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Interview mit Satyricon (04.12.2013)
Am 27.11.2013 spielten SATYRICON in Hamburg, den Konzert-Bericht gibt’s hier. Vor der Show habe ich mich mit Drummer Frost über die Band, das neue Album und sein Schlagzeugspiel unterhalten.
Hi Frost. Lass uns über euer neues Album "Satyricon" sprechen, das ziemlich kontrovers diskutiert wurde. Spielen SATYRICON darauf immer noch Black Metal? Oder ist der Begriff inzwischen nicht mehr wichtig, um eure Musik zu beschreiben?
Beides trifft gewissermaßen zu. Ja, wenn du mich fragst, ist es definitiv Black Metal. Das ist meine persönliche Meinung. Und ich weiß, dass Satyr das genauso sieht. Wir haben nie dunklere Musik gespielt als jetzt. Andererseits ist das neue Album vielseitiger als unsere früheren Sachen, musikalisch vielfarbiger. Durch die tieferen Gefühle und Kontraste ist dieses Album lebendig und dunkel, die Gefahr fühlt sich viel bedrohlicher an.
Dass das Album so lebendig, kreativ und auch in vielen Aspekten kontrovers ist, macht es für mich erst recht zu einem Black Metal-Album. Die bekanntesten Black Metal-Alben zeichnen sich durch Kreativität und Innovation aus, und durch eine gewisse Avantgarde-Gesinnung. Die alten Alben von VENOM und BATHORY waren zu ihrer Zeit bahnbrechend. CELTIC FROST waren immer eine Avantgarde-Band. Diese drei Bands waren die Gründungsväter des Genres in den 80ern. Und die Bands, die das Ganze in den 90ern noch weiter getrieben haben, waren auch sehr kreativ und innovativ. Das ist die Gesinnung, die wir am Black Metal mögen und die wir mit SATYRICON zum Ausdruck bringen. Das neue Album ist die bisher stärkste Äußerung dieser SATYRICON-Gesinnung. Für uns könnte es gar nicht noch mehr Black Metal sein.
Wenn andere es aber lieber anders definieren möchten, ist das ihr Ding. Es führt nicht sehr weit, sich über die Bezeichnung für unsere Arbeit zu streiten. Das ist nicht wichtig. Was die Musik mit dir macht, welche Substanz sie hat, ob es ihr gelingt, den Hörer zu bewegen – darum geht es.
Trotzdem betonen wir, dass das, was wir machen, für uns Black Metal ist. Es ist das, was Black Metal sein sollte. Wir begeistern uns für das Genre. Es fühlt sich nicht richtig an, dass Bands, die nichts Neues hervorbringen, in die Position von Genre-Leadern gerückt werden. Das finden wir nicht in Ordnung. Das Genre muss vorwärts gebracht werden. Das Genre braucht frisches Blut und kreative Gedanken und radikale, mutige Leute. Nicht Bands, die einfach nur folgen und an festgelegten Standards und konservativen Rahmen festhalten.
Verglichen mit deiner früheren Arbeit hatte ich den Eindruck, dass du auf dem neuen Album sehr reduzierst spielst. Beim Hören klingt es, als würdest du sanfter spielen, nicht so hart zuschlagen, und es dennoch schaffen, die Musik extrem heavy zu machen. Was ist der Unterschied zwischen deinem Schlagzeugspiel auf diesem und den letzten Alben?
Mit diesem Album habe ich mich als Musiker einer ziemlich radikalen Wandlung unterzogen. Das war für die Aufnahmen nötig, aber ich hatte auch persönlich das Gefühl, dass es richtig und zielführend war. Ich habe mich mit Satyrs Wünschen und Ansprüchen auseinandergesetzt und versucht herauszufinden, was die Musik bedeutet, in welche Richtung sie geht und in welche Richtung wir als Musiker gehen müssen, um der Aufgabe gerecht zu werden und die Idee zu verwirklichen. Das hat für mich bedeutet, musikalischer und dynamischer zu werden.
Dieses Album hat eine dynamische und progressive Herangehensweise gebraucht. Ich musste sehr viel üben, um das hinzubekommen, um das in mein Spiel, in meinen Style zu integrieren. Viel anspruchsvoller, als ich gedacht hatte. Ich bin froh, dass ich es geschafft habe, denn ich habe das Gefühl, dass ich dabei als Musiker gereift bin. Ich verbringe immer noch viel Zeit damit, die neuen Songs zu üben, damit das, was das Album ausmacht, live nicht nur technisch, sondern auch gefühlsmäßig genauso rüberkommt.
Wie ich als Drummer klinge, hat sich verändert. Ich benutze andere Instrumente. Ich bin zum Beispiel von 22" Bass Drums auf 24" umgestiegen, weil der Sound eher dem entsprach, was wir gesucht haben. Es klingt mehr nach klassischem Hard Rock, Vintage-Style. Ich arbeite jetzt mit Drums, die musikalischer klingen, die einen schönen Sound haben, egal, ob ich hart oder leichter schlage. Zu lernen, die Kraft des Schlages zu kontrollieren, war für mich sehr wichtig. Auf dem neuen Album gibt es Stellen, an denen ich mich bemühe, es nicht zu übertreiben, und andere, an denen ich härter als jemals zuvor zuschlage. Die Bandbreite ist um einiges größer geworden.
Wie erklärst du dir, dass ihr als Band so erfolgreich seid, obwohl ihr eher das macht, worauf ihr Lust habt, als das, was andere von euch erwarten?
Nun, ich schätze, wenn du eine klare Vorstellung davon hast, was du willst, wenn du dich in deinem Bereich gut auskennst, wenn du viel Zeit damit verbringst, besser in dem zu werden, was du tust, wenn du deine Möglichkeiten erweiterst, wenn du dich kreativ weiterentwickelst, wenn du all deine Ressourcen in das steckst, was du tust, dann steigt vielleicht die Wahrscheinlichkeit, dass du etwas schaffst, das Viele als gut ansehen und verstehen. Wir können uns nur nach unserem eigenen Geschmack richten. Aber es ist ja ein logischer Gedanke: Wir sind erfahren und haben inzwischen ein ganz gutes Verständnis für das, was wir tun, und wenn wir das Gefühl haben, dass uns etwas wirklich gelungen ist, dann ist es wahrscheinlich, dass viele andere das ähnlich sehen werden.
Mit SATYRICON haben wir nie Musik gemacht, um Erwartungen zu erfüllen, zumindest nicht die anderer. Wir waren immer bereit, genau das Gegenteil von dem zu machen, was von uns erwartet wird. Wir wollen unsere Fans herausfordern. Die meisten der wirklich guten Bands haben das getan. Und die Fans folgen irgendwann. Einige sofort. Andere brauchen etwas Zeit. Es war mit SATYRICON immer so, dass viele Fans nicht sofort dabei waren, als unsere Alben herauskamen. Die Band war oft sehr kontrovers. Zum Beispiel, als "Rebel Extravaganza" herauskam. Die Leute haben gestöhnt und sich beschwert, dass die Band "industrial" geworden sei. Ich glaube nicht, dass viele das heute noch denken. Viele derer, die das Album gehasst haben, als es herauskam, wurden später zu dessen größten Fans. Sie mussten sich daran gewöhnen.
Für mich ist "Rebel Extravaganza" eines der reinsten Black Metal-Alben, die ich kenne.
Ja, es ist sehr rau, feindselig, kalt, hässlich. Und trotzdem fanden viele, es sei kein Black Metal, weil die Leute zu der Zeit orchestrierte, epische Kompositionen erwartet haben, mit weiblichen Vocals und so einem Gothic-Feeling. Aber die Dinge ändern sich. Wenn du dem treu bleibst, was du tust, dann wirst du irgendwann feststellen, dass deine Gegner anfangen, deiner Meinung zu sein.
Ist die Band, die "Nemesis Divina" aufgenommen hat, dieselbe Band, die "Satyricon" aufgenommen hat? Oder handelt es sich inzwischen um ein völlig anderes Projekt?
Als wir uns zu den Aufnahmen zu "Nemesis Divina" trafen, waren wir alle begeistert, als die Songs dieses Albums sich beim Jammen entwickelten. Es war, als wären die Songs auf einmal im Raum gewesen, als wir zusammenkamen. Es war eine extrem kreative Zeit, in der wir als Musiker sehr schnell gereift sind. Mit der Band ist damals viel passiert, es ging immer nur nach vorne. Und genauso war es dieses Mal auch. Möglicherweise sind wir in unserer Karriere noch nie so inspiriert und hungrig gewesen. Ich bin mir noch nie so sicher über die Qualität unserer Arbeit gewesen.
Wäre es zutreffend zu sagen, dass die Musik sich verändert hat, eure Einstellung und eurer Hunger aber gleich geblieben sind?
Ja, was die Intensität angeht, trifft das zu. Wir haben uns von "viel" zu "noch mehr" entwickelt. Teilweise, weil wir vor diesem Album eine Pause gemacht hat. Dadurch war es inspirierender, im Proberaum wieder zusammen zu kommen.
Zwischen beiden Alben sind ja fünf Jahre vergangen…
Ja, aber die Pause war viel kürzer. Die Pause an sich war nur ein Jahr lang. Wir waren nach "The Age of Nero" sehr lange auf Tour. Die Pause war also kurz, aber sie war notwendig, denn sie hat die große Inspiration und Motivation hervorgebracht, die wir haben wollten. Ich habe Gänsehaut bekommen, als Satyr mir zum ersten Mal seine neuen Songs vorgespielt hat. Da wusste ich, dass dieses Album verdammt großartig wird.
Frost, danke für das Interview.
- Satyricon - Now, Diabolical (2006)
- Satyricon - The Age Of Nero (2008)
- Satyricon - Satyricon (2013)