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Loren Kramar: Glovemaker (Review)

Artist:

Loren Kramar

Loren Kramar: Glovemaker
Album:

Glovemaker

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Singer/Songwriter, Soul, Pop, Folk

Label: Secretly Canadian
Spieldauer: 46:06
Erschienen: 26.04.2024
Website: [Link]

Es passiert ja leider nicht allzu oft – aber gelegentlich gibt es zum Glück immer noch Musiker, wie z.B. LOREN KRAMAR aus L.A., die eine so eigene Art des Geschichtenerzählens, der Selbstdarstellung, ihrer Spiritualität, der musikalischen Vision von Größe und Reichhaltigkeit haben, dass sie sich mit einer bemerkenswerten Selbstverständlichkeit von jenen ihrer Kollegen absetzen, die sich einfach nur musikalisch selbst therapieren wollen. Nicht, dass LOREN KRAMAR das nicht selber auch täte – nur macht er daraus eine Deluxe-Zelebration sondergleichen.

Dabei ist es gar nicht so leicht in Worte zu fassen, was KRAMAR eigentlich großartig anders macht, dass er sich den normalen Kriterien irgendwie zu entziehen scheint.
Musikalisch beispielsweise möchte sich LOREN KRAMAR nicht wirklich festlegen. Als Piano-Man hat KRAMAR etwa ein Faible für monumentale, opulente Balladen in der Art seiner Signature-Hymne „Gay Angels“.
Als Crooner gefällt er sich aber auch darin – wie etwa in dem Opener „Hollywood Blvd“ - mit seiner samtigen, gelegentlich ins Falsett kippenden Gesangsstimme auch schon mal gegen eine soulige Big Band mit Bläsern, Streichern und Chören anzusingen.


Dann wieder gibt es den Titeltrack „Glovemaker“, den KRAMAR mit einer gewissen resignativen Note im Stile einer klassischen City-Blues-Gospel-Elegie anlegt, während das mit selbstironischem Defätismus angereicherte „Birthday Thursday“ als Folkpop-Song mit Vaudeville-Flair daher kommt. „Whatever Happens“ schließlich zelebriert die Hippie-Psychedelia der 60er- und 70er-Jahre – hier dann aber nicht mit Soul-Grooves sondern mit Klavier, Akustikgitarre, Mellotron-Klangwolken und Flötentönen. Kein Wunder, dass der beseelte Autor der Bio KRAMARS dem Meister „ein unglaublich sanftes Gespür dafür“ attestiert, mit seiner Kunst „den Ausdruck der Gegenkultur der 70er Jahre“ verkörpern zu können. Auf jeden Fall gilt für LOREN KRAMAR zweifelsohne, dass seine Musik auch im Hier und Jetzt deutlich größer als das Leben sein darf.


Musikalische Referenzen gibt es so einige: KRAMARS Stimme hört sich in gewissen Passagen zufällig an, wie die von CAT STEVENS als dieser noch so hieß – und dabei fühlt er sich nach eigener Aussage doch eher von EARTHA KITT inspiriert. Schon als Kind musste KRAMAR seine Barbie-Puppen vor den Augen des gestrengen Vaters verstecken, wurde aber von der verständigen Mutter heimlich zu Stepptanz-, Jazzgesang- und Eiskunstlauf-Kursen gebracht, um seinem frühen Wunsch, ein Star werden zu können, Vortrieb leisten zu können. Heutzutage zelebriert KRAMAR dann seine Queerness mit einer Intensität, wie man sie vielleicht höchstens noch von RUFUS WAINWRIGHT kennt.

Die Settings, die KRAMAR auf „Glovemaker“ inszenieren lässt, könnten auch Bombast-Meister wie JONATHAN WILSON oder FATHER JOHN MISTY nicht größer denken – was kein Wunder nimmt, denn die Streicher-, Bläser- und Orchesterarrangements stammen von DREW ERICKSON, der mit seiner Kunst schon WEYES BLOOD, MITSKI und eben JONATHAN WILSON unter die Arme griff. Freilich: Vergleiche führen zu nichts, denn KRAMAR verbindet die verschiedenen Elemente seiner Kunst auf so einzigartige Weise, dass man ihn nun wirklich nicht mit irgendwem verwechseln könnte.


Als Lyriker und Geschichtenerzähler hat KRAMAR eine ganz eigene, von deftigen Formulierungen durchsetzte Gebrauchspoetik entwickelt. Mit Zeilen wie „I'm A Slut For All My Dreams – I'm A Whore for them“ oder „It's My Birthday And I Want To Be Fucked In The Worst Way“ singt sich der „geile Handschuhmacher“, der sich auch als Hexe sieht, seinen Frust von der Seele – wobei ihm schon klar ist, dass sowas harter Toback ist und er in dem Song „Euphemism“ nach einem Euphemismus für seine ungesunden Träume sucht (aber wohl nicht findet). Zurückhaltung oder Maß kennt KRAMAR dabei schlicht nicht: „Who Wants To Live Forever?“ fragt er in dem Song „Hollywood Blvd“, mit dem er sich als Regisseur seines eigenen Lebens empfiehlt – und schickt dann ein triumphierendes „I do!“ hinterher.


Obwohl LAUREN KRAMAR keine Gelegenheit auslässt, seine Songs musikalisch und inhaltlich mit allen erdenklichen Mitteln auf flamboyante Weise größer, theatralischer und opulenter auszuschmücken, als man sich das gemeinhin vorstellen könnte, scheint ihm die eigene Person gar nicht auszureichen, um alle Facetten seiner Kunst erfassen zu können. Darum erschafft er ein ganzes Panoptikum an Charakteren, die sich durch die verschiedenen Szenarien seiner Geschichten bewegen und am am Ende sogar zu einem Porträt der nächtlichen Back-Alleys von Los Angeles und Hollywood verdichten.


FAZIT: Als Handschuhmacher bezeichnet sich KRAMAR deswegen, weil er im Handschuh eine Art Maske sieht, unter der sich die Formen des darunter liegenden Lebens erkennen lassen. Das Erschaffen solcher Masken bzw. dann auch der Charaktere, die diese Masken tragen – und das Nachzeichnen des unter den Masken verborgenen Lebens - ist dabei das erklärte Ziel des Musikers. Und dieses Ziel erreicht LOREN KRAMAR nicht nur als begnadeter, empathischer Geschichtenerzähler, sondern mithilfe einer Riege hochkarätiger Studio-Cracks als „Glovemaker“ auch musikalisch auf beeindruckende Weise.

Ullrich Maurer (Info) (Review 1729x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Hollywood Blvd
  • Euphemism
  • I'm A Slut
  • Like A Lover
  • Gay Angels
  • Glovemaker
  • Birthday Thursday
  • Whatever Happens
  • 15 Years
  • Oh To Be
  • No Man

Besetzung:

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