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Brian Eno: Taking Tiger Mountain (By Strategy) (1974) – Deluxe Ltd. Edition Gatefold, Vinyl in 45rpm Half-Speed Remaster (Review)

Artist:

Brian Eno

Brian Eno: Taking Tiger Mountain (By Strategy) (1974) – Deluxe Ltd. Edition Gatefold, Vinyl in 45rpm Half-Speed Remaster
Album:

Taking Tiger Mountain (By Strategy) (1974) – Deluxe Ltd. Edition Gatefold, Vinyl in 45rpm Half-Speed Remaster

Medium: Do-LP/Deluxe/Limitiert
Stil:

Progressive-, Psyche-, Avantgarde-, Art-Rock, Elektronisches, Minimalistisches, Experimentelles

Label: UMC/Virgin
Spieldauer: 48:13
Erschienen: 04.08.2017
Website: [Link]

Wer bereits die erste Review (ENOs Debüt „Here Come The Warm Jets“) zu den vier Deluxe-Alben von BRIAN ENO gelesen hat, der kann sich den Einleitungs- und Allgemein-Teil sparen, da er sich wiederholt und sollte gleich auf den Bereich „Spezielles“ dieser Review springen.

Einleitung:

Hier werden echte Vinyl-Träume wahr!
Zumindest für alle Freunde von BRIAN ENO, dem Klang-Chamäleon der progressiven Mittsiebziger-Szene, der, nachdem er ROXY MUSIC als Keyboarder verlassen hatte, Mitte der 70er-Jahre vier Solo-Alben veröffentlichte, welche in dieser außergewöhnlichen Form die Musikwelt noch nicht gehört hatte und bei denen er sich vom „Who Is Who“ des Prog- und Avantgarde-Rocks begleiten ließ. Musikern, die sonst maßgeblich bei Bands wie KING CRIMSON, GENESIS, VELVET UNDERGROUND, FREE, BRAND X, ROXY MUSIC, SOFT MACHINE, MATCHING MOLE, CAN, CLUSTER, QUIET SUN, PINK FAIRIES, WINKIES, RANDI & THE PYRAMIDS, THE SIMPLISTICS, HAWKWIND und FAIRPORT CONVENTION mitwirkten, gaben sich die Musikklinke auf den vier ENO-Alben förmlich in die Hand.

Gerade erst hatten wir es in unseren NEWS angekündigt und nun liegen die vier Alben: „Here Come The Warm Jets“ (1974), „Taking Tiger Mountain (By Strategy)“ (1974), „Another Green World“ (1975) und „Before And After Science“ (1977) bereits vor uns, um besprochen und (ganz ehrlich) bewundert zu werden, denn was man sich bei diesen Veröffentlichungen hat einfallen lassen, ist schlicht bewundernswert und wird im Grunde dem musikalischen Wahnsinn-und-Genie-ENO erstmals voll und ganz gerecht, womit wir schon bei dem...

Allgemeinen zu den Deluxe-Neu-Veröffentlichungen dieser vier ENO-Alben wären:

Alle Alben sind streng limitiert und als Deluxe Gatefold (Die Original-Alben wiesen keine Klapp-LP-Cover auf!) auf zwei schwergewichtigen 180g-Vinyl-LPs veröffentlicht, die nicht etwa in der normalen 33-rpm-Geschwindigkeit, sondern um den Klang noch mehr zu verbessern und verfeinern in 45 rpm abgespielt werden müssen. Erstmals wurden die Alben, welche bei Virgin als „Meilensteine der Musikgeschichte“ gelten, aus diesem Grunde in den Abbey Road Studios von Miles Showell auf Half Speed neu gemastert, sodass mit diesem Halbgeschwindigkeits-Aufnahme-Verfahren in Verbindung mit der 45-rpm-Abspielgeschwindigkeit endgültig die bestmögliche Klangqualität erreicht werden konnte. Der Effekt jedenfalls ist grandios und wird die Besitzer, die von den Alben bereits die älteren, eigentlich auch wirklich gut klingenden, Versionen ihr Eigen nennen, sprachlos vor ihren Boxen sitzen lassen, denn ENO in diesem „neuen“ Klang zu genießen, ist der pure „Ohrgasmus“!
Selbstverständlich gibt es von dieser Aufnahme auch den Download-Code für die digitale Ausgabe des Albums mit dazu, wie es sich für eine Deluxe-Ausgabe gehört!
So kann man den Ausführungen zu den Alben völlig folgen, wenn es darin heißt: „Abgesehen von George Martin und dem BEATLES-Album ‚Sgt. Pepper‘ ist ENO wohl der herausragendste Vertreter der Musikgeschichte, der das ‚Studio als Instrument‘ nutzt. Mit seinen unkonventionellen Aufnahmetechniken und den daraus entstandenen Werken steht er auf einer Ebene mit Produzenten wie BRIAN WILSON, LEE SCRATCH PERRY und PHIL SPECTOR. Das Ergebnis war ein frischer, visionärer und packender Sound.“
Der nun mit dem Abbey-Road-Mastering seine endgültig heilige Weihe erhält – könnte man noch fortsetzen.

Zusätzlich erhält man mit den beiden in gefütterten Innenhüllen verpackten LPs einen extra linksseitig eingelegten – (zum Glück) nicht als Aufkleber geklebten – die Rückseite schützenden Pappschutz mit Album-Information, eine Urkunde im A4-Format mit goldenem Siegel, die bestätigt, dass dieses limitierte Doppel-Album wirklich in dem benannten Verfahren gemastert und strikt limitiert wurde. So etwas kennt man eigentlich nur von Münzen. Doch seien wir mal ehrlich, eigentlich sind für jeden Musikfreund doch gerade solche Veröffentlichungen die wahren Goldstücke!

Womit wir schon beim Speziellen wären, dem zweiten BRIAN ENO-Solo-Album „Taking Tiger Mountain (By Strategy)“ aus dem Jahr 1974!

Im gleichen Jahr wie das ENO-Debüt „Here Come The Warm Jets“ erschien auch seine zweite Solo-LP „Taking Tiger Mountain (By Strategy)“ und rüttelt mit seiner unkonventionellen, experimentellen, wiederum verrückten und zugleich soundtechnisch großartig-verspielten Art die Musik-Welt ordentlich durch. ENOS Ideen können nur ohne Band, aber mit Musikern, die seinen visionären Klang-Ideen zu folgen verstehen, funktionieren. Mit „Taking Tiger Mountain (By Strategy)“ jedenfalls erbringt er dafür nicht nur den zweiten Beweis, sondern verstärkt damit auch seinen Ruf als exotischer Klangtüftler, dem keine noch so seltsame Idee abwegig genug erscheint, dass man sie nicht auch in Musik umsetzen könnte.

Wieder begleiten ihn darum die beiden ROXY MUSIC-Freunde PHIL MANZANERA und ANDY MACKAY, aber der groß(artig)e ROBERT FRIPP fehlt, dafür ist die Verstärkung mit PHIL COLLINS von GENESIS und BRAND X, der seine Mitwirkung an Enos Solo-Album als Dankeschön für dessen Mitwirkung bei der Aufnahme von „Lamb Lies Down On Broadway“ verstand, ROBERT WYATT von SOFT MACHINE und FREDDIE SMITH von den WINKIES umso größer. Sogar das PORTSMOUTH SINFONIA, ein Orchester, in dem ENO früher selber Klarinette spielte, unterstützt ihn auf diesem Album, das insgesamt eingängiger, rhythmusverliebter und melodiöser, aber auch düsterer als das warme Strahlen verbreitende Debüt war.
Zum ersten Mal entdeckt man sogar eine klitzekleine Parallele zu einem anderen psychedelischen Stück der Spät-Sechziger-Ära, denn „Third Uncle“ beginnt ganz ähnlich wie „Astronomy Domine“ von PINK FLOYD. Und das war ganz bestimmt beabsichtigt.

Selbstverständlich war auch der LP-Titel genauso hintergründig humorvoll wie beim Debüt gewählt: „Taking Tiger Mountain (By Strategy)“ - Die strategische Einnahme des Tigerbergs.
Hinter diesem seltsamen Namen versteckt sich natürlich wieder ein Konzept(-Album), was ENO bei seinen Frühwerken immer sehr wichtig war. Diesmal geht es recht zwanglos um die kriminellen, entsetzlichen bzw. diktatorischen Energien, die Menschen oder Gesellschaften so entfalten können, egal ob es sich dabei um Spionage, einen Flugzeugabsturz, die Psychiatrie, die Vergewaltigung einer Hausfrau durch eine verrückt gewordene Küchenmaschine oder die kommunistische Revolution in China dreht, das sich im ENO-Originalton dann so anhört: „Es ist ein loses Konzeptalbum, oft rätselhaft, aber doch spielbar, über Spionage, die Chinesische Kommunistische Revolution oder Traumassoziationen...“
Auch hier gilt wieder, je verrückter die Idee, umso besser der Text des Album-Stücks dahinter. Inspiratorische Grundlage für die Produktion und die Gestaltung der LP war ein Kartenspiel, das ENO gemeinsam mit Peter Schmidt entwickelt und „Oblique Strategies“ (Schräge Strategien) genannt hatte, worauf er extra auf der Plattenhülle, mit einem Dank an Schmidt verbunden, verweist.
Bei Wikipedia kann man dann auch nachlesen, wie PHIL MANZANERA die Entstehung des Albums sowie der Karten empfand und wie intensiv seine Mitwirkung dabei war: „...wir taten nur das, was wir zu der Zeit tun wollten. Der Ingenieur, den wir nutzten, Rhett Davies, nahm auch schon ‚Diamond Head‘ und ‚801 Live‘ und ‚Quiet Sun‘ auf, es war wie eine Familie. Es gab eine Menge zu experimentieren und viele Stunden verbrachten BRIAN ENO, ich und Rhett im Studio, um all die Dinge zu tun, aus denen sich schließlich diese Karten entwickelten, die ‚Oblique Strategies‘, und es war eine Menge Spaß.“

Leider fand dieses Meisterwerk musikalischer Kreativität in den britischen und amerikanischen Charts mal wieder keine Beachtung, wogegen sich die Rockpresse begeistert zeigte und diesen weiteren Rock-Meilenstein beispielsweise mit folgenden Worten würdigte: „Wenn BRIAN ENO sich selbst als ‚Non-Musician‘ bezeichnet, gesteht er damit nicht einen Fehler oder ein Defizit ein. Diese Selbsteinschätzung ist ein Hieb gegen hinfällige Konzepte im Rock‘n‘Roll. Er ist der verrückte Zirkusdirektor im Zentrum der Manege und er kündigt einen Act an, der der Musik nicht nur zu einem neuen Sound, sondern zu einer ganz neuen Bedeutung verhelfen wird.“

Die letzte verrückte, extra nur bei dieser Vinyl-Ausgabe verwirklichte Idee ist dann die „eingeschmuggelte“ Endlos-Rille mit einem sehr interessanten Musik-Loop, welcher unendlich läuft, bis man den Tonarm manuell abhebt, und der sich am Ende der B-Seite der ersten LP nach „The Great Pretender“ versteckt hat.

Abschließendes FAZIT: Ein (von vielen noch verkannter) weiterer Meilenstein der Musikgeschichte des Jahres 1974 erfährt auf höchstem Klangniveau und bester Gestaltung als limitiertes 180g-Doppel-Deluxe-Vinyl im 45rpm Half-Speed-Remaster seine sound-technische Vollendung. Eine Aufnahme, die der zweiten Solo-LP von BRIAN ENO „Taking Tiger Mountain (By Strategy)“ nicht nur rundum gerecht wird, sondern ihr zugleich jede Menge neue Reize verleiht!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4815x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • Seite A (13:37):
  • Burning Airlines Give You So Much More (3:38)
  • Back In Judy‘s Jungle (5:16)
  • The Fat Lady Of Limbourg (5:03)
  • Seite B (10:56):
  • Mother Whale Eyeless (5:45)
  • The Great Pretender (5:11)
  • Seite C (13:24):
  • Third Uncle (4:28)
  • Put A Straw Under Baby (3:25)
  • The True Wheel (5:11)
  • Seite D (10:16):
  • China My China (4:44)
  • Taking Tiger Mountain (5:32)

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
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