wohl aufgrund des Heimvorteils auch niemanden, dass der Satzgesang öfters mal neben der Spur lag oder recht schief klang. Schließlich war es ja auch der erste Live-Auftritt aus dem Jahr 2009, bei dem es fast das komplette Debüt-Album zu hören gab.

Hätte ich meine Kritik jetzt nicht gezielt auf „Lamentations“ ausgerichtet, dann würde ich locker allein für diese Beigabe meine Punktwertung um mindestens drei Punkte erhöhen – doch da es hier vordergründig um das zweite GUNGFLY-Album geht, beschränke ich mich beim Bewerten ausschließlich auf besagtes Studio-Album.

FAZIT: Die Solo-Aktivitäten eines RIKARD SJÖBLOM sind vielfältig, aber dafür recht unprogressiv und deutlich einfallsloser als die kleinen Meisterwerke seiner Stamm-Band BEARDFISH. Retro-Rock mit nachdenklich machenden Texten. Nichts Bleibendes, aber auch nichts Ärgerliches – einfach nur angenehmes Mittelmaß.