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Hidden Orchestra: Dawn Chorus (Review)

Artist:

Hidden Orchestra

Hidden Orchestra: Dawn Chorus
Album:

Dawn Chorus

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Symphonischer Art-Rock als Fusion aus Orchester und Naturgeräuschen

Label: Through Thoughts Records/Groove Attack
Spieldauer: 64:49
Erschienen: 16.06.2017
Website: [Link]

Dieses HIDDEN ORCHESTRA braucht sich nach seinem nunmehr dritten Album wirklich nicht zu verstecken, denn es ist ein großes orchestrales Musiker-Arsenal unter Federführung des Produzenten, Musikers und Komponisten JOE ACHESON, das sich unmittelbar mit der Natur und ihren schönsten, aber auch hektischen Geräuschen vereint und daraus ein völlig neues, in dieser Weise ungeahntes und unbekanntes Universum aus Vogelgezwitscher und klassischen sowie modernen Instrumenten errichtet, dem sich der Naturfreund genauso wenig entziehen kann wie der Klassik- oder Jazz-Liebhaber, aber auch der Post- und Prog-Rock-Fan oder alle, die sich komplexen Symphonien verbunden fühlen. Selbst live bestätigten HIDDEN ORCHESTRA schon, dass sie diese Klangwelten auch auf einer Bühne zu wahrem Leben erwecken können.

HIDDEN ORCHESTRA und Joe Acheson zimmern auf Dawn Chorus epische Natur-Symphonien, die sich zwischen Post-Rock, Klassik, Jazz und unzähligen Naturgeräuschen, welche Acheson in akribischer Suche während der Morgendämmerungen an den unterschiedlichsten englischen Orten und der weiten Welt „einfing“, bewegen, wobei sie eine fast hypnotische Atmosphäre erzeugen, ähnlich als würden wir uns fasziniert vor der wundervollen Farbvielfalt durch den Regenwald des Amazonas, aber nicht etwa die materielle Produkt-Welt von Amazon bewegen!
Dabei erleben wir in gigantischem Sound eine Verbeugung vor den unzähligen Spiel- und Stil-Arten, Elektronisches trifft auf Klezmer, Melancholisches auf Bombast, Symphonisches auf Weltmusik, wilde Rhythmen auf atmosphärische Flächen und natürlich eingefangene Tier- und Naturgeräusche auf monumentale Klangbilder.

Spätestens in solchen Momenten „symphonischer Klangmalerei“ kommen einem ganz große Musiker- und Komponistennamen in den Sinn, wie MICHAEL NYMAN, PHILIP GLASS, STEVE REICH, TERRY RILEY oder BRIAN ENO und natürlich das PENGUIN CAFÉ ORCHESTRA. Und genau hier gehört auch das symphonischen „Rundum“-Werk „Dawn Chorus“ von Joe Acheson und seinem HIDDEN ORCHESTRA hin. Genau auf eine Stufe mit diesen Künstlern – nicht etwa darunter.

Ganz getragen und ruhig, wie eine Art Prolog, beginnt das Album mit „First Light“ und deutet bereits an, dass dieses Ruhig-Atmosphärische nur die Ruhe vor dem Sturm ist, der dann tatsächlich vom HIDDEN ORCHESTRA verwirklicht und entfacht wird – als Musik und Naturereignis, das nicht wirklich „Still“ ist, wie es der gleichnamige dritte Titel des Albums vermittelt, sondern sich zwischen extrem dynamisch und (ent)spannend bewegt.
So besteht beispielsweise das siebte der insgesamt zehn epischen Instrumental-Stücke, „Wingbeats“, aus einem Rhythmus, der aus (Das verrät uns schon der Titel!) gesampelten Flügelschlägen besteht und uns zugleich anfangs den Eindruck vermittelt, wir würden vogelgleich durch die Lüfte schweben, doch dann erwartet uns ein dynamischer, überraschender Wechsel...

„Long Orchard“ ist ein besonders berührendes Stück, denn hier unternimmt Joe Acheson eine Art Zeitreis in die Vergangenheit seiner eigenen Kindheit: „Auf dem linken Lautsprecher hört man meinen Onkel, wie er auf dem Piano meiner Großmutter spielt – aufgenommen von meinem Vater auf einem alten Magnettonbandgerät im Jahr 1966, ich spiele den selben Part (zu hören auf dem rechten Lautsprecher), auf dem selben Piano fast 15 Jahre später, kurz bevor es bei einer Auktion versteigert wurde.“

Mit absichtlichem, ausgiebig eingefügtem LP-Knistern, das bestimmt die Besitzer der Doppel-LP-Ausgabe verrückt machen wird, endet „Dawn Chorus“.
Aber, aber … dieses Knistern ist wirklich rein „künstlich“ und nicht auf eurem schwarzen (oder limitiert weißen) Vinyl-Scheibchen. Nicht dass irgendwer auf die Idee kommt, deswegen sein Album zu reklamieren. Am Ende aber passt bei so viel musikalischer Natürlichkeit wie auf diesen modernen Art-Rock-Symphonien selbstverständlich auch dieses ausgiebige Knistern dazu. Es wäre beinahe widernatürlich, wenn es nach all dem Vogelgezwitscher, Taubengurren, Donnergrollen, Wasserrauschen, Glockenläuten nicht als das große knisterndes Plattenfinale auftauchen würde.

Und so geht mit „East London Street“ im besten knisternden PORTISHEAD-Stil ein wundervolles, sehr melancholisches und zugleich aufregendes Album zu Ende, bei dem in der letzten Minute das Gezwitscher der Vögel sowie ganz speziell der Gesang eines Zaunkönigs aus dem Jahr 1947, den Acheson in einem Sound-Archiv der British Library entdeckte, und ein klassischer Chor im orchestralen Duett-Einklang ihren Abschied aus „Dawn Chorus“ verkünden.

FAZIT: Alles richtig gemacht, HIDDEN ORCHESTRA, kann man da nur sagen! Und zugleich verstehen, dass mit diesen Symphonien zwischen Klassik und Post Rock, Ambient und Jazz, Electronic und Natur, die wir auf „Dawn Chorus“ genießen dürfen, nicht nur die Seele jeden Musikfreundes, sondern auch Natur-Entdeckers angeregt wird. Dass die beiden Vorgänger-Alben des HIDDEN ORCHESTRA bereits jede Menge Preise abräumten und sogar zu einem Auftritt in der restlos ausverkauften Londoner Royal Albert Hall führten, ist in der Beziehung nur all zu verständlich.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3330x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • First Light
  • Western Isles
  • Still
  • The Lizard
  • Long Orchard
  • Alyth
  • Wingbeats
  • Serpentine
  • Stone
  • East London Street

Besetzung:

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