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Interview mit Danijel Zambo (09.02.2014)

Danijel Zambo

Mit seinem jüngst veröffentlichten Album „Samsara“ knüpft DANIJEL ZAMBO einerseits an die Qualitäten seiner Aufnahmen mit WALDEN an, und andererseits dringt er musikalisch-stilistisch wie dynamisch in stärker bewegte Gefilde vor. So erwirken einige seiner Lieder Assoziationen an Irfan, Wardruna oder die musikalischen Erforscher des nordischen Hinterlands. Der vielseitige Ausdruck klingt dennoch wie aus einem Guss, und mehr noch, er tönt lebendig und überaus handgemacht. Ursprünglich hatte Danijel geplant, sich 2014 mit Veröffentlichungen zurück zu halten, doch dann kam alles anders…

Danijel, um ehrlich zu sein, komme ich kaum noch hinterher bei Deinen musikalischen Projekten.  Kollege Jochen König hat noch im Herbst Dein Walden-Album „Wenn die ersten Blätter fallen“ besprochen, nun liegt also mit „Samsara“ ein weiteres zehn Lieder umfassendes Werk vor, wobei der Anlass der Veröffentlichung zu diesem Zeitpunkt ein trauriger ist. Vielleicht stellst Du Dich und Dein musikalisches Wirken kurz vor und erklärst dann, warum „Samsara“ so dicht auf Walden folgt?

Ich bin Gitarrist und Komponist und habe schon einige Solo-Alben und eine EP und ein Album mit meinem Projekt Walden veröffentlicht, die alle auf Bandcamp zu finden sind. Es ist jetzt tatsächlich nicht viel Zeit seit der Veröffentlichung von Walden vergangen, aber abgeschlossen war "Wenn die ersten Blätter fallen" schon Anfang Januar letzten Jahres. Seitdem war also genügend Zeit, um neue Stücke aufzunehmen. Ich führe auch ein sehr schlichtes Leben mit Fokus auf der Musik und wenn man sich darauf einlässt und viele Ablenkungen beiseite schiebt, dann ist es ehrlich gesagt relativ einfach, konzentriert an neuer Musik zu arbeiten. Die Veröffentlichung von "Samsara" kam jetzt aber sehr spontan, als ich gelesen hatte, dass CERNA eine EP veröffentlichen wollen, um für Annika (die ins Koma gefallen ist) und ihre Familie etwas Geld zu sammeln. Das fand ich eine tolle Idee und da ich einiges an neuem Material hatte, hab ich kurzerhand auch eine EP zusammengestellt.

Für „Samsara“ gilt im Grunde zunächst auch das, was Jochen bereits über „Wenn die ersten Blätter fallen“ schrieb: Du pflegst „die Kunst der Pause und der sachten Variation des Vorangegangenen. Die Songs klingen zerbrechlich, sind trotzdem kantig und klar, bleiben dabei entspannt ohne zu langweilen oder zu austauschbarer Meditationsbegleitung zu verkommen.“ Würdest Du zustimmen, dass diese Ruhe und Klarheit Deine verschiedenen Projekte auf je eigene Weise charakterisiert?

Das kann ich auf jeden Fall so unterschreiben. Ich denke, dass ich mit meiner Musik in erster Linie versuche, ein gewisses Gleichgewicht in mir herzustellen und viele Stücke entstehen in Zeiten, in denen ich mich nach einer gewissen Ruhe und Klarheit sehne. In der Stille liegt für mich eine große Kraft und daraus schöpfe ich sehr viel Energie und Kreativität. Eigentlich wollte ich immer auch mal ein Death-Metal-Projekt starten, aber das liegt mir einfach nicht... ;-)

Nun habe ich bereits in meiner Rezension geschrieben, dass Du auf „Samsara“ forscher zu Werke gehst, zudem greifst Du Einflüsse aus verschiedenen Stilen auf. Welche Gefühle und Ideen haben Dich zu diesem Album bewegt und warum hast Du Dich für diesen markanten Titel entschieden?

Der Großteil der Stücke ist während des letzten Jahres entstanden und das war für mich ein Jahr, in dem unheimlich viel passiert ist (Trennung, Umzug, endgültiger Sprung in die Selbständigkeit) und das verarbeite ich ganz klar in den neuen Stücken. Als ich die Walden-CD fertiggestellt hatte, war ich auf der einen Seite sehr zufrieden mit dem Ergebnis, auf der anderen Seite habe ich mich gefragt, wie ich nun weitermachen sollte und könnte. Irgendwann hatte ich dann beschlossen, für eine gewisse Zeit mal nicht an einer Veröffentlichung zu arbeiten und so konnte ich dann sehr frei und ohne große Hintergedanken neue Stücke aufnehmen. "Samsara" steht im Buddhismus für den ewigen und leidvollen Kreislauf von Werden und Vergehen. Ich führe kein streng buddhistisches Leben, gewisse Aspekte haben mich aber immer schon gereizt und diese habe ich in meinen Alltag integriert. Der Titel beschreibt für mich ein Gefühl, das ich während des letzten Jahres oft hatte und den Versuch, sich von vielen irdischen Fesseln zu befreien.

Könntest Du „Samsara“ als Reise beschreiben, oder mit welchem Bild würdest Du dieses ohne Gesang auskommende Album den Lesern näher bringen?

Nun, für mich ist es recht schwer, meine eigene Musik zu beschreiben, da ich wohl nicht den nötigen Abstand habe. Ich finde, es hat irgendwie einen Soundtrack-Charakter, da es mit verschiedenen Stimmungen und Stilistiken spielt. Ein Freund von mir meinte auch, dass ihn die Musik auf eine Reise mitnimmt, von daher kann man das gerne so stehen lassen und es würde mich freuen, wenn es bei dem einen oder anderen etwas auslösen kann.

Bereits bei Walden gefiel mir die charmante Produktion, welche weder Knarren noch Atemgeräusche verschwinden lässt, sondern angenehm klar, warm und authentisch klingt. Leider sehen nur wenige Musiker das heute noch ähnlich wie Du – mir fallen spontan Espen Jørgensen und David Darling ein – und im digitalen Perfektionsstreben geht der Faktor Mensch oft zugunsten einer pathologisch-sterilen Atmosphäre verloren. Wie gehst Du bei den Aufnahmen vor und wann weißt Du sicher „das war’s, mehr muss ich nicht mehr daran rumdoktern“?

Das sehe ich auch so und deshalb nehme ich meine Musik auch bewusst daheim auf. Ich brauche einfach eine gewisse Ruhe und Konzentration, um aufnehmen zu können und ich weiß nicht, ob ich das im Studio so hinbekommen würde. Bei meinen Aufnahmen gehe ich sehr spontan vor und lasse mich einfach von meinem Gefühl leiten. Am Anfang steht meist nur eine Grundidee und der Rest passiert während der Aufnahme, das ist wie eine kleine Entdeckungsreise und macht mir persönlich am meisten Spaß. Bei der Nachbearbeitung gehe ich auch eher sparsam vor und lasse bewusst auch kleine Fehler oder Knarzer stehen – würde man das alles entfernen, hätte man zwar perfektere Stücke, aber dann fehlt für mich das gewisse Etwas. Insgesamt ist es also eine eher intuitive Vorgehensweise und ich höre auch viel lieber Musik, bei der man hört, dass sie von echten Menschen eingespielt wurde.

Du wolltest ja eigentlich 2014 keine neue Musik veröffentlichen und ich habe gehört, dass Du das atmosphärisch urgewaltige Black-Metal-Projekt Fyrnask live unterstützen wirst. Kommt es tatsächlich dazu und steht nicht auch Fyrnask für die oben beschriebene Ruhe und Klarheit, wenn auch in ganz anderen klanglichen Sphären? Was steht sonst noch bei Dir an?

Ja, ich sehe in Fyrnask ähnlich wie Du auch, eine gewisse Nähe zu meiner Musik, auch wenn sie auf den ersten Blick ganz anders klingt. Ich habe schon lange keine Veröffentlichung mehr im Black Metal gehört, die mich so berühren konnte. Fyrnd hatte mich mal gefragt, ob ich grundsätzlich Lust hätte, ihm live zu helfen, aber er hat nun eine Band beisammen. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass wir mal zusammen ein Konzert spielen und ich vielleicht mit Walden eröffne oder auch, dass ich die eine oder andere akustische Spielerei zu seinem nächsten Album beisteuere. Ansonsten habe ich jetzt angefangen mit Daniel Pain zusammen Musik zu machen. Das macht wirklich große Freude und es entstehen vor allen Dingen Songs, zu denen ich alleine nicht in der Lage wäre.

Ich habe mich gefragt, ob Deine Musik eines Tages auch bei ECM erscheinen könnte und was das für Dich bedeuten würde – ist es nicht seltsam, wie viel von Zufällen und Zuschreibungen abhängt? Wer auf ECM veröffentlicht, der ist schließlich wer; während jemand, der daheim CDs selbst zusammen bastelt, wohl nur ein armer Teufel ist…?!

Ich stelle mir solche Fragen ehrlich gesagt nicht mehr, da sich die Musiklandschaft sehr verändert hat und da meiner Meinung nach auch noch einiges passieren wird. ECM ist ein tolles Label und ich bewundere einige ihrer Künstler, besonders Arvo Pärt und Anouar Brahem, aber für mich würde jetzt kein großer Traum in Erfüllung gehen, wenn meine CD dort erscheinen würde. Mein Ziel war es immer, unabhängig zu sein und die Musik machen zu können, die ich gerne machen möchte. Ich bin diesem Ziel schon recht nahe und das ist für mich wichtig, alles andere ergibt sich auf dem Weg oder auch nicht – da lass ich mich einfach mal überraschen!

Welche Alben und Konzerte haben bei Dir in den letzten Jahren einen tieferen Eindruck hinterlassen und warum?

Sehr beeindruckt hat mich das letzte Album von Opeth. Von vielen als langweilig empfunden, fand ich es einen sehr mutigen Schritt und wenn man sich mal darauf einlässt, dann kann man sehr viel auf dem Album entdecken – man hört hier einfach mal, wie die Band wirklich klingt. Ich war aber schon immer sehr von der Spielweise Akerfeldts beeindruckt, vor allem seine akustischen Zwischenspiele strotzen nur so vor Kreativität! Popol Vuh ist auch so eine Band, die ich immer wieder gerne höre, gerade wegen den meditativen und von indischer Musik beeinflussten Stücken. Sehr toll finde ich auch Wardruna, deren Musik hat gleichzeitig etwas beruhigendes und etwas belebendes, schwer zu beschreiben. Ich höre die gerne vor Auftritten, da sie mich in eine gute Stimmung versetzen. Live fand ich Wovenhand ziemlich toll, da sie unerwartet laut und wuchtig waren – das hat mich sehr mitgerissen. Schön war auch ein Konzert von Anna von Hausswolff, deren aktuelles Album hauptsächlich auf Orgel basiert. Live war es noch kantiger und fast sogar doomig, hat mir sehr gefallen! Kommende Woche werde ich Ulver zum ersten Mal sehen – eine Band, die ich seit jeher sehr schätze - und bin mal sehr gespannt!

Danijel, danke für Deine Zeit – viel Frohsinn sowie ein gerüttelt Maß an Neugier und Spielwitz bei Deinen kommenden Unterfangen!

Danke auch dir für deine Zeit, die Unterstützung sowie die interessanten Fragen! Ich melde mich einfach so in zwei bis drei Monaten wieder bei dir, wenn ich mein Death Metal Album fertiggestellt habe... ;-)

Das könnte dann das erste Death-Metal-Album seit Christian Kolfs Owl-Platte „You Are The Moon…“ sein, die mir gefällt. Es bleibt also spannend, im Hause Zambo – mal abwarten, welche Töne der Freiheit liebende Musiker in Zukunft noch so anschlägt…

Thor Joakimsson (Info)
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