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Le Mur: Exorta (Review)

Artist:

Le Mur

Le Mur: Exorta
Album:

Exorta

Medium: Limitiert/LP farbig/LP+DL-Code
Stil:

Moderner Krautrock des 21. Jahrhunderts – Heavy-Dark-Trip-Rock – Vollendung einer Trilogie

Label: Clostridium Records
Spieldauer: 47:07
Erschienen: 23.08.2019
Website: [Link]

„FAZIT: Wer glaubt, dass der Krautrock irgendwann mal viel zu früh das Zeitliche gesegnet hat, der sollte unbedingt LE MUR hören.“ (Aus unserer Review zum ersten LE MUR-Album)

„So können wir hoffen, vielleicht in gar nicht all zu langer Zeit des Rätsels endgültige Lösung - den dritten Teil der Platten-Trilogie LE MURs - in den Händen zu halten, um festzustellen, dass der Krautrock noch immer lebt und es eine Schande ist, dass wir den irgendwann mal aus den Augen verloren haben, statt ihn, wie in den 70er-Jahren, auf einen Sockel zu heben, auf den besonders einfallsreiche, fortschrittliche Musik, die sich zu ihren Wurzeln bekennt, stehen müsste. Nicht WIR SIND HELDEN sollten wir ein Denkmal setzen, sondern LE MUR!“
(Aus unserer Review zum zweiten LE MUR-Album)

Was war das nur für eine schrecklich lange Wartezeit, die kein Ende zu nehmen schien!
Waren die LE MURen tatsächlich zu den unverhofft vorzeitigen Totengräbern ihrer eigenen Band geworden, denen man zumindest aus Kritikersicht ein Denkmal hätte setzen statt ein Grab schaufeln sollen?

LE MUR, die selber den Begriff „Heavy-Dark-Trip-Rock“ für ihre Musik prägten, um unter dieser Maßgabe eine LP-Trilogie zu veröffentlichen und die in Anbetracht des Bandnamens und der dunklen Atmosphäre ihrer tragisch-dramatischen Klangwelten, beim Kritiker während des Hörens der Vergleich von „psychedelischer Faust trifft auf krautrockigen Mephisto“ in den Sinn kam, schienen nach „In Tenebris“ (2011) und dem zweiten Trilogie-Teil „Silentia Nova“ (2013) ins Stocken geraten zu sein. Ein Stocken, das fünf lange Jahre andauerte.

Nun aber sind die finsteren, sich nach Totengräbern benannten Gesellen um LE MUR aus Bochum wieder zurück. Und die gute Botschaft zu dem finsteren Album lautet – sie beenden mit Exorta ihre sich nunmehr über acht Jahre erstreckende Trilogie auf großartige Weise und hinterlassen nicht nur eine ambitionierte in Musik umgesetzte Idee, sondern ein Gesamtkunstwerk, das von der düster-krautrockigen Musik und der kunstvollen Gestaltung her absolut vorbildlich ist. Und selbst wenn man heutzutage auch keinen Blumentopf mehr mit solchen epischen Werken gewinnen kann, weil die Meinungsmacher aus Funk und Fernsehen es tatsächlich geschafft haben, großartige Musik, die gerne auch aus solchen Longtracks wie „Stairway To Heaven“ oder „Radar Love“ oder „Gamma Ray“ und natürlich „Smoke On The Water“ oder „Shine On You Crazy Diamond“ bestehen durfte, durch massenkompatiblen Mainstream-Müll im Drei- bis Vierminutenformat zu ersetzen und uns vorzugaukeln, das wäre der wahre Musikgenuss.

Man stelle sich nur vor, LE MUR erklingen mit solch einem Song wie „Die Nacht der Lemuren (Teil 1)“, der mit den Worten: „Gottverdammte Kreaturen!“, beginnt und sich durch ein ausgiebiges, stellenweise verfremdetes, Saxofon-Solo auszeichnet, im Radio. Ein Haufen verzweifelter Trendy-Musik-Zeitgenossen würde die bieder-bekömmliche Radio-Welt nicht mehr verstehen, während Andere, für die Musik noch mehr als Hintergrundberieselung und Dumpfbackenbeschallung bedeutet, wahrscheinlich mit einem Schlag alles liegen und stehen lassen würden, um mit weit aufgerissenen Ohren dem Wunder, das da gerade aus dem Äther auf sie einströmt, folgen.
Gut, alles utopische Spinnerei – oder doch Vergangenheitsrückbesinnung – die momentan leider nicht in einer irgendwann doch mal wieder verwirklichten Realität absehbar ist.

Absehbar aber ist nun das Ende der LE MUR-Trilogie, bei dem die Bochumer Band noch einmal alle Register ihres musikalischen Könnens zieht, auch wenn mir Schlagzeuger Georgios Dosis mitteilte, dass nach der Veröffentlichung von „Silentia Nova“ die „Band-Aktivitäten reduziert worden, da vieles, allerdings eher auf persönlicher Ebene, passiert ist“. Auch die Veröffentlichung unter dem neuen Label Clostridium Records, das besonders auf Kraut- und Space-Rock spezialisiert ist, gehört dazu. Im gleichen Atemzug aber stellt er eindeutig fest: „Aber die Entstehung des dritten Albums und damit des Abschlusses der Trilogie wurde davon nicht beeinflusst!“
Dass Georgios noch dazu im Inneren der wie ein Kunstwerk (von Bojana Jokic) daherkommenden Gatefold-LP, die strikt auf 100 Exemplare (natürlich handschriftlich) limitiert ist, auch noch ein T-Shirt von ULVER und Multiinstrumentalist Matthias Gräf ein PINK FLOYD-T-Shirt trägt, gibt zugleich eine deutliche Richtung, in die LE MURs Musik geht, vor.

Für die klangvolle Sound-Mixtur sorgte noch dazu der grobschnittig-progressive Klang-Experte EROC, sodass nicht nur die Musik als solches, sondern auch der transparente, voluminöse Klang vor der heimischen High-End-Anlage volle Punktzahl erzielt. Gepresst ist alles dann auf kunterbuntes, farbiges 180g-Vinyl, das in der Mitte gestalterisch wie ein riesiges schwarzes (Grab-)Loch erscheint. Ein hochwertiger gepolsterter Aufkleber mit dem LP-Motiv, eine „Greetings From The Future“-Postkarte und ein Kärtchen mit dem DL-Code schließen dann das „Exorta“-Gesamtpaket ab.

Mit gotisch anmutender Melancholie, die in rockige Höhen ausbricht und wie eine Form des modernen Krautrocks voller Space-Motive klingt, beginnt das Album, auf dem auch immer wieder die eigenartigsten Gesang-Passagen in ganz unterschiedlichen Sprachen – das Titelstück erklingt sogar in der „toten Sprache“ Latein – auftauchen. Und in ganz ähnlicher Melancholie, die sich durch einen hintergründigen Bolero-Rhythmus noch zu einem kleinen Postrock-Monster entwickelt, endet es.

Natürlich kommt es so zu einem ganz großen Finale. Denn der sich wie ein roter Faden durch die gesamte Trilogie ziehende Longtrack O.m.e.n., welcher wie gehabt nach dem ersten und zweiten auch das dritte Album eröffnet, schleicht sich tatsächlich überraschend durch das Post-Rock-Hintertürchen an, um ganz zum Schluss mit finsteren Orgel-Klängen den endgültig letzten Atemzug zu tun.

Und wir halten den Atem an! Denn auch „Exorta“ ist nach „In Tenebris“ und „Silentia Nova“, trotz der schweren, finsteren Thematik, wieder ein Lichtblick inmitten der Dunkelheit, die uns tagtäglich – und jetzt kurz vor Weihnachten ganz besonders – aus den Lautsprechern der Radios, Fernseher, Kaufhallen und Gaststätten entgegenschlägt.

Und so ähnlich wie das FAZIT zum ersten Teil der Trilogie begann, soll es auch den letzten Teil abschließen: Krautrock für das 21. Jahrhundert, auch wenn der in dieser Musik-Epoche kaum noch angesagt zu sein scheint! LE MUR haben auch auf „Exorta“ meisterhaft verstanden, wie man sich auf eine der ehemals wichtigsten, in Deutschland geprägten Musikstile der Vergangenheit besinnt und kompromiss- und mainstreamlos in die Gegenwart und Zukunft transferiert.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3650x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Seite A (22:47):
  • O.m.e.n. – Towards The End (3:18)
  • Die Nacht der Lemuren (Teil 1) (9:25)
  • (Intro) The Broken Pieces Of... (3:55)
  • *First Piece: Fields Of Misery
  • **Second Piece: Broken
  • ***Third Piece: Intro From The Past
  • Our Doom (6:09)
  • Seite B (24:20):
  • These Symptoms Are Temporary (8:19)
  • Exorta (8:01)
  • O.m.e.n. – Arisen (8:00)

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