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Steve Brockmann & George Andrade: Airs - A Rock Opera (Review)

Artist:

Steve Brockmann & George Andrade

Steve Brockmann & George Andrade: Airs - A Rock Opera
Album:

Airs - A Rock Opera

Medium: CD
Stil:

Progressive Rock-Oper

Label: Fencesound Music
Spieldauer: 74:10
Erschienen: 29.02.2012
Website: [Link]

Endlich scheint bei vielen Bands, denen die progressive Rockmusik in die Wiege gelegt wurde, wieder die Zeit für Konzeptalben reif zu sein, die sich nicht durch mystisch-mythologische oder religiös bekehrende „Spinnereien“ auszeichnen, sondern durch konkrete Bezüge zu Problematiken aus dem Hier und Jetzt. Sehr oft aber vermeiden die Konzept-Protagonisten einen ganz bestimmten Begriff für ihr Werk, nämlich „Rock-Oper“. Vielleicht erscheint er dem einen zu abgenutzt oder dem andern zu theatralisch – doch dass diese Auslegung nicht immer zutrifft, beweist das Album „Airs“ von zwei Künstlern, denen eins gemeinsam ist: ihre Leidenschaft für SPOCK'S BEARD. Eine Leidenschaft, die sie eines Tages auch zusammenführen sollte!

Der 47jährige STEVE BROCKMANN, ein Komponist und Multiinstrumentalist aus Nordfriesland, ließ die Kritikerwelt besonders durch seine zwei Instrumentalalben „Don't Sing“ (2001) und „Expected Errors“ (2007) aufhorchen, bevor er sich voller Leidenschaft an „seine“ Rock-Oper „Airs“ machte. Auch erscheint es in diesem Zusammenhang durchaus wichtig, dass seine Lieblingsalben von SPOCK'S BEARD „Beware Of Darkness“, „V“ & „X“ sind, während die Top 3 der Songs „Ghosts Of Autumn“, „Harm's Way“ & „The Doorway“ heißen.

Ihm steht als Partner der US-amerikanische Schriftsteller GEORGE ANDRADE aus Massachusetts zur Seite, der sich für die Geschichte des Albums verantwortlich zeichnet und gemeinsam mit Steve seit 2008 an „Airs“ arbeitet. Dessen SPOCK'S BEARD-Leidenschaft richtet sich allerdings auf die Alben „The Kindness Of Strangers“ sowie „Snow“ & „X“, während sein Lieblingssong „Harm's Way“ ist, bei dem er neben der progressiven Spielfreude besonders das Gitarrensolo von ALAN MORSE liebt.

Nun könnte sich ganz schnell der Verdacht breit machen, dass wenn zwei Künstler, die sich über ein SPOCK'S BEARD-Internet-Forum kennengelernt haben, dieser gemeinsamen Leidenschaft frönen, dabei auch ein Album herauskommt, welches sich deutlich an ihr musikalisches Vorbild anlehnt. Weit gefehlt – denn allein der Begriff Rock-Oper wird garantiert nicht mit den Bärten in Verbindung gebracht, sondern eher mit AYREON. Dafür aber spielen auf „Airs“ mit DAVE MEROS & ALAN MORSE gleich zwei SPOCK'S BEARD-Urgesteine mit („Annabelle“ und „Flight II“). Auch fühlen sich Brockmann & Andrade bei der Rock-Oper-Interpretation im AYREON-Stil nicht besonders wohl, sondern donnern vorrangig über die 60er/70er- und 80er-Jahre-Rock-und-Metal-Schiene, als „S.F. Sorrow“, „Tommy“ und „Quadrophenia“ bleibende Rock-Oper-Geschichte(n) schrieben. Doch während die besagten „Opern“-Werke von THE PRETTY THINGS oder THE WHO ihre konzeptionelle Grundstruktur nie aus den Augen verlieren, reißt bei „Airs“ doch an einigen Stellen der rote Faden, wobei auch die Vielzahl der eingebundenen Sänger, die aus Deutschland, Holland, USA und Kanada kommen, nicht ganz unschuldig sind. Oder genauer, vielleicht wäre eine anders gewichtete Rollenverteilung besser gewesen.

Bedauerlich ist dabei, dass der SUN CAGED-Sänger PAUL ADRIAN VILLARREAL, der „Airs“ mit einer beeindruckenden Vokalleistung eröffnet, danach nicht wieder auf dem Album gehört wird. GORDON TITTSWORTH von IMAGES OF EDEN dagegen, der gesanglich deutlich limitierter ist und seltsamerweise auch eine etwas zu dumpfe Stimmabmischung erhielt, verleiht fast jedem zweiten Song seine Stimme. TILMAN ECKELT von GRAILKNIGHTS wiederum, dessen Stimme auch herrlich zu einem guten Songwriter-Album passen würde, erhält ebenfalls nur einen Gastauftritt, wogegen man doch so einige schieflagige Vokalausflüge von CORNELIUS KAPPABANI (CIMBRA) wieder und wieder „bewundern“ darf. Diese Aufzählung könnte man beliebig fortsetzen.

Gerade die Kombination aus einer Vielzahl von Sängern haut leider auf „Airs“ nicht immer hin. Denkt man dagegen an ein von Konzeption und Sängervielfalt ähnlich ausgerichtetes Album der Band FLAMING ROW „Elinoire“, dann zieht „Airs“ wegen des Gesangs deutlich den Kürzeren! Musikalisch passiert jedoch so einiges auf „Airs“, wobei sich Hardrock und Metal federführend durch das gesamte Konzept ziehen, das aber auch mit jeder Menge akustischer Einsprengsel und balladesken Zwischenklängen versehen ist, die am Ende sogar in die hohen Sphären der progressiven Rockmusik vordringen, ohne jemals ihre härtere Bodenhaftung zu verlieren.

Doch spätestens jetzt sollte man auch der Geschichte von „Airs“ die entsprechende Aufmerksamkeit widmen, die GEORGE ANDRADE dem Album zugrunde legt. Übrigens ist der amerikanische Schriftsteller ein großer Freund der Konzeptstory von SPOCK'S BEARDs „Snow“, welche sich von der Problematik her auch ein klein wenig auf „Airs“ abfärbt. Der Held der Geschichte, Owen Donane, saß sechs Jahre lang in einer psychiatrischen Haftanstalt, weil er unter Alkohol einen schweren Verkehrsunfall verschuldete, bei dem ein neunjähriges Mädchen querschnittsgelähmt wurde. Da Owens Vater im Sterben liegt, wird er vorzeitig entlassen und kehrt in seine Heimat, eine Insel, auf der Owens Vater früher eine große Firma besaß, die durch die Verhaftung seines Sohnes mit in die Brüche ging, zurück. Und dass dies nicht ohne Konsequenzen bleibt, wird sicher niemanden verwundern. Doch mehr soll hier nicht verraten werden, außer vielleicht, dass das Grundthema sich beständig um die Frage von „Schuld und Sühne“ (Ja, darüber kann nicht nur ein DOSTOJEWSKI schreiben ;-) dreht!

Anfangs setzt die Musik recht geschickt und überzeugend die Handlung um, die etwas bedrückend und ruhig beginnt und sich einem regelrechten Inferno, also dem dramatischen Höhepunkt, nähert. Dynamik und Härte sind die musikalischen Begleiter auf diesem Weg, mit, wie bereits angedeutet, mal wirklich beeindruckenden, aber auch ziemlich enttäuschenden Gesängen. STEVE BROCKMANN spielt dabei Gitarren, Bässe und Keyboards in völliger Eigenregie und dass dann auf „Flight II“ gleich zwei SPOCK'S BEARD-Mitglieder in die Saiten greifen, ist unverkennbar. Steves einzige durchgängige Unterstützung bei „Airs“ ist JOCHEN OHL, der eine durchweg überzeugende Leistung am Schlagzeug abliefert.

Nach besagtem Höhepunkt wird dann die Härte deutlich zurückgefahren und mit „The Great Salt Pond“ gibt’s sogar eine regelrechte Hymne voller akustischer Momente mit jazzigem Anteil und herrlichem Gesang von FLOOR KRAAIJVANGER (SUPERFLOOR) zu hören. Und dieses „Fly-ha-ha-hay!“ bleibt sofort hängen. Für mich ein absoluter Höhepunkt des Albums!

Dummerweise zerstört der Nachfolger „Grounded II“ mit seinem metallischen Gebretter den hymnischen Eindruck ziemlich schnell wieder. Allerdings wendet sich in diesem Moment auch recht überraschend die Handlung der Rock-Oper. Doch keine Angst, denn wenig später erwartet uns der wahre SPOCK'S BEARD-Song des Albums – eine Art Grande Finale! Und mit Owen klingt die Rock-Oper in ruhiger, akustischer Melancholie, begleitet von dem die Insel umgebenden Wellenrauschen, aus.

FAZIT: „Airs“ ist eine retrolastige Rock-Oper geworden, die neben dem vordergründigen Hardrock auch besonders von den ruhigeren Zwischentönen lebt. Der Multiinstrumentalist STEVE BROCKMANN versucht hierbei überzeugend die komplexe, psychologisch tiefgründige Geschichte von GEORGE ANDRADE zu vertonen, wobei mitunter ein paar unangenehme Brüche auftreten, die meistens auf dem qualitativ unterschiedlichen Gesang basieren, der nicht immer passend wirkt. Am Ende aber bleibt die Erkenntnis, dass Rock-Opern auch angenehm anders als die sich laufend wiederholenden AYREON-Werke klingen können!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 9010x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Now I Know:
  • Fateful Days (Gesang: Paul Adrian Villarreal)
  • Grounded (Gesang: Gordon Tittsworth)
  • Kites (Gesang: Tilman Eckelt)
  • Flight (Gesang: Cornelius Kappabani)
  • Current Events:
  • Winds Of Change / Heirs / Winds Of Change II / Errs (Gesang: Gordon Tittsworth & Cornelius Kappabani)
  • Book Of Airs:
  • History (Instrumental)
  • Heritage (Gesang: Gordon Tittsworth)
  • Experiments (Gesang: Gordon Tittsworth)
  • Floating (Instrumental)
  • The Flyer:
  • Annabelle (Gesang: Jan Hoving)
  • The Center (Gesang: Floor Kraaijvanger & Gordon Tittsworth)
  • Fateful Days II (Gesang: Antila Thomsen)
  • Hannah (Gesang: Antila Thomsen & Cornelius Kappabani)
  • Airs:
  • The Great Salt Pond (Gesang: Floor Kraaijvanger)
  • Grounded II (Gesang: Gordon Tittsworth)
  • Kites II (Instrumental)
  • Flight II (Gesang: Floor Kraaijvanger, Antila Thomsen & Cornelius Kappabani)
  • Owen

Besetzung:

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