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Vildhjarta: Måsstaden (Review)

Artist:

Vildhjarta

Vildhjarta: Måsstaden
Album:

Måsstaden

Medium: CD
Stil:

Math Metal / Progressive Metal

Label: Century Media
Spieldauer: 51:30
Erschienen: 25.11.2011
Website: [Link]

Nein, es ist nicht ganz einfach, im Meer des „Djent“ Bedeutendes auszurichten. Die von PERIPHERY ausgerufene und größtenteils auf MESHUGGAH basierende Stilrichtung war von Anfang an dazu verdammt, der erste große Nachfolger des längst toten „Nu Metal“ zu werden. Die Kombination dissonanter, schnell und synkopisch gespielter Riffs mit ausgedehnten, sich über viele Takte tonal verändernden Noten ist schlichtweg zu stylish, um nicht postwendend auf die Schar junger Nachwuchsbands abzufärben. Spätestens, als PERIPHERY damit begannen, so einen Wind um ihren Stil zu machen und ihn mit selbstironischen Spitzen für die Party-Generation zu empfehlen (ein Michael-Jackson-Cover, ein wie aus „South Park“ entflohener kanadischer Ansager mitten auf dem Debütalbum, der alle Bandmitglieder vorstellt etc. pp.), war die Entwicklung vorherzusehen. 2011 ist es nun soweit: Das Jahr des Djent-Spawnings ist mit zahlreichen Veröffentlichungen aus der Taufe gehoben. TESSERACT, UNEVEN STRUCTURES und XERATH (mit dem zweiten Album) folgten bereits dem 2010er-Urknall von PERIPHERY (nebst alter Hasen wie ANIMALS AS LEADERS oder TEXTURES), jetzt sind VIDHJARTA an der Reihe – mit dem Anliegen, wieder Seriosität in die Sache zu bringen.

Dazu benötigt man:
1. Ein Konzept
2. Perfektionismus
3. bitteren Ernst.

Von diesen Zutaten bieten VILDHJARTA reichlich. Nicht, dass ihnen der Humor komplett abginge, wie etwa „Måsstadens Nationalsang“ beweist; da fängt plötzlich wie vom letzten E-Gitarren-Schlag gepeitscht ein Bündel Babys an zu schreien. Doch die Humoreinschübe wirken stets kontrolliert und einem größeren Ganzen untergeordnet, das durchaus ernst zu nehmen ist.

Aufgezogen ist „Måsstaden“ als Konzeptalbum. Ein Blick auf das Cover und den darauf abgebildeten surrealen Märchenwald lässt Rückschlüsse darauf zu, wer hier Vater der Kreativität gewesen sein mag: Zumindest Lewis Carrols „Alice im Wunderland“ schlägt durch, und wenn man in Interviews von „alten Disneyfilmen“ als Inspiration neben MESHUGGAH liest, sind 1 und 1 schnell zusammengezählt. Die Ambient-Soundscapes, die etwa bei TESSERACT noch im leeren mathematischen Raum schwebten und bei PERIPHERY wie eine schöne Hintergrundlackierung wirkten, bekommen endlich eine Zuweisung, unter der man sich auch ein Bild vorstellen kann.

Darüber hinaus definiert sich „Måsstaden“ vor allem über sein punktgenaues Riffing. Präzision ist in diesem Genre keine Seltenheit (sondern macht es sogar aus), doch dass die Riffs durch ihre Form einen Inhalt transportieren, ist eine absolute Seltenheit. Mit jedem Anschlag spürt man, wie der Blätterwald sich wieder leicht verändert: Der Lichteinfall wechselt, die Perspektive verschiebt sich, die Blätter fallen. Da wird wahrhaftig eine Geschichte erzählt – bloß durch die Kraft der polyrhythmischen Saitenbearbeitung. Im direkten Vergleich wirken viele vorher erschienene „Djent“-Platten inzwischen seltsam leer. VILDHJARTA treiben die für das Subgenre charakteristischen Techniken – ob Speed-Chording oder Palm-Muting – auf die Spitze, ohne sie zu sehr nach Technik aussehen zu lassen. Jeder einzelne Ton ist so sehr mit Details ausdefiniert, dass man glaubt, das müsse alles so und nicht anders klingen. Man merkt die gesamte Zeit über, wie viel Aufwand in jede einzelne Sekunde geflossen ist. Für Verschiebungen und Variationen ist kein Platz; jede Veränderung würde man da fast schon als persönlichen Affront auffassen, mit nicht weniger Hingabe, als man George Lucas bashen würde, wenn er mal wieder an seinem „Star Wars“-Vermächtnis herumschnippelt.

Feste Songstrukturen sind trotzdem nicht zwangsläufig zu erkennen. „Måsstaden“ bewegt sich dramaturgisch zwischen Soundtrack und Experiment – für ruhige Momente und Soundeffekte ist Platz, aber im Wesentlichen handelt es sich bei den dreizehn Stücken um bewegliche Korpora, die anhand von Dehnung und Verzerrung am Leben erhalten werden. Der Reiz besteht darin, dass es den Schweden gelingt, etwas, das so wenig dem Zufall überlassen wurde, so divergent und flüchtig wirken zu lassen.

FAZIT: Auch VILDHJARTA waren innerhalb des Internets schon berüchtigt genug, damit man vom „legendären Debütalbum“ sprach, lange bevor es erschien. Jetzt ist es da und es wird seinen Vorschusslorbeeren mit dem definitivsten „Djent“ gerecht, den man bis dato gehört hat. „Måsstaden“ überrascht durch das gekonnte Zusammenspiel zwischen Riffs und Narration. Sei das verdrehte Wunderlandmotiv auch noch so ausgelutscht – diese eine Interpretation sollte man sich in einem Zug mit American McGee noch zugestehen.

Sascha Ganser (Info) (Review 5938x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Shadow
  • Dagger
  • Eternal Golden Monk
  • Benblåst
  • Östpeppar
  • Traces
  • Phobon Nika
  • Måsstadens Nationalsång
  • When No One Walks With You
  • All These Feelings
  • Nojja
  • Deceit
  • The Lone Deranger

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Jon
gepostet am: 18.11.2011

Stimme in dem Punkt zu, dass Djent so etwas wie der Seelenverwandte des Nu Metal ist. Doch genau wie der Nu Metal in seinen Anfangstagen etwas durchaus kreatives und wildes war, so ist auch der Djent - bisher zumindest - eine äußerst spannende Sache. Besonders Tesseract, Cilice und Textures fahren ungemein irrwitzige Geschütze aus. Schön zu lesen, dass es weiterhin mutige und experimentelle Acts gibt.

Werde da sicher mal reinhören.
Andreas
gepostet am: 18.11.2011

Djent ist mal wieder so eine Blase ... Wird als neu verkauft, aber ganz zu schweigen davon, dass Devin Townsend das schon vor Jahren ad acta gelegt hat und Meshuggah weiterhin in dieser Richtung gen Sackgasse zuckeln, gibt es schon seit Jahren kreative Acts mit ähnlichem Stil, die weit spannendere Musik verzapfen: Canvas Solaris etwa oder Behold The Arctopus.
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 18.11.2011

Korrekt, es hat was Blasenhaftes... daher meine Weigerung, "Djent" ohne Anführungszeichen zu schreiben, weil es halt eben nichts Neues bringt, sondern sich seine Rosinen aus alten Kuchen pickt. Nur: Was war denn an "Nu Metal" neu? Wie grenzte er sich vom gemeinen Crossover ab? Und doch war er seit "Korn" und "Three Dollar Bill" in aller Munde. Man sollte nie die Eigendynamik einer Nische unterschätzen - da geht's überhaupt nicht darum, ob das technisch vorher schon genau so und besser gemacht wurde (was sich eh von selbst versteht).
Chris [musikreviews.de]
gepostet am: 19.11.2011

Ich hab ja auch mal nach diesem Begriff recherchiert, nachdem mich Sascha hier das erste Mal darauf brachte - und da fällt auf, dass der Begriff ja auch nicht soooo neu ist.

Obige Platte finde ich auch sehr gut, auch wenn ich es nicht ganz so euphorisch sehe (vor allem im Vocal-Bereich könnte mehr Variation vorhanden sein ... aber was soll man bei Meshuggah sagen?).

Vielleicht liegt meine Begeisterung an dieser Art von Musik einfach daran, dass ich in puncto polyfrickulöser Musik ein kleiner Nimmersatt bin, dem es wurscht ist, ob es das schon mal besser oder höher, schneller, weiter gab.

Canvas Solaris und BTA sind zwar auch fein, reißen mich aber auch nicht mehr vom Hocker als andere "intellidjente" Bands. :)
Micha
gepostet am: 19.11.2011

User-Wertung:
12 Punkte

erst mal

VIELEN DANK

für Eure Seite hier,hab das gerade erst entdeckt und bin begeistert...

mit etwas mehr Kreavität im Geiste,werd ich mich so abundan beteiligen hier..

grüüssings
xn
gepostet am: 20.11.2011

selten so nen selbstverliebten Blödsinn gelesen...
Nils [musikreviews.de]
gepostet am: 20.11.2011

@xn: Solange du deine Meinung nicht begründest, stehst du mit deinem Kommentar ziemlich dämlich da.
Mirko
gepostet am: 24.11.2011

User-Wertung:
12 Punkte

*zustimm* @Chris

Platte ist schon bestellt. :)
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