Kompakte Hits mit eingängigen Songstrukturen waren schon auf dem letzten Album des Bostoner Doom-Quartetts MORNE Mangelware. Stattdessen musste man Geduld für brachiale Slo-Mo-Rhythmen aufbringen, die in scheinbar endlosen Loops ausgewalzt und erst nach der Zeit durch weitere musikalische Facetten aufgelockert wurden. In dieser Hinsicht bildet auch „Engraved With Pain“, der neueste Streich des amerikanischen Vierers, keine Ausnahme.

Jeden der vier überlangen Songs – der dritte Track „Wretched Empire“ ragt als einziger nicht über die Zehn-Minuten-Marke hinaus – reichert die Band mit gewohnter Trägheit, ordentlich Wut im Bauch und maximaler Zerstörungskraft an. Es dauert dabei eine Weile, bis sich in den repetitiven, zermalmenden Doom-Metal- oder Sludge-Groove Veränderung einschleicht. Inklusive Intro, in dem buchstäblich der Sturm tobt und der mechanische Hammer in Industrial-Manier saust, braucht der Album-Opener und Titeltrack satte fünf Minuten, ehe Milosz Gassan seine heiseren Brüll-Vocals einsetzt. Da sind manche Acts schon zweimal fertig. Die minimalistische Machart der Musik mag für Ungeduldige gähnende Langeweile erzeugen; das sollte indes nicht zum Gedanken verleiten, dass das Klangerzeugnis keinerlei Gehaltvolles bereithalten würde.

Die Gitarrenfraktion etwa besteht aus mehr als fähigen Riffschreibern: Die zähen Rhythmen sind von berauschender Intensität, und ebenso die spärlich eingestreuten Leads können überzeugen. An markanten Stellen darf der führende Sechssaiter auch einmal leidenschaftlich tönen und vergleichsweise ausladende Solo-Einlagen einstreuen, welche der sperrigen Monotonie eine Spur Eingängigkeit abringen und beim Zuhören besonders viel Aufmerksamkeit erzeugen („Memories Like Stone“, „Fire And Dust“). Indem sich MORNE glücklicherweise bestimmten Hörgewohnheiten nicht anpassen, gerieren sie sich als kühne Songwriter. Nichtdestotrotz stellt sich hier und da eine gewisse Vorhersehbarkeit ein. Aller Tendenzen zum Minimalismus ungeachtet – einen facettenreichen Doom-Brocken mit Black-Metal- und Noise-Anleihen wie „Fire And Dust“ spielt man eben nicht in ewiggleicher Façon herunter, sondern leitet in der Halbzeit zum anders klingenden zweiten Teil über. Darin steht das psychedelisch angehauchte „Memories Like Stone“ dem Albumrausschmeißer in nichts nach. Gleichwohl dieses dank steigerungsfähigem Aufbau gen Ende in beispielloser Manier mitreißt, ist das Finale vom letzten Track und damit der ganzen LP, das absolut geilste Stück Gitarrenmusik, was diese Platte zu bieten hat. Vom oben bereits erwähnten Solo ganz zu schweigen. Man wird da für manche Länge fürstlich entlohnt und erkennt außerdem, dass das ästhetische Konzept hinter der Musik vielleicht doch aufgeht.

FAZIT: Hörer, denen der melodischere Vorgänger von „Engraved With Pain“ tatsächlich zu eintönig war, werden keine Freude am neuesten Output der amerikanischen Doom/Sludge-Formation MORNE haben. Freunden von „To The Night Unknown“ kann man hingegen auch das aktuelle Album ans Herz legen. Nicht zuletzt, weil die gleichförmig und langatmig wirkende Musik auf diesem deutlich abwechslungsreicher und scheuklappenfreier daherkommt, als es zunächst den Anschein hat.