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Interview mit Asphyx (26.02.2012)

Asphyx

Es gibt Musiker, die machen Interviews, weil sie es müssen. Dementsprechend knapp fallen dann die Antworten aus und nach 20 Minuten hat man einem solchen Redemuffel alles aus der Nase gezogen, was es ziehen gab. Und es gibt Musiker wie ASPHYX-Frontmann Martin van Drunen, einen supersympathischen Niederländer, der fließend Deutsch spricht und so viel Spaß an seiner Band und allem, was dazu gehört hat, dass er einem problemlos zwei Stunden lang aufs Band quatschen könnte. Wir beschränkten uns auf 40 Minuten, in denen wir alles wichtige rund um "Deathhammer", das neue Album der legendären Death Metaller aus dem Land der Tulpen, Gouda und Vla durchkauten.

Hallo Martin. Warum sprichst du eigentlich so gut Deutsch?

Ich war vor langer Zeit acht Jahre lang mit einer Deutschen verheiratet, einer Schwäbin. Dann ist man natürlich viel im Land unterwegs und lernt die Sprache und die Leute kennen. Ich fühle mich wohl in Deutschland und bin auch oft dort unterwegs. Unsere besten Fans haben wir in Deutschland und naja, jetzt habe ich wieder eine deutsche Freundin.

Was magst du gerne an Deutschland?


Von außen denkt man meist, dass die Deutschen ein bisschen verschlossen sind, aber wenn man sie richtig kennt, dann sind sie wirklich gastfreundlich. Ich mag das Essen, das Bier. Ich finde auch allgemein, dass die Deutschen besser gebildet sind, als die Niederländer. Gestern wieder etwas Dummes hier im Fernsehen, wo deutsche Jugend über Auschwitz befragt wurde und die dann nicht wussten, was das war. Das war dann wieder so ein Schlag ins Gesicht für mich wo ich denke "Das kann ja wohl nicht wahr sein". Da geht es bei euch wohl auch bergab. Aber normalerweise, bei meinen Altersgenossen oder bei Leuten über 20, ist es schon so, dass die noch ziemlich gut gebildet sind. Das sind so die Dinge, die ich mag. Es ist auch egal, wo ich in Deutschland bin, ob es im Osten oder im Westen, im Süden oder im Norden ist, ich fühle mich eigentlich überall wohl.

Und was gefällt dir weniger?

Oh, gibt es da überhaupt etwas? Nicht wirklich. Man kann natürlich jetzt Rechtsradikalismus nennen, aber das ist Schwachsinn, weil in ganz Europa Deutschland wohl eines der Länder ist, wo das am wenigsten herrscht. Ihr habt ja noch nicht mal solche populistische Parteien, wie wir sie haben mit dem Wilders, dem Dummkopf oder die Franzosen mit ihrer Front National und Le Pen, die Österreicher hatten ihr Problem mit dem Haider. Das gibt es ja überall, auch in Osteuropa, wie in Polen oder Rumänien, haben sie ihre nationalistischen Parteien da.

Aber bei uns achtet man ja immer noch mehr auf so was.

Ja natürlich, aber das hat ja auch mit der Vergangenheit zu tun. Da muss man eben ganz klar "Nie wieder!" sagen und so soll es ja auch sein.

Ich finde es spannend, dass du Deutschland so gerne magst, weil ich umgekehrt als Deutscher die Niederlande sehr liebe.

Vielleicht hat das ja damit zu tun, dass die Menschen dazu neigen, sich anderswo immer ein bisschen wohl zu fühlen. Ich komme es dem Osten der Niederlande aus der Region Twente, hier fühle ich mich auch sehr wohl, Enschede ist meine Stadt. Amsterdam ist auch eine reizende Stadt, auch viele andere Städte wie Groningen oder Leeuwarden finde ich genial. In einem Ding wie Rotterdam fühle ich mich aber auch nicht mehr wohl.

Ich mag Zeeland sehr gerne, an der Küste.

Oh ja, das ist auch richtig schön dort, da fühle ich mich auf jeden Fall auch gut. Aber das ist wirklich ein schöner Zufall.

Warum haben Niederländer eigentlich Death Metal so gut drauf?

Ich glaube, ich weiß warum. Die Bands haben hier einfach die Gelegenheit zu spielen, es gibt überall irgendwelche Läden, die sind zwar momentan nicht subventioniert, aber früher schon. Da war es nicht so schlimm, wenn man Verluste gemacht hat. Diese Clubs hatten eine kulturelle Funktion, da gibt es nicht nur um Metal, Hauptsache den Leuten wurde Musik geboten. Die kleinste Band hat hier immer noch die Gelegenheit, in irgendeinem Laden zu spielen. Und wenn du spielen kannst, hast du Übung darin, vor Publikum zu sein und wirst als Band besser. Vor zwei Wochen bin ich von meinem Urlaub bei meiner Freundin zurückgekommen und wollte ganz gerne die Jungs wieder sehen. Da war dann eine Show, ein bisschen im Norden in Hoogeveen, da waren drei ziemlich unbekannte, neu anfangende Old School Death Metal Bands aus den Niederlanden dabei: ENTRAPMENT, NAILGUN MASSACRE und FUNERAL WHORE. Da sind wir dann einfach so hin und da waren schon mehr als 100 Leute da und das bei total unbekannten Bands.

In Deutschland kommen 50 Leute bei wesentlich bekannteren Bands wie VICIOUS RUMOURS…


Ja eben. Ich war total erstaunt, dass da so viele waren, auch viele Bekannte wie Henri von GOD DETHRONED waren da. Auf einmal triffst Du da alle möglichen Leute und es war dann verdammt lustig und wir fanden es auch toll für die Bands, die da spielten, dass ein gutes Publikum da war und die Bands wiederum waren froh, dass wir auch da waren und fragten uns "Was macht Ihr denn hier?". Einfach Spaß haben und ein paar neuere Bands anschauen und unterstützen. Du siehst einfach, dass die Bands die Möglichkeit haben. Da war kein Riesenheadliner, da war nix, aber trotzdem waren Leute zum Gucken da und die sagen dann hinterher "Ok, das war geil", unterstützen die Bands indem sie Shirts oder CDs kaufen und so bleibt die Szene lebendig. Und das ist hier schon immer so gewesen. Die Leute haben natürlich dann wieder Bekannte im Ausland oder schreiben bei Facebook, dass sie gestern eine gute Show gesehen haben und so geht das dann langsam im Kreis herum. Das ist einfach der Grund, warum das hier so stark ausgeprägt ist. Viele Bands sind auch talentiert, das sind gute Musiker, die wissen, was sie wollen, sind hungrig und zeigen eine professionelle Einstellung.

AsphyxHast du auch den Eindruck, dass Death Metal im Moment wieder angesagter ist, als beispielsweise vor fünf Jahren?

Auf jeden Fall. Vor allem dieser… ich finde es manchmal blöd, "Old School" zu sagen, weil es für mich nichts anderes als traditioneller Death Metal ist, so wie er angefangen hat. Auf einmal sind wir jetzt Old School? Was soll das? Warum nennen die anderen sich dann nicht New School? Aber der Old School Death Metal hat natürlich im Moment einen Megaaufschwung. Das ist ja auch wünschenswert in dem Sinne, dass wir genau zum richtigen Zeitpunkt wieder da sind. Es gibt dann zwar auch leider eine Menge Bands, die das machen, um ein bisschen was in die Taschen zu kriegen, das sieht man dann aber auch, wenn die inspirationslos auf der Bühne stehen. Das ist halt so ein Nebeneffekt. Aber für uns ist das natürlich positiv. Aber es gibt natürlich auch geile neue Bands und Bands, die schon immer gut waren und davon jetzt profitieren und aus dem tiefen Underground heraus kommen können. Das ist wirklich sehr schön.

Habt ihr euch deshalb so viel Mühe mit dem neuen Album gegeben?

Ja, was heißt Mühe?

Es ist herausragend…

Danke schön, danke. Alles was mit dem Album passiert ist, ist ganz natürlich gewesen, alles kam einfach. Paul hat einfach einen Haufen gute Riffs drauf gehabt und dann sind wir in den Proberaum gegangen und haben damit drauf los gejammt und geguckt, ob wir daraus ein Stück machen können. So kam dann langsam da ein Stück, hier ein Stück und beim letzten Mal waren es dann drei oder vier Stücke. So geht das bei uns. Es gab keinen Stress, keinen Druck in dem Sinne, dass wir jetzt eine Scheibe machen MÜSSEN. Wir können das machen, was wir gerne wollen und haben geschaut, was wir im Vergleich zu "Death… The Brutal Way" nochmal verbessern können und da gab es einiges zu verbessern, obwohl das auch eine geile Scheibe war. Mich hat es selber umgehauen, als ich dann den letzten Mix von Dan (Swanö – d. Verf.) gehört habe. Ich hatte da so ein Gefühl mit der Scheibe… ich musste Bob anrufen und ihn fragen, ob er auch so ein komisches Gefühl im Bauch, in seinen Eingeweiden habe. Er meinte, dass er auch so ein Gefühl bei der Scheibe habe, als sei es etwas Besonderes. Keine Ahnung, man hat da einfach so ein intuitives Gefühl, dass man dieses Mal etwas anderes gemacht hat. Wobei es ja vom Stil her nichts anderes ist, aber was den Stil angeht, kann man es, wenn ich es so sagen darf, kaum besser machen.

Das sehe ich aber genauso. Würdest Du "Deathhammer" als das perfekte ASPHYX-Album sehen?


Wenn ich das jetzt sagen würde, dann wäre es ganz schwer, da nächstes Mal einen drauf zu setzen.

Es müsste ja nicht besser werden, sondern nur genauso gut…


(lacht laut) Ich denke, man kann es so betrachten, ja. Das ist nicht nur wegen Stücke so, sondern wegen der  Atmosphäre in der Band selber, alle Jungs haben alles da rein geschmissen und es ist so viel Elan, Enthusiasmus und Spaß gemacht worden, es ist mehr als, den Leuten oder der Firma einfach nur eine Scheibe zu geben, so ist es nicht. Wir haben einfach gesagt, wenn wir denken, das Ding ist fertig und es ist gut genug und die Stücke sind geil genug und wir es mögen, erst dann sagen wir dem Label, dass wir glauben, dass wir da was haben und wir so langsam aufnehmen können. Dann können die auch anfangen zu planen. Das ist auch genial von Century Media, dass sie uns nicht im Nacken sitzen und ständig fragen "Wann kommt die Scheibe, wann kommt die Scheibe?". Nö. Die sagen einfach "ASPHYX machen das schon, wir lassen die einfach in Ruhe und die werden schon kommen, wenn sie was haben". So haben wir es im Endeffekt gemacht und so funktioniert das dann ganz relaxt. Eine Band muss einfach Ruhe haben um das zu machen, was sie gerne machen wollen.

Dieses Gefühl im Bauch kenne ich. Ich höre zum Beispiel so ziemlich jede Art von Metal. Ich mag Death Metal gerne, bin aber nicht der ganz große Fan des Genres. Trotzdem hat mich "Deathhammer" von Anfang an umgehauen und mir eben dieses Gefühl gegeben, dass wir es hier mit etwas Besonderem zu tun haben.

Das ist ein großes Kompliment, vielen Dank. Ich selber mag natürlich viel alten Death Metal und die alten Bands, ab und zu auch mal was neues, was so rauskommt. Aber ich selber gehe auch immer viel zurück zu den Roots und höre eine Menge Hardrock und Heavy Metal. Ich bin letztens sogar mal wieder zu einer Rockabilly-Show gegangen, für die Geschichte von Heavy Metal ist halt der klassische Rock’n’Roll auch sehr wichtig. Ich kann mir auch nicht mehr Tag und Nacht Death Metal rein hauen. Das ist aber auch ein bisschen der Gehalt von ASPHYX, Paul ist auch so ein Junge, der auf Riffs steht. Er hört sich keine Leadgitarristen an, sondern was Riffs angeht, steht er mehr auf die alten Jungs wie Malcolm Young von AC/DC oder Leif Edling von Candlemass oder Tony Iommi, solche Sachen. Wenn man das kombiniert, hat man mehr eine Rock’n’Roll-Basis, als dass es eine reine Death-Metal-Basis ist. Ich weiß nicht, ob man das bei uns ein bisschen hören kann, aber wenn man sich die Kompositionen anschaut: mehr als drei, vier Riffs sind nicht drin, das war früher die Tradition bei guten Songs. Was hat denn "Paranoid"? Zwei Riffs oder was?

Du hast in Vorabinterviews erzählt, dass der Albumtitel "Deathhammer" sich auf ein altes Buch bezieht und dass es darin um Gesetze geht. Wie lauten denn die Gesetze des "Deathhammer"?

AsphyxHe he. Da muss man einfach die Scheibe hören und dann weiß man es. Das Album spricht da für sich. Wir hatten zwischendurch mal die Schnauze voll, man geht zu einer Show und sieht da irgendwelche Figuren auf der Bühne stehen und denkt sich "Was macht Ihr da eigentlich?". Spaß sieht man nicht und dann steht da ein Heini mit seiner Gitarre in Brusthöhe und zeigt nur, wie gut er spielen kann. Ganz toll, Mann. Mach doch einfach ein paar Videos für Youtube für Leute, die gerne Gitarre spielen möchten, aber geh nicht auf die Bühne und langweile mich zu Tode. Dahinter sitzt dann der Schlagzeuger, der sein Zeug macht und alles ist voll mit Triggern und hinterher bleibt nicht ein einziger Song bei mir hängen. Das geht ins eine Ohr rein und aus dem anderen Ohr raus. Ich finde es nicht mal unterhaltsam. Wenn man damals zu VENOM ging, da gab es noch Show, Bomben, Spaß, die Typen am Grinsen, Interaktion mit dem Publikum, das war genial. Dafür hab ich mein Geld früher gerne ausgegeben, aber wenn ich das jetzt sehe… Und dann gibt es noch diese jungen Hündchen, diesen Metalcore und die beschimpfen uns alte Säue, weil wir nix machen würden. Tut mir leid, Ihr Püppies, ihr habt noch keine Zähne und wir sind alte Kampfhunde voll mit Narben. Also schmeißen wir so eine Scheibe auf den Markt. Das ist das verdammte Gesetzbuch, lernt draus und werdet vernünftig.

Und wer verstößt am meisten gegen diese Gesetze?

Das sind für mich einfach diese technischen Schrubb-Bands, die nicht schnallen, was wir früher… ja, was heißt wir früher? Im Anfang, so 1987, da war alles Spaß, die Jungs untereinander haben sich geschrieben, ob das jetzt Chris Reifert von AUTOPSY war oder Steve von SADUS war, auch wenn die mehr eine Thrashband waren,  oder die Jungs von NIHILIST, aus denen dann später ENTOMBED wurden, egal. Es gab überall Kontakt und wir haben einfach Spaß gehabt. Wenn man sich getroffen hat war das so "Yeah, lass uns Spaß haben, auf die Bühne gehen und brutalen Death Metal spielen", darum ging es ja. Aber nicht darum, coole Leute zu sein und super Gitarre zu spielen und das jedem zeigen zu wollen und dabei wie ein langweiliger Sack auf der Bühne zu stehen. An solche Leute ist das gerichtet. Die haben einfach nicht geschnallt, dass das alles eine Spaßsache war und immer noch sein soll. Wenn man keinen Spaß daran hat, seine Musik zu machen, was will man dann überhaupt?

Glaubst du, dass diese Entwicklung so weiter gehen wird oder dass es irgendwann vorbei geht und dann nur der klassische Death Metal weiterlebt?

Ich denke schon. Früher gab es immer diese Diskussionen, wer ist der König im Heavy Metal, wer ist der König im Thrash Metal, wer ist der König im Speed Metal. Aber im Death Metal… ok, CANNIBAL CORPSE sind vielleicht die Größten, wenn es um Verkäufe geht und ich mag die Jungs auch, sind nette Typen. Aber ich mag deren Mucke nicht wirklich, komischerweise. Ein paar Sachen sind schon genial, aber es ist nicht so, dass ich wirklich begeistert von denen wäre. Aber der Death-Metal-Thron ist ja irgendwie nie besetzt worden und ich glaube nicht, dass das noch kommen wird. Im Thrash Metal sind es SLAYER, im Speed Metal waren es früher METALLICA, wobei die ja jetzt die Könige der Popmucke sind und im Heavy Metal sind es IRON MAIDEN. Man sieht auch bei den Shows, dass nicht nur die alten Hasen, die so alt sind wie ich sondern auch richtig junge Leute, die vorne stehen und die Köpfe schütteln und kommen dann nachher an und sagen  "So was haben wir gesucht". Die haben auch die Schnauze voll, die wollen einfach rausgehen, coole Mucke hören, ein Bierchen trinken. Und dafür sind wir die richtige Band.

Gibt es eigentlichen einen Unterschied zwischen den Inhalten von "Deathhammer" und "We Doom You To Death"?


Ha ha. Da fragst du jetzt was. Ich selber dachte gar nicht, dass "We Doom You To Death" auf die Scheibe kommt. Der Text davon ist ja auch nie veröffentlicht worden und da hab ich auch gesagt, dass wir das so lassen. Der Song war eigentlich nur als Spaß gedacht für die Split mit HOODED MENACE und den Text hab ich auf die Schnelle bei einem Bier geschrieben. Die Jungs fanden das aber einfach geil und ich hab dann zwar gefragt, ob das so geht bei uns aber das hieß es dann "Ach ja, scheiß drauf, so sind wir nun mal". Ich wollte auch den "Deathhammer"-Text eigentlich ganz anders machen, aber der ist dann nun mal so geworden. Die sind schon sehr ähnlich, da gebe ich dir Recht. Beide sind so ein bisschen böse gemeint und über die, die es nicht schnallen. In "Deathhammer" geht es dann darum, dass wir dieses Buch schreiben und veröffentlichen und in "We Doom You To Death" geht es darum, dass wir auf die Bühne gehen und viel Spaß denen, die nach uns ran müssen. Nächstes Mal kommen wir zurück und ihr spielt dann vor uns.

Die Melodie von "We Doom You To Death" erinnert ja ganz leicht die von "Angels Don’t Kill" von CHILDREN OF BODOM…


Paul kommt manchmal mit Riffs und Melodieparts an, bei denen ich dann auch denke "Mein Gott, das hast du doch schon mal woanders gehört". Natürlich kann das sein. Aber wenn es gut ist und ich nicht sofort sagen kann, dass das nach dies oder jenem klingt, dann kann ich das auch nicht zu ihm sagen. Ich kann ja dann auch nicht meine ganze Musiksammlung durchhören.

Wären die Texte von "Minefield" und "Der Landser" nicht besser für HAIL OF BULLETS geeignet gewesen?


Nein. Wenn man es in der Kriegsthematik sieht, dann vielleicht schon, aber auf der anderen Seite passte es da nicht in die Konzepte hinein. Manchmal habe ich bei HOB Ideen, die aber nicht ins Großkonzept einer Scheibe passen. Die Ideen bleiben dann liegen. Ich hatte aber immer schon vor, einen Text wie dem von "Der Landser" zu schreiben und der lag dann auf dem Haufen von eventuellen Ideen. Dann kam Paul mit dem Song und wenn dann an dem Punkt ankommen, wo wir die Songs arrangieren, sehe ich meist auch schon, was da passen würde. Und als wir den Song fertig hatten, meinte ich nur "Das Ding heißt "Landser", das weiß ich jetzt schon".

AsphyxBei "Der Landser" geht es doch um das Innenleben des Landsers, oder?

Es geht darum, dass da ein wehrpflichtiger Junge ist, der in der Zeit vom Nationalsozialismus an die Front muss. Am Anfang war er auch stolz und kämpfte gut, das waren ja auch gute Soldaten, vor allem während der Frankreich-Feldzüge und auch am Anfang von Russland. Irgendwann bekommt er dann die Ahnung, dass er von seinen Führern im Stich gelassen wird. Das war vor allem, als sie vor Moskau standen und sie nicht fliehen konnten. Er fühlte sich dann desillusioniert und verraten. Ich wusste dann aber erst nicht, wie der Song enden soll. Wird er dann sterben? Kommt er in russische Gefangenschaft? Aber dann hab ich in einem Buch die Frage gelesen, wer je an die Mütter gedacht hat. Und dann dachte ich, dass es schön und auch traurig ist, wenn er einfach zurück kehrt und nach all der Gewalt, dem Blut und so viel Tod, Leid und Feuer zurück zu seiner Mami kommt und dann weinen kann und das alles rauslassen kann. Dann ist er erst wirklich Mann geworden.

Könnte man aus so einem Thema nicht auch ein komplettes Album machen?


Könnte man, klar. Das wäre dann eine Idee für HOB. Da bin ich aber selber noch nicht drauf gekommen. Da müsste es aber dann um eine ganze Armee gehen. Bei ASPHYX hatten wir in der Vergangenheit aber auch schon solche Themen, das hat bei der "Last One On Earth" schon angefangen, da hatten wir "M.S. Bismarck" und "Forgotten War", wir hatten also immer schon Kriegsthemen.

Hast Du manchmal Schwierigkeiten zu entscheiden, für welche Band ein Text besser geeignet ist?

Das kann ich sehr gut trennen. Bei so Sachen wie "Deathhammer", "Reign Of The Brute" oder "Into The Timewastes" ist es ja logisch, weil das auch für sich stehende Stücke sind, da ist es dann klar, dass das zu ASPHYX gehört. Bei HAIL OF BULLETS bildet sich immer erst ein Großbild im Kopf und das muss ich dann ausarbeiten. Ich hab auch schon die neue HOB-Scheibe im Kopf, ich habe genug Dokumentation dafür und kann da jetzt so langsam die Chronologie für machen. Ich weiß den Anfang, die Mitte und das Ende schon, aber das muss dann alles ausgearbeitet werden und da brauche ich dann die einzelnen Songs für. Das ist eine ganz andere Art und Weise, als wenn ich für ASPHYX eine Idee habe. Die schreibe ich dann schnell mit ein paar Worten auf und vielleicht kommt Paul dann mit einem Riff, wo ich sage "Jau, das passt gut zu der Idee, die ich da habe". Oder ich habe eine Idee und schicke sie ihm weiter und manchmal hat er dann auch dazu ein Riff.

Kannst du schon sagen, welches Thema das bei der nächsten HOB sein wird?


He he, nein, noch nicht. Viele möchten das gerne wissen, aber wir fangen erst in ein, zwei Monaten ganz in Ruhe an, daran zu arbeiten.

Hat eine der beiden Bands Priorität für dich?

Das ist ausgeglichen. Beides macht Riesenspaß, beide haben sehr zugeneigte Fans. Vor allem die Liveshows machen immer besonders viel Spaß, mit beiden Bands. Das ist auch ein Privileg, mit beiden Bands arbeiten zu dürfen und drin zu sein und den ganzen Kram mitzuerleben.

Zurück zu ASPHYX. Warum ist Dan Swanö der perfekte Mann für Mix und Mastering bei euch?


Weil er die Band kennt. Für ihn ist es auch ein Riesenspaß, mit uns zu arbeiten und das sagt er auch öfters. Auch, weil wir so umgänglich sind. Wir lassen ihn erst einmal machen und meist kommt er dann schon mit einer verdammt geilen Basis, an der man nur noch ein bisschen arbeiten muss und fertig. Das geht auch immer ziemlich schnell. Er weiß einfach, was wir wollen und es gibt nicht viele, die unseren Sound so verstehen, wie er das tut. Er ist halt schon lange dabei und weiß wo Abraham den Senf holt (das ist eine typisch niederländische Redewendung, die besagt, dass jemand viel Lebenserfahrung hat – d. Verf.). Wir haben momentan mehrere Leute, die man als abseitiges Bandmitglied betrachten kann. Das sind Franky, Ben, der Axel (Herrmann, Coverdesigner) ist wieder dabei, der Harry (Wijering, Produzent) ist wieder an Bord. Man kann schon fast sagen, dass wir zu acht, neunt oder zehnt sind, die gehören einfach alle dazu.

Nicht mehr dazu gehört Basser Wannes Gubbels. Da hast du dich im Interview nicht so freundlich zu geäußert…

Ich wusste gar nicht, dass das so veröffentlicht werden würde. Da war ich ein bisschen… böse würde ich nicht sagen, empört ist auch ein zu großes Wort. Wir hatten da einfach die Listening Session, haben um 12 Uhr mittags schon das erste Bierchen getrunken und das Interview ging dann erst um fünf oder sechs Uhr nachmittags los. Dann hat man schon ein paar Biere intus. Im Interview wurde ich dann mit damit konfrontiert, dass Wannes den Sound von "Death… The Brutal Way" nicht mochte. Und darüber habe ich mich dann ein bisschen echauffiert. Aber ich dachte nicht, dass das öffentlich gemacht werden würde. Das war auch ein bisschen unklug von mir.

Dafür ist die Stimmung in der Band inzwischen umso besser.


Uns war klar, dass es mit so mit Wannes nicht weiter gehen konnte, da häufte sich ein Ärgernis nach dem anderen auf. Dann kam Alwin durch Zufall zu Bob nach Hause und wollte ein paar Aufkleber haben. Und während die sich unterhielten, schrieb Bob mir eine Mail mit dem Inhalt "Ich denke ich hab unseren Mann." Wir haben dann mit Alwin gesprochen und er ist der Mann, der dazu passt. Und jetzt sagen wir sogar, dass es schade ist, dass er das nicht von Anfang erleben konnte. Aber besser jetzt als nie. Jetzt ist Atmosphäre in der Band so perfekt, dass wir sagen, dass es Aus und Vorbei mit uns wäre, wenn einer von uns aus irgendwelchen Gründen aufhören müsste.

Danach unterhielten wir uns noch ein bisschen über Fußball. Dabei erfuhr ich unter anderem, dass Martin irgendwann wegen einer verlorenen Wette die deutsche Nationalhymne im Studio einbrüllen muss, dass Sylvie van der Vaart in ihrer Heimat zumindest unter Fußballfans alles andere als beliebt ist und dass Martin Topspieler wie Wesley Sneijder und Robin van Persie für verweichlichte Muttersöhnchen hält...

Andreas Schulz (Info)
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