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Interview mit Gazpacho (12.02.2011)

Gazpacho

Der Colossaal in der Fußgängerzone von Aschaffenburg ist hellhörig. Schon aus einiger Entfernung höre ich einzelne Soundschnipsel, die mir entfernt bekannt vorkommen, die ich aber nicht ganz zuordnen kann. Fest steht nur, dass sie aus Songs der norwegischen Band Gazpacho stammen. Da ich keine Lust habe der Kälte zu trotzen schleiche ich mich in den Konzertsaal und schaue ein wenig beim Aufbau zu bis Bart, der Tourmanager von Gazpacho, mich freundlich begrüßt und mir sogleich Kaffee anbietet. Ich nehme dankend an und leere die Kanne. Kaum habe ich mich dem Kaffee gewidmet taucht Jon-Arne Vilbo, der Gitarrist von Gazpacho, auf und verzweifelt an der leeren Kanne. Fängt ja schon mal gut an, denke ich mir und fürchte, dass er sogleich mich als Verdächtigen ausmacht. Er denkt aber gar nicht daran, deutet auf mein Aufnahmegerät und fragt, ob ich ihn gleich interviewe. Ich bejahe etwas überrascht, freue mich aber zugleich schon. Nachdem wir es uns auf einem Sofa bequem gemacht haben, erzählen Jon-Arne und Lars-Erik Asp, der Drummer, musikreviews.de ausführlich von ihrem neuen Album „Missa Atropos“, von Lars Einstand bei Gazpacho und schmieden Pläne für den Festivalsommer.

Mit all Euren Referenzen zu Kate Bush, Muse, Porcupine Tree oder Marillion seid ihr so etwas wie eine Art Prototyp einer Progressive-Rock-Band. Würdet Ihr Euch in diesem Feld wohlfühlen?

Jon-Arne: Wir haben uns nie selbst als Progressive Rock bezeichnet, sind aber oft dort eingeordnet worden. Hauptsächlich ist der Grund dafür, dass wir eben etwas „andere Musik“ machen. Wir sind eigentlich keinem Stil verschlossen und unsere Songs sind eben recht lang. Ich weiß aber nicht wirklich, woher das kommt. Wenn Du auf der Straße eine Person nach einer Einordnung unserer Musik fragst ohne diesen Begriff fallen zu lassen, wäre das vermutlich nicht das erste, was ihr in den Sinn käme. Aber das ist schon ok, es gibt ja schließlich genug wirklich gute Bands in dem Bereich. Wir sind aber sicherlich keine typische Seventies Genesis. Wir bleiben dem Begriff „progressive“ in seiner ursprünglichen Bedeutung treu; Musik, die sich ungeahnte Wege bahnt und eben andere Schritte geht, als man erwarten würde.

Lars-Erik: Progressive ist so ein nostalgischer Begriff.

Jon-Arne: Ja, in gewisser Weise ist es eher regressiv, weil es in einem gewissen Stil mündet und sich darin verläuft, während Progressive ursprünglich ja für fortschrittliches Denken stand. Aber ja, man kann uns gerne als Progressive Rock einordnen.

Interessant. Steven Wilson hat vergangenes Jahr etwas sehr ähnliches dazu gesagt.

Lars-Erik: Vermutlich weil er ja auch permanent nach vorne gewandt ist und sich nicht in eine Schublade mit dem Seventies-Sound stecken lassen will.

Jon-Arne: Tja, da sind wir wohl Brüder.

Es scheint als hättet Ihr ein Faible für Konzeptalben wie" Night", "Tick Tock" und nun "Missa Atropos". Was ist für Euch an Konzeptalben so interessant und wie kommt es, dass Ihr dieser Form so zugetan seid?

Gazpacho: Missa AtroposJon-Arne: Als wir 2007 „Night“ aufgenommen hatten, gab es schon drei vorherige Alben, wo wir versucht haben herauszufinden, was wir genau machen wollen. Ehrlich gesagt haben sich diese Alben nicht wirklich gut verkauft. Das brachte uns zu dem Punkt, wo wir überlegten, was wir gut können. Und wir kamen zur Übereinstimmung, dass wir gute Geschichten erzählen können und ein Talent für den musikalischen Transport von Stimmungen haben. Wenn man das kombiniert hat man schon fast eine Art Konzept, in dem man eine Geschichte vom Beginn bis zum Ende erzählt. Wir haben nicht entschieden, dass wir Konzeptalben machen wollen. Das war ein ganz natürlicher Prozess, durch den wir uns in Konzeptalben gestürzt haben. Das bedingt in gewisser Weise auch unsere langen Songs, weil wir einfach so viele gute Ideen in die Alben packen wollten. Wir waren einfach an dem Punkt, wo wir uns dachten: Vergesst es, lasst uns einfach Musik machen, die wir mögen, auch wenn wir damit nicht radiotauglich sind. Das haben wir von „Night“ an gemacht und so haben immer mehr Leute zur Band gefunden, die an unserer Musik Spaß gefunden haben. Musik machen wir zu Großteilen für uns und wenn es den Leuten gefällt, umso besser.

Wie findet Ihr die Themen für Eure Alben, speziell das Thema von „Missa Atropos“?

Jon-Arne: Das ist hauptsächlich auf Thomas (unserem Keyboarder) gewachsen. Er hat ein Buch gelesen, dessen Titel und Autor mir beim besten Willen nicht mehr einfallen wollen. Wir hatten schon ein bisschen mit der Musik rumgespielt, so wie wir es immer machen. Und irgendwann ergibt sich daraus eine spezielle Stimmung, in die Thomas Idee passte. In diesem Buch geht es um einen Mann, der alle Verbindungen zu seiner Welt kappt und symbolisch gesprochen in einen Leuchtturm zieht, um dort eine Messe für Atropos zu schreiben. „Missa Atropos“ und „Mass for atropos“ sind Wortspiele, da beide Wörter den Kern von Misanthropie enthalten. Atropos ist nebenbei auch noch eine der drei Moiren, eine Göttin der griechischen Mythologie. Sie schnitt mit ihrer Schere die Lebensstränge der Opfer durch. Das war zu passend, um es nicht zu verwenden. Das Hauptmotiv ist demnach das Abschneiden vom Leben, ein sehr düsteres Album also.

Und so geht es um diesen Mann, der mehrmals erfolglos versucht eine Messe für Atropos zu schreiben und seine Flucht aus dem Leben.

Ihr habt mal gesagt, dass Ihr zuerst die Musik schreibt und dann erst die Lyrics und die Geschichte dahinter herausarbeitet. Oder ist es so, dass Ihr während dem musikalischen Experimentieren Ideen für Geschichten und Lyrics habt?

Jon-Arne: Letzteres. Es ist so, dass wir während der Komposition einige Ideen haben und uns darüber dann intensiv austauschen. Dabei kommen uns natürlich immer wieder neue Ideen, die wir dann nach und nach in die Songs einarbeiten und diese dadurch erweitern hin zum finalen Album. Das ist ein stetiges Hin und Zurück. Wir sagen uns nicht: „Hey, lasst uns doch über das oder das schreiben“.
Lars-Erik: Wir schreiben also die Musik und dann entwickelt sich der Rest oder das Konzept automatisch dazu.

Was war denn die erste Ausgangsbasis für „Missa Atropos“? Bei „Tick tock“ war es ja der dritte Teil, um den sich das restliche Album entwickelt hat. Gab es auch diesmal eine musikalische Idee, die den Ausgangspunkt darstellte?

Jon-Arne: Das ist immer eine sehr persönliche Sache, aber ich glaube, dass „Defense mechanism“ der erste Song war, den wir für dieses Album gemacht haben – und auch „Splendid isolation“.

Lars-Erik: Und „Splendid isolation“ hörte sich am Anfang noch ganz anders an.

Jon-Arne: Ja, wenn ich nochmal auf die Referenzen zu Kate Bush zurückkommen darf: Ursprünglich gab es in „Splendid isolation“ im Hintergrund ein Violinenloop, sodass sich der Song so ein bisschen wie ein typisch englisches Drama angehört hat (lacht). Das ist sehr schwer zu beschreiben, aber letztlich haben wir den Song dann doch sehr stark verändert. Aber es hat sich gelohnt.

Hätte mich interessiert, wie sich das angehört hat. Nun, ich finde es deutlich schwerer in „Missa Atropos“ einzutauchen. Mit „Tick tock“ hatte ich deutlich leichteres Spiel, was vielleicht daran lag, dass ich „Wind, Sonne und Sterne“ von Antoine de Saint-Exupery (das Buch, worauf „Tick tock“ basiert) kenne. Wahrscheinlich hat auch das Ticken der Uhr während eines Großteils des Albums dabei geholfen.

Lars-Erik: Das Motiv der Zeit ist sicherlich etwas greifbarer, weil sich ja jeder damit beschäftigt, wie sie unsere Lebensreise und unsere Taten beeinflusst.

Jon-Arne: Genau, aber Du hast recht. Wir haben es zwar nicht absichtlich gemacht, aber das Album ist sicherlich deutlich weniger zugänglich, was an der Hauptperson liegt. Immerhin kappt er sich vonGazpacho seinem normalen Leben ab – er ist also auch nicht wirklich zugänglich. Und irgendwie bin ich darauf auch ein klein bisschen stolz.

Vielleicht hattet Ihr mit „Tick tock“ eine klare Geschichte zu erzählen, während „Missa Atropos“ sehr symbolisch ist. Eigentlich wird über die Hauptperson nicht viel erzählt, man folgt seinen Gedanken und baut sich so selbst seine Welt zusammen. Auf „Tick tock“ hat man wirklich das Gefühl, dass man als Hörer selbst durch die Wüste wandert. Bei „Missa Atropos“ fehlen mir noch ein wenig die Bilder im Kopf, weil die Geschichte sich nicht so einfach in geistige Bilder umsetzen lässt.

Jon-Arne: Offensichtlich bist Du nicht so isoliert, wie der Protagonist (lacht). Wahrscheinlich kann sich jeder auf eine Art und Weise vorstellen allein durch die Wüste zu wandern, während die Vorstellung sich von seiner kompletten Lebenswelt abzukapseln nicht so greifbar ist. Es gibt aber über das ganze Album verteilt Metaphern und Bilder, die das etwas greifbarer machen sollen und die Grundidee und das Konzept widerspiegeln. Zum Beispiel der Song „Snail“. Wenn man eine Schnecke anfassen will, verkriecht sie sich ja in ihr Haus – quasi ihr „defense mechanism“. Das wiederrum ist eine Metapher für die Introversion und die Abkapselung des Protagonisten.
Es gibt hier keine klare Geschichte wie bei „Tick tock“, sondern eine episodische Erzählung über den Protagonisten, der versucht die Messe für Atropos zu schreiben. Die drei Stücke „Mass for atropos“ sind instrumentelle Stücke und so etwas wie die halbfertigen Entwürfe der Messe, die er zu perfektionieren versucht.

Lars-Erik: Wenn man sich den Text zu „Defense mechanism“ ansieht, erkennt man, dass das der Schlüssel zum ganzen Album und zum Konzept ist.

Ihr habt gerade gesagt, dass „Missa Atropos“ natürlich von Isolation und Einsamkeit handelt. Bei mir ist es tatsächlich so, dass ich Eure Musik am angenehmsten und besten finde, wenn ich alleine in einem dunklen Zimmer sitze. Wahrscheinlich ist Euch klar, dass Eure meisten Zuhörer nicht gerade in der fröhlichsten Stimmung sind, wenn sie Eure Musik hören. Stört Euch das eigentlich?

Jon-Arne: Willst Du damit darauf hinaus, dass wir speziell traurige Leute mit unserer Musik ansprechen?

Nein, überhaupt nicht. Ich gehe nur von mir selbst aus und wenn ich mich daran erinnere, wie ich mich meistens gefühlt habe, wenn ich Eure Musik gehört habe, dann läuft es auf gewollte Einsamkeit und Nachdenklichkeit hinaus.

Jon-Arne: Sagen wir mal so, wir verlangen viel von unseren Hörern. Im Gegenzug erhält man aber auch eine Menge dafür. Und wenn wir es schaffen dem Hörer eine neue Erfahrung und einen neuen Blick auf spezielle Themen des Lebens zu geben dann ist das großartig. Natürlich ist das keine Partymusik, die man nebenbei laufen lässt, wenn man mit Freunden zusammen ist, aber darauf sind wir auch irgendwie stolz.

Lars-Erik: Wir zielen auf das Gefühl ab, dass Du hast, wenn Du dich in ein wirklich komplexes Album herein arbeitest und den Moment genießt, wo sich eine neue Welt offenbart. Du nimmst auf einmal Dinge wahr, die Dir vorher niemals aufgefallen wären. Das ist eines der tollsten Gefühle für mich. So ging es mir lange Zeit, als ich noch jünger war, mit Frank Zappa, den ich trotz unzähliger Durchläufe nie so ganz fassen konnte.

Ihr habt vorhin gesagt, dass der Protagonist auf „Missa Atropos“ versucht eine perfekte Messe zu schreiben. Nun weiß ich vom hören sagen, dass Ihr ebenfalls sehr darauf fokussiert seid, alles perfekt zu machen. Hat sich daran diesmal etwas geändert.

Jon-Arne: Glücklicherweise nicht. Es ist immer so, dass man nie zu 100 Prozent glücklich mit dem Geschaffenen ist und nach dem sucht, was man beim nächsten Mal besser machen kann. Für ein paar von uns ist „Hounds of love“ von Kate Bush eines der größten Alben, die wir je gehört haben. Nach jedem Album fragen wir uns: Haben wir unser „Hounds of love“ gemacht? Bisher war das aber noch nicht der Fall, was ja gut ist, weil wir dann die Motivation haben weiter zu machen. Vielleicht wird unser nächstes Album ja unser „Hounds of love“. Und dann werden wir vermutlich aufhören, weil es keinen Grund mehr gibt weiter zu machen. Man kann ja kein „Hounds of love II“ machen.

Ein Großteil Eurer Musik beschäftigt sich ja mit Realität, Träumen und auch der Zeit. Was interessiert Euch an diesen Themen?

Jon-Arne: Das interessanteste daran ist vermutlich, dass diese Themen für jeden relevant sind. Wahrscheinlich ist Dir aufgefallen, dass wir Politik, Religion oder Sex aus dem Spiel lassen. Man kann seinen eigenen Zugang zu diesen Themen finden, weil jeder auf eine Art und Weise das Gefühl der Einsamkeit und Isolation oder der Krise kennt. Es geht also meistens um gewöhnliche Themen, zu denen aber jeder einen Zugang findet, sich seine eigenen Gedanken macht und hoffentlich einen neuen Blick darauf gewinnt.

Wenn man sich auf Eurer Website registriert, kann man einen Großteil der Musik mehr oder weniger für umsonst hören. Habt Ihr nicht Angst, dass die Leute dann keine Alben mehr kaufen und sich auf andere Formen der Piraterie beschränken?

Gazpacho liveJon-Arne: Nun, darüber haben wir in der Band verschiedene Meinungen. Ich arbeite selbst im Marketingbereich und habe da eine persönliche Sicht. Wenn ich bedenke, dass es da draußen vermutlich zwei bis drei Millionen Bands gibt, hat die Möglichkeit jemandem Musik für umsonst bereitzustellen an sich einen großen Werbewert. Und hoffentlich kann man den Hörer so für mehr interessieren, zum Beispiel für das Artwork oder die Lyrics. Dann ist es gut möglich, dass er sich auch das Album kauft oder sogar zu einer Live-Show kommt. Viele Leute wollen ja auch ein physisches, haptisches „Ding“ neben der Musik haben.
Es gibt aber noch einen weiteren Grund für diese Praxis. Denn es kommt ja nicht so oft vor, dass man sich sagt: „Wow, ich mag diese Band wirklich und will immer auf dem neuesten Stand bleiben“. Und wir denken, dass das umso besser funktioniert, je weniger Barrieren wir dem interessierten Hörer zu Beginn in den Weg stellen.

Könnt Ich euch Musik ohne Artwork oder Lyrics als eine Art „Kunstwerk“ vorstellen?

Jon-Arne: Vorstellen kann ich mir so ziemlich alles, es ist aber verdammt schwer, weil diese Dinge für mich einfach zusammengehören. Bei dieser Gelegenheit kann ich darauf hinzuweisen, dass wir bei „Missa Atropos“ ja mit KScope endlich auch ein Label hinter uns haben. Die haben fast die gleiche Einstellung wie unsere Band und Du. Sie zielen mit dem Album als Gesamtkunstwerk eben genau auf den Markt der Leute ab, die sich tatsächlich noch Alben kaufen, sich für das Artwork und die Lyrics interessieren. Ich fühle mich mit der Sache sehr wohl, weil KScope genau die Hörerschaft im Blick hat, denen unsere Musik am besten gefällt. Ich bin überhaupt nicht daran interessiert den potenziellen Britney Spears Fan anzusprechen, sondern Leute wie Dich. Ich hoffe, dass wir und KScope in Zukunft beidseitig voneinander profitieren können.

Lars-Erik, Du bist nun seit etwa einem Jahr bei der Band. Gazpacho haben ihren Stil ja über mehrere Jahre, Alben und Konzepte mit vielen Hintergedanken aufgebaut. Wie lief denn der Prozess Deiner Integration in die Band ab und wie konntest Du dich so schnell in die Welt der Band hinein finden?

Lars-Erik: Hab ich das denn geschafft? (lacht)

Jon-Arne: Oh ja, Du blühst auf (lacht). Ich erinnere mich noch daran, wie Du vollkommen überdreht am ersten Tag aufgetaucht bist und meintest: „Lasst uns AC/DC spielen!“
Aber ganz ehrlich, es hat einfach von Anfang an super zusammengepasst. Er ist ein exzellenter Drummer, sehr kreativ und er passt auch persönlich gut zu uns. Wir hätten das schnell rausgefunden, wenn es nicht so wäre. Das muss natürlich von mir kommen – er kann sich ja schlecht hinsetzen und sich selbst über den grünen Klee loben (lacht). Aber ich für meinen Teil finde, dass wir mit Lars-Erik eine noch bessere Band sind.

Lars-Erik: Vielen lieben Dank für das Kompliment. Das lustige ist, dass ich den Großteil von „Missa Atropos“ aufgenommen habe, bevor ich die Jungs überhaupt getroffen habe. Ich habe mich mit den Entwürfen über Weihnachten 2009 im Studio zusammen mit Kristian eingeschlossen und die fertigen Teile dann an den Rest der Band geschickt.

Jon-Arne: Ja, in einem Studio mit einer Temperatur von zwei Grad.

Lars-Erik: Stimmt, es waren widrige Umstände in dieser großen Halle, die irgendwie nicht warm werden wollte. Aber zurück zum Thema: ich hatte bis auf Kristian vor den Proben für die Tour wirklich noch niemanden getroffen. Wir haben dann zwei Probewochenenden gespielt, an denen ich zwei Stunden Musik lernen musste. Ich hatte mir vorher natürlich alles angehört und kam deshalb auch recht schnell in die Musik hinein. Ironischer weise war das Konzert in Aschaffenburg vor einem Jahr das erste Konzert, das ich mit Gazpacho gespielt habe. Der Kreis schließt sich heute also.
Angefangen hat es aber damit, dass Kristian mich anrief und fragte, ob ich nicht Lust hätte ein paar Songs im Studio aufzunehmen. Da habe ich natürlich sofort zugesagt.

Jon-Arne: Obwohl wir ihm klipp und klar gesagt haben, dass wir nichts zahlen (lacht).
Lars-Erik: Richtig, das war mir aber egal, weil ich einfach Lust hatte ein Album aufzunehmen. Interessant ist auch, dass ich bis zu diesem Punkt noch nie Musik von Gazpacho gehört hatte. Das erste Stück Gazpacho-Musik, das ich gehört habe, war der Entwurf für „Defense mechanism“. Ich hatte „Night“ und „Tick tock“ vorher nie gehört.

Ok, das überrascht mich jetzt. Aber Du kommst schon aus der musikalischen Ecke und würdest Gazpacho auch hören, wenn Dir die Musik in die Hände fiele?

Lars-Erik: Puh, ich komme aus ziemlich vielen musikalischen Ecken. Meine Verbindung zur Band war, wie schon gesagt, Kristian, mit dem ich zusammen auf der Musikschule war. Ich wusste ja, dass er beiGazpacho Gazpacho spielt und mit der Band tourt. Wenn ich aber zurückdenke, habe ich ihn nie nach Musik von Gazpacho gefragt – es war mir scheinbar egal (lacht).

Du kommst aber schon aus Norwegen, wie die anderen?

Lars-Erik: Jaja, Kristian und ich kommen sogar aus dem gleichen Ort. Aber ich habe mich wohl eine ganze Zeit in meinem Keller vergraben und nicht mitbekommen, was die anderen so machen (lacht).

Solange Ihr jetzt zusammenpasst wird das die anderen vermutlich nicht weiter stören. Naja, ein schönes und lustiges Stück Bandgeschichte. Aber habt ihr denn schon mal vom Burg Herzberg Festival gehört?

Jon-Arne: Nein, das sagt mir nichts.

Ich frage nur nach, weil ich mir dachte, dass Ihr sehr gut in das Line-up passen würdet. Dieses Jahr sind unter anderem Marillion und Crippled Black Phoenix mit dabei, also Bands, die grob in Euer Genre passen.

Jon-Arne: Interessant, bisher hat sich aber niemand bei unserem Management gemeldet. Das werde ich aber mal weitergeben, schließlich sind Festivals für die Zuschauer wie auch für uns immer ein großartiges Erlebnis. Das würden wir sehr gerne machen, aber es muss eben erstmal über die Management-Ebene laufen. Wann genau ist das denn?

Mitte Juli, das Wochenende vom 14. bis zum 17.

Lars-Erik: Wie viel Zuschauer sind denn etwa dort?

So etwa 10000 bis 15000.

Lars-Erik: Hey, das sollten wir machen.

Jon-Arne: Ja klar, ich bin mit dabei.

Als ich mich von Gazpacho verabschiede und Ihnen nochmals für die interessanten Worte danke, sitzen Jon und der Tourmanager vor ihrem Netbook, informieren sich über das Burg Herzberg Festival und diskutieren lebhaft. Jon habe ich wohl mit einem Fieber infiziert: „Dude, Marillion are playing there. We have to be there!“ Ich muss grinsen und frage mich, ob ich nicht lieber eine Managementkarriere eingeschlagen hätte.

Interview: Raoul Schneider

Gast-Rezensent (Info)
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