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Close Talker: The Sprawl (Review)
Artist: | Close Talker |
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Album: | The Sprawl |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Indie-Pop-Rock |
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Label: | Sinnbus | |
Spieldauer: | 40:44 | |
Erschienen: | 22.03.2024 | |
Website: | [Link] |
„The Sprawl“ klingt nach Nostalgie, nach dem herbstlichen Übergang von farbigen Blättern zu welken Brauntönen. Und doch ist dieses Album keine musikalische Herbstdepression. Vielmehr vertonen CLOSE TALKER die gemeinschaftliche Entwicklung einer Freundschaft, die von durchlebten Erinnerungen, gemeinsamen Erfahrungen und dem Willen zum Leben geformt wurde.
Umso interessanter wirkt da der melancholische Grundton, der sich durch das Album zieht. Selbst in Momenten, in denen ein Klavier wie der musikalische Flügelschlag eines Schmetterlings klingt („Tall Boy“), oder wenn ein Stück wie „Miscue“ eine gewisse Aufbruchsstimmung, das Gefühl von einem frühlingshaften Spaziergang durch ein Blumenfeld mitbringt: Auf eine gewisse Art schlagen alle Stücke auf „The Sprawl“ im gemeinsamen Takt der Melancholie.
Da verwundert die Innenschau in „The Silence III“ kaum. Es klingt noch sanfter, gleichzeitig treten Gefühle und Gedanken über verpasste Chancen oder vergessenes Potenzial in einer Liebesbeziehung oder auch einer Freundschaft in den Vordergrund. Die Melodien von Klavier und Gitarre formen ein unwägbares Auf und Ab der Gefühle und doch ist da auch die Akzeptanz des Geschehenen. Der Blick in die Vergangenheit ist ohne Groll, genauso wie der Gedanke an eine Zukunft ein klein wenig Hoffnung zulässt. Hoffnung darauf, dass in jeder Begegnung Potenzial zur inneren Heilung liegt.
Doch bevor diese tristeren Momente Einzug halten, klingen Stücke wie „Papier-ma?che?“ beinahe hibbelig. Fragen wie „Ist das genug?“, „Habe ich genug gegeben?“ wirken zunächst existenziell, weichen in der warm-anheimelnden Ballade „Exodus“ aber dem Gefühl von Akzeptanz und einem gewissen Potenzial für positiven Selbstwert.
Kein Wunder also, dass sich hier mit der Zeit ein gewisses Gefühl von sommerlicher Melancholie, der leise verdrückten Träne, ob der Freude im Moment zu leben, herausstellt. Da wirkt es fast paradox, dass im selben Atemzug Fragen über verpasste Chancen, zurückgehaltene Liebesgeständnisse und dergleichen gestellt werden.
Wobei: Ein wenig tiefer betrachtet sind diese Momente auch nur zwei Facetten der vielfach geschliffenen Medaille die sich Leben nennt. Dass „Tall Boy“ danach einer vertonten Existenzkrise gleichkommt, ist zwar kaum unerwartet, aber die deutliche wie auch poetische Sprache des Stücks dringt doch um einiges tiefer in das Herz des potenziellen Hörers ein, als es einem anfangs lieb ist. Und doch sind da die schönen Erinnerungen, die in „From Dark To Lightness“ die Sonne durch die Noten scheinen lassen und die zuvor verdrückte Träne (wenigstens für etwas mehr als vier Minuten) der Lust am Tanz weichen lassen.
„The Reverie Had Died“ lässt dann sogar nostalgische Blicke in die eigenen Vergangenheit zu. Es geht um wiederholte Begegnungen, das Potenzial zur Aufarbeitung gemeinsamer Begebenheiten, die in einem zweitem Anlauf liegen können, ehe „And Am“ den Weg durch die blühenden Feldlandschaften fortsetzt. Der Geist scheint sich immer weiter auszudehnen und seine Umgebung, wie im potenziell letzten Moment in sich aufzusaugen.
Ist das das pure Lebensgefühl?
Kann sein. Wenigstens führt der Abschluss „Chevy Floor“ diese Emotionalität als sanfte Ballade zu einem Abschluss in Selbsterkenntnis: Zeit ist kostbar, ein hohes Gut und will daher klug und voller Emotionen verschwendet werden. Das wirkt vielleicht ein wenig fatalistisch, aber es vermittelt auch einen gewissen Eindruck von Herzenskraft, die zu jeder Zeit ein liebenswerter Alltagsbegleiter ist.
FAZIT: CLOSE TALKER vertonen auf „The Sprawl“ zwar auch eine gewisse emotionale Entgleisung, liefern aber im nächsten Atemzug zumindest die eine oder andere Lösungsvariante für den Abriss im Kopf mit. Dadurch wirkt dieses Album einerseits schwer und dunkel, bietet auf der anderen Seite aber eine Menge Potenzial für emotionales Licht und die Kraft zur Selbstheilung. Davon abgesehen tönt die Musik im Schnittfeld von allem was 'Indie' ausmacht eingängig und warm, vermittelt Bilder eines gemütlichen, aber durchgesessenen Sofas und ist somit ein willkommener Alltagsbegleiter, den man vielleicht nicht immer direkt wahrnimmt, aber dafür umso mehr schätzt, wenn man ihn wieder einmal bemerkt.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Burn Out
- Papier-ma?che?
- Exodus
- King George
- Tall Boy
- From Dark To Lightness
- Miscue
- The Silence III
- The Reverie Had Died
- And Am
- Chevy Floor
- Flux (2015) - 10/15 Punkten
- Lens (2017) - 11/15 Punkten
- How Do We Stay Here? (2019) - 12/15 Punkten
- The Sprawl (2024) - 12/15 Punkten
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