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Interview mit [pi!] (27.04.2013)

[pi!]

Im Interview geben sich die Alternative-Helden geheimnisvoll, doch anders als manche Combo müssen [PI!] dies nicht, um interessant zu wirken, denn ihew Musik allein besticht schon zur Genüge ...

Erzählt mal, mit welchem Anliegen als Band ihr zueinander gefunden habt.

Gute Musik zu machen war das Anliegen. Wir haben einen recht hohen Anspruch an uns und an die Qualität unserer musikalischen Arbeit, machten aber gleichzeitig die Erfahrung, dass man diesen Ansprüchen nicht mit Verbissenheit gerecht wird. Also war das Anliegen auch, uns für den gemeinsamen Spaß an der Musik zusammenzufinden und auf der Grundlage zu arbeiten, diesen auch bei einem professionelleren Ansatz nicht zu verlieren.

Eure Musik ist eigentlich für die Rock-liebende Masse geschaffen. Warum reißen sich die Labels nicht um euch?

Massentauglichkeit war eigentlich nie ein Ziel für diese EP, im Gegenteil: Wir haben uns auf eine echte LMAA-Produktion eingelassen, um kompromisslos einzuspielen, was wir für unsere Schokoladenseite halten, aber offenbar haben wir damit irgendwie von hinten durch die Brust ins Auge einen Nerv getroffen, denn die überschwängliche Resonanz auf unsere Previews hat uns wirklich ganz schön vom Hocker gehauen. Eine Freude, dass es offenbar doch ein paar Leute gibt, die auf dieses Zeug stehen - ob es auch einen Markt dafür gibt, wird man sehen, aber der Anspruch an das eigene musikalische Arbeiten sollte sich bei "Amatevi" keiner Label- oder Marktkompatibilität beugen. In diesem Sinne ist auch das Verkaufskonzept für die EP neu und ziemlich revolutionär: Als “pay-what-you-want”-Prinzip über pi-band.com kann man die Musik erwerben und gleichzeitig die kommende Studioarbeit der Band finanziell unterstützen. Das ist ein schöner Deal für alle, die für ehrliche Musik noch ehrliches Geld bezahlen wollen. Wir sind gespannt auf das Ergebnis.

Ist „Break“ eine Kampfhymne oder unterschwellige Kritik an neuzeitlicher Rastlosigkeit?

Beides natürlich! Im Ernst: Eine Kampfeshymne ist der Song auf jeden Fall. Der Text ist trotzig, schwermütig und ruhelos zugleich, und die Musik ein Befreiungsschlag - im wahrsten Sinne des Wortes. Der Song war der erste, den wir in der aktuellen Besetzung erarbeitet haben, und stellt damit einen Schlussstrich unter vorher durchgemachte schwierige Zeiten dar. Was den Protagonisten des Songs wirklich bewegt, werden wir wohl nie erfahren, aber sein süffisantes Sujet ist: “Solange ich noch zwei gesunde Beine habe, werde ich das Hamsterrad treten.” Deal with it...

Auf welche Erfahrung geht „Paris“ zurück?

Der Text bezieht sich schon auf sehr konkrete Erlebnisse, auch wenn sich diese aus verschiedenen Gründen nur sehr lückenhaft rekonstruieren ließen. Es geht letztlich natürlich nicht um eine bestimmte Tour; eher ist es eine Hommage an alle Gruppenurlaube, Klassenfahrten oder sonstige legendären Trips - also an Erinnerungen, an denen im Rückblick das Unglaublichste die Tatsache ist, dass man wirklich selbst dabei war.

Geht es in „Friendly Fire“ um eine Person, die ständig auf vermeintliche Freunde hereinfällt? Der Titel geht ja auf einen militärischen Begriff zurück.

Ja, der Begriff meint den Beschuss aus den eigenen Reihen, durch die eigenen Leute. Hinter dem Geschützfeuer steht aber die alte Parabel von der Motte und dem Licht: Im Grunde geht es um Beziehungen, die für zwei Seiten nicht dasselbe bedeuten und an denen man sich wider besseren Wissens immer wieder verletzt. Der Refrain war übrigens der allerletzte Baustein im Schreibprozess der EP-Songs. Er ist wirklich erst zu den Gesangsaufnahmen fertiggestellt worden. Als wir gemerkt haben, welches Potential die etwas unorthodoxe Songstruktur für birgt, rangen wir uns anschließend noch dazu durch, uns hier auch beim Arrangement etwas zuzutrauen, und haben zu diesem Zweck nacheinander noch unter anderem Klatscher, Trommeln, ein Heizungsrohr und ein Lagerfeuer "eingespielt". Anzumerken ist außerdem, dass sich unser Bassist hier erstmals “on tape” an seiner Trompete versuchen durfte. Nicht zuletzt hat sich ein Trommler von Weltruhm noch im Song verewigen dürfen. Wer genau, wird aber nicht verraten.

Die Aufforderung „Amatevi!“ bedeutet „Liebt einander oder euch“: ein Aufruf zum Frieden, zur Selbstakzeptanz?

Wenn wir etwas fordern dürften, wäre „Habt Euch lieb!“ doch gar nicht so schlecht, oder? Zumindest erschien es uns sinnvoller als „Sammelt mein Schwert und meinen Federbusch vom Schlachtfeld!“ oder „Nehmt die Hände in die Luft und ruft 'Yeah!'‘“. Der Titel ist natürlich auch ein kleines Rätsel, ein Wort- oder Buchstabenspiel, und wird vielleicht noch für den einen oder anderen Schmunzler bei denen sorgen, die uns auf die Schliche kommen. Es gäbe viel Spannendes und Absurdes über die Namensfindung der EP zu erzählen, aber letztlich ist "Amatevi" einfach, was es ist: ein Name, ein Programm, ein Aufruf - und ein schön mysteriöser Titel...

Der Sprecher von „The Real Thing“ scheint mir ein Sinnsuchender zu sein; was ist das „Ding“, das er sucht?

Tja, vielleicht sucht er sich selbst? Oder irgendein Alibi, eine Rechtfertigung? Spiritualität? Lebenssinn? Bemühen demonstriert sich ja ganz herrlich publikumswirksam auf dem Weg nach Tibet oder auch nur zum Qi-Gong-Kurs um die Ecke. Unser Tipp: So manche Sinnkrise lässt sich auch ganz gekonnt zuhause auf dem Balkon bei einer Sportzigarette und ein paar dicken Gitarrenriffs locker abkürzen. Bei "The Real Thing" haben wir zur freien Verwendung extra ein paar davon eingebaut. Wenn man die Kernaussage des Songs extrahieren müsste, dann vielleicht: “Nehmt es nicht so furchtbar ernst!”

In „Vortex“ heißt es, da sei kein Grund mehr zum Atmen für ihn. Was brachte ihn dazu?

Tja, das kann nur unser Sänger wissen. Vortex ist nämlich Christophs erstes komplettes Gesangsarrangement für uns gewesen und dann auch gleich so eine Punktlandung, die selbst der Produzent Benjamin Schäfer praktisch unverändert durchgewunken hat, bis auf eine Strophenoktavierung nach unten mit der Begründung, er solle mit seiner Spannweite doch ruhig etwas angeben. Das darf er gerne. Der Song war auf jeden Fall eine der großen Herausforderungen im Studio, weil die Riffs nur funktionieren, wenn sie wirklich tight gespielt werden. Und da die Instrumentaltracks zu "Amatevi" im Horus-Studio auf Wunsch des Produzenten alle live eingespielt wurden, um die Energie einzufangen, haben wir uns bei den Proben für diesen Titel wirklich ein Weilchen einschließen müssen. Aber das hat sich auf jeden Fall gelohnt.

Singt Christoph weiterhin auch bei 7IEBEN?

Ja, absolut. Die Band ist seit über einem Jahrzehnt sein musikalisches Baby - und sie ist aus der regionalen Kulturszene auch nicht mehr wegzudenken. Wir haben Christoph nicht von ihnen abgeworben. Das hätten wir gar nicht mit unseren Grundsätzen vereinbaren können, denn die beiden Bands verbindet eine langjährige Freundschaft ... und jetzt eben ein langhaariger Sänger.

Wie geht es nun weiter mit euch, wo liegen eure Ziele?

Wir haben jetzt erst einmal alle unsere Jobs gekündigt, Lofts gekauft und einen Helikopter geleast, weil der große Durchbruch ja nun ganz offensichtlich unmittelbar bevorsteht. Nein, im Ernst: Nach dieser sehr konzentrierten Kreativ- und Studiophase sind wir jetzt natürlich heiß darauf, uns an dem Material auch live zu probieren. Außerdem werden den EP-Tracks im Sommer weitere Aufnahmen für ein komplettes Studioalbum folgen.

Andreas Schiffmann (Info)
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