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Sodom: Genesis XIX (Review)
Artist: | Sodom |
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Album: | Genesis XIX |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Thrash Metal |
|
Label: | Steamhammer / SPV | |
Spieldauer: | 55:00 | |
Erschienen: | 27.11.2020 | |
Website: | [Link] |
"And then there were four": Man muss nicht nur wegen des Titels des neuen SODOM-Albums lustiger- und völlig abwegigerweise an die gleichnamige britische Progressive-Rock-Legende denken, die ihr erstes Album nach dem Ausstieg ihres Gitarristen Steve Hackett "… and Then There Were Three" nannte. Die deutschen Thrash-Urgesteine gehen nämlich den umgekehrten Weg uns treten 2020 erstmals als Quartett an.
Einen Eindruck des neuen und doch alten (älter vielleicht sogar als in den letzten paar Jahren) Sounds der bislang immer in unterschiedlichen Trio-Besetzungen spielenden Band konnte man sich schon im vergangenen Jahr auf der EP "Out of the Frontline Trench" verschaffen, wo gleichwohl noch Drummer Stefan "Husky" Hüskens mitwirkte; ihn hat mittlerweile Toni Merkel (u.a. Sabiendas) abgelöst.
"Genesis XIX" ist aber noch etwas facettenreicher ausgefallen als das Kurzformat und kratzt gleichzeitig an der rohen Brutalität, die das gern übersehene Werk der Gruppe während der 1990er auszeichnete, speziell "Get What You Deserve" und "Masquerade in Blood". Da jedoch "Agent Orange"-Gitarrist Frank Blackfire zurückgekehrt ist (auch eine Premiere für SODOM, denn bis dato hat sich noch kein Ex-Musiker ein zweites Mal auf Chef Tom Angelripper eingelassen) und ihm mit dem "jungen Wilden" Yorck Segatz frisches Blut zur Seite steht, wirkt das Ganze viel raffinierter eingefädelt, als es die Stücke der damaligen Line-ups mit dem mittlerweile verstorbenen Dirk Strahlmeier (mehr Death Metal gab´s bei der Combo nie) respektive Kiss-Jünger Andi Brings waren.
Das aktuelle Duo trägt gewissermaßen die Fackel von Bernemann weiter, den es ja ersetzt, und steht auch ein Stück weit in der Tradition von Michael Hoffmann ("Better Off Dead", nach wie vor die übersehene Perle schlechthin in der Diskografie der Band), aber wie gesagt: Das Ergebnis tönt bei aller Raffinesse extremer. So kommt es, dass schon nach dem Intro während des pfeilschnellen 'Sodom & Gomorrah' quasi die blauäugige Direktheit (der Refrain ist nachgerade idiotisch simpel) des Debüt-Klassikers "Persecution Mania" mit der Verspieltheit von "Code Red" (1999) oder "M-16" verschmolzen werden. Das Tempo bleibt daraufhin grundsätzlich hoch, wobei die beiden Sechssaiter ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen melodischen und am Rand des Chaos schrammenden "Jammerhaken"-Solos finden.
Die drei längeren Tracks (zwischen sechseinhalb und knapp über sieben Minuten) der Platte - das Titelstück, 'The Harpooner' als 'Moby Dick'-Sequel sowie 'Waldo & Pigpen', womit SODOM zur ollen Vietnamkriegsthematik zurückkehren - reflektieren unterdessen ein Maß an Komplexität, das es bei der Band zuvor selten gab, falls überhaupt jemals. Nicht dass sie nun Tech Thrash zocken würde, doch derart ausladende Nummern stehen ihr ausgezeichnet, ohne dass man gleich von einem völligen Novum sprechen müsste.
Was 'Nicht mehr mein Land' angeht, markiert nicht nur der streitbare Text das Lowlight der an sich starken Platte; das stumpfe Gerödel, das von zwei kurzen, fast schwarzmetallischen Blastbeat-Eruptionen geklammert wird, ist in musikalischer Hinsicht erschreckend reizlos, und dass Toms charakteristischer Knarr-Bass ganz allgemein über die gesamte Spielzeit von "Genesis XIX" hinweg sonderbar dünn im Hintergrund brummelt, kann nicht der Sinn der Sache gewesen sein, unter Sigi Bemm im Hagener Woodhouse Studio einen möglichst analogen Sound zu erzielen.
Sei´s drum, den vielen Qualitäten des Albums fügt dieser Umstand nur leichte Kratzer zu: 'Glock`n`Roll' glänzt mit edel-punkiger Patina (wieder ist das Solo der Hinhörer), und 'Dehumanized' greift die verlorene Genre-Tradition auf, einem flotten Knaller ein schleppendes Instrumental-Intro voranzustellen, wobei die Breaks inmitten des stellenweise abermals an Black Metal grenzenden Treibens kaum exakter auf den Punkt kommen könnten.
Ungewöhnlich auch für SODOM: Das zerdehnte 'Occult Perpetrator' mit seinem Stadion-Rock-artigen "Hey!"-Schlussteil, dessentwegen Angelripper bei zukünftigen Konzerten zahllose Fäuste entgegengestreckt werden dürften, bevor SODOMs 16. Studioproduktion mit zünftigem Geknüppel - 'Indoctrination' und 'Friendly Fire' reißen aufgrund ihrer schieren Energie mit, auch wenn sie auf der kompositorischen Ebene unauffällig bleiben - als Sieger über die Ziellinie rast.
FAZIT: "Genesis XIX" zeigt Deutschlands Vorzeige-Thrasher SODOM einerseits verjüngt und andererseits in bewährter Form. Mit der Einschätzung, man könne Frontmann Tom Angelripper nur lieben oder hassen, gibt man nichts Neues zum Besten, doch wer über persönliche Vorbehalte hinwegsehen kann, erlebt hier eine späte Sternstunde im Schaffen des Gelsenkircheners, an deren Gelingen seine umbesetzte Hintermannschaft wahrscheinlich keinen geringen Anteil hatte.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Blind Superstition
- Sodom & Gomorrah
- Euthanasia
- Genesis XIX
- Nicht mehr mein Land
- Glock`n`Roll
- The Harpooneer
- Dehumanized
- Occult Perpetrator
- Waldo & Pigpen
- Indoctrination
- Friendly Fire
- Bass - Tom Angelripper
- Gesang - Tom Angelripper
- Gitarre - Frank Blackfire, Yorck Segatz
- Schlagzeug - Toni Merkel
- Final Sign of Evil (2007)
- In War And Pieces (2010) - 11/15 Punkten
- Epitome Of Torture (2013) - 8/15 Punkten
- Sacred Warpath (EP) (2014)
- Decision Day (2016) - 11/15 Punkten
- Genesis XIX (2020) - 13/15 Punkten
- M-16 (20th Anniversary Edition) (2021) - 12/15 Punkten
- 40 Years at War – The Greatest Hell of Sodom (2022)