Was für das anspruchsvolle Musikfernsehen, bzw. den Spartensender ZDF Kultur „TV Noir“ - die mit Abstand beste Musiksendung für den ganz besonderen indi(e)viduellen Musikgeschmack ist - das sind die „Hamburger Küchensessions“ für den Netz-, CD- und Vinyl-Fanatiker, der auf der ständigen Suche nach guter Liedermacher- und Indie-Musik aus aller Welt, aber ganz besonders aus Deutschland ist.

Manchmal ist es eine fast banal zu nennende Idee, welche Musikgeschichte schreibt, so verrückt sie anfangs auch erschien. Der verrückte Ideengeber jedenfalls heißt JENS PFEIFER und seine musikalische Vision ist einfach faszinierend. Er lädt Musiker unter dem Motto: „Musikalische Begegnungen ohne akustische Kompromisse“, in seine kleine, aber feine Küche ein. Der so eingeladene Musiker spielt dann dort vor erlesenem Publikum ohne jeglichen Schnick-Schnack ein Akustik-Set, das mitgeschnitten wird. Es gilt wie bei einem guten Whisky in diesem Falle auch für die Musik ausschließlich: Pur! Pur birgt den größten Genuss, aber zugleich auch die größten Gefahren in sich. Das ist der Reiz - solange man es eben nicht übertreibt. Und in der Zwischenzeit verbreitete sich diese Idee fast wie eine angenehme Musik-Seuche, von der schon über 40 Musiker befallen wurden und bei der mehr als 20 Stunden Musik herauskamen, wobei ein besonderes Highlight für Sammler eine 8-Vinyl-LP-Box (Welche übrigens während des Schreibens der Kritik auch der Kritiker gerade bestellt hat!) ist, die fast alle Aufnahmen in sich vereint und unglaublich liebevoll gestaltet ist. Wer natürlich mehr auf die digitale Welt steht, für den gibt‘s die Möglichkeit diese Aufnahmen auch als CDs zu erwerben, wie z.B. in diesem Fall die aktuellsten „Küchensessions - Vol. 3“. Im Internet kann er dazu auch alle live mitgeschnittenen „Küchen“-Auftritte der Musiker bewundern. Und sollte der neugierig Gewordene sich noch immer nicht sicher sein, was ihn im Falle dieses musikalischen Kochbuchs des guten Geschmacks aus Hamburg erwartet, der werfe einfach mal einen Blick auf diesen zweiminütigen Bericht zu den Hamburger Küchensessions vom NDR.

Im Falle der dritten CD aus dieser Serie gibt es natürlich ganz Ähnliches wie bereits auf den beiden Vorgängern zu hören.
Eine Art Hitliste zu erstellen erübrigt sich, da jedes hier dargebotene Lied und jeder Musiker seinen ganz eigenen Reiz hat, egal ob nun deutsch oder englisch gesungen wird, mal nur die Gitarre oder noch weitere Instrumente den Song begleiten, wobei oftmals auch gleich einige Küchenutensilien mit zum Einsatz kommen.
Mit CÄTHE ist die momentan bekannteste Musikerin am Küchentisch aktiv, wobei sie allerdings nicht gleich auch aus diesem Sampler hervorsticht. Eine der besten Textzeilen kommt meines Erachtens nach von CLICKCLICKDECKER, der über das Älterwerden mit: „Und das Alter zieht seinen Schlitten mitten über dein Gesicht“, eine wunderschöne Metapher verwendet. Der am weitesten Gereiste ist wohl der Australier TIM McMILLAN - ein außergewöhnlicher Musiker, der mit „Hammocks“ den komplexesten - und aus meiner Sicht besten Song - auf diesem Album erklingen lässt. Diesem gefühlvoll gesungenen und perfekt an Gitarre und Bass begleiteten Song steht zugleich der schwächste auf den „Hamburger Küchensessions - Vol. 3“ gegenüber: „Sandburgen“ von LIZA & KAY, auf dem sich einige, garantiert ungewollte Live-Dissonanzen einschleichen.
Doch gerade das ist es ja, was diese Konzerte so reizvoll und authentisch macht!

FAZIT: Die Hamburger Küchensessions sind ein Beweis dafür, was möglich ist, wenn ein Musikliebhaber mit einer grandiosen Idee aufwartet, die auf Musiker trifft, denen ihre Musik wichtiger als nur ein jubelndes und gut zahlendes Publikum ist. Ein gutes Essen reicht da schon als Gage - und viele einmalige Liveaufnahmen in Wort und Bild gibt‘s als zusätzliches Dankeschön noch dazu! Chapeau!