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Chandelier: Facing Gravity (Review)
Artist: | Chandelier |
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Album: | Facing Gravity |
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Medium: | Do-CD | |
Stil: | Progressive Rock |
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Label: | GAD Records | |
Spieldauer: | 139:07 | |
Erschienen: | 01.02.2019 | |
Website: | [Link] |
„Facing Gravity“ – das Hummel-Album, weitab von Biene Maja und Karl Gott – war das zweite und zugleich leider schon vorletzte Studio-Album von CHANDELIER aus dem Jahr 1992, das während der guten (neo-)progressiven Rockmusik-Stunde fast wie die deutsche Entsprechung bester MARILLION- und IQ-Zeiten klang und besagten Bands echte Konkurrenz machte. Der Gesang, die Musik, die Texte, die kompositorischen Ideen! Alles war stimmig auf „Facing Gravity“. Eigentlich hätte man wetten müssen und können, dass nach dem ersten und zweiten CHANDELIER-Album den fünf progressiven Jungs aus Deutschland alle Türen zur großen weiten Prog-Welt offenstehen sollten. Doch leider kam es anders...
Die besonders guten Nachrichten sind hierbei, dass in Zusammenarbeit mit dem polnischen Label GAD Records alle drei CHANDELIER-Alben hervorragend von EROC remastert und mit einer Bonus-CD, die bisher unveröffentlichte CHANDELIER-Aufnahmen präsentiert, sowie fettem, hochinformativem Booklet versehen anno 2019 wiederveröffentlicht werden und alle Liebhaber neoprogressiver Rockmusik, egal ob sie nun CHANDELIER bereits kennen oder noch nie etwas von ihnen gehört haben, begeistern wird.
Herzstück von „Facing Gravity“ ist in diesem Falle der viertelstündige, für CHANDELIER zum Kult gewordene Longtrack „Glimpse Of Home“. Aber auch das unmittelbar folgende „All My Ways“, ein kurzer Song, der zwischen SAGA und TOTO sein Hit-Appeal entfaltet, ist ein weiteres verstecktes Highlight, welches noch dazu für alle GROBSCHNITT-Fans einen besonderen Mehrwert enthält, denn MARTIN EDEN singt hier im Duett mit TONI MOFF MOLLO. Und wie!!!
CHANDELIER beweisen auf ihrem 92er-Album ein feines Händchen und besonderes Gespür für die ruhigeren Töne, akustisch Filigranes, ohne jedoch auf die entsprechende Portion Bombast zu verzichten. Wieder gilt auch für dieses Album: Es ist ein Wechselbad der musikalischen Gefühle und Stimmungen, oft getragen durch die charismatische Stimme von Martin Eden und das Feingefühl sowie professionelle Können der Instrumentalisten, sodass einen mit „Start It“, dem Album-Opener, gleich im besten SPLIFF-Sinne das Blech wegfliegt und man von der optisch sehr auffällig gestalteten Hummel auf rotem Grund nun auch akustisch in deren Bann gezogen wird.
Leider, leider, leider nimmt es mit der fetten Hummel kein gutes Ende – im Gegensatz zur Biene Maja und ihrem Willi – sondern das böse Ende wartet bereits auf der skelettierten letzten Booklet-Seite. Ja, CHANDELIER machen schließlich auch keine Kindermusik – das überlassen sie lieber den singenden Göttern aus Prag – sondern astreinen, keinesfalls honigsüßen, aber trotzdem richtig gut verdaulichen, progressiven Rock, der mit den herbstlichen und vorausschauenden Zeilen des akustisch balladesken „Autumn Songs“ endet: „A sweet scent linger in the air / The warmth lights the dark / Once again“.
Damit finden CHANDELIER bravourös einen Weg, an ihr bereits sehr starkes Debüt „Pure“ übergangslos anzuknüpfen und spätestens nach „Facing Gravity“ ist eigentlich klar, dass die Band aus Neuss sich in die erste Liga deutscher Prog-Bands, zu der natürlich auch GROBSCHNITT oder ELOY gehören, gespielt hat.
So viel zum Studio-Album der neuen Remaster-Serie aller CHANDELIER-Alben, zu denen ja immer eine Bonus-CD gehört, die – so viel ist nunmehr auch klar – sich nicht als überflüssige Resterampe, sondern weiteres kleines Highlight des CHANDELIER-Katalogs auszeichnet.
War es bei „Pure“ noch die rare, von EROC hervorragend aufgearbeitete „Fragments“-Kassette, so ist es nun der komplette, knapp 80minutige Live-Auftritt in Paris vom 24. April 1993, dessen hübsch gestaltete Eintrittskarte hinter dem durchsichtigen Inlay bewundert werden darf.
Noch mehr Bewunderung verdient das Konzert, bei dem neben originalen GENESIS-Passagen aus „Firth Of Fifth“ und natürlich den „fishigen“ MARILLION-Einflüssen auch die französischen Ansagen von MARTIN EDEN mehr als hörenswert sind.
Bei dem Konzert spielen CHANDELIER fast ihr komplettes Hummel-Album und ca. die Hälfte von „Pure“, während mit dem letzten Song „Mbah“ ein bis dahin noch nie erschienener Titel das Konzert abschließt. Und wer nun denkt, dass dieses im Endeffekt starke Stück sich auf dem letzten Studio-Album wiederfinden würde, der unterliegt einem Irrtum – so wird die Ballade „Mbah“, mit ganz offensichtlichen MARILLION-Zitaten, zu einer ganz besonderen CHANDELIER-Rarität.
Warum nur ihre Ohrwurm-Hymne „Stay“ fehlt, bleibt dem Kritiker dieser Zeilen, der den Song auch seines hymnischen Pop-Appeals wegen sehr liebt, schleierhaft.
War man bisher vielleicht von den beiden Studio-Alben begeistert, so stellen CHANDELIER mit diesem Pariser Konzert auch ihre ausgezeichneten Live-Qualitäten unter Beweis. Jede andere Band würde eine so gut remasterte Konzert-Aufnahme als Extra-CD herausbringen. CHANDELIER aber deklarieren diese als Bonus-CD und fügen sie dieser CD-Neuausgabe bei, genauso wie das 24seitige Booklet voller Hintergrundinfos und mit allen Texten!
FAZIT: 27 Jahre ist es nun schon her, dass eine der hoffnungsvollsten deutschen Prog-Bands mit „Facing Gravity“ – nur echt mit dicker Hummel auf rotem Grund – ihr zweites Album veröffentlichten, das sogar MARILLION, die gerade erst ohne FISH das enttäuschende „Holidays In Eden“ veröffentlicht hatten, locker Konkurrenz machen konnte. CHANDELIER mit – Ironie des Schicksals – Martin Eden als Sänger boten auf ihrer nunmehr als ausgezeichnet von EROC remasterte 2019er-Version plus Bonus-CD mit dem kompletten Pariser Konzert vom 24. April 1993 eine Art Fortsetzung im Geiste der besten frühen MARILLION-Zeiten an. So setzten sie auf ihre ganz eigene Art eine neoprogressive Ära fort, von der sich die ganz großen Helden von GENESIS bis MARILLION längst verabschiedet zu haben schienen.
Kurzes PS: CHANDELIER sind tatsächlich wieder zurück und spielen morgen, neben IQ und TANGERINE DREAM, bei „The Night Of Prog“ auf der Loreley. Und der Buschfunk hat dabei sogar schon preisgegeben, dass hierbei auch ein verdammt grobschnittiges Duett mit MARTIN EDEN und TONI MOFF MOLLO zu hören sein wird!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- CD1 „Facing Gravity“ – Originally released on Sisyphus Records 021 (1992) (61:18):
- Start It
- Itai
- Safe
- Glimpse Of Home
- All My Ways
- The Circling World
- Wash & Go
- Autumn Song
- CD2 „Live In Paris“ – Previously unreleased (77:49):
- Start It
- All Ny Ways
- Safe
- Stellar Attraction
- Wash & Go
- Pure
- A Glimpse Of Jericha
- After The Day
- Half Winter...
- ...Half Fool
- This Circling World
- Cuckoo
- Dictator
- Mbah
- Bass - Christoph Tiber
- Gesang - Martin Eden, Toni Moff Mollo, Masaru Kikawa
- Gitarre - Udo Lang, Tobias Budnowski, Christoph Tiber, Martin Eden
- Keys - Tobias Budnowski
- Schlagzeug - Heribert Rubarth
- Pure (2019) - 13/15 Punkten
- Facing Gravity (2019) - 14/15 Punkten
- We Can Fly (2023) - 12/15 Punkten