Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Amorphis: Die offizielle Biographie (Review)

Artist:

Amorphis

Amorphis: Die offizielle Biographie
Album:

Die offizielle Biographie

Medium: Buch
Stil:

Metal

Label: Edition Roter Drache
Spieldauer: 398 Seiten
Erschienen: 04.03.2016
Website: [Link]

Auch das noch... eine AMORPHIS-Biographie? Ausgerechnet von der Band, die zwar mit "Tales From The Thousand Lakes" einen grandiosen, wenn nicht DEN finnischen Metal-Klassiker schlechthin eingespielt hat; die jedoch eher für ihre sowohl qualitativ wie stilistisch ziemlich verlässlichen (ja, das heißt seit einigen Jahren recht überraschungsarmen) Alben als für Skandale oder andere erwähnenswerte Geschichten bekannt ist. Klar, einst flog ein Fernseher aus einem Hotelzimmer und in fast jedem Interview ist vom "Kalevala" die Rede, doch musste unbedingt ein Buch darüber geschrieben werden?

Den Göttern sei Dank, dass sich Metal-Journalist und -Musiker Markus Laakso zu dieser mehrjährigen Arbeit entschlossen hat. "Die offizielle Biographie" wurde nämlich nicht mit der heißen Nadel gestrickt, sondern von einem langjährigen Vertrauten der Band verfasst, und Laakso nutzt sein Insider-Wissen, ohne es plump auszubeuten. Seine eigenen Einblicke in das Musikgeschäft und dessen mannigfaltigen Abgründe sowie faszinierenden Möglichkeiten haben ihn offenbar motiviert, den Werdegang von AMORPHIS von möglichst vielen Band-internen Perspektiven akribisch zu beleuchten. Ehemalige Bandmitglieder kommen ebenso zu Wort wie die nun eingespielte Mannschaft um Tomi Joutsen. Selbiger lässt im Hinblick auf seine Panikattacken und die damit verbundenen Probleme tiefer in seine Seele schauen als in jeder noch so scheinbar anrüchigen Musiker-Biographie, in der es letztlich doch nur um die altbekannten Klischees von Sex, Drugs & Rock'n'Roll geht.
Die Geschichte beginnt jedoch in den Achtziger Jahren an einem "Heavy-Kiosk" in Helsinki, einem Treffpunkt der langhaarigen Jugendlichen, die dort ihr Dosenbier vernichten und ab und zu Prügel von einer Roma-Bande kassieren. Hier begegnen sich Esa Holopainen und Jan Rechberger das erste Mal, und von hier webt Laakso seine Nacherzählung, die zahlreiche persönliche Rückblicke umfasst, und keineswegs eilig von einer Etappe zur nächsten hetzt, dafür jedoch reichlich abgestandene Proberaumluft schnuppern lässt.
Zu den Stärken dieser Biographie zählt die Dichte an Details, an die sich die Zeitzeugen erinnern und den Leser unverkrampft daran teilhaben lassen. Menschliche Schwächen werden dabei weder verheimlicht, noch übermäßig dramatisiert. Mit klarem Blick auf das musikalische Potential nimmt schließlich die von Enthusiasmus und Naivität angetriebene Achterbahn im Musikzirkus ihre Fahrt auf, um AMORPHIS zunächst in die Höhe schießen zu lassen und anschließend in eine trügerische Talfahrt überzugehen, die nach einigen unumstrittenen Meisterwerken ins Bodenlose zu führen scheint. Insbesondere die Vertragsgestaltung mit Relapse Records erweist sich für die Band als Nackenbrecher eigener Güteklasse, so dass nicht selten die Frage im Raum steht, ob und wie AMORPHIS überhaupt noch weitermachen können...
Die Gestaltung mit quasi-antiken Flyern und vielen Photos aus den Privatarchiven der Musiker verstärkt das beim Lesen aufkommende Gefühl, der viele Jahre zwischen Aufbruch in musikalisches Neuland und bitterer Armut hin- und her-geschüttelten Band auf Schritt und Tritt zu folgen. Der Preis von 20 Euro für die schmucke Hardcover-Ausgabe fällt fast lächerlich niedrig aus.

FAZIT: Die von Markus Laakso notierten und nachvollziehbar arrangierten Episoden fördern die Lesefreude und ergeben eine etwas andere Biographie einer etwas anderen Band. Somit ist dieser knapp 400 Seiten umfassende Schmöker nicht nur eingeschworenen Fans der finnischen Metal-Pioniere dringend ans Herz zu legen. Junge Musiker, die sich nach unerwartetem Erfolg im Underground mit Vertrags-Angeboten beschäftigen müssen, die sie nicht wirklich durchblicken, oder die vom kommerziellen Erfolg träumen, erhalten hier eine wertvolle Lehrstunde. Und nicht nur Tomi Joutsens offenherzige Einblicke in seine Angstattacken legen eine Empfehlung für Menschen nahe, die sich nicht von ihren Sorgen beherrschen lassen wollen: Im Grunde ist die bisherige Geschichte von AMORPHIS die von sympathischen Stehaufmännchen – ein lesenswerter Mutmacher im besten Sinne.

Thor Joakimsson (Info) (Review 5410x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • 25 Jahre und kein bisschen leise... (so der Klappentext)

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Wieviele Monate hat das Jahr?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!