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Interview mit THALA (09.10.2021)
Irgendwie scheinen alle auf THALA gewartet zu haben. Denn obwohl die junge Songwriterin aus Berlin nach eigener Aussage erst seit ungefähr 2019 weiß, wie man ein Kabel in die Gitarre steckt, hat sie mit den erstaunlich ausgefeilten Songs ihres brillanten Debüt-Albums „Adolescence“ und ihrem eigentümlichen Mix aus allem, was in der Indie-Szene zwischen Shoegaze, Pyschedelia, New Wave und Dreampop als gut und sinnvoll angesehen wird, innerhalb kürzester Zeit die Aufmerksamkeit wichtiger Leute in der Musikbranche auf sich gezogen - und sich letztlich auch bereits eine eigene Fanbase erspielt. Das führte unter anderem zu einem Plattenvertrag mit einem US-Label und einem weiteren für den europäischen Bereich, THALAs eigener Band, zu Airplay bei BBC ONE, Supportslots bei angesagten internationalen Acts und einer Zusammenarbeit mit dem britischen Songwriter und E-Pop-Spezialisten JACK „BEARCUBS“ RITCHIE. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass das überhaupt nicht geplant war. Jedenfalls nicht in dieser Konsequenz.
Wie bist Du denn überhaupt zur Musik gekommen?
Das ist alles noch nicht so super lange her. 2018 bin ich nach einem Auslandsaufenthalt wieder nach Berlin gekommen und habe dann angefangen Open-Mics zu machen und Straßenmusik zu spielen. Irgendwie hat sich das alles so ergeben. Ich habe aber eigentlich nie auf so etwas hingearbeitet. Jetzt tue ich es seit etwa einem halben Jahr würde ich sagen. Es war eigentlich so eine Go-With-The-Flow-Sache. Mal sehen was passiert. Eigentlich habe ich dann immer die richtigen Leute getroffen, die mir weiterhelfen konnten, mich musikalisch zu entdecken und durch die ich mich weiterbilden konnte. Mein Produzent und Bassist Michael Kümper, mein Gitarrist Constantin Kilian und meine ganze Band gehören auch dazu. Das war auf jeden Fall lustig dieser Werdegang, weil der gar nicht geplant war.
Was hattest Du denn beruflich stattdessen vorgehabt?
Ich wollte eigentlich Meeresbiologie studieren, denn ich bin Tauchlehrerin.
In Deiner Bio werden ja allerlei Referenzen genannt, denen Du Dich angeblich verpflichtet fühlst. Welches sind denn wirklich die Sachen, die Dich inspirieren?
Finde ich schön, dass Du mich das fragst und nicht einfach sagst, dass das, was da steht, genauso so sei. Wahrscheinlich hast Du ja BEACH HOUSE und MAZZY STAR gelesen. Und ich muss sagen, dass ich MAZZY STAR auch wirklich liebe. HOPE SANDOVAL finde ich großartig. Wer kann sich schon vor 10.000 Menschen hinstellen und einen Akustik-Song singen und jeder ist still? Ich finde das ist ein unglaubliches Talent, diese Aufmerksamkeit in sich aufzusaugen. Von BEACH HOUSE bin ich Fan seit meinem 17. Lebensjahr. Lustigerweise gehört das BRIAN JONESTOWN MASSACRE aber auch zu den Bands, die ich schon höre, seit ich Teenager bin. Mit denen hat mein Label-Chef GRANT BOX ja auch ganz viel gemacht und war sogar deren Tourmanager.
Nun ist das ja nicht gerade so, dass man diese Referenzen aus Deiner Musik dann 1:1 heraushören kann, oder?
Es ist mir sowieso egal, was die Leute zu meinem Stil sagen. Außerdem schreiben die ja sowieso, was sie wollen. Ich habe gestern zum Beispiel eine nicht so nette Kritik von meinem Live-Gig gelesen, in dem das Ganze 'Country-Pop' genannt wurde. Da wurde das Ego dann doch ein wenig angegriffen. Das war wie ein Schlag in die Magengrube. Aber offensichtlich brauchen die Menschen das. Die müssen Dich in Schubladen stecken, sonst wissen sie nichts mit Dir anzufangen. Ich finde das gar nicht so schlimm.
Auf dem nun vorliegenden Album befindet sich auch der vorab als Single-Track veröffentlichte Song „Something in The Water“, den Du zusammen mit dem britischen Musiker JACK „BEARCUBS“ RITCHIE geschrieben hast. Vermutlich war auch das dann wieder nicht geplant, oder?
Nein – denn in dem Fall ist er an mich herangetreten. Auch hat er mich über Social-Media angeschrieben und vorgeschlagen, zusammen eine Session zu machen und vielleicht mal etwas zusammen zu schreiben. Dann hat es so 3, 4 Stunden gedauert und dann war der Song fertig. Das war ein Magic Studio Moment. Der Song entstand sehr aufwandslos.
Genauso hört sich der Song ja auch an.
Ja – ich glaube man kann vielleicht vorher über die Thematik reden, was wir auch gemacht haben. Das Gitarrenriff hatte ich aber vorher schon im Kopf. Ich habe immer so ein paar Ideen, mit denen ich so rumdudele oder so. Und irgendwann hat sich das alles so ergeben. Er ist mit seinen New-Wave-Synthies um die Ecke gekommen, dann habe ich einen Text geschrieben und so ist der Song entstanden.
Deine Songs sind ja schon recht persönlich – wobei Du sicherlich nicht zu sehr ins Detail geht. Mit welchen Überlegungen gehst Du denn an Deine Songs heran
Ich überlegte tatsächlich gar nicht, wenn ich schreibe. Bei mir ist das alles irgendwie reine Eingebung. Ich stehe zum Beispiel nachts um eins auf und wasche mein Geschirr. Plötzlich gibt es diesen Wow-Moment und ich renne mit meinen nassen Händen rum, schmeiße mich auf den Fußboden, schnappe mir meine Gitarre und dann entstehen zwei Strophen – und dann ist wieder fünf Tage Ruhe. Viele Texte habe ich schon zu Hause geschrieben, aber diese Album besteht aus 'Stilles- Kämmerlein-Songs'. Diese Songs habe ich dann meinem Produzenten Michael Kümper vorgespielt und der meinte daraufhin: 'Cool, da machen wir was draus'. Dann habe ich meinen Gitarristen Constantin Kilian dazugeholt. Alles, außer meiner Schrammelgitarren, stammt von ihm. Dann tüfteln wir zu dritt diese Songs aus. Ich weiß dann aber schon wie der Song klingen soll und was ich im Kopf habe. Ich musste nur lernen, das zu kommunizieren, weil ich vor zwei Jahren noch nicht mal genau wusste, wie man das Kabel in die Gitarre steckt.
Gab es denn wenigstens ein thematisches Konzept für die Scheibe „Adolescence“? Man könnte ja auf die Idee kommen, dass es sich dabei um ein Coming Of Age Album handelt.
Nein, es war auch nie geplant, dass das Album 'Adolescence' (Pubertät/Jugendzeit) heißt. Der Song, den ich als letztes geschrieben habe, hieß halt so. Und dann dachte ich mir, dass sich die ganze Platte um diese Sachen dreht und nannte sie halt so. Es war aber nicht geplant, ein Album über die Reise vom Teenager zum jungen Erwachsenen zu machen. Das geschah nur so. Die ganzen Songs wurden auch erst im letzten Jahr geschrieben. Von den Songs, die ich GRANT gezeigt habe, sind vielleicht ganze 3 auf der Scheibe gelandet, alles andere habe ich neu geschrieben.
Woran lag das denn?
Ich hatte anfangs Schwierigkeiten, Hooklines zu finden, denn das ist gar nicht so einfach. Jetzt geht das wie von selbst von der Hand. Nur war ich damals ja neu im Geschäft. Ich habe nie Musik studiert, hatte keine Ausbildung, ich habe nie Unterricht gehabt. Eigentlich kann ich nichts in diesem Sinne.
Gibt es denn wenigstens jetzt – nachdem die Sache ja eigentlich ganz gut angelaufen ist – einen Plan oder eine Vision für die Zukunft?
Ja. Es gibt eine 'Spaß haben und mal gucken wie weit ich in der Branche komme'-Vision. Ich habe schon ein zweites Album geschrieben und das ist noch mal ein bisschen anders.
Inwiefern? Gibt es da schon Hinweise?
Was ich sagen würde, ist, dass die neue Scheibe dann weniger Shoegaze und dafür ein bisschen mehr 90's Chickflick-Rock enthält. Also schon heftigere Gitarren, trockenere Vocals und ein bisschen mehr Tempo. Man erkennt zwar noch, was es ist, aber ich habe schon Lust, mich mehr im Rock zu orientieren, als in die krasse Dreampop-Richtung. Nicht weil mich der Stempel stört, denn die Leute schreiben ja doch, was sie wollen. Hauptsache ich habe meinen Spaß. Deswegen mache ich das ja auch, nicht aber um unbedingt jemandem zu gefallen.
Video „Live @ Headcrash, Reeperbahn-Festival 2021