Partner
Services
Statistiken
Wir
Close Talker: How Do We Stay Here? (Review)
Artist: | Close Talker |
|
Album: | How Do We Stay Here? |
|
Medium: | CD/Download/LP+DL-Code | |
Stil: | Indie- und Alternative-Rock, Shoegaze |
|
Label: | Eigenvertrieb/Sinnbus Records | |
Spieldauer: | 40:00 | |
Erschienen: | 30.08.2019 | |
Website: | [Link] |
Im Zeitalter ständiger Katastrophen veröffentlicht die kanadische Indie-Rock-Band CLOSE TALKER ein Album mit der existenziellen Frage: „Wie bleiben wir hier?“, und sucht dabei nicht nur nach musikalischen, sondern auch textlich sehr eindeutigen Antworten. Und dass wir aus „How Do We Stay Here?“ mit einer traurigen „Refuge“ verabschiedet werden, bringt die größtenteils nachdenklich-melancholisch klingende Absicht des Trios aus Saskatoon auf den Punkt. Es geht um Verluste, schmerzvolle Erlebnisse und traurige Erkenntnisse, die uns mitunter mit der Frage konfrontieren: „Was soll ich hier eigentlich noch, wenn diejenigen, die mir wichtig sind, verschwinden?“
CLOSE TALKER vertreten diesbezüglich ihren klaren Standpunkt: „Egal in welcher Situation, jeder ist von der Zeit geprägt. Sie kann uns zum Schlechten oder zum Guten verändern, aber irgendwann müssen wir uns alle der Kraft der Zeit stellen. Auf unserem neuen Album setzen wir uns mit der Zeit auseinander. Speziell haben wir uns dabei auf die letzten zwei Jahre konzentriert – mit den positiven wie negativen Erfahrungen. Von beiden profitieren wir, aus beide müssen wir lernen!“
Begeben wir uns also auf die Reise durch Zeit und Raum mit CLOSE TALKER als unsere Musik-Reise-Führer. Nichts, was man im Reisebüro buchen, sondern nur mit der Hilfe seines Plattentellers erleben kann.
Ein sehr schönes, emotional bewegendes Erlebnis, wenn man sich gerne auch mal weit zurück bis in frühe Krautrock-Zeiten, in denen NEU! und die Gitarren-Virtuosität eines MICHAEL ROTHER, Faszination auf den Hörer ausübten oder Richtung Skandinavien, wo SIGUR RÓS erhaben ihre fast hypnotisch anmutenden Musik-Kreise ziehen, die sich im EFTERKLANG ergießen und einen gerade durch ihre zärtliche Atmosphäre mitreißen.
Statt dieser ständig in einem schwelenden unerbittlichen Wut, meist durch Medien aller Art entfacht, macht sich an deren Stelle plötzlich innere Ruhe breit, der man sich nicht mehr entziehen kann. Ja, hier stehen wir und hören Musik, so als käme sie im Zeitalter der digital-virtuellen Massenentrüstung aus einer völlig anderen Welt.
„Seltsam verstörend und unwiderstehlich“ nannte das NPR-Magazin CLOSE TALKERS Aura – und diese Beschreibung passt hervorragend, genauso wie das auf dem Cover abgebildete Kunstwerk oder die komplett kunstvolle Gestaltung des LP-Gatefold-Covers, innen wie außen, die einen genauso gefangen nimmt wie die Musik und die Texte, welche allesamt auf der bedruckten Innenhülle nachlesbar sind.
So wird der Song „The Change It Brings“ zugleich zum Programm des Albums und strahlt auch noch eine herrlich verträumte TALK TALK-Atmosphäre aus. Veränderung ist angesagt, in der statt Hektik Harmonie regiert.
„Pace“ wiederum thematisiert sehr kritisch das Erwachsenwerden von Freunden und die damit verbundenen Ängste, ob sie dabei auch gleich ganz ihr kindliches Wesen mit ablegen und aus den neugierigen kleinen Entdeckern nur noch angepasste Mitmacher und Erfolgstypen werden – fast melodramatisch endet der hitverdächtige Song mit der Frage: „I‘m trying to realize whose side, whose side are you on?“ Da fallen Freundschaften der Zeit und dem Streben nach Erfolg jeglicher Art zum Opfer, was man anfangs nicht bemerkt, doch wenn die Erkenntnis eintritt, ist es zu spät.
CLOSE TALKER werfen auf „How Do We Stay Here?“ in ihren Songs immer wieder Probleme auf, mit denen man selber fast täglich konfrontiert ist und die man viel zu oft, nur um Ruhe zu haben, mit einem „So ist das eben!“ abtut. Hört man genauer auf CLOSE TALKERs Musik und Texte, dann erscheint es nicht so einfach, wie man es sich viel zu oft macht – und es schleicht sich, wie beispielsweise auch auf der skandinavisch anmutenden Ballade „Half Past Nine“, die Frage: „Muss das wirklich so sein?“, über unsere Gehörgänge ein und setzt sich im Hinterkopf fest.
Vordergründig verhält es sich auch mit der Musik der Kanadier.
Anfangs erscheint sie nicht sonderlich spektakulär, verbreitet diese ruhige, nachdenkliche, etwas melancholische Atmosphäre für die man in der entsprechenden Stimmung sein muss. Ist diese aber gegeben, dann packt einen „How Do We Stay Here?“. Und eine der Antworten darauf lautet, auch weil es eben solche Musik wie von CLOSE TALKER gibt.
FAZIT: Die kanadische Band CLOSE TALKER geht als ein echter Geheimtipp für all diejenigen durch, die Musik lieben, welche eine skandinavisch-melancholische Atmosphäre in sich trägt und noch dazu textlich die mit dem Albumtitel aufgeworfene Frage „How Do We Stay Here?“ verdammt ernst nimmt. Und wer bei „Talker“ mitunter auch an TALK TALK denkt, liegt diesbezüglich gar nicht mal so falsch.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (21:57):
- Void (2:47)
- Wait (4:50)
- The Change It Brings (3:16)
- Arm‘s Length (4:55)
- Pace (3:48)
- Wandering (2:31)
- Seite B (18:03):
- Half Past Nine (3:39)
- Carefully In The Dark (3:49)
- The Lake By The Hotel (1:51)
- All-Time (4:05)
- Refuge (4:39)
- Flux (2015) - 10/15 Punkten
- Lens (2017) - 11/15 Punkten
- How Do We Stay Here? (2019) - 12/15 Punkten
- The Sprawl (2024) - 12/15 Punkten
-
keine Interviews