Partner
Services
Statistiken
Wir
Kaukasus: I (Review)
Artist: | Kaukasus |
|
Album: | I |
|
Medium: | CD | |
Stil: | Art Rock |
|
Label: | Autumnsongs Records | |
Spieldauer: | 47:22 | |
Erschienen: | 30.05.2014 | |
Website: | [Link] |
Es debütiert wieder eine Supergroup, wobei das „Super“ rein kategorisch zu verstehen ist. Über alle Grenzen bekannt ist wohl keiner aus dem schwedisch-norwegisch-wahlnorwegischen Trio, Duftnoten haben sie aber alle hinterlassen: Ketil Vestrum Einarsen war mit dem Jazz-Ensemble JAGA JAZZIST am aktivsten, hat aber auch seinen Beitrag zu zwei MOTORPSYCHO-Alben beigetragen, Mattias Olsson bediente bis 2012 bei ÄNGLAGÅRD die Drums und war auch sonst extrem umtriebig (sein letztes Lebenszeichen mit der Formation NECROMONKEY wird in Kürze auch auf diesen Seiten zu finden sein) und Rhys Marsh veröffentlichte mit Unterstützung seiner erklärten „Dream Band“ THE AUTUMN GHOST mehrere Soloalben.
Die Schnittstelle ist da schnell gefunden. „I“ bietet den Vorlieben der Mitglieder entsprechend organischen, getragenen Progressive- oder Art Rock, der den Anspruch hat, sich alle Zeit der Welt nehmen zu können, um seine Melodien ans Ohr zu tragen. Kontraproduktiv erscheint bei solchen Präferenzen der Aufnahmezeitraum und die Logistik: Binnen zwei Wochen war die ganze Platte im Kasten, und da die Musiker verschiedene Lebens- und Arbeitsstätten haben und in alle skandinavischen Winde verstreut sind, musste man sich zwangsläufig den Vorzügen der modernen Technik zuwenden und sich gegenseitig Audiodateien per Mail zuschicken.
Doch das Blut dieser Männer ist dicker als die Hürden im Bestreben, ein möglichst analoges Hörerlebnis zu bieten. Will heißen, man hört die zum Einsatz gekommenen digitalen Mittel kaum heraus, weil alle Drei in ihrer Art, Musik zu machen, gleichermaßen organisch ticken.
Mehrere Faktoren kommen hier zum Tragen: Zum einen beharrt Schlagzeuger Olsson nicht zwangsläufig auf einem sauberen Takt. Er zieht auch gerne mal ein bisschen nach und vermittelt so das Feeling einer Live-Aufnahme, zumal er in die generell einfachen und groovigen Rhythmen immer wieder halbe Takte einflechtet, die den Schwerpunkt leicht verschieben. Dann ist da Rhys Marsh, dessen Stimme ähnlich beruhigend wirkt wie Baldrian. Es ist mit ihm ein bisschen so wie bei einem TIM BOWNESS oder DAVID SYLVIAN - kennt man bereits eines seiner Soloalben, fühlt man sich auf Anhieb heimisch. Dazu kommt Einarsens Ausstattung – als wenn es sich THE AUTUMN GHOST in einer Person gemütlich gemacht hätten, kommt er mit einem ganzen Wald an Blasinstrumenten an sorgt für einen hellen, warmen Hintergrund und ein sattes, lebhaftes Gesamtbild, denn irgendwas summt und gurrt immer, selbst wenn Olssons Schlagzeug und Marshs Stimme mal verstummen. Überhaupt hat Einarsen ja erst kürzlich auf Marshs Live-Album „Trio“ mitgewirkt, eine Verbindung, die sich auch über viele Kilometer Entfernung aufrecht hält und in dieser Kollaboration nun wieder bezahlt macht.
„I“ geht in sieben Stücken mit je 4 bis 9 Minuten Länge mitunter weite Wege. Während gerade die ersten beiden Titel sehr darum bemüht sind, griffige Ohrwürmer in die Refrains zu pflanzen, wobei vor allem „Lift The Memory“ dank klarer Strophe-Refrain-Aufteilung, intensiver Bläser, auffälliger Beckenarbeit und einer kräftigen Gesangsleistung voller Pathos hängen bleibt, wird es spätestens mit dem instrumentalen Zwischenspiel „Starlit Motion“ experimenteller. Fortan wird jedes weitere Stück durch unkonventionelle Muster aufgebrochen – auf „Reptilian“ kommt jener KING CRIMSON rezitierende Neo-Jazz zum Tragen, den STEVEN WILSON in komplexerer Form auf seinem sperrigen Mammutwerk „Raider / Raider II“ zelebrierte, „The Witness“ nähert sich – ganz ohne das dynamische Olsson-Schlagzeug – dem verträumten Flair des bläserdominierten Marsh-Albums „The Blue Hour“ an und deutet bereits auf den alsbald anstehenden Abschied hin, bevor „The Skies Give Meaning“ nochmal unverhofft Noise und Post Rock aus der Kiste lassen. Die Dramaturgie bleibt trotz all dieser Unterschiedlichkeiten jedoch eher flach, was sicherlich sowohl an der beruhigenden Gesangsstimme mit ihren langen, im Abgang schwingenden Linien liegt als auch an der generellen Selbstverständlichkeit, mit der sich die Musiker auf einem Nenner treffen.
FAZIT: Ein Triumph der Musiker-Philosophie über die Produktionsumstände: Obwohl große Distanzen und digitale Soundfile-Herumschieberei eher suboptimal sind für das harmonische Zusammenspiel, wird das KAUKASUS-Debüt letztlich doch von der geteilten Liebe Olssons, Einarsens und Marshs für natürliche Klänge bestimmt. Was dem Album fehlt, sind die ganz großen Momente, mit denen man sich die ganz großen Namen macht, doch wird jenseits des Spektakels eine durchweg hohe Qualität gesichert. Wie immer bei den beteiligten Musikern lohnt sich vor allem der Blick auf die Details, die mit allerhand seltener Instrumente umgesetzt wurden. Und am Ende sollte man auch mal einen Blick auf die Texte werfen, deren Poesie in den verträumten Wogen schnell übersehen ist.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- The Ending Of The Open Sky
- Lift The Memory
- In The Stillness Of Time
- Starlit Motion
- Reptilian
- The Witness
- The Skies Give Meaning
- Bass - Rhys Marsh
- Gesang - Rhys Marsh
- Gitarre - Rhys Marsh
- Schlagzeug - Mattias Olsson
- Sonstige - Rhys Marsh (Akustik-Piano, Fender Rhodes, Mellotron, Drum Machine), Ketil Vestrum Einarsen (Alt- & Sopranflöte, Tenorhorn, Hulusi, E-Piano, Saxxy, Spektrals, EWI Synthesizer), Mattias Olsson (Mellotron, Orchestron, Optigan, Moog Taurus, VCS3 & Mother Modular System, Bariton-Gitarre, Bass Marimba)
- I (2014) - 10/15 Punkten
-
keine Interviews