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Kaipa: Angling Feelings (Review)
Artist: | Kaipa |
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Album: | Angling Feelings |
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Medium: | CD | |
Stil: | Progressive Rock |
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Label: | InsideOut | |
Spieldauer: | 64:22 | |
Erschienen: | 2007 | |
Website: | [Link] |
Das also ist der “ROINE-STOLT-EFFEKT”!?
Kaum verschwindet dieser (oftmals negativ) charismatische, etwas verschroben-apathische Workaholic-Musiker und zugleich Kopf der FLOWER KINGS aus der Band, in welcher er 1973 (!!!) als 17jähriger seine ersten musikalischen Gehversuche bestritt, schon klingen die Schweden endlich deutlich anders, deutlich besser (!!!) als auf ihren letzten drei „Spätwerken“ (2002 - Notes From The Past / 2003 - Keyholder / 2005 - Mindrevolutions).
Warum nur hat sich HANS LUNDIN, das nunmehr alleinige Mitglied der „alten“, bis 1982 aktiven KAIPA, nicht schon viel eher mit STOLT verstritten? Spätestens nach dem 2002er Comeback „Notes From The Past“, das wie eine langweilige FLOWER-KINGS-Platte oder ein ROINE-STOLT-ich-habe-auch-noch-Zeit-für-´ne-Solo-CD-Ausstoß klang, hätte der Streit im Interesse der musikalischen Qualität KAIPAs erfolgen müssen. Aber Pustekuchen, stattdessen schob man noch zwei weitere, ähnlich ärgerliche, völlig steril klingende Scheiben hinterher. Doch endlich kam´s, aus welchem Grunde auch immer, zum Knall! Und LUNDIN selbst macht keinen Hehl daraus, dass durch die Trennung von STOLT neue Kräfte im Band-Gefüge freigesetzt wurden. Ein echter Fortschritt, der wohl nur durch STOLTs Rücktritt möglich wurde. Das kann man auch hören, auf „Angling Feelings“, das manchmal sogar an die Ur-Zeiten dieser schwedischen „Progressiv-Folk-Rock-Band“ (Zitat Lundin) erinnert.
PER NILSSON – das ist der neue Name, der mit seinem Gitarrenspiel ganz locker das verstaubte STOLT-Image wegpustet und dem man anmerkt, dass er mit seiner Band SCAR SYMMETRY bereits auf metallischen Pfaden wandelte. Mehr Dynamik ist angesagt. Und wenn wir schon beim Zitieren sind, sollte diese LUNDIN-Aussage keinesfalls verschwiegen werden: „Mit PER zu arbeiten, macht viel Vergnügen! (Hallo, ROINE, ich hoffe, du verstehst die versteckte Kritik hinter diesen Worten! – T.K.) PER ist nicht nur ein extrem talentierter Musiker wie alle KAIPA-Mitglieder. Er ist allem Neuen gegenüber aufgeschlossen und scheut sich nicht, Unerwartetes auszuprobieren. So doppelte er zum Beispiel einige Gitarrenparts, was ganz spezielle Klangstrukturen erzeugt. Die schnelle Melodie am Anfang von ‚Solidary Pathway´ wurde nicht nur für eine Gitarre geschrieben – PER doppelte sie einfach und erzielte damit ein absolut überzeugendes Ergebnis.“
Diese Frischzellen-Kur tut wohl nicht nur in musikalischer, sondern auch persönlicher Sicht KAIPA gut. Auch wenn es plötzlich bei KAIPA rockt, verfallen sie nicht in den Fehler, dadurch geradliniger zu werden – auf Kosten von Komplexität oder spannungsgeladenen Melodiebögen. Nein, KAIPA gehen sogar einen Schritt weiter und besinnen sich, in den überraschendsten Momenten dieses Albums, ihrer schwedischen Folk-Wurzeln … was bereits im gleichnamigen Eröffnungstitel eindrucksvoll zu hören ist. Ähnliche „Überraschungen“ erwarten den Hörer auch in den Titeln „The Glorious Silence Within“, „Path Of Humbleness“, „Where´s The Captain“ & „The Ship Of Life“ – in denen erstmals als besonderer Gast FREDRIK LINDQVIST von RITUAL seinen progressiven Hang zu folkloristischer Musik ausdrücken darf. Seinen singenden RITUAL-Kollegen PATRICK LUNDSTRÖM wird dies wohl in besonderer Weise erfreuen.
Überhaupt strahlt das gesamte Album, um auf einen Buchttitel zurückzugreifen, eine „unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ aus. STOLT ist verschwunden, aber trotzdem sind genug wirklich große Musiker des Progs, die neben RITUAL auch bei TANGENT oder den FLOWER KINGS aktiv sind, im Boot geblieben – und die haben ohne rudernden Steuermann STOLT mehr Freude und Freiheit am/beim Musizieren. Nicht die „dunklen, kalten, sterilen Seiten“ der Musik ergreifen Besitz von den KAIPAddlern, sondern auch die sonnigeren, beschwingteren, urwüchsigeren. Schon das Cover, das sich auf jedem anspruchsvolleren Kinderbuch gut machen würde, weist darauf hin. Die dunkle künstlerische Gestaltung von „Keyholder“ & „Mindrevolutions“ erstrahlt bei den „Angel-Gefühlen“ plötzlich in bunten Farben (Einige würden auf den angelnden Marinenkäfer im fliegenden Boot auch die totale Kitsch-Hass-Tirade abfeuern – zu Unrecht, meine ich!) und sogar aus dem i-Punkt des Bandnamens ist ein Schmetterling geworden.
Dieser Schmetterling hat sich endlich aus der Raupe entpuppt. Woran das liegt, erklärt LUNDIN folgendermaßen: „Als ich im Sommer 2005 an der KAIPA-Box (5 CDs mit den ersten drei Alben von KAIPA und vielen raren Live- & Studio-Aufnahmen sowie 56seitigem Booklet – unbedingte Kaufpflicht, auch weil diese Box nur auf dreitausend Exemplare limitiert ist! – T.K.) arbeitete, versuchte ich wieder neue Musik zu komponieren. Das gelang nicht – ich hatte musikalisch und textlich eine absolute Blockade, mir fehlten die Ideen. Doch umso mehr ich mich mit unserer alten Musik beschäftigte, erwuchs auch meine eigene Kreativität. Plötzlich entstanden in einem Zeitraum von noch nicht einmal drei Monaten die meisten Titel von ‚Angling Feelings´. Ich wusste, dass ich endlich Musik komponieren muss, die von den traditionellen Wegen abweicht. Darum ließ ich mich auch beim Titel des Albums und seinen Songs vom Cover-Bild JAN TERNALDs beeinflussen, das mich während des gesamten Entstehungsprozesses der CD begleitete. Dies ist wohl die entspannteste und freudvollste Aufnahmesession gewesen, an der ich je beteiligt war – und ich hoffe, dass man dies auch auf dem Album hört.“
Ja, HANS, man hört es!
FAZIT: Das Thema, das sich wie ein roter Faden durch dieses Album zieht, ist die Erkenntnis, dass man sich für die kleinen, anscheinend unbedeutenden Dinge dieses Lebens Zeit nehmen soll. Dieses Album dagegen ist das erste wirklich große Werk, das von KAIPA in den vergangenen 25 Jahren (endlich ohne den Einfluss eines grüblerischen STOLTs) geschaffen wurde und aus dem Schatten der schwächerer Spät-Alben, die immer wie eine sterile Ausgabe der FLOWER KINGS klangen, tritt.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Angling Feelings
- The Glorious Silence Within
- The Fleeting Existence Of Time
- Pulsation
- Liquid Holes In The Sky
- Solitary Pathway
- Broken Chords
- Path Of Humbleness
- Where´s The Captain?
- This Ship Of Life
- Bass - Jonas Reingold
- Gesang - Hans Lundin, Aleena Gibson, Patrik Lundström
- Gitarre - Per Nilsson
- Keys - Hans Lundin
- Schlagzeug - Morgan Agren
- Sonstige - Fredrik Lindqvist (Recorders & Whistles)
- Angling Feelings (2007) - 12/15 Punkten
- In the Wake of Evolution (2010) - 11/15 Punkten
- Vittjar (2012) - 9/15 Punkten
- Sattyg (2014) - 8/15 Punkten
- Nattdjurstid (1982) Remaster (2016) - 2/15 Punkten
- Händer (1980) Remaster (2016) - 4/15 Punkten
- Solo (1978) Remaster (2016) - 12/15 Punkten
- Children Of The Sounds (2017) - 11/15 Punkten
- Urskog (2022) - 13/15 Punkten
- Sommargryningsljus (2024) - 13/15 Punkten
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