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Interview mit Xerath (14.06.2009)

Xerath

Melodien für Millionen! In Blockbustermanier vereinen XERATH harte MESHUGGAH-Riffs mit filmscoreträchtiger Orchesteruntermalung. Hätten Luke Skywalker und Frodo Beutlin Metal gehört, wäre es wohl jener aus der Feder der Briten gewesen. Ein kleiner Blick auf die epische, tragische und cineastische Seite unserer Musik und musikalische Einflüsse aus ungeahnter Richtung.

 

Hallo XERATH! Da kommt mit euch ja endlich mal wieder eine Welle an Innovation aus Großbritannien angestürmt. Technisch komplexer Metal mit orchestraler Unterstützung - das ist eine in dieser Form nicht allzu häufig vorzufindende Mischung und in der überlaufenen Überschublade "Metal" zunächst einmal eine willkommene Abwechslung. Denn nichts ist doch langweiliger, als es sich in den vorgetretenen Fußabdrücken einfach gemütlich zu machen - oder seht ihr das anders?

Wir mussten feststellen, dass es bereits ein Überangebot an blastbeatender, Leichen senkrecht stellender, brutal gezockter Musik da draußen gibt, die tagtäglich zur Perfektion getrimmt wird. Deswegen haben wir immer beabsichtigt, in die andere Richtung zu gehen. Dennoch kommen auch wir nicht ohne deutliche Einflüsse anderer Bands unserer Musik aus.

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Worum geht es auf "Xerath I"?

"Xerath I" wurde in "Echtzeit" geschrieben, so wie es sich eben ergab. Die Band war keine Band, bevor die Songs geschrieben wurden. Das bedeutet für dich: Wenn du dir das Album anhörst, hörst du der Band zu, wie sie ihren Weg findet - von Track 1 bis Track 10. Als ein Teilprodukt dieses Umstands waren wir nicht scharf darauf, ein Konzept zu entwerfen, nur um eben in Eile eines entworfen zu haben. Stattdessen haben wir uns dazu entschieden, einfach spontan den Pinsel kreisen zu lassen und ein paar abstrakte Bilder verschiedener postapokalyptischer Themenfelder zu malen, und zwar mit Texten, die jeder Hörer mit einer eigenen Bedeutung füllen kann.

 

Die Ziffer "I" ziert euer Debüt, das beginnt wie ein großer Kinofilm. Streicher, Pauken, Glocken, eine Explosion und schon ist man mitten im bombastischen Geschehen. Ist eine Trilogie von erzählerischen "Star Wars"- oder "Herr der Ringe"-Ausmaßen von euch zu erwarten? Sprich, sind schon "II" und "III" geplant, oder womöglich gar noch mehr?

Xerath02"Xerath II" und "Xerath III" sind tatsächlich bereits geplant, beide diesmal mit einem deutlicher vorgezeichneten Plan und einem klarer definierten Konzept, das sich zusammen mit der Erfahrung der Band herauskristallisieren soll. Diesmal jedoch liegt der Konzeptentwurf noch beim Hörer. Die Aufgabe von "Xerath I" ist es, ihn seine eigene postapokalyptische Landschaft zeichnen zu lassen, basierend auf den Lyrics und dem Artwork.

 

Das knapp 40-minütige Album beherbergt unter seinen gerade mal zehn Songs sogar ein Interludium, opfert also konkrete Songstrukturen dem reinen Spannungsaufbau. Ist das Spiel mit Spannungshöhepunkten für euch ein zentraler Teil des Musizierens?

Interludien in das Album zu integrieren, gehörte nie direkt zum Plan, aber nachdem wir ein paar nette Übergangssequenzen geschrieben hatten, die von einem Song in den nächsten überleiten sollten, fanden wir heraus, dass es ohne diese Partikel nicht funktionierte. Wir hätten einfach den gigantischen Suspense vermisst, der dadurch erzeugt wird, auch wenn das bedeutete, konventionellere Abschnitte dafür zu opfern.

 

Der unbedarfte Hörer wird vermutlich eine kognitive Leistung zu vollbringen haben, indem er die beiden separaten Spuren "Metal" und "Orchester" geistig unter einen Hut bringt. Wie sah es bei der Produktion des Albums aus? War es beim Songwriting oder bei den Aufnahmen ein Problem oder wenigstens eine Herausforderung, die Metal-Anteile einerseits und die orchestralen Arrangements andererseits harmonisch miteinander zu vereinen?

Es ist verhältnismäßig einfach, Orchester-Elemente mit Metal zu verbinden, wie wir erkannt haben. Schwieriger ist es da schon, das gewaltige Repertoire an Sounds zu managen, das man dabei zur Verfügung hat. Mit diesen Mitteln dann auch noch Musik zu schreiben, die "catchy" und erinnerungswürdig ist, ohne bei der Arbeit nachlässig zu werden oder durch zu viele Tonelemente den Überblick zu verlieren, darin liegt die eigentliche Meisterschaft.

 

Xerath03Das Album klingt auch ein wenig nach Wut und Aufbruchsstimmung, so als wärt ihr mit der gegenwärtigen Entwicklung in der Szene nicht ganz zufrieden und wolltet eine kleine Revolte starten. Ist der Metal derzeit qualitativ auf einem ansprechenden Standard?

Was das angeht, wollen wir als Band lieber bescheiden bleiben. Was diese riesige Anzahl von Bands der Metalwelt an Substanz zufügt, wissen wir zu schätzen, auch wenn wir uns jetzt nicht hinsetzen und jedes Album jeder Band von vorne bis hinten durchhören. Die meisten von uns würden sich zum Beispiel kaum mit Metalcore, Nu Metal oder den ganzen anderen kommerziellen Metal-Spielarten befassen, aber wir schenken den Vertretern dieser Richtungen Anerkennung dafür, dass sie nicht nur sich selbst, sondern auch der Untergrundszene auf lange Sicht eine breitere Fanbase erspielt haben.

 

Die technisch-mathematische Schlagseite eurer Musik, also die atonalen und polymetrischen Strukturen der Gitarren- und Schlagzeugarbeit, führt euch in Kritikeraugen sehr schnell zu den obligatorischen Vergleichen mit MESHUGGAH. Findet ihr solche Vergleiche legitim oder stört ihr euch an ihnen?

Wir fühlen uns immer wieder geschmeichelt, mit diesen Jungs verglichen zu werden, immerhin sind sie Pioniere in unseren Augen. Natürlich wollen wir ihnen - bildlich gesprochen - trotzdem nicht unbedingt auf die Zehen stapfen. Wir glauben, für den Sound von "Xerath I" haben wir eine schöne Nische gefunden, und ich denke, so wie "Xerath II" geschrieben ist, werden wir uns noch weiter von den MESHUGGAH-Einflüssen entfernen und unseren eigenen Stil noch verfeinern.

 

Um die einseitige Reduktion auf MESHUGGAH mal ein wenig zu zerstreuen: Erzählt doch mal von euren musikalischen Wurzeln und Einflüssen.

Ok, also da wären vor allem STRAPPING YOUND LAD, DIMMU BORGIR und MESHUGGAH. Es ist aber gleichzeitig zu betonen: Man muss nicht ausschließlich Metal hören, um Metal zu schreiben - ergo hören wir nicht ausschließlich Metal. Wenn du dich mal ins XERATH-Haus verirrst, wirst du einen Shitload an Klassik, Jazz, Funk, Pop und Soul zu hören bekommen, seltener tatsächlich Metal. Auf die größeren Originalitätsvorkommen trifft man dann, wenn man Fingerzeige aus genrefremder Musik aufnimmt. Wenn du ganz genau hinhörst, kannst du beispielsweise eine Prise LIONEL RICHIE in unseren Songs hören, auch CHRIS DE BURGH und DAVID HASSELHOFF. Kein Scherz!

 

Xerath04Wie werdet ihr die Platte promoten? Wo muss man Ausschau halten, um euch live zu sehen?

 

Wir halten Ausschau nach der richtigen Band, die uns in ihre Obhut nimmt, damit wir sie unterstützen können. Wir arbeiten hart und haben fuchsteufelswilde Gigs vor und möchten an so vielen verschiedenen Orten auftreten wie möglich, um das Album zu promoten (Plant ihr eine Kindergeburtstagsparty? Bucht uns!). Schon vor der Albumveröffentlichung haben wir eine Menge Verkaufspromo gemacht und sehr viel Werbung per Radio und Zeitschriften. Candlelight [das Label von XERATH; Anm.d.Verf.] scheint sehr an das Album zu glauben, sie haben uns richtig ins öffentliche Bewusstsein gepusht. Wir schulden ihnen sehr viel Dank für die Bemühungen.

 

Zuletzt noch ein kleiner Mediumswechsel. Mit Blick auf den epischen Charakter eures Schaffens... geht ihr eigentlich gerne ins Kino? Vielleicht habt ihr ja ein paar gute Tipps für Filmfans parat.

Nur dieses: wir wissen alle um die Bedeutung, die Musik einem bewegten Bild verleiht und wir glauben, wir haben eine Ahnung davon, was einen guten Filmscore ausmacht und was einen schlechten. Es ist kein Zufall, wenn du eine Szene siehst, die dich an Abgründe führt und dann wieder eine, bei der du dir die Augen ausheulen möchtest. Musik ist eine bedeutende Zutat für diesen unterbewussten Effekt.

Sascha Ganser (Info)
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