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Die Grenzgänger: Die wilden Lieder des jungen Marx (Review)

Artist:

Die Grenzgänger

Die Grenzgänger: Die wilden Lieder des jungen Marx
Album:

Die wilden Lieder des jungen Marx

Medium: CD
Stil:

Marx für‘s Folk

Label: Müller-Lüdenscheidt-Verlag/Musik von Welt
Spieldauer: 47:52
Erschienen: 11.05.2018
Website: [Link]

Gerade feiern wir in unserem beschaulichen, lange Zeit gespaltenen, vermauerten, demokra-diktato-rischen, physisch vereinten und noch immer psychisch geteilten Land jeder auf seine Weise den 200. Geburtstag von Karl Marx, während sich die Linken vor lauter Glück ein Glückströpfchen nach dem anderen in ihr linksgewandtes Höschen pieseln und die liberalen sowie recht(haberisch)en Polit-Gurus kopfschüttelnd noch immer darüber nachdenken, wie man den Verfasser des (unter heutiger Sicht unglaublich real wirkenden) Kapitals aus dem Bewusstsein und den Straßen-, Stadt-, Gebäude- und sonstigen Namen eliminieren kann, um ungestört wirtschaftliche Lobby-Politik auf Kosten sozialer Gerechtigkeit zu betreiben. Doch spätestens seit VW wissen wir doch alle, wie Recht ein Karl Marx hatte, der sein Leben auf Pump seines reichen Freundes Engels lebte, ohne sich dabei aber in seinen Gedanken verbiegen zu lassen. Ein echter Philosoph eben, der an seine Ideen und die soziale Sache genauso glaubte wie an seine Familie.
Viele aber wird überraschen, dass der Philosoph Marx zugleich auch ein ausgezeichneter Lyriker war, der sich locker mit den großen Dichtern seiner Zeit messen kann.

Höchste Zeit also, die Absichten der Anti-Marx-Liga ein wenig zu ärgern, denen man gleich das „Lied der Gnomen“ widmen könnte: „Was wissen die Alten, / die Greisen, die Kalten / Die in Zaubergestell‘n / Uns Junge erblicken?“

Darum kommt hier nun ein sehr schönes, künstlerisch, textlich wie musikalisch sehr anspruchs- und gleichermaßen freudvolles Stück Musik(-Geschichte) daher, welche uns DIE GRENZGÄNGER aus Bremen auf dem musikalischen Tablett präsentieren, das nicht nur Musikfreunde, sondern auch historisch sowie lyrisch interessierte und mehr auf Geist statt abgestumpfte Politik-Phrasen setzende Zeitgenossen garantiert begeistern wird.
Was allerdings eine Frau Merkel, die bekanntlich als ehemalige FDJ-Sekretärin und heutige Auto-Lobbyistin sowie selbstzufriedene, kinderlose Mutti der Nation und Fähnchen-in-jeden-Wind-Hängende zu „Die wilden Lieder des jungen Marx“ von DIE GRENZGÄNGER sagen wird, obwohl sie selber ja auch eine Grenzgängerin war, das möchte man, trotz Marxens Lehre, mit der sie groß und sozialisiert (ge)worden ist, dann besser doch nicht wissen. Die Frau und jetzige Kanzlerin mit einem Theologen als Vater, die trotzdem Physik in der DDR studieren konnte und so zu einem der „größten Wunder“ in der DDR wurde. Was wohl würde Marx dazu sagen? Vielleicht: „Einen Himmel kann‘s nur geben, / Und der eine ist schon besetzt / Muss mit alten Weibern leben / Die der Zahn der Zeit gewetzt.“ („Weltgericht – Ich will da nicht rein“)

Die wilden Lieder des jungen Marx“ von DIE GRENZGÄNGER sind auf jeden Fall etwas für alle jungen wie alten, aber ganz besonders hellen Köpfe mit einem guten, sich noch nicht dem Radio-Mainstream unterworfenen Musikgeschmack geeignet.
Noch mehr – sie sind ein echter Genuss für die Synapsen und die Ohren, während Andere nur noch an ihren eigenen dicken Bauch und die Nase denken. Die gut Riechenden werden angestunken, die Vollgefressenen angekotzt sein: „Und so treiben tief die Geister / Bis sie selbst sich aufgezehrt / Bis sie ihren Herrn und Meister / Selber schonungslos verheert.“ („Empfindungen“)

Zusätzlich gibt es als ein weiteres Sahnehäubchen auf diese schöne Veröffentlichung noch ein 24seitiges Booklet mit historischen Bildern, allen Texten und ausführlichen Kommentaren seitens der Band. Allein dieses dicke Büchlein ist schon sein Geld wert und wenn dann auch noch ein HipHop samt Luther- und Goethe-Verarsche das Album abschließt, dann kann man nach vielem Grübeln zum Abschluss auch noch herzlich lachen.

Der Bayrische Rundfunk stellte zu „Die wilden Lieder des jungen Marx“ bereits fest, dass uns hier eine „doppelte Überraschung“ erwartet, „weil die wilden Lieder des 18jährigen Marx locker mit den Texten eines Biermann, Degenhardt, Wader oder Wecker mithalten“ und außerdem „die Grenzgänger die Leidenschaft in diesen Texten entdecken und zwischen Blues, Chanson und Zwiefachem alle Register ziehen“, während der Deutschlandfunk ergänzt: „Mit Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl vertonen DIE GRENZGÄNGER Marx‘ Texte, musikalisch abwechslungsreich illustrieren sie damit zugleich die Gefühle der Jugend vor 200 Jahren, die zwischen Sehnsucht und Wut, Mut und Resignation schwankten.“

Mit Violoncello, Akkordeon, zwei Gitarren trägt das sich zwischen Chanson und Swing, Jazz und Folk, Kammermusik und Rock bewegende Quartett auf ihrem aktuellen Album 14 Gedichte des jungen Marx, aus denen nunmehr Grenzgänger-Lieder geworden sind, vor. Dabei haben die drei Herren sowie die eine Dame (Vielleicht schreit jetzt schon wieder irgendein hirnloser Rechner nach einer Quote!) aus mehreren hundert Gedichten, die Marx während seiner Studienzeit verfasste, sowie den Volksliedern, die er in Bonn unter der Bevölkerung sammelte, ihre speziellen Favoriten gewählt.
Dabei zählte für sie die Frage: „Geld oder Liebe?“
Die Antwort darauf finden wir natürlich auf „Die wilden Lieder des jungen Marx“ - und noch dazu gewinnen wir einen Eindruck davon, wie sich das Leben der Jugend am Vorabend der 1848er-Revolution abgespielt hat, die sich leider am Ende nur als ein kurzes demokratisches Fegefeuer erwies, weil Deutschland nicht für Demokraten und Philosophen reif war, sondern nur für Monarchen und Größenwahn.
Aber auch die leidenschaftliche Liebe zu seiner Jenny, mit der das Album schwungvoll durch „Jenny Jenny“ eröffnet wird, spielt immer wieder eine wichtige Rolle.
Er konnte eben auch ein echter Schwerenöter sein, dieser Marx.
Und all diese Facetten zwischen jungem Wilden, leidenschaftlich Liebendem, großartig Dichtendem und klug Philosophierendem fangen DIE GRENZGÄNGER auf ihrem Album kunstvoll, folkig und tiefgründig ein.

FAZIT: Schade, dass unser 200jähriger Marx „Die wilden Lieder des jungen Marx“ nicht mehr hören kann. Jede Wette, er wäre glücklich über die Auswahl seiner Gedichte und Lieder – und ganz bestimmt auch über die musikalische Vertonung durch DIE GRENZGÄNGER!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4488x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Jenny Jenny
  • In seinem Sessel das Publikum
  • Spielmann
  • Lied der Gnomen
  • Die Zerrissene
  • Vorwurf
  • Empfindungen
  • Männerl & Trommerl
  • Das Gift
  • Wunsch
  • Fünfzehn Pfennige
  • Weltgericht (Ich will da nicht rein)
  • Pustekuchen (Falschen Wanderjahren)
  • Brüder mit uns zieht die Internationale

Besetzung:

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