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Anna Maria: Saknad Fornaldar (Review)

Artist:

Anna Maria

Anna Maria: Saknad Fornaldar
Album:

Saknad Fornaldar

Medium: CD
Stil:

Romantische Folk-Rock-Traumreise durch die isländische Lyriklandschaft

Label: Nordic Notes
Spieldauer: 48:37
Erschienen: 28.03.2013
Website: [Link]

Eine Kritik, die mit einem großen „?“ beginnen sollte.
Beginnen muss!
Denn was bitte treibt eine Musikerin dazu, auf ihrem ersten Album tatsächlich Gedichte, die sich über einen Zeitraum von über 300 Jahre hinweg erstrecken, zu vertonen???

Ich weiß es nicht, erahne aber eine Antwort: die Rückbesinnung auf die Kultur ihres Heimatlandes und ein Lebensgefühl, das sich eher aus der Einsamkeit der Romantiker speist, als aus der ständigen Erreichbar- und Geschäftigkeit eines immer fleißigen Vorwärtsstrebers. Die Flucht zurück zur Natur vor den Verlockungen des modernen Lebensgefühls, in dem du spürst, dass du alles haben kannst, auch wenn du es nicht brauchst. Plötzlich ist dir das, was zwischen zwei Buchdeckeln steckt – und Gedicht heißt – viel wichtiger als das, was dich hinter den riesigen, vollautomatischen Schiebetüren riesiger Einkaufszentren erwartet. Man muss schon verrückt sein, wenn man sich heutzutage noch für ein Leben, welches sich in Büchern entfaltet, mehr interessiert, als für die neuste werberelevant ausgelöste Massenhysterie, die clevere Marktstrategen als für dich unverzichtbar festgelegt haben und wo du mal wieder, wie so oft, drauf reingefallen bist.

Wer sich die Zeit für dieses Debüt-Album nimmt, sich zurückzieht in die eigenen vier Wände, die Nacht hereinbrechen lässt, ein paar Kerzen anzündet und sich ganz dieser Musik und der isländischen Sprache hingibt, der wird wohl spüren, warum die Romantiker ein so großes Glück empfanden, wenn sie sich den Gedichten eines NOVALIS hingaben, der ihnen von „blauen Blumen“ dichtete, die sie noch nie gesehen hatten. Wir müssen die Sprache, die wir auf „Saknad Fornaldar“ hören, nicht wirklich verstehen, um zu fühlen, was uns die Gedichte der sechs isländischen Dichter sagen wollen. Die „Sehnsucht nach alten Zeiten“ (Übersetzung des Album-Titels) wird geweckt, die Sehnsucht nach dem großen Gefühl, in dem tiefe Trauer und unendliche Leidenschaft zugleich wohnen.

Nur selten trifft man auf einen Künstler, der so großen Wert auf die enge Verknüpfung zweier Kunst-Gattungen legt:

Musik + lyrische, isländische Poesie = ANNA MARIA!

Die Sängerin, welche zugleich Piano und Harmonika auf ihrem Album spielt, erbte nach dem Tod ihrer Großeltern deren Bücher, die traditionelle isländische Lyrik zum Inhalt hatten. 300 Jahre alte, aber auch ganz moderne Gedichte (Der jüngste vertonte Dichter auf „Saknad Fornaldar“ ist Jahrgang 1978!) treffen auf sehr getragene, eben romantische, Musik, die vom Piano genauso wie vom Cello oder akustischen Gitarren lebt. Doch da auch in den Gedichten die Stimmungen sehr unterschiedlich sind, tauchen oftmals neben den akustischen Instrumenten plötzlich auch elektrische Bässe, Hammond Orgeln, Wurlitzer, Synthesizer und treibende Schlagzeugimpressionen auf. Die schöne alte Welt erobert die hektische neue Welt, die sich nach Veränderung genauso wie nach Tradition sehnt.

Dabei gibt „Saknad Fornaldar“ die Stimmung eines Albums wieder, das ich nicht mag, weil es aus meiner Sicht einfach nicht zu der von mir bis dahin hoch geschätzten Musikerin, die plötzlich nicht mehr überzeugend zu singen verstand, passte: KATE BUSHs „50 Words For Snow“. ANNA MARIA wiederum transferiert diese Stimmung in ihre Musik und auf die lyrischen Island-Epen und schon macht alles einen Sinn, was für mich bis dahin bushscher Unsinn war. Denn die Stimme, die uns hier erwartet, ist kristallklar und faszinierend. Nicht umsonst hat ANNA MARIA mit ihrer nordischen Vocal-Band IKI 2011 den Danish Music Award gewonnen. Sie kann singen, eine KATE BUSH versucht es nur noch – genau das ist der kleine, aber feine Unterschied, der unüberhörbar ist.

FAZIT: Romantische Musik trifft auf isländische Lyrik der unterschiedlichsten Epochen (Aufklärung, Romantik, Impressionismus, Moderne) und beweist, wie viel Gefühl sich hinter der hohen Kunst des Wortes und der Musik verbirgt und welch unglaubliche Kraft von deren Vereinigung ausgeht! Eigentlich sollte dieses Album ein Pflichtwerk an jeder isländischen Schule werden!

PS:
Die Dichter, die von ANNA MARIA vertont wurden:
Matthías Jochumsson (1835-1920)
Sigurjón Friðjónsson (1867-1950)
Eggert Ólafsson (1726-1768)
Tómas Guðmundsson (1901-1983)
Jón Thoroddsen (1818-1868)
Sölvi Björn Sigurðsson (f. 1978)

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 6284x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Minn Fri?ur
  • Neistaflug
  • Sakna? Fornaldar
  • Í Útlensku Regni
  • Í Landsýn
  • Málróf
  • Mín Ást Til Þín
  • Fjallganga

Besetzung:

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