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Interview mit Coshish (13.10.2013)
Falls diese Band irgendeinmal höhere Wellen im Westen schlägt: Hier hat man es zuerst gelesen. Vorhang auf für Indiens große Hoffnung in Sachen zeitgenössischer Progressive Rock!
Wie habt ihr als Band zusammengefunden, und was macht euch so besonders in dieser Konstellation?
Alles geschah mehr oder weniger zufällig. Shrikant und Mangesh spielten 2006 bei einer Metal-Coverband vor, doch stattdessen wurde daraus ein Projekt mit eigenen Kompositionen, nachdem Dummer und Bassist feststanden. Zwei, drei Songs schrieben sie sogar, doch sie waren nicht zufrieden mit der Besetzung, weshalb sie Anish und Hamza fragten, die dann 2008 eingestiegen sind. Erst da hatten sie das Gefühl, eine richtige Band zu sein. Bestimmte Ziele haben wir uns nicht gesetzt; uns genügt es für uns selbst einzigartige Musik zu schaffen. Progressive Rock war seinerzeit nicht gerade populär in Indien. Unsere Einflüsse liegen bei TOOl, OPETH, ISIS oder A PERFECT CIRCLE, denen wir in puncto Qualität gleichkommen wollen. Dass wir tatsächlich einmal von Universal Music unter Vertrag genommen würden, hätten wir nie erwartet. An unserer Einstellung hat sich deshalb aber nichts verändert.
Was bedeuten euer Bandname und der Titel des Albums?
Der Name bedeutet Versuch oder Versuchung, was für uns ein Motto darstellt – nicht locker lassen, mit Entschlossenheit und Hingabe auf das hinarbeiten, was man möchte. “Coshish Jaari Rahey” bedeutet: Versuch es weiter und gib nicht auf. “Firdous” hingegen stammt aus dem Persisischen und bedeutet Paradies oder Garten. Wir erzählen die Geschichte eines jungen Mannes, der sich der Unwirklichkeit seiner Welt bewusst wird und eine Reise antritt, um sein Paradies zu finden.
Weshalb die Idee mit den Karten statt eines Booklets für die CD?
Wir suchten nach etwas Bestimmtem, um uns abzuheben von den üblichen Gepflogenheit in dieser Hinsicht. Da das Konzept die Lebensgeschichte einer Person betrifft, sollte das Album einen intimen Touch erhalten, wie um dem Hörer möglich zu machen, die Figur zu sehen, und als ob man einen Film schaue, in dessen Charaktere man sich einfindet. Die Fotos helfen wohl auch dabei, die Story zu begreifen und sich einen eigenen Reim darauf zu machen.
Da wir kein Hindi sprechen: Könnt ihr ein wenig über die Texte erzählen?
Würde die Welt doch nur eine gemeinsame Sprache sprechen ... Na ja, wenigstens gibt es Musik als universelles Medium zur Verständigung, aber wie dem auch sei: Die Songtexte sind nur ein kleiner Teil der gesamten Geschichte, also los:
“Firdous (Paradise)”: Von einem Weissager erfährt der junge Mann, der in einem Dorf lebt, dass ihm Großes beschieden ist. Er möchte fortziehen und in einer Stadt versuchen, etwas aus sich zu machen.
“Raastey (Routes/Roads)”: Als er verwelktes Laub betrachtet und die Äderchen in den Blättern, wird ihm klar, dass man als Mensch unendlich viele Wege beschreiten kann und dennoch an ein und demselben Endpunkt herauskommt.
“Rehne Do (Let us be)”: Bei Aufständen wird seine Familie getötet, und der Traum, in die Großstadt zu ziehen, ist dahin. Jetzt ist er einfach nur noch froh, zu leben, weil sowieso irgendwann alles für jedermann vorüber ist. Friede und Freiheit sind die Dinge, die er sich für alle wünscht.
“Hum Hai Yahin (I'm still here)”: Nach einigen Monaten in Niedergeschlagenheit und Trauer um seine Familie kann er immer noch nicht damit fertigwerden. Er singt darüber, wie sehr er sich danach sehnt, dass seine Lieben zurückkehren.
“Bhula Do Unhey (Try to forget them)”: Er versucht verbissen, mit seiner Vergangenheit abzuschließen. Die zweite Hälfte des Songs betrifft seinen Entschluss, den alten Traum nicht aufzugeben. Er packt seine Sachen und macht sich auf den Weg in die Stadt.
“Coshish (Attempt)”: Dort kommt er frohen Mutes und sehr gespannt an. Er ist davon überzeugt, seinen Traum ausleben zu können, und glaubt, der Wille allein genüge dazu. Wir haben dazu Bahnhofsgeräusche eingestreut.
“Woh Kho Gaye (He is lost)”: Einige Monate lang arbeitet er in der Stadt, bis er begreift, dass er die Orientierung verloren hat und von sich selbst entfremdet wurde. Nun würde er sich gerne in den Zustand zurückversetzen, in dem er als Kind lebte.
“Behti Boondein (Flowing droplets)”: Hier kommt er darauf, dass der Körper nur ein Gefäß oder Werkzeug der Seele ist. Die Metapher des Fließens im Titel bezieht sich darauf, und nur wenn man dies begreift, erlangt man inneren Frieden.
“Maya (Illusion)”: Endlich ist er sich im Klaren darüber, dass die materielle Welt eine Illusion darstellt und Leben im eigentlichen Sinn erst möglich wird, wenn man dahintersieht. So gibt er seinen ganzen Besitz auf – alles, was ihn an das alte Leben bindet.
“Mukti (Salvation)”: Er hat sein persönliches Paradies gefunden.
Wie kommt man auf so etwas? Was beeinflusst euch als Menschen und Musiker.
Wir halten im Allgemeinen viel von Leuten, die Großes tun und dennoch bescheiden bleiben. Sie sind unsere Vorbilder, und wir fühlen uns darin bestätigt, wenn unser Label meint, mit uns sei zwanglos zu arbeiten. So soll es bleiben, egal wie weit wir es bringen. Als Musiker schöpfen wir aus allem Inspiration, was uns umgibt. Die Idee zu der Geschichte kam von Mangesh, der aus Erfahrung spricht, was das Thema betrifft.
Warum habt ihr eine andere Song-Reihenfolge gewählt, und in welchem Zusammenhang steht das Cover damit?
Optisch und akustisch sollte eine Einheit entstehen. Bernard Dumaine aus Frankreich und der Kanadier Daeve Fellows haben das Artwork angefertigt, in dem man jemanden sieht, der in einem Garten oder eben dem Paradies meditiert. Unter ihm befinden sich die Gebäude der materiellen Welt, der er sich entzogen hat. Das Foto zu "Mukti" ähnelt dem Titelbild stark. Die Tracks stehen durcheinander auf der Platte, weil der Hörer ein wenig nachdenken soll, damit er seine eigene Lehre aus der Geschichte zieht. Dazu haben wir Puzzleteile ausgestreut, die beim Hören zu einer persönlichen Lösung führen sollen. Die ganzen Effekte sind dazu gedacht, dem Ganzen etwas Kino-Flair zu verleihen. Hat man die richtige Reihenfolge gefunden, gehen die Stücke alle ineinander über.
Worum geht es im Instrumental "Mutki"?
Es ist der letzte Song, in dem die Hauptfigur ihr Seelenheit findet. Da man dies nicht mit Worten beschreiben kann, muss es die Musik allein richten. Die Länge ergibt sich aus den gemischten Gefühlen, die dabei vermutlich aufkommen würden, und ist auch unserer Vorliebe für Progressive Metal geschuldet.
Wie ist es in Indien um diese Musik bestellt?
Bollywood bestimmt hier nach wie vor das Geschehen. Wenn Musiker aus der Filmszene live auftreten, verlangen sie Unsummen an Geld – den Bruchteil dessen, was eine Rock- oder Metal-Band nehmen würde. Der Anteil der Hörer innerhalb der Bevölkerung beläuft sich wohl auf 95 Prozent Bollywood-Fans, aber dennoch hat “Firdous” den achten Platz der iTunes-Charts in Indien erreicht und tummelt sich zwischen den Bollywood-Soundtracks. Vor diesem Hintergrund darf man auch sagen, dass Rockmusik zunehmend beliebter wird. Bands wie AVAIL, INDUS CREED, DEMONIC RESURRECTION, ADVAITA oder RAGHU DIXIT PROJECT spielen auch auf internationalen Bühnen, und umgekehrt besuchen uns viele Bands aus dem Ausland, darunter METALLICA, MESHUGGAH, KARNIVOOL oder PORCUPINE TREE. Vollzeit-Musiker zu werden ist aber sehr schwierig in unserer Stilistik, aber wir klagen nicht, sondern nehmen die Dinge so, wie sie kommen.
Also nicht zwanghaft aufs internationale Parkett schielen, oder?
Vermutlich gibt es da eine Sprachbarriere aufgrund unserer Texte, gleichwohl wir live jeden überzeugen können. Momentan erweitern wir unser Programm um eine Video- und Licht-Produktion, um für noch mehr Aufsehen zu sorgen. In anderen Ländern zu spielen wäre super, wobei wir mit Universal ja nicht den schlechtesten Partner haben, um es Wirklichkeit werden zu lassen. Wir geben weiterhin unser Bestes und hoffen, dass etwas daraus wird.
Das war's, vielen Dank.
Du hast über ein Jahr auf unser Album gewartet, also haben wir zu danken!