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Interview mit Primitive Instinct (15.01.2013)
Altgediente Prog-Bands haben normalerweise viel zu erzählen, aber in Kent ticken die Uhren anders. Dass PRIMITIVE INSTINCT lange nicht aus dem Quark kamen, spiegelt sich auch in ihren lakonischen Antworten wider.
Warum habt ihr zwölf Jahre gebraucht, um mit einem neuen Album aufzuwarten?
Das wurden wir schon nach den sechs Jahren gefragt, die wir für "Belief" brauchten. Die Zeit vergeht eben wie im Flug. Die Songs sind wirklich im Laufe von zwölf Jahren entstanden. "Alter Ego" ist der älteste und wurde schon auf dem 2001er Whitchurch Festival live gespielt. Hinzu kamen mehrere Besetzungswechsel, und das Gros der Stücke nahmen wir schon einmal 2005 mit unserem alten Drummer Chris Brown auf. Erst mit Jonathan aber, der sich als Keyboarder anschloss, fügte sich das Puzzle unserer Band wieder zusammen, also war erst 2012 der richtige Punkt gekommen, um neues Material zu veröffentlichen.
„Alter Ego“ klingt für mich so, als wolltet ihr sagen, man solle seine dunkle Seite akzeptieren, um ein erschöpfendes Leben zu führen; liege ich damit richtig?
Absolut, auch wenn man es ebenfalls wörtlich nehmen kann: Wir sollten im Einklang mit unseren Nachbarn leben, anderen Kulturen und Religionen, denn nur gemeinsam bilden wir ein Ganzes.
Den Verkehrsstau, der in „Falling Down“ erwähnt wird, ließ mich an den gleichnamigen Film denken.
Ja, der liegt dem Stück auch zugrunde. Es geht darum, mit dem Alltagstrott fertig zu werden, und der harte Schlag auf die Snare zum Ende hin lässt sich als Schuss deuten.
"Solitary Man" liest sich, als würdet ihr den Fortschritt verdammen.
Tun wir aber ganz und gar nicht. Der Text lautet "We keep marching on, Forward, that's what's wrong", also mit Hinblick aufs Marschieren in einen Krieg - blindes, gedankenloses Voranschreiten wie dumme Schafe.
„End Of The Day“ ist ein sehr positiver Text. Glaubt ihr wirklich eure Balance als Menschen gefunden zu haben? Wie passt das dann zu "Still Finding My Way"?
Es ist ein Stück über Beziehungen und nur zu Beginn positiv; bis zum Ende zerbricht aber manches. "Still Finding My Way" beruht hingegen auf dem "Belief"-Track "Finding My Way", der damals ohne Keyboard auskam. Da wir ihn so gerne mochten, versahen wir ihn obendrein mit Gesangsharmonien.
„Cuban Lullaby“ handelt vom Widerstreit zwischen Bauch und Hirn.
Ja, es spricht über die Schwierigkeit, sich zurückzuhalten, wenn man vom Verlangen gepackt wird.
„No Way“ versprüht Nostalgie.
Das ist eigentlich ein recht witziges Stück, da es Bezug auf Drogenkonsum und dessen Auswirkungen nimmt. Beziehungen und Freundschaften leiden nicht selten darunter.
Beschreibt mal die Höhe- und Tiefpunkte eurer Karriere soweit.
Dass wir auch nach 25 Jahren - mittlerweile ohne Plattenvertrag - zusammen sind, finde ich beachtenswert und ein Highlight an sich, genauso wie das Jubiläumskonzert in unserer Heimatstadt, zu dem auch alle ehemaligen Mitglieder ein Gastspiel gaben oder per Videobotschaft hallo sagten. Ferner stellte jede Veröffentlichung einen Höhepunkt dar, nicht zu vergessen die schmeichelhaften Reaktionen auf unsere Musik. Einige Gigs bleiben unvergessen, zum Beispiel mit PENDRAGON im Londoner Marquee, vor John Wetton, THE ENID, WISHBONE ASH und vielen mehr. Es gab eigentlich keine nennenswerten Tiefpunkte, höchstens eine heikle Zeit, als wir überall im Land versuchten, Auftrittsmöglichkeiten zu ergattern. Das geschah nach "Floating Tangibility" und kostete viel Geld, das sich nicht auszahlte. Nichtsdestoweniger konnten wir uns auch damals mit Kebab am Leben halten - und darum geht es letztendlich!
Wie lange und wie weit treibt ihr es noch mit PRIMITIVE INSTINCT?
Na ja, mit 25 Jahren Bandgeschichte hätten wir nie und nimmer gerechnet, also planen wir auch nicht großartig weiter. Hauptsache, die Musik bereitet uns noch Freude, und ich freue mich sehr darüber, dass uns Jonathan zugeflogen ist; mit ihm werden wir noch stärkere Songs schreiben. Viele unvollendete Ideen liegen noch auf Halde, und die gehen wir jetzt mit ihm an. "One Man's Refuge" hätte ohne weiteres ein Doppelalbum werden können, wenn ich nicht so lahmarschig wäre. Hoffentlich muss also niemand mehr zwölf weitere Jahre auf Neues von uns warten.
Meine Rede - vielen Dank für das Interview!