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Oskar Rózsa Sextet: Complete Recordings (Review)

Artist:

Oskar Rózsa Sextet

Oskar Rózsa Sextet: Complete Recordings
Album:

Complete Recordings

Medium: CD
Stil:

Jazz

Label: Hevhetia
Spieldauer: 111:23
Erschienen: 10.02.2003
Website: [Link]

Bassist Oskar Rózsa ist kein gewöhnlicher Jazzer, sondern trachtet nach neuen Wegen und unerhörter Musik. Diese gesammelten Aufnahmen entstanden, als er seinen Mitmusikern nur vage Bilder gab, um ihre spirituelle Authentizität herauszukitzeln, wie er meint.

Dröhnend, mit miauenden Bläsern, stolperndem Klavier und glucksendem Bass beginnen einige der Parts, etwa „II“ und „VI“, doch letzteres entpuppt sich als bildhafte Soundscape, die an einen Film Noir denken lässt. Davor wirkt das schamanische „I“ sinnigerweise wie ein ausschweifendes Intro. „III“ gemahnt dank seines lichten Arrangements und wegen latenter Unterkühltheit an Nordic Jazz, wobei das Klavier ein markantes Motiv herausstellt.

„IV“ und „VII“ bieten spannenden Fusion-Stoff, ersteres immer dann mit fiesen Brüchen (elektronische Geräusche), wenn man sich gerade dem treibenden Rhythmus hingeben möchte, letzteres gleichmäßig mit funkigem Groove, weshalb es gemeinsam mit „IX“, einem brodelnden Fusion-Kessel, den konventionellsten Aufbau aller Tracks besitzt. „VIII“ beruht auf einem Bass-Ostinato, die Oberfläche kräuselt sich mit sanfter Clean-Gitarre und Piano-Tupfern vor sachte angeschlagenen Becken, ehe das Ensemble gänzlich überraschend mit Walking Bass dazu übergeht, einen vermeintlichen Standard zu simulieren. Diesen erkennt man gleichwohl nicht, denn es ist wie gesagt eine Täuschung.

„V“, mit 35 Minuten das längste Stück, beginnt als Ambient-Rauschen mit stehenden Basstönen, lässt kurzzeitig Swing anklingen und schert dann in Free Jazz aus. Daraufhin findet man sich mit gedämpfter Trompete in den Fifties wieder, bevor das Sextett einen Dekaden-Sprung vollzieht und in Miles' Hexenküche wildert, beeindruckend und trotz scheinbarer Zusammenhanglosigkeit durchaus flüssig. „X“ scheint aus demselben Jahrzehnt zu stammen und ist wegen seines gleichbleibenden Pulses mit am eingängigsten, auch wenn Andrej Seban der Atonalität verhaftet bleibt.

Nach „XI“, das ein wenig so klingt, wie Coltranes Suite „Love Supreme“ beginnt, hat man den Eindruck gewonnen, bei einer emotionalen Häutung präsent gewesen zu sein. Rózsa hat seine Mitstreiter dazu gezwungen, spontan zeitweilige Gefühle auf ihren Instrumenten Ausdruck zu verleihen. Herausgekommen ist ein Spiegelbild verschiedener Arten von musikalischer Sozialisation, wie man es noch nicht gehört hat.

FAZIT: Falls sich jemand eine musikalische Sitzung bei einem Freudianer oder Jungianer vorstellen kann – die Mitglieder des OSKAR RÓZSA SEXTET sind das Wagnis eingegangen.

Andreas Schiffmann (Info) (Review 2910x gelesen, veröffentlicht am )

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