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Laura Osburn: Postures Of Grief (Review)

Artist:

Laura Osburn

Laura Osburn: Postures Of Grief
Album:

Postures Of Grief

Medium: LP/Download
Stil:

Singer/Songwriter, Folk

Label: bandcamp
Spieldauer: 30:42
Erschienen: 03.11.2023
Website: [Link]

Postures Of Grief“ heißt das Debüt-Album der kanadischen Songwriterin LAURA OSBURN – und es ist ein Werk, das es so eigentlich nie hätte geben sollen. Der ursprüngliche Plan hatte nämlich vorgesehen, dass die ausgebildete Friseurin, Malerin und Songwriterin während einer Künstlerresidenz in Berlin, wann immer es möglich war, mit lokalen Musikern an Songs arbeiten wollte – bis irgendwann genug für eine ganze LP zustande gekommen wären. Einige Tracks wie „Lonely Whispers“ und „Still Brightness“ waren bereits fertig und sogar ein Titel stand schon fest: „Don't Interrupt Me When I'm Feeling“.
Kurz nachdem sich die Musikerin Anfang 2022 eine Corona-Infektion eingefangen hatte, unterbrach sie diese Arbeiten und machte sich auf den Weg in die kanadische Heimat, in der sie sich eine Auszeit mit ihrer Familie nehmen wollte – als ihr geliebter Neffe Charlie im Juni 2022 im Alter von 8 Jahren aus dem Leben gerissen wurde.

Dieses Ereignis warf LAURA OSBURN dergestalt aus der Bahn, dass nicht daran zu denken war, mit den Arbeiten an dem bisherigen Material weiterzumachen. Erst die Nachricht, dass ein Stipendium zur Produktion der LP in den Dresdner Castle Studios – um das sie sich seit 2018 bemüht hatte – nun bewilligt worden war, veranlasste LAURA OSBURN dazu, sich wieder mit dem Thema zu beschäftigen. Im Januar dieses Jahres brachte sie sich zu Hause selbst das Produzieren von Musik bei und konnte dann daran gehen, an neuen Songs zu arbeiten – die dann letztlich zusammen mit ihrem Co-Writer ELLIOTT J. GWYNNE und einigen Gästen fertiggestellt und in einer 7-tägigen Aufnahmesession in Dresden eingespielt werden konnten.

Nicht verwunderlich also, dass LAURA OSBURN ganz neu ansetzten musste und die verschiedenen „Posen der Trauer“ - die sie in den Monaten seit dem Tod ihres Neffen selbst durchlaufen hatte – zum Thema des neuen Materials machte. Es ginge vielleicht zu weit zu behaupten, dass ihr die Tragödie die Sprache verschlagen hätte – denn in der Hälfte der Tracks findet sie durchaus Worte, um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen – aber der Rest des Albums besteht aus Instrumentals, welche allerdings mit geschickt gestaffelten, nonverbalen Gesangsbeiträgen (oft im gestaffelten polyphonen Chor-Setting) angereichert sind. Hier vermittelt sie auf besondere Weise die in den Titeln wie etwa „Snowing“, „Grieve“ oder „Repose“ vorgegeben Themen in einer Art wortlosem Storytelling.

In den Songs mit Text spricht sie in der an den verstorbenen Charlie gerichteten Hommage „Hummingbird“ das zugrunde liegende, tragische Ereignis direkt an, während sie in Songs wie „Ache“, „Emptied“ und „Repose“ eher beschreibt, wie sie versucht, mit der Trauer umzugehen bzw. das Thema mit dem musikalisch ambitioniertesten und druckvollsten Track „Run Lady“ auf eine universellere Ebene hievt.

Dass dabei weder ein Rock-Album noch die ursprünglich angedachte romantische Abhandlung zum Thema „Gefühle“ herauskommen konnte, ist schon klar. Auch unter dem Eindruck des Umstandes, dass LAURA OSBURN aufgrund gesundheitlicher Probleme in Folge des Todes von Charlie besonders sensibel auf bestimmte musikalische Frequenzen reagierte, sind die meisten Tracks in einem Setting aus melancholischen, klassischer Klavierpassagen, Cello-Arrangements und elektronischen Elementen angerichtet. Nur selten kommen angedeutete Band-Arrangements hinzu, mittels derer Tracks wie „Ashes“ oder „Run Lady“ in eine experimentelle Kammerpop-Richtung aufgebohrt werden.

Zwar lassen sich ja bekanntlich selbst mit Hilfe der Musik Todesfälle aus dem näheren Umfeld nicht wirklich überwinden – aber letztlich ist Kunst ja das einzige, womit sich gefühlsmäßig und auf der kreativen Ebene solche Erfahrungen kreativ verarbeiten lassen. In diesem Sinne darf gewünscht werden, dass die musikalische Auseinandersetzung mit dem Thema 'Trauer' LAURA OSBURN in therapeutischer Hinsicht weitergeholfen hat.

Für LAURA OSBURN ist Musik mehr als das Einfangen von Tönen und Worten in einem Songformat. Um etwa überhaupt einen Song schreiben zu können – so erklärte sie in einem Gespräch über die Arbeiten an früheren Songs – müsse sie zunächst einmal ein Bild malen. Als Kunstmalerin stehen ihr dabei verschiedene Techniken zur Verfügung, sodass sie in diesen Bildern verschiedene Stimmungen einfangen kann, die dann Details enthalten können, von denen sie sich zu den geplanten Songs inspirieren lässt. Dabei setzt sie Farben mit Tönen gleich und arbeitet sich langsam an den Kern des Songs heran. Ob LAURA OSBURN bei der Produktion der nun vorliegenden LP ähnlich vorgegangen ist, muss noch eruiert werden – verständlich wäre es aber schon, denn das Album bewegt sich zwischen klanglicher Lautmalerei und konkreter inhaltlicher Aussage in einer atmosphärischen Zwischenwelt.

FAZIT: Alben wie diese entziehen sich aufgrund ihrer persönlichen Note eigentlich jeglicher Kritik. Dennoch funktioniert „Postures Of Grief“ von LAURA OSBURN auf der musikalischen Seite aufgrund der Fülle an brillanten melodischen und harmonischen Ideen durchaus sehr gut auch jenseits des schwierigen Themas als klassisches Songwriter-Album auf Piano-Basis.

Ullrich Maurer (Info) (Review 3311x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Snowing
  • Ache
  • Adjusting
  • Grieve
  • Imogen
  • Run Lady
  • Emptied
  • Repose
  • Overture
  • Hummingbird

Besetzung:

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