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Simone Croes: Pick Up Your Bass (Review)

Artist:

Simone Croes

Simone Croes: Pick Up Your Bass
Album:

Pick Up Your Bass

Medium: CD
Stil:

Jazz, Funk, Rock, Rap, Pop, Worldmusic und ganz viel Bass

Label: Eigenvertrieb
Spieldauer: 41:29
Erschienen: 02.05.2017
Website: [Link]

„Dieses Album hat mich in vielerlei Beziehung völlig überrascht. Nicht nur dass ich das exzellente Musizieren darauf bewundere, auch die Kompositionen sind wundervoll!“
Mit diesen Worten beschreibt Alphonso Johnson die Wirkung des Debüt-Albums der holländischen Ausnahme-Bassistin SIMONE CROES auf sich. Und man muss nicht selber ein begnadeter Bassisit wie Johnson sein, der bereits bei WEATHER REPORT, SANTANA, BILLY COBHAM und PHIL COLLINS seinem Bass die unglaublichsten Klänge entlockte, um genau das Gleiche wie er beim Hören von Pick Up Your Bass zu empfinden!

Sieht man das Cover mit der hübschen Bassistin im schwarzen Abendkleid und dem weißen Bass vor Bauch und Brust, dann erwartet man vielleicht ein gediegenes, Bar-Jazz-Scheibchen, das gut zur Hintergrundbeschallung dient, doch sowie die CD in den Player einfährt, erwartet uns ein blaues Wunder, das auch durch wilde Polizei-Sirenen und rasende Motor-Geräusche offenbart wird, genauso wild ist auch die Musik hinter „Pick Up Your Bass“, die an Abwechslungsreichtum kaum zu übertreffen ist, aber immer durch die Dominanz des grandiosen Bass-Spiels von SIMONE CROES zusammengehalten wird. Noch dazu kommt eine Aufnahmequalität, die wiederum selbst für High-End-Anlagen keine Wünsche überlässt. Man könnte, gerade des vollen Basses wegen, dieses Album als Referenz-CD verwenden, um die Qualität guter Anlagen und deren Leistungsfähigkeit auszutesten. Nicht nur musikalisch, sondern auch soundtechnisch ist „Pick Up Your Bass“ ein Meisterwerk geworden!

Schon der schwungvolle Titeltrack, der das Album eröffnet, reißt einen mit seinem jazzigen WEATHER REPORT-Drive, MILES DAVIS-Trompeten-Erinnerungen und das an CANDY DULFER gemahnende Saxofon-Spiel mit. Die wahre (Spiel-)Freude ist nicht nur vor den Boxen zu hören, man spürt auch die Leidenschaft der Musiker, welche uns solch ausnahmslos gute Musik bieten, dahinter.

Aber es ist wohl kein Zufall, dass einem gerade bei den Saxofon-Einsätzen immer wieder die „Lily Was Here“-Dulfer in den Sinn kommt, denn die enge Zusammenarbeit von Croes mit dem zweiten Bassisten JAY-TEE TETERISSA, der bereits gemeinsam mit CANDY DULFER und TOM BROWNE musizierte, trägt hier seine ganz offensichtlichen Früchte.

Doch die imposante Eröffnung ist erst der Anfang von einem wilden Bass-Ritt der Musikerin, die als ihre Vorbilder MARCUS MILLER und VICTOR WOOTEN angibt, durch Funk, entspannten Jazz, sogar Spoken-Word-Rap mit MISS X auf „Every Day Is A New Day“ oder progressiv Rockendes, wie auf „No Solidarity“, und Weltmusikalisches im besten Gabriel-Real-World-Sinne wie bei „South Africa“ auftaucht, wobei die größte Überraschung hinter „A Summer Night“ lauert. Denn dieses wunderschöne Stück beginnt nach einem besinnlichen Bass-Solo plötzlich mit Sprechgesang in bester ANNE CLARK-Manier und entfaltet sich dann zu einer außergewöhnlich gefühlvollen, hymnischen Ballade mit traumhaftem, sehr stark an SALLY OLDFIELD erinnernden Gesang, der genau die Atmosphäre in sich trägt, wie die berauschenden Alben der Schwester von MIKE OLDFIELD. Doch dann baut sich über ein Cello eine ungewöhnliche Spannung auf, ein Gewitter zieht heran, der Sprechgesang wird hektisch, man hört das Donnern im Hintergrund, bis uns der harmonische Gesang und das Cello, welches nun in trautem Einklang mit dem Bass eine ruhige Melodie spielt, einen der schönsten Songs, die in unserem Musik-Universum geschaffen wurden, zu seinem andächtigen Ende bringt. Selten hat der Kritiker dieser Zeilen ein Stück wieder und wieder gehört, wie dieses ihn faszinierende „A Summer Night“.

Sicher werden sich einige wundern, warum immer wieder im Verlauf des Albums Geräusche fahrender Autos oder eben sogar Sirenen auftauchen. Ein trauriger, aber gleichermaßen auch glücklicher Hintergrund könnte wohl die Antwort darauf sein. Und die erhält man, wenn man sich genauer das Video zu „Heart Beat“ anschaut, einer ungaublich traurig wirkenden Ballade, die ausschließlich aus dem Bass-Spiel von SIMONE CROES und dem tonalen, etwas indianisch wirkenden Gesang, der ein Duett mit dem Bass bildet, von LEOPOLDO DA SILVEIRA besteht. Plötzlich läuft ein Text über das Video, in dem uns die Bassistin erzählt, dass sie am 9. April 2015 einen schweren Verkehrsunfall hatte (Sogar die Bilder der völlig zerstörten Autos sehen wir!). Ein Unfall, der durch eine Entenfamilie, die über den Highway spazierte, ausgelöst worden war. Das Auto vor ihr legte eine Vollbremsung hin, mit der die Musikerin nicht gerechnet hatte. Bei dem Unfall wurde Croes‘ Wirbelsäule geschädigt. Das geschah genau zu der Zeit, während der sie an ihrem Debüt-Album arbeitete. SIMONE CROES war trotz der schweren Verletzung, die zu einer Querschnittslähmung hätte führen können, trotzdem unglaublich glücklich, dass sie den schweren Verkehrsunfall überlebt hatte, der sie mehr als 6 Monate außer Kraft setzte. Auch konnte sie deswegen nicht mehr im Sitzen ihren Bass spielen und sie musste drei Träger für ihren Bass nutzen, um ihn an ihrem Körper zu fixieren. Auch ihre komplette Lebensweise stellte sie um, meditierte im Yoga, aß nur noch gesunde Lebensmittel und schätzte die innige Bindung zu ihrem Lebenspartner noch viel mehr. Und insgesamt 23 Monate später ist sie zurück – mit „Pick Up Your Bass“, ihrem Debüt, das eben viel mehr in sich trägt, als ein „normales“ Album, dem keine dermaßen traumatische Erfahrung, die zu einem so glücklichen Ende führte, in sich trägt. Eine Erfahrung, die unüberhörbar auch jede Menge Einfluss auf ihr Album hatte und wohl sogar der Grund dafür ist, warum es solch ein ausnahmslos hervorragendes Meisterwerk wurde, bei dem sie auch alle Musiker, die mit ihr zusammenarbeiteten, tatkräftig unterstützten, um ihre sehr ungewöhnlichen Kompositionen in die musikalische Realität umzusetzen. Undenkbar, wenn uns solch ein Album wegen einer Entenfamilie, die sich nicht an die Verkehrsregeln hält, vorenthalten geblieben wäre.

FAZIT: Mit diesem ausgezeichneten Debüt-Album „Pick Up Your Bass“ der holländischen Bassistin SIMONE CROES, dessen kompositorische und musikalische Vielfalt kaum zu beschreiben ist, sichert sich die Musikerin, welche bisher vorrangig als Session-Musiker tätig war, mit einem Schlag einen ehrenvollen Platz zwischen den ganz großen Jazz-Bassisten. Ihren Namen sollte man sich unbedingt vormerken, denn wir werden garantiert nach diesem Debüt-Meisterwerk „Pick Up Your Bass“, gerade weil es ein Grenzgänger-Album zwischen den unterschiedlichsten Stilen und Spielarten geworden ist, noch viel von ihr hören!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 6140x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 14 von 15 Punkten [?]
14 Punkte
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Tracklist:
  • Pick Up Your Bass
  • I Don‘t want To Know
  • Every Day Is A New Day
  • Heart Beat
  • No Solidarity
  • Love Me
  • A Summer Night
  • Driving My Alfa
  • Introduction (Bonus Track)
  • South Africa (Bonus Track)

Besetzung:

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