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Pell Mell: The Entire Collection (Review)
Artist: | Pell Mell |
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Album: | The Entire Collection |
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Medium: | CD | |
Stil: | Progressive Rock |
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Label: | MiG / Sony | |
Spieldauer: | 79:13 + 78:57 + 37:52 + 78:06 | |
Erschienen: | 29.04.2013 | |
Website: | [Link] |
Das auf Nachlassverwaltung geeichte Label MiG hat mit dieser kompletten Werkschau von PELL MELL ein Fest für Deutschprog-Interessenten initiiert: Die auf 1.000 Einheiten limitierte Box (CDs in zweckmäßigen Stecktaschen, Booklet mit 24 Seiten Infos) enthält nicht nur die fünf regulären Studioalben der Marburger Kultband, sondern auch die beiden Scheiben des Nachfolgeprojektes SKYRIDER, wobei die zweite hiermit zum ersten Mal offiziell zugänglich gemacht wird. Als Bonus - fast Makulatur im Angesicht von über 50 Songs - gibt es eine von Vordenker Thomas Schmitt 1981 allein gestemmte Neubearbeitung des Bandhits und Smetana-Tributs "Moldau".
Zu Zeiten ihres Einstands "Marburg" hatten PELL MELL den Übergang zum symphonischen Rock längst vollzogen, wenngleich sie diesen weit weniger grell umsetzen als allen voran ELP, auch wenn speziell Pusch zumindest in Deutschland als Organist herausragte. Die ersten Kompositionen der Gruppe lassen sich somit in der Schnittmenge zwischen frühen Kansas ohne kommerziellen Schmelz und programmatischem Hardrock der Marke DEEP PURPLE verorten, allerdings ebenfalls unter Ausnahme des Hit-Faktors. Hiesige Bands waren eben damals nicht selten störrisch (höre das exaltierte "Alone") beziehungsweise unbeholfen in ihren künstlerischen Ambitionen. Hervor stechen auf dieser Hommage an die Heimat der Musiker natürlich die "Moldau"-Bearbeitung sowie die längeren Tracks "The Clown And The Queen" und "City Monster", letzteres insbesondere wegen Schmitts Geigen- und Flötenspiel.
"From The New World" forcierte 1973 das bombastische Moment weiter: Antonín Dvoráks "Aus der neuen Welt" hält mit seinem markanten Hauptmotiv als trefflicher Aufhänger her, der sporadische Gesang tönt wärmer und wirkt besser in den Gesamtsound eingebettet. Das Zusammenspiel der Musiker ist gerade in Anbetracht der Dynamik und fließenden Rallentandi als fabelhaft zu bezeichnen, derweil es von Bachs "Toccata" zwar wenige so jazzige, aber durchaus beeindruckendere Versionen gibt. Der eigentliche Reiz von PELL MELLs Zweitwerk besteht allerdings in der zweiteiligen "Suite", die einmal mehr das Markenzeichen Geige feiert, wobei Schmitt auch hier bewusst aus der Musikgeschichte zitiert. Klassik-Adaptionen wurden in deren jüngerem Verlauf zum unsäglichen Klischee, doch dieses Song-Quartett darf man auch heute noch gut finden, da der Zahn der Zeit - auch wegen der druckvollen Inszenierung - kaum an ihm genagt hat.
Statt wie die britischen Kollegen, mit welchen PELL MELL immer wieder ungerechtfertigterweise verglichen wurden, weiter over the top zu gehen, suchten die Deutschen auf ihrer dritten Platte "Rhapsody" ihr Heil teilweise schon in knapperen Kompositionen. Diesen steht indes das dreiteilige Titelstück voran, in dem die Musiker das auf dem Vorgänger-Album Begonnene übertrumpfen: rhythmisch noch variabler aufgestellt, melodisch vielschichtiger und somit als Arrangeure hörbar gewachsen. Besonders die Verzahnung von Orgel und Schmitts Geige verzückt, und der selbstredende "Can Can" verweist spielerisch auf den Weitblick der Protagonisten. Weiterhin forciert man den eigenen Charakter mit nur noch hintergründig betriebenem Recycling (diesmal Rachmaninoff und Liszt). Auffällig dabei: PELL MELL versprühen vorwiegend Leutseligkeit ("Prelude" bis "The Riot"), ehe sie im Highlight "Paris The Past" im wahrsten Sinn des Wortes wieder auf die Pauke hauen.
Auch der vierte Langspieler der Band steht noch im Zeichen früherer Komponisten, wobei "Only A Star" - das Cover deutet es an - stellenweise fast poppig ausgefallen ist ("Daydreamer"). Dies liegt am Chorgesang und dem süßlicheren Tonfall des Trios an den Mikrofonen generell. Die Geige wird mittlerweile noch lockerer und gerne auf mehreren Tonspuren gestrichen, der elegante Charakter der im Schnitt fünf Minuten langen Stücke gemahnt an ebenso zahme Insel-Musiker wie RENAISSANCE in ihrer mittleren Schaffensphase. Damit einher geht logischerweise ein Zuwachs folkloristischer Momente, wobei man sich dem Eindruck ungebührlicher Behäbigkeit (das Titelstück scheint man von Amerikas Westküste gestohlen zu haben) nicht entziehen kann. Ihre bekannten Trümpfe spielen PELL MELL nur während des jubilierenden "Across The Universe" und im einmal mehr konzertanten Longtrack "Disillusion" aus. Eingedenk des quirligen Finales "Phoebus Is Dead" und der fühlbar hinzugewonnen Erfahrung wäre "Only A Star" mit mehr Material von diesem Schlag vermutlich das stärkste Album der Truppe geworden.
Von Besetzungswechseln gebeutelt reichte Rädelsführer Schmitt mit "Moldau" den Schwanengesang ein. Darauf überrascht eher die noch symphonischere Ausrichtung als das Material an sich, denn das Titelstück wärmt natürlich allzu bekannte Ideen auf, und mit den beiden davon eingeschlossenen Tracks versuchen sich PELL MELL an einem arg synthetischen Soundtrack-Entwurf, nachdem ihnen CAMEL mit "The Snow Goose" zeigten, woher der Hase läuft. Das letzte Album der Band mieft zweifellos nach den beginnenden Achtzigern: aseptische Studio-Aura statt Live-Schweiß. "Gliding" ist indes ein wunderbar schwebendes Interludium, und das vierteilige "Dark Valley" kommt nur phasenweise aus den Puschen, wobei erneut Äther-Klänge entschuldigen, dass die Macher reichlich wenig zu sagen haben. Wer aber auf wie auch immer geartete "Sphärenmusik" steht (TANGERINE DREAM?), hat mit "Moldau" gewiss seinen Spaß. Gesang hätte der Scheibe gutgetan.
Diesen vernimmt man während des Wiedersehens mit den Schlüsselfiguren von PELL MELL beim Folgeprojekt SKYRIDER. Es bestand abgesehen von Schmitt und Otto Pusch aus Stephan Rehlich und Ralph Fricke (SCRIFIS), wobei sich seine Lebenszeit mit jener der Hauptband überschneidet, denn aus der Taufe gehoben wurde die Combo bereits 1980. Die Tracks kommen nachgerade pompös daher ("Great Beautiful Crime") und erinnern vom Gesang her häufig an YES. Stilistisch wildern SKYRIDER gerne und auf gelungene Weise in poppigen Gefilden ("Time Of The Season") oder kehren gar den Glam hervor wie in "I Don't Wanna Leave You Now". Man mag einwenden, Schmitt habe seinen Zenit überschritten, dieses Unterfangen aber auch als Flucht nach vorne deuten, denn statt sein Heil weiterhin im Nachahmen von klassischer Musik zu suchen, steht der Hauptdarsteller etwa im Vergleich mit Keith Emerson wesentlich besser da, wenn er "weltlichere" Musik fabriziert. Highlights der beiden SKYRIDER-Scheiben (die zweite ist wie angedeutet hier exklusiv enthalten) belaufen sich nicht nur auf das krachende "Save Two Birds" und den HEEP-Wiedergänger "Fighter Of The Sun", sondern umfassen auch "Rock 'n' Roll On The Highway", mit dem man zu den frühen SCORPIONS aufschließt (starker Gesang), die Power-Ballade "Song For Rosalie" und das mit fulminantem Gitarrenspiel glänzende Doppel aus "Hello Angel" sowie "Heart On Ice". SKYRIDER waren letztlich die ideale Mischung aus progressiver Opulenz und beinahe schon AOR.
Was bleibt nach Einfuhr dieser vier CDs noch zu sagen? Zum Schaffen von PELL MELL, einer überdurchschnittlichen Band aus dem weiten Kraut-Kosmos, zumindest nichts mehr.
FAZIT: MiG adeln sich mit dieser Box selbst. Abgesehen von einer kompletten Werkschau der deutschen Hard- bis Symphonic-Gruppe PELL MELL erhält man mit ihr stundenlang überwiegend zeitlose Musik, hinter welcher Visionen stecken, wie sie heuer gerade in der Rock-Szene zu selten ausgelebt werden ... und um dies festzustellen bedarf es keiner rosaroten Nostalgie-Brille.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- CD 1 „Marburg“ & "From The New World"
- The Clown And The Queen
- Moldau
- Friend
- City Monster
- Alone
- From The New World
- Toccata
- Suite I
- Suite II
- CD 2 „Rhapsody“ & „Only A Star“
- Frost Of An Alien Darkness
- Wanderer
- Can Can
- Prelude
- Desert In Your Mind
- The Riot
- Paris The Past
- Count Down
- Daydreamer
- Only A Star
- Across The Universe
- Disillusion
- Trailors In Movie Halls
- Phoebus Is Dead
- Broken Harmony
- Right In Your Hands
- Song For Rosalie
- Hello Angel
- I’m In Love
- CD 3 „Moldau“
- Moldau Part One
- The Farmers Wedding
- The Nymph Dance
- Moldau Part Two
- Gliding
- Dark Valley Part One
- Dark Valley Part Two
- Dark Valley Part Three
- Dark V alley Part Four
- CD 4 “Skyrider” & “Skyrider 2”
- On My Line 1
- Skyrider
- Great Beautiful Crime
- Time Of The Season
- Written On A Granite Hill
- I Don’t Wanna Leave You Now
- On My Line II
- Up To Sky
- Love’s In My Eyes
- Save Two Birds
- Fighter Of The Sun
- Looks Like Rain
- Loadie
- Rock ‘n’ Roll On The Highway
- Bass - Götz Dräger, Jörg Götzfried, Stephan Rehlich
- Gesang - Ralph Lippmann, Rudolf Schön, Thomas Schmitt
- Gitarre - Thomas Schmitt, Ralph Fricke, Ralph Lippmann, Rudolf Schön
- Keys - Cherry Hochdörfer, Otto Pusch, Dietrich T. Noll, Ralph Lippmann
- Schlagzeug - Mitch Kniedmeijer, Werner Ettling
- Sonstige - Thomas Schmitt (Geige, Flöte)
- The Entire Collection (2013)
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