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ROCK AM RING 2024 | Sonntag, 09.06.2024 - Nürburgring - 09.06.2024
ROCK AM RING 2024 | Sonntag, 09.06.2024 - Nürburgring
Tag 3: Sonntag, 09.06.2024
Drei Großbühnen, deren Aufbau drei Tages- und zwei Nachtschichten dauert und von 135 Bühnenbauern bewerkstelligt wird, mehr als 1500 Meter durchlaufende Lichttraversen, mehr als 52 Kilometer (!) Stromkabel, eine 400 Mann starke Festivalcrew, die sich um das Herrichten und die individuelle Gestaltung der Bühnen für die jeweiligen Acts kümmert, 750 Security-Mitarbeiter, ein Line-Up, das wie das Who-Is-Who der angesagtesten Bands der Szene klingt und eine Location, deren weltberühmte Streckenabschnitte „Hohe Acht“, „Schwalbenschwanz“, „Brünnchen“ und „Bergwerk“ nicht nur Motorsportfans in aller Welt geläufig sind, dazu mehr als 150.000 Besucher, die ein Festival der Extraklasse feiern: das ist Rock am Ring 2024.
Sushi Time mit Dan Jacobs und ATREYU
Während sich die Ringrocker noch verschlafen die vergangene Nacht aus den Augen reiben, die in vielen Fällen bis in die frühen Morgenstunden durchgemacht wurde, sind ATREYU auf der MANDORA bereits hellwach und zelebrieren auf dem heute neu installierten Catwalk im gleißenden Sonnenlicht ihre Show. Mit dabei auch der heimliche Star der Veranstaltung, denn Dan Jacobs, seines Zeichens Gitarrist der US-Metalcore Band, hat es sich nicht nehmen lassen, seine Sushi-Bento-Box- Signature von KIESEL mit an den Ring zu bringen. Das gute Stück ist im Stil einer Lunchbox gehalten, die in Acrylglas eingegossenen Sushi-Stücke sind echt (!) und verleihen der Sonderanfertigung das ganz gewisse Etwas, wobei das Unikat auch noch grandios klingt. Die Fans vor der Bühne feiern die Band ab der ersten Sekunde, die dreißigminütige Spielzeit ist nicht nur meines Empfindens nach viel zu kurz und wird beim nächsten Besuch hier am Ring hoffentlich mindestens doppelt so lang ausfallen. Nach einem kurzen Besuch bei OF MICE AND MEN geht es in Windeseile hoch zur UTOPIA, auf der sich die LEONIDEN abgesagt haben.
LEONIDEN oder: Komplette Extase bis zum Abwinken
Nach knapper Anmoderation „wir sind LEONIDEN – mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen“ geht die Post so richtig ab: Gitarrist Lennart Eike räumt zunächt (unabsichtlich?) das Mikrofon samt Ständer ab, bevor er sich in wilden Kreiseln ergeht und seine Fender um den Kopf fliegen lässt. Als die Pyro-Techniker passend zum Namen der Band die Funken sprühen lassen, hält er seinen Fuß in die Glut, was für tolle Effekte im Bild sorgt. Ansonsten liefert die Mannschaft aus Kiel beste Unterhaltung, die vor der Bühne ausgelassen gefeiert wird, wobei die Musik ein Übriges tut. Ein tolle Show! THY ART IS MURDER haben im Anschluss auf der MANDORA einen komplett anderen, musikalischen Ansatz, denn hier ist Deathcore angesagt, der den Fans von der Bühne aus vehement und gnadenlos auf die Ohren gehämmert wird. Zahlreiche Moshpits trotz der noch frühen Stunde sprechen für die tolle Akzeptanz der Band hier am Ring.
MADSEN: Drei Brüder auf Indie-Rock Mission
Weiter geht es mit MADSEN, die sich dem deutschsprachigen Indie-Rock verschrieben haben. Die Namensfindung im Jahr 2004 dürfte in Anbetracht der Tatsache, dass drei der fünf Gründungsmitglieder den Familiennamen Madsen tragen, nicht allzu schwierig gewesen sein. Etwas mehr Kreativität erforderte dann wohl eher der Musikgeschmack der Band, die sich den Indie-Rock auf die Fahne geschrieben hat, der in deutscher Sprache bis vor zwanzig Jahren hierzulande keine große Verbreitung gefunden hatte, was die Band nach einigen musikalischen Experimenten in Richtung Hard Rock, Crossover und Hip Hop (noch unter anderem Bandnamen) nicht abhielt, auf dieses Genre zu setzen. Der Rest ist Geschichte. Hier am Ring spielten MADSEN bereits 2005, heute, fast zwanzig Jahre später, mischt die Band den Ring erneut locker auf, zumal sich die Fans vor der Bühne enorm textsicher zeigen. Großartig.
Im Anschluss geht es weiter mit dem deutschsprachigen Tag auf der Mainstage: WANDA aus Österreich übernehmen die Mikrofone und zelebrieren ihren Austro-Pop (Eigenwerbung), der Elemente des Rock´n´Roll, Pop und Indie-Rock vereint. WANDA gehen zum Start der Show auf Nummer sicher: Mit „Bologna“ und „Kairo Downtown“ vom dreifach-Platin Werk „Amore“ werden direkt zwei der Mega-Hits der Band gespielt, die ihren Widerhall in der Menge finden und auch mit „Bussi Baby“ setzt die Combo auf einen Gassenhauer. Erst mit „Wir sind verloren“ steht ein Song vom 2022er Werk „Wanda“ auf der Setlist, aber zu diesem Zeitpunkt ist vor der Bühne nur noch Feiern angesagt. Als Rausschmeißer gibt es das unverwüstliche „1,2,3,4“ und beendet einen ganz starken Gig.
KRAFTKLUB liefern grandiosen Abriss
KRAFTKLUB, die dann die Bühne übernehmen, setzen in der Folge mehr auf Rap-Rock, der versetzt ist mit Indie- und Punkrock Elementen. Dass die Band aus Chemnitz hiermit genau den Nerv der Zeit trifft, beweist allein folgende Tatsache: alle bisher veröffentlichten Alben der Band konnten die Topplatzierung der deutschen Album-Charts erreichen. Während der Show starten KRAFTKLUB auch einen Ausflug in die Zuschauermenge, die die Band in Sachen Mitsingen und Abfeiern kräftigst unterstützt. Da fällt es auch nicht weiter ins Gewicht, dass „500 K“ textlich des Öfteren etwas frei interpretiert wird. „Schüsse in die Luft“ oder „Randale“ stellen die Zeichen weiter auf Sturm, nach „Songs für Liam“ geht die Verabschiedung im tumultartigen Jubel komplett unter.
COREY TAYLOR: Der Befreiungsschlag
Wieder an der MANDORA-Stage, geht es dort weiter mit COREY TAYLOR, der ohne seine SLIPKNOT-Maske die Ovationen seiner Fans sichtlich inhaliert. Los geht’s mit „The Box“ als Intro vom Band, dem Opener des aktuellen Albums „CMF2“.
Die Zeile „take a breath – enjoy the show“ ist Programm und wird sogleich mit Leben gefüllt, da mit den letzten Tönen des Songs die Musiker aus dem Backstage kommen und die Bühne in Beschlag nehmen. Zuletzt betritt er die Bühne, der Maskenmann aus Des Moines, Iowa, allerdings ohne die verhüllende Requisite, hinter der sich er bei SLIPKNOT in bekannter Manier verstecken kann. „Made Of Scars“ als Abrechnung mit der eigenen Vergangenheit rüttelt den Ring vom ersten Takt an durch und zeigt alle Stärken des Songwriters, der zwischen Härte und Gefühl alle Register zu ziehen im Stande ist.
„..Before I Forget...“
Zwischen den Songs wendet sich TAYLOR immer wieder ans Publikum und man spürt deutlich die pure Freude, die er auf der Bühne hat, als jemand, der hier keine Rolle spielen muss, sondern er selbst sein kann. Insofern ist dieser Abend auch die Werkschau eines Musikers, der scheinbar sein Ego in den vergangenen Jahren nicht nur durch die Maske eingeengt sah. „Song #3“ ist ein weiterer Beweis, welch fantastischer Songwriter TAYLOR ist. Der STONE SOUR-Track wird mächtig abgefeiert, bevor „Beyond“ vom „CMF2“ Album den Bogen in die aktuelle Schaffensperiode schlägt. Im Anschluss gibt es den ersten SLIPKNOT-Song, der schon im Vorfeld immer wieder durch die Zeile „..before I forget“ als Wiederkehrende Einleitung diverser Moderationen TAYLORs Anklang findet, nun aber mit dem Zusatz „...is the next song we play“ im Jubel der Menge untergeht. Danach gibt es das launige „Sponge Bob Square Pants Theme“, das TAYLOR als Lausbuben erkennen lässt, als Kind, das einfach nicht erwachsen werden will.
Snuff“ liefert Gänsehaut-Momente
„Snuff“ in der Akustik-Version verdeutlicht in der Folge einmal mehr den Ansatz, den COREY TAYLOR mit dieser Solo-Tour verfolgt und lässt die Abkehr des Musikers von der beinharten Ausrichtung SLIPKNOTS erkennen, die dieses Juwel erst 2022 nach mehr als dreizehn Jahren wieder auf einer Setlist hatten.Man kann sich denken, auf wessen Betreiben hin dies wohl geschehen ist. Die Intensität, mit der COREY TAYLOR diesen Song intoniert erzeugt unwillkürlich eine wohlige Gänsehaut. „Through Glass“ und „30/30-150“ liefern die letzten Einträge der regulären Setlist, bevor die Band mit „Duality“ den grandiose Abriss einläutet. Danach ist Schluss und COREY TAYLOR und seine formidable Band baden noch minutenlang in den Ovationen der Menge.
Als FAZIT lässt sich festhalten, dass auch die 2024er Ausgabe des traditionsreichsten, deutschen Rock-Events alle Erwartungen mehr als übertreffen konnte. Neben den Headlinern DIE ÄRZTE, GREEN DAY und MANESKIN begeistern eine Vielzahl hochkarätiger Acts, die in dieser Konzentration nur auf wenigen Festivals zu finden sind. Während die Veranstalter auf der Pressekonferenz am Nachmittag bereits eine ausgesprochen positive Bilanz ziehen konnten, wird das kommende Jahr weitere Superlative parat halten: die Jubiläumsausgabe 40 Jahre ROCK AM RING / 30 Jahre ROCK IM PARK ist für den 6.-8. Juni 2025 terminiert. SLIPKNOT wurden bereits als erster Headliner bestätigt, erstmals in der Geschichte des Festivals wird es vier Bühnen und mehr als 100 Acts geben. Man darf gespannt sein, welche Überraschungen die Veranstalter in den nächsten Wochen noch ankündigen werden. Wir halten euch auf dem Laufenden.