Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Crépuscule: Virr (Review)

Artist:

Crépuscule

Crépuscule: Virr
Album:

Virr

Medium: CD
Stil:

Progressives Gesamtkunstwerk

Label: Eigenvertrieb
Spieldauer: 72:19
Erschienen: 19.08.2014
Website: [Link]

„Sechs Musiker zwischen den Welten. Mit der Idee im Herzen und im Kopf eine neue zeitgemäße französische Musik zu schaffen.“
Diese Worte liest man unter der Facebook-Seite von CRÉPUSCULE. Und wer nicht glauben mag, dass solche hehren Ziele auch zu verwirklichen sind, der wird von dieser Band aus Karlsruhe (!!!) tatsächlich eines Besseren belehrt!

Mit einer düsteren Synthi-Fläche und sakralem Orgelspiel begibt sich „Virr“, der Held vom Konzeptalbum der deutsch-französischen Band CRÉPUSCULE, auf die musikalische Reise durch die Schrecken einer total digitalisierten und umfassend überwachten Zukunft. Garantiert kein Gute-Laune-Album des futuristischen Neo-Progs, das uns hier mit dem zweiten Teil der vorgesehenen vierteiligen Prog-Wundertüte um „Virr“ und das Leben in finsteren zukünftigen Zeiten, die uns atmosphärisch deutlich an Rael aus „The Lamb Lies Down On Broadway“ von GENESIS erinnern, erwartet!

Überhaupt scheinen zwar nicht die musikalischen, aber dafür voll und ganz die lyrisch-visuellen Ambitionen um das letzte mit PETER GABRIEL veröffentlichte GENESIS-Album auch „Virr“ innezuwohnen. Und während wir das 40jährige Jubiläum des schlafenden Lamms feiern, erhebt sich durch die Hintertür ein neues Lämmchen, welches zwar nie den Versuch unternimmt, musikalisch wie die Genese des Alten zu klingen, dafür aber genau dessen mystische Atmosphäre verbreitet!

Wer dieses Album von CRÉPUSCULE kauft, bekommt es in einer DVD-Hülle mit einem faszinierend gestalteten 92seitigen Booklet in DVD-Größe samt deutscher Geschichte und französischer Lyrics plus deren deutsche Übersetzung. Hier sind leidenschaftliche Perfektionisten und zugleich Idealisten am Werk, die ein Gesamtkunstwerk aus Prog + Optik + Poesie + Story den Musikfreunden unterbreiten, für die Prog eben mehr als ausschließlich Musik, sondern eine künstlerische „Religion“ ist, egal ob sie an Gott glauben oder ihm mit erhobenem Stinkefinger entgegentreten. Auch lernen sie auf „Virr“ eine ganz neue Religion der Zukunft kennen, wozu ich hier nicht zu viel verraten will - außer: auf dem neusten Album der Karlsruher Band wird eine finstere Zukunftsgeschichte, die sich zwischen Orwells „1984“ und Huxleys „Brave New World“ bewegt, erzählt. Doch das ist noch immer nicht genug des Guten - denn um den Gesamteindruck zu „Virr“ zu vervollkommnen, haben es sich die progressiven Karlsruher nicht nehmen lassen, auch noch eine spezielle Homepage für den traurigen Helden ihres Konzepts, der sich mit den finstersten Überwachungsmächten anlegt und aus heutiger Sicht den Namen Snowden tragen könnte, gebaut!
Mehr geht wirklich nicht!

Schon die frankophile Ausstrahlung von „Virr“ lässt keine Musik-Vergleiche, die nach musikalischen Lamm-Klonen schreien, zu. Viel zu beeindruckend steht dem bereits der französische Gesang entgegen, welcher zugleich Wegweiser für diesen Virr-Prog, der keinesfalls wirr daher kommt, ist, welcher sich deutlich zwischen einer Kombination aus Franko-Italo-Retro-Prog der NEMO-, ANGE- & LAZULI-Basis sowie des britischen Neo-Progs der Marke IQ und ähnlicher deutscher Ableger, wie beispielsweise SYLVAN oder ALIAS EYES, bewegt und sich dort auch verdammt wohl fühlt. Jeder, der dieses Gesamtkunstwerk in den Händen hält, stellt sich spätestens nach dem ersten Hördurchgang die Frage, warum er bisher wohl noch nie etwas von CRÉPUSCULE gehört hat.
Und diese Frage ist mehr als berechtigt!

Immer, wenn Musiker den Mut besitzen, das, woran sie glauben, auch zu verwirklichen, dann haben sie nur selten eine Chance, von dem, was sie tun, auch wirtschaftlich zu profitieren. Oft zahlen sie für ihre Überzeugungen und Leidenschaften einfach drauf! Garantiert auch CRÉPUSCULE - denn das, was sie in die Verwirklichung ihres Projekts stecken, verursacht im Vorfeld garantiert mehr Kosten, als es überhaupt einspielen kann. Eine Erkenntnis, die jeder bereits in dem Moment gewinnt, in welchem er die DVD-Hülle in seinen Händen hält, das Buch liest, sich die mystischen Bilder anschaut und den randvollen Tonträger anhört. Doch selbst das genügt den Musikern nicht. Sie gehen noch einen Schritt weiter und verwirklichen ihre musikalischen Visionen und deren Vielfalt in drei kunstvollen Videos. Alle drei zeigen bereits in ihrer Unterschiedlichkeit - eine Ballade sowie ein düster-psychedelisches und ein an KLAUS SCHULZE erinnerndes Instrumental - welche Vielfalt den Hörer in den über 70 „Virr“-Minuten erwatet.

„Aylinn“, die Ballade des Albums, die musikalisch sehr an die „Insel“ erinnert, auf die sich DAVID GILMOUR mit seinem letzten Solo-Album zurückzog, fasziniert neben dem gilmouresken Gitarrenspiel besonders auch durch den ausdrucksstarken französischen Gesang und ein Saxofon, das uns in die romantischen Momente, welche wir von gefühlvoller Bar-Jazzmusik kennen, versetzt. Mit tiefer Erschütterung nehmen wir dann aber die Fortsetzung um „Aylinn“ wahr, indem uns „Providence“ in eine Art finsteren, albtraumhaften musikalischen Wahnsinn treibt, der dieser psychedelischen, schaurigen Zukunftsvision um Virr & Ailynn innewohnt und an der jede gefühlvolle Beziehung spätestens nach den stampfenden, nationalistisch verruchten Marschrhythmen zugrunde gehen muss. Dann trifft in „Le Désespoir“ kalte Elektronik auf gruselige Psychedelic, um der Handlung - genau der Moment in der Geschichte, in welchem Virr sein Bewusstsein verliert - einen beängstigenden musikalischen Unterton zu verleihen!

Neben umfangreichen Electronics werden auf dem Album sogar folkloristische Klänge und Flamenco-Rhythmen eingesetzt, um nicht nur in der Geschichte eine deutliche Wende einzuläuten, sondern auch der finsteren Zukunftsvision, genau wie Virr, zu entfliehen und ein wenig musikalischen Optimismus zu verbreiten, denn am Ende von „Virr“ steht unweigerlich fest: To Be Continued ...!

Ich jedenfalls freue mich schon auf diese Fortsetzung!

FAZIT: Nachdem CRÈPUSCULE auf ihrem ersten Album eine Hymne auf die Menschheit in Vergangenheit und Gegenwart einstimmte, wird auf „Virr“ eine beängstigende Zukunft eingeläutet, in welcher der gläserne Mensch Wirklichkeit geworden ist. Und genauso finster wie dieses progressive Konzeptalbum beginnt, endet es auch. Doch dazwischen leuchtet es an allen Ecken und Enden - wer nach „Virr“ nicht überrascht ist, was aus Deutschland für hervorragende Rundum-Konzept-Alben in französischer Sprache mit deutscher Übersetzung kommen können, den wird wohl auch nicht überraschen, dass bei uns im Spätsommer schon in allen Supermärkten das Weihnachtsfest eingeläutet wird! Die schaurigen Zukunftsvisionen, die CRÉPUSCULE im zweiten Teil ihres geplanten Vierteilers entwerfen, sind uns schon deutlich näher, als es uns lieb sein kann. Oder zumindest seit den Enthüllungen des Nobelpreisträgers und zugleich amerikanischen Staatsfeindes Nummer 1, Edward Snowden, wissen wir, dass Gegenwart und Zukunft nur noch „einen Virr“ voneinander entfernt sind. Es ist an uns, nicht nur die musikalischen Zeichen zu verstehen - CRÈPUSCULE sind dabei eine ausgezeichnete Hilfe!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4929x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • La Colère Des Corbeaux
  • (La Joie Du Corbeau Blanc)
  • (Les Corbeaux Noirs)
  • Sùrface
  • (Et Le Vent Se Réveille)
  • (Le Cauchemar Du Soir)
  • (La Génétique)
  • (Aylinn)
  • Le Go?t Du Sang, Le Go?t Du Miel
  • (Providence)
  • (Le Scepticisme En Vue De La Nuit)
  • (Ta Mort)
  • (La Percussion Des Paroles)
  • (Le Go?t Du Miel)
  • (Hybridika)
  • (Le Désespoir)
  • Sur Le Champs Des Nuits
  • (Au Bord Du Goufre)
  • (Outro)

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Thomas
gepostet am: 14.10.2014

Die Truppe nennt sich Crépuscule, nicht Crèpuscule. Zudem ist es keine deutsch-französische Combo, sondern deutsch-schweizerisch.
Dirk
gepostet am: 14.10.2014

Immerhin gibt es salbungsvolle Worte... ;)
Thomas
gepostet am: 20.10.2014

User-Wertung:
12 Punkte

Hallo Kossi, danke für den sehr guten Hinweis. 13 ist für mich ein wenig zu hoch gegriffen; dafür müsste der Gesang variabler sein. Nach der "Hymne ans Leben" und dem "Mann" freue ich mich auch auf die Fortsetzung
Old R
gepostet am: 05.01.2015

User-Wertung:
15 Punkte

klasse Kritik...
jau...super Album...kurz vorher erschien
die neue Ange ,,Emile Jacotey--Resurrection''
dagegen muss man erstmal anstinken!!!!!!
trotzdem...volle Punktzahl
das lange Warten hat sich gelohnt!!!!!
Crepuscule.....das Beste was wir hier in
Allemagne im Progbereich haben,kein wenn und aber..... ich wünsch der Band nur das Beste.....!!!!
A toujours sur le reve...( C.D.)

auf den RABEN.....!
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Vervollständige: Laterne, Laterne, Sonne Mond und...

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!