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Interview mit SIJJIN (06.11.2021)
Necros Christos sind Geschichte, doch Bandkopf Malte Gericke und Schlagzeuger Iván Hernández haben mit SIJJIN ein neues heißes Eisen im Feuer. Nach dem Demo „Angel of the Eastern Gate“ (2019) stellt das Trio, das von Gitarrist Ekaitz Garmendia vervollständigt wird, sein erstes Album zur Diskussion. Wir unterhielten uns mit Malte über „Sumerian Promises“.
Warum habt ihr euch nach einem Ort in der Hölle nach muslimischen Vorstellungen benannt, und wie verträgt sich das mit dem Titel „Sumerian Promises“?
Die Geschichte zur Namensgebung ist schnell erzählt: Ich las den Begriff zum ersten Mal vor circa zehn Jahren in einem Buch über islamische Jenseitsvorstellungen. Seine Schreibweise, sein Klang und seine Bedeutung haben mich seitdem fasziniert. Als es dann konkret mit der Band wurde, habe ich meinen Jungs den Namen vorgeschlagen, und ab diesem Zeitpunkt waren wir SIJJJIN. Was deine zweite Frage betrifft: Nun, muss es das? Wir sind keine konzeptionelle Band und „Sumerian Promises“ ist einfach ein großartiger Name für eine Platte.
Was macht den gleichnamigen Song zum Titelstück, und inwiefern hängt er konzeptionell mit den restlichen Liedern zusammen?
Es gibt kein Konzept auf der Platte, mal abgesehen davon, dass für mich Death Metal immer Tod, Teufel, Verdammnis und Horror zum Inhalt hat. Die Songs haben aber keinen Überbau und hängen textlich nicht miteinander zusammen. Ich glaube es, war Iván, der als Erster meinte, der Songtitel sei so geil, dass er sich auch als Albumtitel eignen würde. Ab einem bestimmten Zeitpunkt hieß die Platte bei uns einfach „Sumerian Promises“, und daran hat sich dann auch nichts mehr geändert.
Weshalb verwendest du in dieser Band nicht mehr das Pseudonym Mors Dalos Ra?
Dieser Name hatte eine lange Zeit in meinem Leben eine wirklich tiefe Bedeutung, ohne jetzt in dieses obskure Black-Metal-Gequatsche zu verfallen. Einige Dinge haben sich aber geändert, sodass es keinen Sinn mehr ergibt, ihn weiter zu tragen. Ich finde meinen richtigen Namen vom Klang her übrigens total kacke – besonders meinen Nachnamen –, aber was soll man machen: ein weiteres Pseudonym verwenden? Ne, lass ma…
Soweit ich es verstehe, sind Necros Christos Geschichte, weil ihr glaubt, „Domedon Doxomedon“ nichts mehr nachfolgen lassen zu können – was bringt euch zu dieser Annahme?
Nun, ich glaube, die Antwort liegt auf der Hand. Es geht nicht monumentaler als „Domedon Doxomedon“. Ein Nachfolger wäre ein völlig abweichendes Album vom Necros-Christos-Konzept gewesen, aber das kam nie infrage. Außerdem stand schon um 2005 herum fest, dass es drei Alben mit jeweils neun (Metal-)Songs geben sollte; ich bin jemand, der seine Schwüre und Versprechen hält.
Sind SIJJIN in diesem Zusammenhang eine bewusst reduziert oder minimalistischer aufspielende Band?
Nein, ich denke nicht. SIJJIN ist für mich eine absolut eigenständige Entität, und wir haben nie daran gedacht, wie wir uns bewusst von Necros Christos absetzen könnten. Wenn der richtige Moment kommt, ist alles im Fluss, und wenn etwas gut ist, wird daraus bei uns ein Song. Allerdings gebe ich gerne zu, das es mir große Freude bereitet, diesen neuen Weg zu gehen. Es fühlt sich absolut großartig und frei an.
Vielleicht ist das etwas abwegig, aber bist du als Musiker in irgendeiner Weise von Berlin als Stadt geprägt?
Das ist überhaupt nicht abwegig, meine Kindheit im alten Westberlin hat mich schon sehr stark geprägt. Diese Stadt war unter Künstlern nicht umsonst sehr gefragt und hatte eine einzigartige, spezielle, manchmal etwas dreckige und räudige Atmosphäre. Leider fehlt mir heute viel davon; alles neu und schick zu machen passt nicht zu Berlin. Es gibt aber immer noch Ecken, die ich nach wie vor liebe und die mich bestimmt auch inspirieren.
Wie seid ihr die Live-Aufnahme des Albums angegangen? Immerhin muss man dazu erstens perfekt aufeinander eingespielt sein und ein Studio mit dazu fähigem Produzenten zur Hand haben.
Man muss sein Zeug drauf haben, das ist die wichtigste Voraussetzung. Wir hatten ja schon im Oktober 2020 vor, die Platte einzuspielen, aber daraus wurde durch die Pandemie bedingt nichts. Dass es dann bis zum Sommer 2021 dauerte, hat uns Zeit gegeben, uns maximal vorzubereiten. Ekaitz ist ein unfassbarer Gitarrist und ein absolut großartiger Produzent dazu; er besitzt mit seinen BlackStorm Studios Räumlichkeiten, die eine gute Live-Aufnahme zulassen. Ich möchte eigentlich nie wieder anders aufnehmen, zumal es die authentischste Form einer Einspielung ist.
Woher hat Ekaitz diese Expertise, und wie funktionierten die Aufnahmen im Zuge der Pandemie?
Ekaitz ist ein Arbeitstier und hat obendrein sehr viel Talent. Er hat sein komplettes Studio selbst gebaut und über die Jahre hinweg exzellentes Equipment angeschafft. Es befindet sich in einem alten Haus einsam in den baskischen Bergen, und man macht dort nichts, außer sich um seine Musik zu kümmern, zu kochen und zu trinken. Iván, Ekaitz und ich haben dort schon öfter zusammengelebt und viel Zeit verbracht, insofern ist es ein absolutes Privileg, in einer solchen Umgebung aufnehmen zu können.
Warum hat es nur das Titelstück eures Demos aufs Album geschafft?
Wir hatten ursprünglich vor, noch ein weiteres Stück davon neu aufzunehmen, das wäre ´Remnants of Cambrian Evil´ gewesen. Allerdings waren wir so dermaßen gut im Songwriting, und die neuen Stücke entwickelten sich alle so großartig, dass wir es bei ´Angel of the Eastern Gate´ belassen haben. Dieser Song musste einfach mit auf die Platte, es ist ein absoluter Killer und steht für alles, was SIJJIN ausmacht.
Worin besteht der anhaltende Reiz altertümlicher Religion und Spiritualität für dich? Könnten dir die Themen diesbezüglich je ausgehen?
Nein, ich denke nicht. Tja, worin liegt diese Passion begründet? Warum habe ich schon immer den Ruf verspürt, mich mit Dingen zu beschäftigen, die andere als belanglos und langweilig empfinden? Warum habe ich mich immer zu sehr düsteren Themen hingezogen gefühlt und in meinen jüngeren Jahren Dinge praktiziert, die andere als abstoßend empfinden würden? Glaube mir, das habe ich mich schon mehr als einmal gefragt.
Wie ist es für dich, jetzt Bass statt Gitarre zu spielen, ändert sich dadurch auch deine Herangehensweise beim Komponieren? Du bist auch Kontrabassist, richtig?
Ich schreibe immer alle Riffs auf Gitarre und wechsle erst zum Bass, wenn das Grundgerüst eines Songs steht. Wir arrangieren die Stücke zusammen, insofern gebe ich zwar den ersten Input, es bleibt aber eine komplette Bandangelegenheit. Am Komponieren und an der Herangehensweise ändert sich für mich also nichts. Ich habe in meiner Oberschulzeit viel Kontrabass gespielt, hatte Unterricht und war in einem Streichorchester. Allerdings habe ich seitdem nie mehr zum Kontrabass zurückgefunden und immer den E-Bass vorgezogen.
Wohin wollt ihr langfristig? Angesichts der Live-Einspielung schätze ich, dass ihr stark darauf aus seid, Konzerte zu geben.
Oh ja, definitiv, wir wollen live spielen und touren. Allerdings wollen das viele – erst recht, wenn sich das ganze Rad wieder dreht. Wo genau dann unser Platz ist, wird sich zeigen. Es liegt jedenfalls nicht an unserer Begeisterung und Entschlossenheit, das Material auf die Bühne zu bringen.